Langweilig? Bekannt? Jeder weiß, was „man“ zum Klima zu wissen hat, wohin die jetzige Nichtpolitik führt, und was unseren Kindern und Enkeln droht. Jeder weiß das, was viele verdrängen können. Die blöden Klimaleugner sind gar nicht die Mehrheit, die Verdränger sinds und diejenigen, die Hoffnung und Zuversicht verwechseln.
In Zeiten des Kriegs wie diesen kann man sich gut, auch öffentlich, vor der Klimadebatte drücken und über Krieg&Frieden reden. Man kann spenden, sich aufregen oder besorgt beobachten, wie alles, aber auch fast alles, die Rechtsradikalen – Faschisten, Nazis, Terroristen – stärkt (wartet bitte auf den nächsten Blog. Danke).
Was das Klima und unsere Politik mit den Flüchtlingen zu tun hat, ist in der konkreten Wirklichkeit gar nicht so kompliziert, aber es greift fast alle Sicherheiten und Wahrheiten an, die unsere Gesellschaft so meno male zusammengehalten haben. Wenn man handeln muss, und das Problem keine wirkliche Lösung hat, muss man eine schwächere, schlechtere, vielleicht unerträgliche Lösung wählen. Das gilt für die Flüchtlinge, nicht fürs Klima. Klingt abstrakt, ist es aber nicht. Klimapolitik muss hier und darüber hinaus schneller, besser und zu Lasten partikulärer Verhaltens- und Lebensstilmuster getan werden. Das kann schmerzen, auch ärgern, aber in der Demokratie muss es aushaltbar sein (wie nach dem Krieg Hunger im Frieden aushaltbar war, für die Meisten). Flüchtlingspolitik in Zeiten des Klimawandels, in Zeiten des Kriegs, in Zeiten des sich ausbreitenden Faschismus auch in unseren Verbindungen, ist nicht „linear“ lösbar, d.h. es gibt keine konkrete Lösung, die das Problem kurzfristig, radikal und messbar verkleinert, den rechtlichen und ethischen Grundprinzipien genügt, ökonomisch leistbar ist und sich zugleich gegen die Erpressungen wehrt, konkret Widerstand leistet. Ob und wie der Gewalt anwenden kann, darf, soll, muss, ist eine politische Frage, die mit der Antwort auch die Demokratie schützen und erweitern sollte.
Ich bin zur Zeit im Hochgebirge. Nach dem Tag des Bergsteigens und Ausblicks und vor dem guten Abendessen reichen 20 Minuten TVNachrichten zu diesen Themen, um die Frage nach dem Widerstand mit beidem, Klima und Flüchtlingen, zu verbinden. Beispiel: wir sind auf den Tauernpass zwischen dem Ahrntal und Krimml gegangen, und auf die Birnlücke, die auch zum Krimmler Tal führt. Über beide Pässe sind die deutschen Wehrmachtsoldaten 1945 zurückgeflutet ins Reich und danach, und im Jahr darauf sind viele Flüchtlinge, vor allem jüdische, über die Pässe nach Italien gekommen, um von dort nach Palästina weiter zu ziehen. Die Geschichte habe ich genauer studiert, jetzt sehe ich aber noch etwas anderes: Steinlawinen, Muren, Starkregen haben die ohnedies komplizierte Landschaft teilweise sehr verwüstet, und im Bewusstsein überlagern sich die beiden Probleme, die Flüchtlinge damals, die Umweltkrise heute, zu einem Bild, das im Bewusstsein noch nicht verfestigt ist (Tradition, Geschichtsbewusstsein etc.). Man denkt also beides zugleich und doch getrennt.
Die Abendnachrichten am 21.9. haben gereicht, um die eigene Wahrnehmung, woran man was anknüpfen kann, um die Haftung nicht zu verlieren, herauszufordern. Natürlich macht die Freiheit des Urlaubs viele Überlegungen weniger gezwängelt, aber auch grenzüberschreitend. Klima, Flüchtlinge und der Krieg. Diese Themen und Probleme in sich zu vereinen, erfordert auch Anstrengungen, die Resilienz zu verstärken, auch die Blödheiten und Mickrigkeiten der tatsächlichen Politik nicht zum aufgebrausten Abwenden zu missbrauchen, sondern wahrzunehmen, dass der Widerstand gegen das Große, auch angesichts des Faschismus in situ, sich immer auch im Kleinen auszahlt. Nur mit der Währung müssen wir vorsichtig sein. Das ist auch eine Frage von Bildung, von Kommunikation, vom Infragestellen dessen, was schon lange unvereinbar ist, wenn es das je war.
Das bezieht sich u.a. darauf, dass Zuversicht eben nicht Hoffnung ist, und empirisch – in diesem Fall politisch – sein muss: wir müssen handeln!, während Hoffnung ja jenseits der berechenbaren Aktionen eine andere Wirklichkeit anstrebt, und auch politisch zum Handeln bringt, worin sich die Zuversicht ändern wird. Gar nicht so kompliziert, man kann es bei Bloch im Prinzip Hoffnung genauer studieren, aber dafür reicht es einmal, sich nicht auf Meinung und Beobachtung zurückzuziehen. Man kann auch sagen, ohne uns geht es nicht. Das ist kein Kompliment.