Konzentration

Ja ja, sperrt die Abzuschiebenden nur in Gefängnisse, entmutigt sie, misshandelt sie, konzentriert sie in übersichtlichen Orten treibt sie zusammen, vor allem, ihr gesichts- und geschichtslosen Deutschen: FRAGT NICHT, warum diese Leute überhaupt hier sind. Im Bundesrat hat sich die bleiche Mutter wieder einmal entblößt –  dafür dürfen kluge Verstärker der Profitrate vermehrt an deutsche Arbeitsplätze, sind doch auch Ausländer, oder?

Warum fast alle für diese Deportationspolitik des Deportationsministers Seehofer sind? Weil sich die Bevölkerung mit zunehmender Normalität der Unmenschlichkeit gleich vomProblem abwendet. Es werden sowieso weniger Asylsuchende und Flüchtlinge…(Es wandern erheblich mehr Menschen zu-, während erheblich weniger Deutsche geboren werden, immerhin eine Hoffnung).

Der Volkswille ist nirgendwo festgestellt, aber eine bestimmte Schicht der Bevölkerung, nennen wir sie die sozialdemokratische Mitte, gibt die Richtung vor:

Wer hat ein Problem? Die SPD. Das ist nicht neu – aber jetzt stellt es auch eine Studie im Auftrag der parteinahen Friedrich-Ebert-Stiftung fest. Ergebnis: Die SPD liege weit abseits von dem, was vor allem ärmere Bürger von ihr erwarten. Die Wähler, die die SPD erreichen könne, legten Wert auf Leistungsgerechtigkeit und Durchsetzung von Regeln, erklärt Studienautor Hilmer vom Institut „policy matters“. Das Profil der SPD sei da aber für viele nicht erkennbar. Die Studie sieht eine Entfremdung zwischen der SPD und ihren Stammwählern aus der unteren Gesellschaftsmitte. Ihnen missfalle das „klar linkslibertäre Angebot der SPD im kulturellen und internationalen Bereich“. Hilmer empfiehlt der SPD, in der Migrationspolitik „Humanität mit der notwendigen Härte zu verbinden.“ Mit einer Mischung aus linker Sozialpolitik und einem strikten Kurs in Migrationsfragen sind auch die dänischen Sozialdemokraten erfolgreich. Das dürfte in der SPD aber so schnell nicht kommen. Führende Genossen haben nämlich schon deutlich gemacht, wie viel von dem Modell davon halten: wenig. (Tagesspiegel Online 28.6.2018)

Humanität mit der notwendigen Härte vertreten: lasst die Schubhäftlinge im Knast wenigstens beten, aber zwingt sie, weniger zu essen und sich ihrer Namen zu erinnern (was bedeutet, dass deutsche Polizisten – gar solche vom rechten Rand – von der Identität der Verhörten noch weniger erfahren. Denn oft verbindet sich mit dem echten Namen eine Identität, die man als Flüchtling lieber ablegen möchte. Oder man weiß nicht, welchen seiner Namen man welcher deutschen Behörde preisgeben soll – das ist übrigens für die Erfassung nicht wichtig, es gibt auch andere Daten und Merkmale, und nicht nur menschenfeindliche. Aber um das zu verstehen, muss man wahrscheinlich ganze Abteilungen des BMI und des BAMF und der Länderdeportationsanstalten einer gründlichen Schulung in Ethnologie und Sozialanthropologie unterziehen – versteht sich, mit der notwendigen Härte).

Amerikanische Medien sprechen von den Konzentrationslagern für Kinder an der mexikanischen Grenze als von Konzentrationslagern (Concentration camps).

America’s New Concentration Camp System
Andrea Pitzer

Every significant camp system has introduced new horrors of its own, crises that were unforeseen when that system was opened. We have yet to discover what those will be for these American border camps. But they will happen. NYRB Online 28.6.2019

 

 

Vor wenigen Monaten wollte ein österreichischer Nazipolitiker der FPÖ Ausländer konzentrieren.  Die neuen Gesetze erlauben es, unschuldige Überlebende – das sind nämlich die Flüchtlinge – in deutschen Gefängnissen zu konzentrieren.

In allen Fällen fürchten die Innenpolitiker und der Pöbel, dass diese geschundenen Menschen in die Gesellschaft diffundieren. Tun viele sowieso, und das lässt sich gar nicht verhindern. Aber wenn es jemanden erwischt, den man gerade deportieren kann, dann soll das erleichtert und vor allem „rechtmäßig“ sein. So tönt auch Salvini, so tönen die Eurofaschisten allerorten. Haltet sie fern, und wenn sie da sind, entfernt, wenn es sein muss mit Gewalt (wenn sie ertrunken sind, hat man diese Sorge nicht, darum ziehen sich die staatlichen Retter ja zurück, wer schaut schon gerne Kindern beim Ertrinken zu).

Schaut noch einmal auf die SPD Kontroverse. Die ist nicht so absurd, wie man meinen könnte. Fügt dem die Denkschrift eines Teils der CDU Sachsen-Anhalt hinzu, die das „Nationale mit dem Sozialen versöhnen“ möchte. Das Nationale ist auch die Abschottungs- und Abschiebepolitik. Das Soziale ist nicht unbedingt der Hauptangriffspunkt auf die NSDAP und analoge Parteien. „Es sei ein „historischer Fehler“, die Sehnsucht nach Heimat nicht verteidigt zu haben.“, sagt zudem Ulrich Thomas von der CDU. (https://www.spiegel.de/politik/deutschland/sachsen-anhalt-cdu-politiker-schliessen-koalition-mit-afd-nicht-aus-a-1273354.html). Nur zum Vergleich: Ein Dachverband rechtsradikaler, nazistischer Kameradschaften nennt sich Nationales und Soziales Aktionsbündnis Mitteldeutschland“ https://de.wikipedia.org/wiki/Nationales_und_Soziales_Aktionsb%C3%BCndnis_Mitteldeutschland, und mir graust, wenn ich an die nationale Volksarmee und die Reichsbahn denke. (Alles nur Worte, alles nur Begriffe ohne Kontext…? Ich sage: etwas Lernen täte gut).

Zusammengesehen ist das zwar Unsinn, aber es macht Sinn: was die Sozialdemokraten in Dänemark vormachen und die SPD-Basis in Deutschland angeblich will, liegt nicht weit auseinander, und in Teilen der banalen Untergliederungen der GroKo ist das schon die gängige Münze der an unserem „System“ resigniert zweifelnden Schichten.

Ich sehe schon die kritischen Einwände, dass hier die Geschichte doch zu einfach – und vor allem sprachlich – montiert wird. Ich denke, ich könnte hier sehr differenziert die Beweise der Zusammenhänge antreten, aber das will ich jetzt gar nicht, sondern auf das Gespinst und Wurzelwerk einer Geschichte hinweisen, die vor zu vielen Neuanfängen ihre Rezidive noch gar nicht richtig behandelt hat.

Die Tendenz zur Konzentration unliebsamer Ausländer und Flüchtlinge hat wenig mit Strafjustiz und Gerechtigkeit zu tun (die, für die Strafgesetze gelten, kann man allemal bei uns einsperren). Aber die gerade erst Überlebenden in den Knast stecken, das muss man sich einmal vorstellen im Land der christsozialen Ehebrecher und Korrupten. Seehofers Kinder könnte man ja einmal probeweise in Texas unterbringen, alles rechtmäßig, und Salvini hat erreicht, wozu die EU, aber auch unsere Regierung nicht fähig waren: die Flüchtlingszahlen über dem Mittelmeer werden sinken, weil die Schlepper keine Rettungsboote für ihr ausgepresstes Menschenfleisch mehr finden. Die nehmen halt eine andere Route.

Konzentrationslager sind keine deutsche Erfindung. Sie sind von den Kolonialmächten im 19. Jahrhundert und von vielen, nicht nur autoritären Regimen eingerichtet worden. Erst mit der Geschichte der deutschen KZ  ist hier ein Begriff verfestigt, vor dem einem Schaudern müsste, auch wenn er gar nicht ausgesprochen und geschrieben wird. Aber bitte:  was macht man mit unliebsamen deportationsreifen Überlebenden? Man geht mit ihnen einfach als Menschen um. Das ist oft schwierig, aber leichter als mit der Schuld die kurze Zeitspanne zu leben und zu regieren, die noch bleibt.

