Finis terrae XXXVII: geht doch weiter!

Die Glückwünsche sind meist verfrüht oder unehrlich. Ein Tag schwerster Bedenken gegen die Selbstverherrlichung des Weiterso. Ihr könnt darüber hinweglesen, ich möchte es selbst. Wenn nicht, denkt daran, dass man auch in größter Not feiern kann, glücklich sein oder lieben, oder auch nichts tun. Für den Augenblick  ist nichts, fast nichts verboten, aber dann beginnt der Tag neu, an dem wir handeln müssen – nicht als verherrlichte Arbeit als Schicksal der Menschen, sondern darüberhinaus „handeln“ , etwas tun und es nicht nur bedenken.

In Bosnien verhungern tausende Flüchtlinge, oder sie verhungern. Sie erfrieren so wie die Flüchtlinge in Griechenland. Sie werden misshandelt und abgeschoben in den Krieg, in Gefahr und Not, wie in Deutschland und Österreich. Das alles geschieht bei uns. Sind wir nicht ein Land, ein Europa, manche faseln von einer Welt?

NEIN. Sind wir nicht. Politisch sage ich: noch nicht oder vielleicht nie, weil der KLIMAWANDEL uns gar keine Zeit mehr lässt.

Das globale „Abendland“ leistet sich den Luxus, aus seinem materiellen Überfluss heraus den Untergang als Zuschauer zu erleben, mit-zu-erleben. Verallgemeinern möchte ich den Satz, der Eisler zugeschrieben wird: „Gut, gut, die Bourgeoisie stirbt, aber welch ein Sonnenuntergang“; geht doch Skifahren am Wochenende…in diesem Fall bedeutet zuschauen, dass wir handeln können, wenn wir es wollen und uns zusammenreißen.

Die 2000 Flüchtlinge von Bihac und die 6000 Flüchtlinge von Lesbos und Moria können wir ohne Mühe allein dort unterbringen, wo Wohnanlagen und ganze Stadtviertel leer stehen, außerhalb der Spekulanten-Immobilien. Ohne mühe selbst für den Finanzkasper Scholz, der nicht-rückzahlbares Geld verteilt, um Oberkasper zu werden, selbst für den Flüchtlingstöter Seehofer, der sich allmählich Sorge um sein Seelenheil im CSU Himmel machen muss, selbst für den späten Protodiktator Kurz, den man ruhig  einmal hungern und frieren lassen kann. Von den faschistischen Regimen in der EU rede ich gar nicht…WIR KÖNNEN DAS.

Immerhin, das ist ein positiver Ausblick aufs nächste Jahr.

*

Ich rege mich, entgegen dem äußeren Anschein nicht auf. Aber ich bin auch nicht auf Luthers Apfelbäumchentrip. Wenn schon die Welt untergeht, dann brauchen wir für die Erde ohne Menschen keine Erinnerungen hinterlassen. Wenn das Paradies am Ende ist, wie Bloch sagt, dann handeln wir JETZT. Dann wünschen wir uns alles Gute und machen morgen trotzdem weiter. Zum Beispiel versorgen wir die paar Flüchtlinge in Deutschland und geben den Schreibtischtätern weniger Chancen. Unfromm heißt noch lange nicht unlustig, unlustig meint aber auch nicht unernst. 1,5° kann ja auch sein, dann kommen weniger Flüchtlinge.

