Man hat den Eindruck, dass die deutsche Rechte die deutschen Rechten nach Kräften fördert, in der Justiz, und in den Medien. Dass die AfD die Grünen in der Meinung des Pöbels überholt hat, ist so wenig demoskopisch brauchbar wie die Voraussagen über eine Niederlage des türkischen Diktators haltbar waren. Ganz Europa driftet nach rechts, wiederholt teilweise Bewegungen von vor dem Zweiten Weltkrieg und teileweise die Revanche am Versagen der hoffnungsvoll hochgeredeten Sozialdemokratie. Man braucht nur die IT Schlagzeilen von t-online oder der Welt zu lesen, ganz ohne Inhalte, es wiederholt sich wie das Ave Caesar solange, bis es das Volk wiederholt, so wie die Türken eben sozial gut gehütet ihren heimischen Diktator feiern. Das alles ist politisch nichts besonderes und auch erklärbar.
Mich irritiert viel mehr das Fehlen von Argumenten der Opposition gegen eine Rechtsentwicklung, die ja nicht unbedingt an der Ausbildung der derzeitigen Juristen allein liegt, die ja nicht einen rechten Medienboom zur Basis hat. Mir scheint, vorsichtig angedacht, dass wir (ich und andere Nichtrechte) das Argument nicht so wirklich ernst genommen haben, dass die überzogene Individualisierung des Gesellschaftlichen (also nicht des privaten Lebensstils, sondern der Haltung zum Volk, in dem man sich befindet) an dieser Rechtsentwicklung auch einen Anteil hat. Überzogen heißt, dass gemeinschaf- tliche, kollektive politische Meinungsbildung und Kritik dem Recht geopfert wird, man selbst contra factum „frei“ zu handeln, freiheitlich, wie die rechten Liberalen sich ja auch bezeichnen, bis sie ganz rechts sind, wie die FPÖ in Österreich.
Und wenn rund um uns alle rechter geworden sind als sie es bis vor einiger Zeit waren, dann verschiebt sich der Median. Dann kommen die Söders aus der Hauptstadt der Bewegung und erfinden die Anklage des Terrorismus, wo Konfliktmoderation angezeigt wäre, dann kommen die Neoliberalen mit ihrem betonierten Geschwindigkeitswahn, der ja nur ihre (politische?) Impotenz verdeckt , dann kommt Politikstil der „Realpolitik“ zu neuer Achtung.
Wissen wir alles? Wenn ja, gut so. Ich glaube, man muss hier noch genauer nachdenken und forschen, denn so klar sind ja die Auswirkungen des neuen Faschismus nicht, der sich in anderem Gewand zeigt als seine Vorfahren.
Gehts nicht billiger? Ich glaube nicht, denn Faschismus ist etwas anderes als „radikal konservativ“ und ähnlich bezeichnete Verkleinerungen des Problems. Und wenn es dann wieder einmal zu spät ist, bietet das genügend Stoff, biedermeierisch verschwiegen über die nachzudenken, die uns das eingebrockt haben.