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Nachsatz für liberale Patrioten: ich bin, wie alle Verfassungs- und Rechtsstaatspatrioten, der Meinung, dass auch Flüchtlinge nicht nur das Menschenrecht auf würdiges Überleben haben, sondern auch Pflichten – u.a. im Bereich der Kommunikation in ihrem Ankunftsland. Aber die Kriterien, die jetzt verordnet werden, entsprechen kaum den Lebensumständen dieser Menschen.

Waffen zum Frühstück

Waffenfähige Chemikalien sollen aus Deutschland nach Syrien gelangt sein: Deutsche Konzerne waren während des laufenden Kriegs und trotz EU-Sanktionen am Export von waffenfähigen Chemikalien nach Syrien beteiligt. „Süddeutsche Zeitung“, Bayerischer Rundfunk und das Schweizer Tamedia-Medienhaus berichteten, der Essener Chemiegroßhändler Brenntag habe die Stoffe Isopropanol und Diethylamin an ein syrisches Pharmaunternehmen verkauft, das Verbindungen zum Regime von Syriens Machthaber Baschar al-Assad unterhalte. Die Staatsanwaltschaft Essen leitete nach Angaben einer Sprecherin ein Verfahren ein und prüft die Aufnahme von Ermittlungen. Zuvor hatten drei Nichtregierungsorganisationen Strafanzeige gestellt: die New Yorker Open Society Justice Initiative, das Berliner Syrian Archive und die Schweizer Organisation Trial International. Die Beteiligung deutscher Konzerne ist besonders brisant, weil 2014 zeitgleich syrische Chemiewaffenbestände in einer international koordinierten Aktion vernichtet wurden.
tagesschau.de, spiegel.de (Tagesspiegel online 26.6.2019)Das wundert mich nicht. Die deutsche Rüstungsindustrie, auch andere Wirtschaftszweige, kümmern sich nicht um Exportbeschränkungen oder gar um Politik. Ich wiederhole die alte Leier nicht, die wird bei jedem Anlass folgenlos im Bundestag gespielt, und die Lobbys sitzen derweil beim Business-Lunch.  Mir geht es vielmehr um die ja klassische Trennung von Staat und Wirtschaft, welch letztere der Gesellschaft zugeschlagen wird, und im so genannten liberalen System ja so sein muss.

Alles Blödsinn, denn natürlich heizt der Staat diese Exportwirtschaft für den Tod an, auch wenn er nicht offiziell in die Kriegshandlungen der anderen Staaten eingreift, siehe Saudi-Arabien. Und natürlich lässt sich die Waffenindustrie im weitesten Sinn, nicht nur Hardware, über jedes Dual-Use-Produkt, auch eine gehörige Subvention zukommen.

Was mich wundert: dass wir das alles wissen; dass es bestens belegt ist, durch Wissenschaft und durch aktuellen Journalismus; dass in den verschiedenen Friednescamps der demokratischen Parteien auch bekannt ist und diskutiert wird – heiß nur dort, wo die Frage Was tun? ernsthaft gestellt wird.

Ich habe zwei einander nicht verträgliche Ausblicke: der eine ist äußerst sensibel und nicht leicht zu vermitteln. Er verteidigt die staatliche Militärstrategie insoweit, als ihr Rückzug der Private Security Tür und Tor öffnete, jener unkontrollierten Gewaltarena, die ohnedies am Rand der legalen staatlichen Militärs immer breiter agiert. Das wäre, durchaus positiv und ohne Ironie, ein Plädoyer für den Vorrang des Politischen vor dem privat-militärischen und privat-wirtschaftlichen. Wir wissen, wie vielfältig und teils kriminell das durch die Beraterpolitik des Verteidigungsministeriums und durch die Lobbys unterlaufen wird. Weil natürlich Staat und Gesellschaft, Politik und Wirtschaft nicht entlang ethischer Linien zu trennen sind. Und auch deshalb exportieren wir munter weiter zur Kontinuität des Sterbens im Krieg beitragend. Lacht nicht: auch hier gibt es den linken Zuspruch zu einer arbeitsplatzverträglichen Strategie, und außerdem muss ja die eigene Bundeswehr auch ausgerüstet werden.

Der andere Ausblick: effektive Rüstungs- und vor allem Exportkontrolle ist nicht so schwierig, vor allem, wenn die Geheimdienste da mitspielen und nicht den Rechtsstaat unterlaufen. Der Nachteil für einige Wirtschaftszweige hält sich in Grenzen, aber natürlich gibt es ihn. Der Vorteil einer politisch stärkeren Position der eigenen Regierung liegt immer dort, wo man sich als Vermittler und neutral anbieten kann, ohne dass die eigenen Todesexporte einem an den Lippen kleben. Nun geht das selbstverständlich nicht ohne transnationale Politik, muss auch in der NATO so gehen, sollte in Europa Einigkeit produzieren – idealerweise gar nicht so gewaltiger Aufwand, aber schon: es muss etwas geschehen…nur bei dieser GroKo nicht einmal als Tagesordnungspunkt ernsthaft zu erwarten. Die Kaninchen können eine Schlange nicht erkennen und starren ins Leere. Nur: zu einer effektiven Politik gehören Verträge und Kontrollmechanismen, sie einzuhalten. Und da ist es natürlich prekär, den verrückten Rechtsbrecher Trump noch immer als Verbündeten zu behandeln. Die Außenpolitik darf hier nicht piepsen, sie muss sprechen, und sie hat etwas zu sagen. Aber dann muss sie natürlich auch die, die sich an Verträge halten, nicht weiter oder zusätzlich bestrafen.

*

Ich höre jetzt meine Kritiker aufseufzen, wie unterkomplex meine Argumente sind. Sind sie. Und wer zustimmt, kann so wenig wie ich sagen, wie man die Regierung, das Parlament und etliche der Lobbys davon überzeugt, eine effektive Rüstungsbeschränkung durchzusetzen, um dem auch von uns unterstützten Massensterben wenigstens ein wenig Einhalt zu gebieten.

Das ist nicht ganz so wenig, wie ich tiefstaple. Nicht nur im Nachhinein finde ich, dass seit den Ostermärschen vor 500 Jahren auch die Friedensbewegung unterkomplex war und teilweise, in ihren Residuen, noch ist. Was mich so früh am Tag bewegt, ist etwas anderes. Wir können uns nur auf den Frieden konzentrieren, wenn wir die richtigen Konfliktregulierungen politisch durchsetzen. Und da geschieht politisch zu wenig, da ist nicht nur die Wirtschaft noch zu weit entfernt davon, auch die Zivilgesellschaft betet lieber für den Frieden als dass sie sich auf die Konflikte einlässt, die anstehen: friedlich lässt sich Rüstungsbeschränkung wahrscheinlich nicht durchsetzen, wenn wir die Rahmenbedingungen nicht ändern. Das ist nicht komplex und passt auf eine Programmseite einer demokratischen Partei. Sozusagen eine Übertragung der Fridays for Future in diesen Bereich.

 

Wo Merz Recht hat…

Gestern in den Medien, heute s/w:

Wo Merz Recht hat….(Tagesspiegel Online 20190624):

Kritik an Merz‘ Warnung vor Rechtsruck in Polizei und Bundeswehr: CDU-Politiker Friedrich Merz hat mit Äußerungen über mögliche Sympathien für die AfD in den Reihen von Bundeswehr und Bundespolizei Kritik ausgelöst. Merz hatte der „Bild am Sonntag“ gesagt, man verliere offenbar Teile der Bundeswehr und der Bundespolizei an die AfD. Um dem Trend zu begegnen, müsse die CDU eine Partei sein, die ohne Wenn und Aber hinter den Sicherheitsorganen stehe. Innenminister Horst Seehofer warnte, Merz sollte die Bundespolizei nicht als Trittbrett für seine politische Karriereplanung missbrauchen. Die Bundespolizei stehe fest auf dem Boden der freiheitlich demokratischen Grundordnung. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen betonte, Polizei und Bundeswehr seien allein der Verfassung verpflichtet und gehörten keiner Partei. Polizisten und Soldaten verdienten mehr Wertschätzung und keine Mutmaßungen, wo sie ihr Kreuz machten. Der Vize-Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Bundespolizist Jörg Radek, hat Sympathien für rechtsnationale Parteien in der Bundespolizei bestätigt und die Regierung aufgefordert, den Verfassungspatriotismus in den Sicherheitsbehörden zu stärken. CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer hat sich in der ARD-Sendung „Anne Will“ klar gegen eine Zusammenarbeit ihrer Partei mit der AfD ausgesprochen: Die AfD schaffe zum Teil das geistige Klima, in dem der Kasseler Regierungspräsident Walter Lübcke ermordet worden sei.
tagesspiegel.de, sueddeutsche.de (Merz); zeit.de (Gewerkschaft der Polizei); spiegel.de (Kramp-Karrenbauer)

Das Problem: den Merz wollen wir nicht, darum soll er auch nicht die Wahrheit sagen. Die Lösung: wenn er die Wahrheit sagt, muss man ihn noch immer nicht mögen, aber man kann seine zutreffende Aussage als Hinweis dafür nehmen, wie verkommen eigentlich Teile der Unionsspitze, Seehofer u.a. sind, um dem Faktum zu widersprechen, das ja weder neu noch an sich schockierend ist.