8 Gedanken zu “Finis terrae XXXVII: geht doch weiter!

    • was ist Ungarn? das Regime  ist faschistisch, nicht der staatin polen. das regime ist klerikofaschistisch, die gesellschaft ganz schön plural. 

      ich weiss, mancher term provoziert. aberes gibt andere rote linien als die des abwägend guten benehmens. was ist ungarn wirklich, mit x tausend pushbacks? die grenze geht durch sebastian kurz. links dieliberalen, rechts dollfuss.

      ein lapsus linguae, aber nur halb.

      bis gleich dax

      Dr. Michael Daxner. Professor of Sociology and University President emeritusHonorarprofessor University of Potsdam michaeldaxner@yahoo.comBlog: http://www.michaeldaxner.com +49 174 1805837 Global CitizenshipAllianceDirector of Research

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  1. Stehen denn so viele Wohnanlagen und Stadtviertel leer? Um mich herum sind viele Wohnanlagen, aber sie sind ziemlich voll, unter anderem auch mit Flüchtlingen, die in den vergangenen fünf bis sechs Jahren nach Europa gekommen sind. Ich finde, Europa hat vielen Menschen in den vergangenen Jahren geholfen, hat sie integriert, versorgt, hat ihnen Arbeit und Zukunftsperspektiven verschafft. Gerade das sehe ich in den Wohnanlagen und in dem Stadtviertel um mich herum: dass sehr viele Menschen hier aufgenommen wurden, gut versorgt wurden und jetzt Zukunftsperspektiven haben. Deswegen finde ich, dass der Friedensnobelpreis für die Europäische Union durchaus berechtigt ist.

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    • sie haben mit ihren argumenten recht. sie reichen aber nicht unbedingt in die gegenwart: europa hat einigen flüchtlingen eine bleibe und asyl vermittelt, aber bei weitem nicht genug – weder demographisch noch sozial hat die privilegierte situation uns befähigt, zugleich wiedergutmachung und auf zukunft gerichtete solidarität zu üben. von ländern wie polern,ungarn, kroatien, slowenien ganz abgesehen. deutschland und österreich waren 2014 ziemlich sehr gut – aber jetzt? tausende wohnungen wurden entweder seit 1989 vernichtet oder aber gentrifiziert- wir könnten viel mehrflüchtlinge unterbringen udn egäbe auch genügend arbeit, nicht nur die sklavenarbeit anderer kontinente. und seehofer und seine clique verhindern selbst lebensrettung…der friedensnobelpreis für die europäische union ist so richtig wiue merkels politik vor 5 jahren, aber es gibt eine zukunft.

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      • Es hat nicht direkt mit der Flüchtlingsfrage zu tun, aber schon mit Migration und mit der Frage, welches Land Deutschland ist. Ich will argumentieren, dass sich Deutschland, speziell West-Deutschland, in meiner Lebenszeit, ich bin jetzt Ende 40, sehr verändert hat. Ob zum Guten oder zum Schlechten, vermag ich nicht so genau zu sagen. Auf jeden Fall ist es ein multikulturelles Land geworden, in dem Deutschtürken ihren Platz gefunden haben. Das jedenfalls ist mein Eindruck von der Musik auf YouTube.

        Ich höre gerne Musik aus anderen Ländern auf YouTube. Ich nehme an, verschiedene Länder nutzen diesen Kanal für ihre kulturelle Außenpolitik, um damit ihr Land bekannter und sympathischer zu machen. Jetzt habe ich einmal aus Neugier und Interesse wissen wollen, was „deutsche Musik“ auf YouTube ist. Um den Blick von außen zu bekommen, habe ich allerdings den Suchbegriff auf englisch, also „German Music“ eingegeben. Ich war überrascht: Die zeitgenössische deutsche Musik ist aus internationaler Sicht zu einem wesentlichen Teil von der türkischen Gemeinschaft in Deutschland geprägt.

        Das macht mich ein Stück weit stolz, denn es war mein Anliegen als Kind, als Schüler, den türkischen Gastarbeiterkindern in diesem Land einen Platz zu verschaffen, wo sie ein Zuhause finden oder haben. Wenn ich mir jedoch die Musikvideos anschaue, wird es Zeit, das selbstkritisch zu hinterfragen: Was haben wir getan? Was habe ich getan? Denn die Videos zeigen eine überaus materialistische Welt, in der Luxusautos eine sehr große Rolle einnehmen. Alles scheint sich um Autos zu drehen. Auch sonst ist es keine schöne Welt, die darin dargestellt wird, sondern eine sehr harte, unwirtliche. Insofern fällt die Bilanz gemischt aus und haben Sie vielleicht Recht, wenn Sie die gegenwärtige Politik als unmenschlich bezeichnen. Ich denke nur, dass das kein neuer Trend ist, sondern auch schon in den 1980er Jahren in Westdeutschland so war.

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      • ihr position ist nicht so weit von meiner entfernt. vielleicht ist mein etwas harscher unterton auf zu lange politische und kulturelle erfahrung zurückzuführen, und auf die ungeduld, dass ich wohl nicht mehr erleben werde, wie sich die optionen auf einen friedlichen kontinent europa einlösen lassen, der in fragen uvon klima und menschenrechten tatsächlich eine führungsrolle hat – was ja von einigen der neuen post-kolonialen bewegungen eher verneint wird. das ist das elend, dass man so wenig avantgarde sein kann, ohne zugleich eliten herauszubilden…aber ich verstehe ihren integrationsstolz sehr wohl,und ich muss bei der deutschen musik lachen. einerseits bach, wiener klassik, deutsche romantik etc. bis hin zur postmoderne, andererseits ein ständig instrumentalisiertes volksliedgut, das oft okkupiert wurde, keineswegs nur völkisch. da sollte man heute etwas nachgiebiger sein: die volkslieder anderer gesellschaften haben oft ähnliche hintergründe, nur verstehen wir die nicht….1968 war el condor pasa bei der linken durchaus beliebt, aber die tiroler heiatlieder eben weniger…damals war auch der ausflug mit dem auto ins grüne durchaus zeitgemäß, nicht nur bei den spießern…und wie recht sie mit der autobeobachtung heute haben.
        ein letztes: wenn sie heute die nachrichten gehört haben btr. deutsche waffenexporte in kriegsländer, und wieviele milliarden da umgesetzt werden. das gehört auch zu unserer privilegierten wohlständigen gesellschaft, und wenn wir handeln wollen, müssen wir natürlich da auch an die arbeitsplätze ran usw. – und das würde die politik massiv verändern…

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  2. Moin Dax,
    nach ganz gemütlichen Weihnachtstagen mit einem Spaziergang durch meine alten Venyls und CDs, dem Durchschmökern von 1m Bücherregal sowie reduzierten Direktkontakten hab ich mich zwischen den Jahren (ZdJ) ungewollt selbst etwas „outgenockt“… Wie das?

    Wie sicher allerorts habe auch ich in diesen Tagen unter Coronabedingungen mit Familie, Freund*innen und Bekannten in West wie Ost und USA telefoniert und mich (leider?) vielleicht auch zu viel über Lockdown, Freiheit, „Quer“(?)denken, Verschwörungstheorien und die Verhackstückung all dessen in den Medien unterhalten.
    Einerseits gute Austausche, Bestärkung des eigenen Umgangs, meiner Einrichtung auf und mit dem Virus – dazu viele z.T. amüsante Illustrationen der je individuellen Erlebnisse und inspirierende Tipps. Andererseits: das Fest der Geschenke hat (zu) vielen z.B. das Bhakdi-Buch unter den Weihnachtsbaum gebracht, was schon mal eine Aussage über den/die Schenker*in macht und – für mich erschreckend – bei manchen der „Meinen“ – sogar Alt-68ern, Grünen, Ökos & Co. – hörbar auf fruchtbaren Boden fällt. Nicht „umfelddeckend“, auch (noch) nicht „einbetoniert“, welch Glück! Aber so manche Sätze aus der Ohrmuschel haben mein Heilig-Abend-Würstchen erst gekringelt und dann zum Platzen, mich zum Schweigen gebracht.