Unsere Sicherheitsorgane sind in ihrer Gesamtheit vielleicht „rechts“ oder „konservativ“, was kein Wunder ist, sie sind nicht rechtsradikal oder AfD integriert. ABER: im Fall des NSU, im Fall Maasen u.a. konnte ich sagen: Teile von ihnen sind Vorfeldorganisationen der Rechten.

Warum regen sich von der Leyen und andere jetzt auf? Gerade die Verteidigungsministerin müsste wissen, welche Nester es in der Bundeswehr gibt, die mit der Verfassung wenig im Sinn haben. Selbst in der Bundespolizei  wird diese Entwicklung beobachtet, und wie denn auch nicht?

Wer die staatliche Sicherheitspolitik – nicht nur in Deutschland, auch in anderen Demokratien – analysiert, findet immer wieder eine Inklination von Sicherheitskräften und oft deren Apparaten nach „rechts“.  Ich würde hier eher sagen, zum Autoritären, zum legitimen Ausüben einer Gewalt, die den anderen Bürgern zu Recht verboten ist. Das Gewaltmonopol lässt sich ideologisch nur teilweise kontrollieren. Solange die Aufsicht und dahinter Disziplinarrecht und noch dahinter die Justiz funktionieren, sind die rechten, ausländerfeindlichen, identitären Bestrebungen in Polizei und Bundeswehr, was sie sind:  Kontraste im Rechtsstaat, die man beseitigen kann.

Nicht mit Erlassen, Appellen, und schon gar nicht mit dem Leugnen der Fakten. Es ist eine Frage der Ausbildung („Wer erzieht die Erzieher“ war nicht müssig in der 3. Feuerbachthese von Marx angesprochen, wenn auch mit schiefer Perspektive); und es ist eine Frage des kommunikativen Umgangs der Menschen, der Bevölkerung, mit ihren Ordnungs“hütern“.  Ich befürchte, dass eine gewisse Verachtung gegenüber denen, die dies von Staats wegen besorgen müssen, dass Gesetze eingehalten und ihrer Verletzung vorgebeugt werden müsse, dazu beiträgt, ihre Emanzipation vom Rechtsstaat auch ideologisch zu befördern. Und ich befürchte, dass ihnen als Schutz vor allem das Zeigen von Autorität internalisiert wurde, weshalb sie keine wirkliche Autorität entwickeln können.

Egal. Wenn Merz, der Repräsentat eines systemgerechten Kapitalismus, den man unterstützen oder kritisieren kann, etwas Richtiges andeutet, dann darf man ihn nicht unter seine Unternehmen subsummieren, ebenso wenig, wie man bei den Sicherheitskräften verallgemeinern kann.

Noch ein bitteres Apercu: genau heute wird bekannt, dass in Niedersachsen wieder nach den Linken gefahndet wird, nach den RAF-Nachfahren. Die Sicherheitspolitik hat noch immer mehr Angst vor Links als vor Rechts. Auch das ist bestens analysiert. Erschreckend ist, dass man die Rechten noch immer nicht Ernst nimmt.

 

 

 

 

Hitler wie Trump?

Vorsicht. Ich selbst habe mich viel mit legitimen und illegitimen VERGLEICHEN auseinandergesetzt, auch in diesem Blog. Und wenn heute besonders die Sensibilität der Sprache gegen ihre Verrohung angemahnt wird, dann will ich nicht zitiert werden jenseits des Kontexts: der Daxner hat gesagt, Trump ist (wie) Hitler. Aber ich will zitiert werden: der Vergleich liegt nahe und ist notwendig.

  1. Warum vergleichen?

Die Ohnmacht Europas gegenüber den USA, aber auch gegen Russland und China, wird allenthalben analysiert. Die Ohnmacht der transnationalen Demokratie gegenüber den illiberalen und autokratischen Nationalisten in Europa, in und außerhalb der EU, wird mit „Sorge“ beobachtet, wobei dieser Begriff meist bedeutet, dass man handeln will, weil man es entweder nicht kann oder weil man nicht weiß, was man machen soll. Mein Begriff des jetzigen Großverhaltens Europas gegen die USA ist Appeasement.

Wir dürfen und können unser Verhalten – Deutschlands,  der EU, fast weltweit – nicht applanieren, indem wir auf den Umgang mit Diktaturen (Russland, China, Türkei, n+1) und autoritären Staaten so reagieren, dass wir eine Vertikale der abgelehnten Systeme konstruieren.  Mit den meisten Staaten außerhalb der EU haben wir komplizierte, keineswegs „freundschaftliche“  Beziehungen, die auf oder weniger stabil eingehaltenen Verträgen beruhen. Nicht so mit den USA und so genannten Verbündeten in der NATO, und nicht so mit Tauschpartnern im kapitalistischen Warenverkehr, wenn es um Rüstungsgüter und Kriegsförderung geht (Saudi-Arabien à Jemen). Update: Dazu ein wichtiger Zusatz: Da Trump Verträge nach Gutdünken bricht, kommt es auch dazu, dass Verbrecher aus den Reihen der US Army, Folterer und andere Missetäter dem Internationalen Strafegerichtshoff ICC entzogen werden und sogar dessen Richterin Einreiseverbot in die USA erhält – das ist der Stoff, aus dem Bananendiktaturen wachsen, aber nicht Freunde und Verbündete unseres Landes. Von anderen Ländern, die Diktaturen sind, erwarten wir nichts anderes, von Verbündeten schon. Aber da ist natürlich niemand frei von Schuld: der Europarat hat aus Geldmangel Russland wieder zugelassen, nachdem seine Stimmrechte wegen der Annexion der Krim suspendiert waren…Und auch Deutschland macht sich, nicht nur bei Deportationen, vielfach schuldig, zB. beim Waffenexport und in der Klimapolitik. Aber die Dimension der gewalttätigen Rechtsbrüche aus erwiesener Macht, wie bei Trump,, gibt es hier nicht.

Es gibt hier eine prekäre Unwahrheit: angeblich sind wir mit den Amerikanern im Bunde, weil wir eine Werteunion darstellen. Unser Staat, seine Staatsräson, behauptet eine strategische, wertbasierte Nähe, die quasi natürlich uns näher bringt als mit anderen Ländern. Der Irrtum: unser Staat bezieht sich auf die amerikanische Gesellschaft. In der Tat, die steht uns mehrheitlich nahe und die vielfältigen Vergleichungen an Werten und kulturellem Austausch lassen einander nahe sein (man kann fast sagen, dass wir ohne die amerikanischen Austauschbeziehungen nach 1945 weniger gescheit, fortschrittlich, kultiviert – und konsumierbar geworden wären). Bezöge sich unser Staat – also Regierung, Repräsentanten, Staatsmedien, internationale Gesetze auf die USA als Staat, repräsentiert durch einen Donald Trump – dann ist das ein Gegner: Trump bedroht andere  um eines nationalistischen Anspruchs willen (America first) alle möglichen internationalen Staaten; Trump hält Verträge nicht ein (warum soll man dann Absprachen mit ihm vertrauen?); Trump hat zur Verrohung von Sprache und interkulturellem Dialog beigetragen, er ist ein Rassist, Sexist und Lügner. Wenn er die USA (als Gesellschaft) repräsentieren soll, tut er den Amerikanern und unserer Zuneigung zur Mehrheit dieser Gesellschaft Unrecht). (All dies würde bei andern Diktatoren keine Rolle spielen, weil wir mit Putin und Xi ohnedies keine andern Werte teilen als Tauschwerte, die aus Verhandlungen, Druck und Gegendruck hervorgehen; aber in einer werte-Union, fälschlich „Freundschaft“ genannt, ist das so nicht der Fall). Trumps Sendboten benehmen sich wie Kolonialherrn, Grenell in Deutschland als klarer Fall, früher Khalilzadh in Afghanistan usw.

Wir würden uns gerne auf die Grundlagen der amerikanischen Zivilisation mit ihrer Verfassung, der Entwicklung ihrer Demokratie, ihren Freiheiten und Engpässen und ihrer Fähigkeit zum Austausch beziehen – als wäre zwischen uns ein betretbarer öffentlicher Raum. Trump versucht sich, teilweise erfolgreich, als Selbstherrscher mit negativen Folgen für andere, also Menschen außerhalb der USA. Im Land gibt es Widerstand von Demokraten (aller Parteien), auch weiter Teile der Justiz (da geschieht gerade ein Einbruch), und vieler Teile der Zivilgesellschaft. Aber wir sind ja betroffen von seinen Kriegs- und Klimaentscheidungen, seinen Entscheidungen, auf die wir doch nicht so reagieren dürfen, als wären sie legitim, nur weil der POTUS sie twittert.

Deshalb möchte ich diesen Donald Trump, ohne Mister, ohne President, ohne Respekt, mit Adolf Hitler vergleichen.

  1. Weimar und Post-89/Post-Vietnam/Post-Irak/Post-Obama

Bleiben wir zunächst in Deutschland.  Vergleiche mit Weimar häufen sich, auch analysieren, was dazu geführt hatte, dass sich in Weimar weniger die demokratische Befreiung als die Einkesselung der republikanischen Kräfte durchsetzen konnte. Aus der Fülle dieser Vergleiche auszuwählen, heißt auch Methoden und Schwerpunkte zu teilen, darum bin ich vorsichtig. Es ist nur interessant, wie sehr auch in den USA diese Vorstellungen des Vergleichs von Heute und Weimar zusammenlaufen (Browning 2018) (Mazower 2006); Dabei ist die (Allein)schuldfrage am Ersten Weltkrieg Anlass zu immer erneuten Kontroversen (z.B. bei (Clark 2013). Meine Analogie zielt nicht auf die historiographische Zentrierung der geschichtlichen Abläufe, sondern tatsächlich auf den Vergleich der Nationalsozialisten und anderer rechtsradikaler und nationaler Verbände VOR 1933 mit heutigen Entwicklungen. Es ist wichtig darauf hinzuweisen, dass die Nazis nach der Machtübernahme eine geänderte Strategie des Machtausbaus und der Machterhaltung gefahren sind und sie in der Massenvernichtung von jüdischen und anderen Menschen konkretisiert hatten. Darum spreche ich,  als Wissenschaftler und Beobachter, von der AfD und der FPÖ als Nazis und nicht Neonazis, weil bei den meisten Mitgliedern und Aktivisten dieser Parteien die Analogien auffällig sind (Nicht jedes NSDAP Mitglied war in diesem Sinn immer ein Nazi, und nicht alle AfD Wähler sind Nazis, das weiß ich auch. Aber strukturell bestehe ich auf meiner Position). Der Vergleich mit Weimar ist aus mehreren Gründen angesagt, auch wenn bestimmte Aspekte – v.a. politisch-ökonomischer Art – unvereinbar differieren: auch wenn Teile der Demokratie gefestigt scheinen, ist das republikanische Element schwach (das hat schon Ossietzky in der Weltbühne festgestellt: „Entgegen der verbreiteten Rede von einer „Republik ohne Republikaner“ empfinden sich die Leitartikler der Weltbühne nach einem Wort Ossietzkys als „Republikaner ohne Republik“. Hartnäckig weist die Zeitschrift auf die Defizite der Weimarer Realverfassung hin und hält ihr das Bild einer „wahren“ Demokratie entgegen.“ (https://www.zeit.de/2018/12/weimarer-republik-weltbuehne-wochenzeitschrift/seite-2). Das entspricht stark meinem Eindruck, dass wir heute an einer „Fatigue de democracie“, einer ermüdeten Abneigung gegen Demokratie und einem massiven republikanischen Defizit leiden, das den öffentlichen Raum und die Verhandlungen der Freiheit einengt, abschnürt. Die Nazis sind da – noch, wieder, schon – und sie sind kein rechtsradikales Residuum, sondern nähren sich von weiteren Kreisen als den bloß dumpf-rechten. Sie sind auch „mehr“ als Nationalisten. Die Wählerwanderung von der Linken zur AfD erinnert an die partielle Kooperation von KPD und NSDAP vor 1933.

  1. Trump Hitler

Kein Historiker würde heute Systeme mit einem ihrer Repräsentanten gleichsetzen, zu Recht. Aber viele der „Führer“ in gesellschaftlichen Systemen, die sich in heftiger und oft chaotischer Dynamik befinden, setzen sich und „ihr Land“ schon mit dem eignen System in Abgrenzung zu andern gleich. Ich habe eine Analogie von Trump mit dem Hitler vor 1933 schon lange beobachtet und konkretisiert. Dazu ist es notwendig, einen Standpunkt einzunehmen, den es in der Realität nicht gibt, nämlich aus der Hügelperspektive verschiedene gesellschaftliche, politische Felder gleichzeitig zu beobachten, und sowohl Analogien als auch Differenzen aus den Phänomenen in eine tatsächlich ungleichzeitige Beziehung zu setzen. Das ist ein kultur-politisches, und kein real-politisches Spiel im Sinne der Konstruktion von Einsichten, die bei noch so viel klugem Wissen aus den Ableitungen geopolitischer und strategischer Analysen nicht zu gewinnen sind. Dann las ich, eher aus andern Gründen, Timothy Snyder: Black Earth – The Holocaust as History and Warning (Snyder 2015). Im Einleitungskapitel “Hitler’s World” und im 1. Kapitel “Living Space” nimmt Snyder genau die geschilderte Position ein, und auch wenn es sich um Hitlers Weltbild handelt, und nicht um seine Machtpolitik zwischen 1919 und 1933, drängte sich dauernd der niemals im Buch erwähnte Name Trump auf. Die Linien erscheinen auf den ersten Blick fast zu einfach: Ethik an sich ist schon falsch, wenn es auf Treue zur Rasse ankommt; Universalismus ist jüdisch; die große judäo-bolschewistische Verschwörung (Vgl. https://www.nzz.ch/international/1918-und-die-deutschen-revolutionen-ld.1421776 ; Paul Hanebrink 2018(übrigens heute wieder ein starker Forschungszusammenhang); der Zirkelschluss, dass Natur/Vorsehung die Bedingung von Politik sei, die nur durch Unterwerfung unter diese wirksam werden kann. Natur und Gesellschaft dürfen nicht getrennt werden, ebenso wenig wie Wissenschaft und Gesellschaft, wenn alles nur dem Anspruch der Herrschaft einer Rasse (Gruppe) unterworfen werden soll. Von daher zum Lebensraum ist es nicht weit. Soweit, so bekannt. Aber Snyder fügt dem noch ein Element hinzu: die USA als Vorbild und sozusagen Neidobjekt für Hitler. „Globalization led Hitler tot he American dream“ (S.13). Diesseits und jenseits von Mississippi und Wolga warden Hitlers Landnahmegrenzen (S.20).  Und eine interessante Beobachtung: die Verknüpfung des doppeldeutigen Deutschen Wortes „Wirtschaft“ mit Ökonomie und dem Haushalt, mit der produzierenden Frau (darin erkennt man die Enge des amerikanischen (ich nenne ihn) schlechten Kommunitarismus, der ja Trump stark unterstützt, im Gegensatz zu einem weltläufigen a la Michael Walzer). Wie dem auch sei: solange die Unterwerfungspraxis rhetorisch und diskursiv angelegt ihre Wirkung zeigt, muss Trump den erklärten Krieg noch gar nicht ausführen (vgl. Blog Finis terrae XIX…alle Tage Krieg). Die deutsche Wirtschaft kuscht, das AA wirft den Grenell nicht hinaus, der Trump bekommt seine Ehrenkompanie, und alle Welt schnürt sich zusammen, um Ärgeres zu verhindern. Das war natürlich bei Hitler anders, als viele dieser Reaktionen erst NACH 1933 kamen. Aber die Vorbereitungen ähneln sich, und nicht nur weltanschaulich, auch rhetorisch. Hitler bereitet sich und seine Gefolgschaft auf etwas vor, was Trump, ohne die ganz großen und irreversiblen Folgen praktiziert: Vertragsbruch, Vertrauensbruch und und ungenierte Ausbeutung vor allem der eigenen Gefolgschaft, an der ja seine Wirtschaftspolitik schreckliche Spuren hinterlassen wird – erst in der Zukunft – während wir alle von der Politik jetzt schon betroffen sind.