    Hab spontan einen „Thementag“ zum Virus und seinem Drumrum angesetzt (es wurden drei!) und landete schwupsdiewups bei der Neuen Rechten. Was ich da las und hörte hätt ich mir nie träumen lassen!? AFD sowieso, auch Reichsbürger und Identitäre, dann aber: „Völkische Landnahme“, grüne Esoterik/braune Philosophie, „Anastasia“, der „lll. Weg“ etc. — und nicht zuletzt: braune Unterwanderungen in Polizei, Bundeswehr, Gerichten und, ja sogar dem Verfassungsschutz. Unfassbar!
    Mehr hätte ich mir die eh schon regnerischen „Zwischen-den-Jahren-Tage“ nicht verderben können… Das Telefonieren hatte/habe ich erstmal gebremst.

    Was mich bewegt ist, dass es sich um unterschiedlichste Teilchen handelt, die – einzeln betrachtet – vielleicht (noch) klein, harmlos und nicht eindeutig erscheinen, zusammen aber künftig drohen, viel Sprengkraft zu entwickeln.
    Und ich/du/wir haben vor 50 Jahren die NS-Vergangenheit unserer Eltern und Lehrer „angebohrt“. Ihre Antwort häufig: „Wir haben davon nichts gewußt…“ — oder: „Was hätten wir denn machen sollen? Können? Ohne in dem System den eigenen Kopf zu riskieren?“

    Damit möchte ich mich nicht mal rausreden müssen! WIR können Anzeichen und Verdichtungen HEUTE mit eigenen Augen sehen!!! Aber: Was TUN wir oder TUT wer heute? DU? Ich?

    Mein Ritt durch die braune Soße
    hat mir eine Liste vieler guter Youtube-Dokus und – Diskussionen beschert, doch: Was mach ich nun damit!? Reicht ein „Nazis raus!“ auf der nächsten Gegendemo ? Wieviel Engagement und Anläufe des Argumentierens mit/für/gegen Ideologie-Infizierte um mich rum war, wird sinnvoll und zielführend sein? Und: Bin ich eigentlich auf dem „richtigen“ Dampfer? Wohin steuert er? Ich ihn?

    Bei Lust auf gemeinsames Überlegen und Austausch hier ein Link, der Infos gibt und ab ca. Min. 40 auf mögliche „Umgänge“ damit eingeht:

    Hier als Angebot noch mehr meiner Videoausbeute:

    Heute wieder in der Presse (TV hat bei mir erstmal Pause) :
    Kritik an lmpfreihenfolge und Impfstoffmangel, Impfzwang, Lockdown sowieso — „Freiheit“ zumindest Privilegien für Geimpfte & Co. = ich, ich, ich…….!?
    Wo bleibt der Blick über den Tellerrand? Terror, Klimakrise, Migration werden ausgeblendet, fast ganz! Auch von den Grünen?
    Vertane Chancen? Viele Fragen?
    2021 wird spannend!

    Mit Gruß aus dem neblig-grauen Dithmarschen
    Gux

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    • ich danke dir. wenige überdenken siese situation so genau wie du. nazis raus! reicht nie, wenn sie drin sind, ist die frage des außen immer prekär, das war sie schon 1928-1933. zufällig beschäftigt mich die vergangenheits-nicht bewältigung zur zeit besonders, ich nehme nur ines greipel, ferencz, egon günther und noch ein paar als hinweise, weil sich sehr viel in einer selbst-entschuldigenden heimat oberösterreich abgespielt hatte, und ich die dortige nazigeschichtem auch jkz geschichte gut kenne. wie ich schon sagte. man kann das alles nur durch HANDELN in angriff nehmen, aber nicht mit einer depressivenn schnauze, sondern voller hoffnung, dass wir mit unserer politik auch zuversicht wecken. deine letzte kritik am ichichichich kann ich nur vollständig teilen. zwiachen ich und wir gibt es aber das berühmte DAZWISCHEN der hannh arendt, das meint. der weg zum WIR ist nicht einfach einer des willens. sondern auch einer der solidarischen und kritischen POLITIK. alles gute ins neblig-graue aus neblig grauen p

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