  1. Sprache – VerROHUNG VerSCHLEIERUNG VerLUST

Vom Bundespräsidenten bis zum lokalen Sonntagsredner predigen alle, wir sollten uns vor der Verrohung der Sprache in Acht nehmen, sie nicht zulassen, ihrer weiteren Morastierung entgegenwirken. Das ist auf der bildungsbürgerlich-liberalen, sozusagen der wohlerzogenen Ebene richtig. Viel stört mich da auch. Aber der tatsächliche kriminelle Tatbestand der Sprach- und Kommunikationszerstörung liegt ja woanders. Das MAN der Diskurse ist ja nicht einfach das Produkt von AfD Spin Doctors, Nahles‘ Bätschis, Gaulands Vogelschiss, Schäfer Gümbels AfD Vergleich der Grünen, Höckes Pseudowissenschaft, Schimpforgien und zarten Andeutungen. Die Sprache verroht auch nicht „an sich“, sie wird nur bewusst verengt, um auf bestimmte Leitworte – das sind nicht automatisch Begriffe – hinzuführen. Gräser&Lenz schreiben in eine Karikatur zu Recht ein AfD Plakat: „Der Klimawandel ist nicht von Menschen gemacht, sondern von Ausländern und Asylanten – AfD“ (FAZ 21.6.2019). So entsteht die Entmenschlichung des Diskurses quasi von selbst und haftet am Volk. Trump und Bannon arbeiten nach diesem Muster, und deren Anhänger – EINE MINDERHEIT, vergesst das NIE, Trump ist der Herr einer weißen menschenfeindlichen Minderheit, nur hat er etliche Macht über die Mehrheit – bedienen dieses Muster. America first! Das hätte Großdeutschland so gepasst.

Dagegen hilft keine Zensur und kein Gesetz; dagegen hilft Aufklärung und ein wenig Lektüre: Heute empfohlen ausgerechnet der Könisberger Immanuel Kant: „Zum ewigen Frieden“, klingt ein wenig satirisch, was? (Kant 1795). Er beginnt das so „Ob diese satirische Überschrift auf dem Schilde jenes holländischen Gastwirts, worauf ein Kirchhof gemalt war, die Menschen überhaupt, oder besonders die Staatsoberhäupter, die des Krieges nie satt werden können, oder wohl gar nur die Philosophen gelte, die jenen süßen Traum träumen, mag dahingestellt sein“ (S. 428). Aber lest das einmal…wir sind heute im süßen Traum ein Stück weiter, aber Kant hat schon den Kern gut dargestellt,  den Kern dessen, was wir erst bedenken sollten, bevor wir Trump als Verbündeten ansehen.

 

 

 

Browning, C. (2018). „The Suffocation of Democracy.“ NYRB LXV(16): 14-17.

Clark, C. (2013). Die Schlafwandler, Pantheon.

Kant, I. (1795). Zum ewigen Frieden. Berlin, Bruno Cassirer.

Mazower, M. (2006). „An international civilization? Empire, internationalism and the crisis of the mid-twentieth century.“ International Affairs 82(3): 553-566.

Snyder, T. (2015). Black Earth. The Holocaust as History and Warning. . New York, Tim Duggan.

Paul Hanebrink: A Specter Haunting Europe: The Myth of Judeo-Bolshevism; Belknap Press/Harvard University Press,

 

Finis terrae XIX: Alle Tage Krieg

Ich darf mich wiederholen. Es gibt wenige Gedichte, die zeitüberspannend so deutlich ausdrücken, was uns Hoffnung gibt, wie Ingeborg Bachmanns Alle Tage, und deshalb hier noch einmal als Einleitung:

Der Krieg wird nicht mehr erklärt,
sondern fortgesetzt. Das Unerhörte
ist alltäglich geworden. Der Held
bleibt den Kämpfen fern. Der Schwache
ist in die Feuerzonen gerückt.
Die Uniform des Tages ist die Geduld,
die Auszeichnung der armselige Stern
der Hoffnung über dem Herzen.

Er wird verliehen,
wenn nichts mehr geschieht,
wenn das Trommelfeuer verstummt,
wenn der Feind unsichtbar geworden ist
und der Schatten ewiger Rüstung
den Himmel bedeckt.

Er wird verliehen
für die Flucht von den Fahnen,
für die Tapferkeit vor dem Freund,
für den Verrat unwürdiger Geheimnisse
und die Nichtachtung
jeglichen Befehls.

Das Gedicht ist 1952 geschrieben. Häufig werden die letzten Zeilen allein in einen politischen Zusammenhang gestellt, und oft ist das Gedicht auch ein Prüfungsfall für Abitur und akademische Interpretation. Mir geht es damit nicht um die Analogie zwischen dem Kalten Krieg und der unmittelbaren Nähe zum gerade vergangenen Krieg, sondern um den Schrecken, der die unterschiedlichen Politik- und Zeitzonen überdauert. Hoffnung ist die Lebenseinstellung jenseits von Zuversicht, die sich auch auf Verweigerung, auf den Widerstand gegen die herrschenden Umstände gründen kann, und noch nicht sagt, was mit deren Überwindung bestenfalls eintreten kann. Sie zitiert aber auch nicht den schlimmsten Fall.

*

In diesen Tagen…ist die Ankündigung  von Trumps Wiederwahl, ist der sich ankündigende Krieg am Golf, ist die verachtenswerte Kumpanei von Recht und Gewalt bei Teilen der deutschen Polizei, ist der Fall Lübcke, ist die Deportationspolitik Seehofers….ist das, was heute geschieht,  schon die Normalität von Allen Tagen? Das war ja ein Ausgangspunkt von Finis terrae, seit zwei Jahren verfolge ich dieses absehbare Ende einer Zivilisation, die mit mir nicht zu Ende gehen wird, mich aber nicht lange überleben wird. (Was kümmerts mich, fragt der, dem das Leben als unabänderliche Krankheit zum Tod gilt, und was soll es uns kümmern, wenn wir daran glauben, dass die Evolution uns doch noch einmal, mehrmals, retten wird. Was heißt dann schon Rettung: überleben in der Salzwüste oder Ananas auf Grönland züchten, und dann am geliebten Arbeitsplatz ersticken?).

Es ist Krieg.

Die Veteranen vergangener Waffengänge haben nur ihre Erinnerung, traumatisch genug und deformierend. Wir können schon die Zukunft erinnern, und das Trauma vieler Menschen, nein, nicht aller, das Trauma vieler Menschen besteht darin, dass sie nicht sehen wollen, was sie schon wissen (Kassandra rüttelt sie nicht mehr auf).

Krieg ist nicht der Ausnahmezustand, den Carl Schmitt zur Ausübung totaler Herrschaft denen zur Hand geben will, die ihre „First“ durchsetzen. Krieg ist gerade die Normalität, in der Frieden die Ausnahme der Zukunft bedeuten kann, wenn wir … uns der Klimakatstrophe entgegen stellen. Ein anderer, ambiger Konservativer wie Sloterdijk, macht aus uns uns selbst übende Wesen, das kann man schon verstehen („Du musst dein Leben ändern“), aber wie lange und wohin? Darin ist kein Trost und schon gar keine Anleitung, unseren Zustand zum Besseren zu ändern. Oft haben die Deutschen im Krieg selbst die Auferstehung gesehen, die den Weg zum Glück abkürzt, mit hohem Risiko, gewiss, aber pathetisch und heroisch, nicht nur „die Deutschen“ natürlich, aber sie besonders deutlich…Demgegenüber sind wir auf schmalem Grat. Widerstand heißt teilweise sich Verweigern, vom Fernbleiben der Schule an Fridays for Future bis zur Gesprächsverweigerung als sklavisch Unterlegener. Das angestrebte Glück liegt nicht in der Bescheidung, sondern im Widerstand dessen, was es bis gerade eben noch bedeutet hatte.

*

Das sind nur teilweise Assoziationen zur ungestörten Gewaltbereitschaft der „Rechten“ (Ihr wisst, dass ich die rechts-links-Koordinate nicht mehr so brauchbar halte), von der AfD bis zu Teilen der Polizei – zeigt man einem AfD Polizisten den Ausweis, wenn der einen dazu auffordert? Kontext, Freunde, Kontext. Teilweise ist es die Anerkennung des Kriegszustands aller Tage, und damit des Kriegsrechts – nicht der Waffenkonventionen, sondern der Menschenrechte und unserer Grundrechte auch auf Widerstand, wenn der demokratische Motor stottert, damit er wieder funktioniert.

Silberne Hochzeit von Seehofer – 25. Abschiebung nach Afghanistan

Silberne Hochzeit von Seehofer…der Teufel möge ihm zur 25. Abschiebung von Menschen nach Afghanistan, in mögliche Unsicherheit und Tod, gratulieren.

Nicht zufällig kommt diese Meldung über die Medien zugleich mit den neuen Erkenntnissen im Fall Lübcke – dem aufrechten Konservativen, der sich für Flüchtlinge eingesetzt hatte, und deshalb unter dem Beifall des rechten Mobs ermordet wurde. Ein paar Kommentatoren assoziieren diese Hinrichtung gleich und vermittelt (nur) mit der RAF, aber die meisten haben verstanden: die Linie geht zur NSU, damit geht sie auch zu einem Teil unserer staatlichen hoheitlichen Sicherheitsorgane als Vorfeldorganisationen eben dieser rechten Politik.

In Görlitz hätte ein AfD Politiker es fast geschafft, OB zu werden. Bald wird das auch so weit sein. Dass dieser Mann Polizist ist, schließt an die Befunde an: die Grenzen sind durchlässig, aber nicht für so sehr für Menschen als für Ideologien, die die Demokratie nicht hinnehmen muss, genauso wenig wie die Gewaltakte, die von den Nazis der AfD ausgehen.

Nun wäre dies nicht mein Blog, wenn ich nicht darauf hinwiese, wo und wie Gewalt auf anderen Feldern durchaus ihren Platz IN der Demokratie und in einer sich ständig befreienden Gesellschaft haben müsse. Aber gerade auch hier zu unterscheiden und vor allem: die Grenzen zu ziehen zu jenen, für die Gewalt die Alternative zu unserem republikanischen Gemeinwesen sind, darauf kommt es auch an.

Ich bin sicher: dem Schreibtischtäter Seehofer und seinen Kumpanen wird man weder strafrechtlich noch politisch „den Prozess“ machen. Aber wir sollten ihn so wenig aus den Augen verlieren, wie die Folgen seiner Schandtaten: 25 Abschiebungen nach Afghanistan.

Jüdischer Einspruch XI: Progrom und die ewige jüdische Frage

Den Sieg der Polen über Israel mit 4:0 bei der Europameisterschaftsauswahl bezeichnete der polnische Fußballverband als „Progrom“.

Ein Artikel in der TAZ verweist zu Recht auf sprachliche, ideologische und kontextuelle Zusammenhänge, oft haben Begriffe in unterschiedlichen Zusammenhängen eine mehr oder weniger prekäre Bedeutung…im  Prinzip genauso richtig die Tatsache, dass wir – zivilisierten, geschichtsbewussten Europäer – bei „Pogrom“ schon eine eindeutige Assoziation haben (sollten). Vgl. https://www.taz.de/EM-Qualifikation-Polen–Israel/!5599877/

Aus dem Artikel Nach Kritik in sozialen Medien hat der polnische Fußballverband die Verwendung des Begriffs verteidigt. Er sei „üblich“, um Siege im Fußball zu beschreiben, teilte Verbandssprecher Jakub Kwiatkowski mit. Es folgte eine halbgare Entschuldigung: „Vielleicht war er in diesem Zusammenhang fehl am Platz, weil es unnötig Emotionen schürt.“ Wenn er mit „unnötigen Emotionen“ die zahlreichen Holocaustwitze meint, die später unter dem Post zu sehen waren, hat er wohl recht.“ Die von mir geschätzte TAZ hat da nicht aufgepasst: „unnötig“ im polnischen Kommentar heißt, dass es hier nicht nötig war, Emotionen zu schüren – und impliziert, dass das in anderem  Zusammenhang schon nötig sein könnte. Wenn daraus ein Adjektiv wird, „unnötige Emotionen“, dann geht das an der Sache vorbei.  Holocaustwitze schüren Emotionen nicht einfach unnötig, und nötige Emotionen sowohl auf den Vorfall als auch die Witze sind fällig. Dass wir aus Deutschland oft kritisch und moral-gewichtig auf den in Polen verbreiteten Antisemitismus schauen, ist eine Seite des Problems; dass wir selbst vielfach den Grund zu Antisemitismus legen bzw. ihn verharmlosen, ist die andere. Wir verwenden den Begriff Progrom nur in streng geregelten Kontexten und assoziieren ein vielfach festgelegtes historisches Geschehen. (Das den Begriff sozusagen zum deutschen Erinnerungserbe und seiner kritischen Annotation macht). Die ersten Kommentare zum TAZ Artikel gehen auf dieses Problem übrigens punktuell ein. Andere mögen den Begriff anders verstehen und verwenden, und es wird kompliziert, Begriffshoheiten zum transnationalen Diskurs infrage zu stellen.

Dass ein Fußballspiel gegen Israel die „jüdische“ Frage aktuell macht, ist eine andere Facette: ich finde es großartig, dass Israel im Fußball zu Europa zählt…würde das anders sein, wenn Israels Nachbarn nichts gegen eine gleichberechtigte Stellung des israelischen Sports in der Region einzuwenden hätten? Ein weites Feld.

*

Warum, zum Teufel, lässt einen die „jüdische“ Frage nicht los? Vor ein paar Tagen hat der Zentralrat der Juden in Deutschland – ein von mir nicht sehr geschätzter Verband – infrage gestellt, ob das Jüdische Museum noch das Attribut „jüdisch“ verdiene. Der Zentralrat hatte sich über den Direktor Peter Schäfer schon beschwert wegen der in seinen Augen zu israelkritischen Ausstellung „Jerusalem“, (die übrigens auch zu einem missbilligenden Brief des Herrn Netanjahu geführt haben soll, was ein Qualitätsmerkmal ist). Nun wurde eine Leseempfehlung im Zusammenhang mit der Boykottbewegung BDS dem Direktor zum Verhängnis: Zentralratspräsident Schuster attackierte ihn rüde, Lea Rosh hängte sich dran, Schäfer trat zurück. Und alle fordern plötzlich, dass der Direktor des Jüdischen Museums „jüdisch“ sein müsse. Dazu bitte lesen:

https://www.zeit.de/kultur/2019-06/peter-schaefer-juedisches-museum-berlin-ruecktritt

https://www.tagesspiegel.de/kultur/peter-schaefer-geht-nach-kritik-direktor-des-juedischen-museums-berlin-tritt-zurueck/24459034.html

https://de.wikipedia.org/wiki/Peter_Sch%C3%A4fer_(Judaist)

https://de.wikipedia.org/wiki/Lea_Rosh

https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2019/kw20-de-bds-642892 (Redebeiträge lesen!)

http://www.taz.de/static/pdf/Declaration_German_Final.pdf  1.3.2019

http://www.taz.de/Bundestagsbeschluss-zu-Israel-Boykott/!5601030/

Zur letzten Meldung: ich möchte ausdrücklich feststellen, dass ich die Meinung der Unterzeichner der Resolution nicht teile, wonach BDS NICHT antisemitisch und Boykott legitim sei (und das habe ich seit langem in Blogs und Stellungnahmen immer vertreten). Aber ich stelle auch fest, dass hier auf Meinungsfreiheit und kommunikative Auseinandersetzung besonders geachtet werden muss, weil ja die Kritik an der israelischen Regierung und Besatzungspolitik weder „Israelkritik“ als Kampfbegriff bedeutet, noch hier bei uns weniger legitim ist als in der breiten israelischen Medienöffentlichkeit, Literatur, Wissenschaft und Kunst.

Die Diskussion ist nicht mehr zurückzudrängen. Das ist gut so und sie muss mit Artikulation und Schärfe geführt werden. In einem Punkt aber will ich eine Position vertreten, die zu meinem wissenschaftlichen Schwerpunkt seit vielen Jahren zählt: Wenn sich Menschen anmaßen, vorzuschreiben oder zu normieren, was „jüdisch“ sei, ist das fast so schlimm wie die Frage: wer ist Jude?

Die Legitimität beider Fragen ist das Entscheidende. Und sie kann nicht einseitig („nur“) aus der religiösen Dogmatik, aus der ethnologischen Genealogie, aus der politischen Opportunität entschieden oder gar anderen aufgezwungen werden. (Genauso wie das Gegenteil: die politische „Entjudung“ von vielen Menschen in den dunklen Zeiten der Diktatur). Zum Judentum gehört immer auch die Intention des einzelnen Menschen – ob gläubig oder nicht, und vor allem: ob Mitglied einer institutionellen Gemeinschaft oder nicht. (Nur zur Klarstellung:  ich bin Mitglied einer jüdischen Gemeinde). Intention heißt hier:  ich will jüdisch leben und als jüdischer Mensch erkennbar sein, sofern mein Leben dadurch nicht eingeschränkt wird. Aber ich kann mir doch nicht vorschreiben von einer religionspolitischen Vereinigung,  wer wo wie jüdisch zu agieren hat. Der Zentralrat fördert in meinen Augen ein fatalen antisemitischen Aspekt des Umgangs unserer Gesellschaft mit jüdischen Menschen,  die eben nicht Mit-Bürger/innen sind, sondern Bürger/innen: und ob side sich als jüdisch begreifen oder nicht ist weniger wichtig, als dass sie das Jüdische verstehen und vertreten – das wäre wichtig beim Jüdische Museum und nicht die Rückkehr zur Stromlinienförmigkeit der Ausstellung von Kultgeräten.

Lest dazu frühere Rubriken im Blog  „Jüdischer Einspruch“ und vielleicht:(Daxner 1995, Daxner 2007, v.a. 232-250. Seither ist einiges verschoben und zu korrigieren, nicht aber die Hauptargumentation).

Und erfrischend klar und deutlich, auch zum so genannten „Zentralrat“:

Shimon Stein und Moshe Zimmermann Tagesspiegel 22.6.2019

…Auszug aus einem Tagesspiegelartikel https://www.tagesspiegel.de/kultur/streitfall-juedisches-museum-berlin-wer-bestimmt-was-juedisch-ist/24472788.html

Differenzierter muss auch mit dem Begriff „jüdisch“ umgegangen werden. Was jüdisch ist, entscheidet nicht allein Israel. Die Vielfalt im Judentum ist enorm. Das hat auch das Jüdische Museum Berlin zu vermitteln versucht. Die Kippa ist nicht das Symbol des Judentums; Reformjuden wie auch säkulare Juden sind – vom Standpunkt der Wissenschaft wie auch aufgrund der Selbstbestimmung von Personen, die sich zum Judentum bekennen – nicht weniger jüdisch als orthodoxe Juden oder jüdische Bürger des Staates Israels. Vielfalt und Bereitschaft zum Disput waren immer ein Kennzeichen des Judentums.

 

 

 

Daxner, M. (1995). Die Inszenierung des guten Juden. Kulturinszenierungen. S. M.-D. u. K. Neumann-Braun. Frankfurt, Suhrkamp.

Daxner, M. (2007). Der Antisemitismus macht Juden. Hamburg, merus.

 

Nicht mit dieser SPD – weg mit T-S-G

„…wer dieser Tage mit Thorsten Schäfer-Gümbel spricht, erlebt einen Sozialdemokraten on steroids. Der Hesse gilt eigentlich als eher dröger Typ. Doch jetzt als (alphabetisch) Zweiter in der Troika der SPD-Übergangschefs ist TSG kaum wiederzuerkennen. „Mehr lächeln“ fordert er frohgemut von seiner gebeutelten Partei, einen Mietendeckel nach Berliner Muster für ganz Deutschland und harte Attacke auf die neuen Angstgegner. „Den Grünen ist die soziale Frage schnurzegal“, schimpft Schäfer-Gümbel im Tagesspiegel-Interview. „Sie präsentieren sich als fortschrittliche Kraft, aber sie sind keine fortschrittliche Kraft. Ich erlebe sie in politischen Prozessen eher als autoritär.“ In der SPD galt bisher als ausgemacht, dass man Konkurrenten durch Angriffe nur stärkt. Aber vielleicht ist die Lage inzwischen wirklich zu ernst für Taktik. „Wir brauchen Klarheit“, verlangt TSG.“ (Tagesspiegel online 14.6.2019)

Es kommt noch schlimmer: er vergleicht die Grünen mit der AfD. Wo diese Migration zum einzigen Thema macht – stimmt ja nicht, ihr Deutschnationaler Impetus ist da mindestens so wichtig –  würden die Grünen den Klimawandel hochheben, und darüber alles andere vergessen. Im DLF sagte der ewige Verlierer TSG sinngemäß, weil sie keine Positionen hätten, würden sie als Heilsbringer stilisiert.

Mit solchen Leuten Rot-Grün anstreben und das auch noch als „Linksruck“ bezeichnen? Unsere Wähler kommen aus anderen Lagern, bzw. weg von der SPD, wahrscheinlich wegen dieser Dummheit. Wo die britischen Tories noch Kokain nehmen, reicht bei Thorsten Schäfer Gümbel wohl Äppelwoi und Ale Wurscht…

*

Die Grünen können sich wehren, und sie haben gerade in der Sozialpolitik bessere Vorschläge als die ewigen Umfaller von der SPD. Aber da wir auch Mitglieder bei den Grünen haben, die der GroKo müde sind und auf Rot-rot-grün setzen, sei eines klar: nur Grün-rot-rot ist legitim angesichts solcher hasserfüllter Hilflosigkeit.

*

Heute rudert TSG zurück; er lobt uns Grüne. Und hat all das nicht gesagt. Wie immer – nicht in die GroKo, rein in die GroKo; gegen die Grünen, nicht gegen die Grünen. In der bipolaren Welt der Parteiführung ist das normal.

Gegner USA

Wer diese Vorschau auf neue Untaten der USA und China liest, der wird ins Grübeln kommen:

https://www.sueddeutsche.de/panorama/einreise-in-die-usa-mein-konto-meine-kontakte-meine-mails-1.4474155?utm_source=pocket-newtab

Dass der halbirre Despot Trump die Welt noch gefährlicher macht als sie ist, wissen wir (kein diplomatisches sich drehen und wenden). Dass andere Despoten, Diktatoren und Selbstherrscher im Einzelnen noch gefährlicher sind, aber global, vielleicht bis auf China, weniger Macht umsetzen können, wissen wir auch. China hat begonnen, das Private öffentlich zu machen, im Sinne der staatlichen Öffentlichkeit. Sozialer Frieden im Tausch gegen Unterwerfung und Konformismus. Das machen die USA jetzt offiziell nach – illegal und im Dunkeln haben sie es immer schon gemacht. Diesmal sollen sich nicht nur die Amerikaner unterwerfen, sondern andere, WIR.

Sind wir so machtlos, wie wir erscheinen wollen – uns kriecherisch den Iran Sanktionen unterwerfen (nicht der Staat, die Wirtschaft…); uns in der NATO lammfromm zu verhalten und die amerikanischen Rüstungsdiktate noch im europäischen Markt vereinfachen und weiterhin Spanndienste für die USA leisten; nicht auszusprechen, dass Trumps Zollpolitik der schlechteren Produktqualität amerikanischer Waren geschuldet ist; uns mit nie vertrauenswürdigen Geheimdienst-Unterlagen zu erpressen, wenn es um das Ausschalten von Huawei geht – als ob wir in dieser Hinsicht den Chinesen je getraut und den Amerikanern geglaubt hätten….

O Ihr Beschwichtiger! Wer solches sagt, redet ja nicht aus der anderen Ecke, derder Aggressoren und Erpresser aus allen Lagern, die sich nicht als westlich verstehen und vom Westen auch nur selten dazugezählt werden.

Ich halte mich für Talkshow-reif, um nicht die vielfältigen Argumente zur Verteidigung deutscher und europäischer Appeasementpolitik zu kennen. Aber zur Zeit zeigt sich die Ohnmacht ausgefeilter Politikwissenschaft und Globalisierungsanalysen – es ist fast egal, was man sagt, wenn man die neuropathischen Zuckungen des amerikanischen Sexisten einfach beiseite schiebt und schaut, was seine Vasallen machen. Diese Gleichgültigkeit ist von den Tyrannen gemocht. Sie erlaubt es, Dünnbrettbohrern wie Kretschmer und Woidke die Russlandsanktionen in Zweifel zu ziehen, sie erlaubt es, den Gauner Richard Grenell (amerikanischer Botschafter), unsere Wirtschaft zu erpressen statt ihn wegen Verletzung des Grundkonsenses internationaler Verhaltensregeln hinauszuwerfen, sie erlaubt es, bei den mörderischen Rüstungsexporten Hintertüren und bei den Abschiebungen jedes menschenrechtliche Maß zu verdünnen…Die deutsche Regierungspolitik reagiert auf all dies, wie sie auf das NSA-Vergehen des Abhörens von Merkels Handy reagiert hat: gar nicht. Apathie und Appeasement sind Zwillinge.

Ihr wisst, dass ich selbst sowohl auf die Ränder meiner Ausdrucksweise und auf die Sprache genauer achte als meine Kraftausdrücke es bisweilen vermuten lassen. Darum habe ich sowohl in der Putinkritik als auch in der Israelkritik (zwei ganz verschiedene Felder) andere Sprachmuster eingezogen als gegen die USA, die ja – viel weniger als die meisten meiner perhorreszierten Staaten – viel weiter weg von ihrem Führer sind. Der Widerstand gegen Trump ist in den USA besser strukturell eingebaut als im Konzert der Westalliierten (so wie Kritik am israelischen Regime in der Öffentlichkeit und den Medien weniger Zurückhaltung kennt als deutsche Rücksichten dies kennen). (Ihr seht, ich bin doch vorsichtig, sonst müsste ich das nicht betonen).

Mein Widerstand richtet sich mehr gegen die Gleichgültigkeit als gegen aussichtslose Waffengänge. Ist es nur unser vermeintlicher Zivilisationsvorsprung, dass wir von Amerikanern für Deutschland keine Visumpflicht einführen und etlichen Angehörigen terroristischer Vereinigungen (NRA, Ku-Klux-Clan etc.) jede Einreise verweigern? Was würde geschehen, wenn wir das täten? Schlimmstenfalls wieder Sanktionen,  oder eine Rücknahme? Was würde eine Verweigerung der 2% BNP-Grenze im NATO Budget bedeuten, wenn wir zeitgleich eine europäische Armee aufbauen und die dafür notwendige Rüstung ohne Technik und Information aus den USA versuchen? Vielleicht ein relativer Verlust an Drive und Effizienz, aber man kanns auf den Versuch ankommen lassen.

Und das alles wegen unserer persönlichen Daten, die US Regierung und die US Wirtschaft gleichermaßen auszubeuten gedenken. Das machen sie ja ohnedies schon lang, aber noch nicht so dreist und flächendeckend? Ja, denn staatliche Angriffe auf Menschen sind meist irreversibel. Wie man an China sieht, empfinden viele Menschen dort die lückenlose staatliche Überwachung bereits als Normalität. Die Tatsache, dass auch viele Deutsche tagaus tagein ihre Daten freiwillig allen möglichen ausbeuterischen, missbräuchlichen und gefährlichen Agenturen überlassen, ändert an diesem Argument nichts.

Vor einigen Blogs habe ich vorgeschlagen, Ihr erweitert diese Liste der Sanktionen gegen die USA gehörig; aber auch gegen andere Länder auf unserer Liste – durch Urlaubsverweigerung, Exportregulierung, Unterlaufen der offiziellen Kommunikationswege. Leider gabs nicht viel Rücklauf. Aber was mich freut: einiges von dieser tentativ unendlich langen Liste geschieht in der Praxis.

*

Der Daxner ist langweilig. Stimmt, manche Themen wiederholen sich wie die Endfloskeln eines Rituals. Was aber Teil des Rituals ist, muss wiederholt werden. So wird mein Schuh daraus. Ich frage ja auch immer, na gut, wenn es SO ist, was machen wir. Natürlich sind die Revanchepartikel nicht schon Politik. Sie sind sozusagen die Katalysatoren, die nicht zur Lösung von Problemen beitragen, auch nur wenig zu ihrer Erhellung, aber Reaktionen provozieren, die man so nicht einfach bekommt. Das bekommt man in der Chemie und -in der Kernphysik mit, und die Metapher stimmt auch in der Gesellschaft. Oft regt ein Partikel an „sozialer“ Bewegung etwas an, das sich dann als nicht leicht abzubremsende Dynamik erweist. Das Beispiel des gezielten Regelverstoßes, Gewalt um Gewalt zu verhindern, haben wir schon diskutiert.  Jetzt aber gegen die Langeweile. Provokation durch den Kunstgriff, die Machtdifferenzen zu ignorieren.  Klar hat der POTUS mehr Macht als Merkel oder Maas. Und? Tun wir so als ob das keine Rolle spielte. Gegenfrage: ist das nicht ein Spiel mit dem Feuer? Ich: brennt es nicht ohnedies schon?

Wenn wir Politik gegen die derzeitige Regierung machen wollen, und das sollen wir, müssen wir einige Prämissen ehrlich diskutieren:

  1. Stimmt die ewige Dankbarkeitsformel: ihr (Amerikaner, Russen, ….) habt uns 1945 gerettet, dafür werden wir euch ewig dankbar sein? Bis wann hat sie gestimmt, wann war das Konto erschöpft, gibt es ein unzerstörbares Residuum?
  2. Der Westen garantiert unsere Sicherheit, die wir nur ökonomisch und kulturell, aber nicht mit Einbringen passgenauer Gewaltfähigkeit kompensieren können. (Damit müssten die Bedrohungsszenarien allesamt auf den Tisch).
  3. Wie lange setzen wir die praktizierten Werte der europäischen Politiken mit denen der USA gleich? Maßstab Obama – das geht, bedeutet aber Abkehr vom heutigen Regime und damit hohes Risiko.
  4. Wie ehrlich meinen wir es mit der Abwägung von Menschenrechten und nationalen Profiten (Interessen + Wirtschaft + Sicherheit)? (Oder spielen wir nur rhetorisch mit einem moralisch überlegenen Anspruch, weil ihn ohnedies niemand beim Wort nimmt?

Zu Beispiel 1: Da ich persönlich Grund hatte und habe, den Amerikanern in mehreren Hinsichten für meine Familie und mich dankbar zu sein, musste ich mir früh zwei Fragen beantworten: wie kann eine so „gute“ Nation so schreckliche Verbrechen begehen (als ich die Frage erstmals stellte, ging es hauptsächlich um Lateinamerika, später, Vietnam, da war mir schon einiges klar). Die andere Frage: wie erschöpft sich Dankbarkeit? Die private Analogie zieht nicht ganz. Aber eines ist klar: dass wir nicht in einer absoluten Wertegemeinschaft mit der Regierung der USA sind, ist evident. „Absolut“ heißt, dass sich unser Land bei wichtigen Entscheidungen auf diese werte vor allen anderen berufen kann. Noch immer stehen uns die werte der Amerikaner relativ näher als die anderer Systeme, aber diese Amerikaner stehen vor der gleichen Herausforderungen wie wir: dem vielleicht gewaltsamen Widerstand gegen das Regime Trump. Wie können wir uns mit ihnen verbünden? Ein Beispiel: Kalifornien bezieht jetzt illegale Einwanderer in sein Gesundheitssystem ein.

Mit diesen Beispielen möchte ich natürlich keine Systemvergleiche machen, die sind meisten kurzatmig. Ich möchte nur zeigen, dass uns „sympathische“ Systeme schlechte Regierungen haben können, und dann muss man die bekämpfen und nicht das Volk bestrafen, dass es besser ist als die – auch von ihm verantworteten – Gouverneure. Vielmehr ist es auch wichtig zu fragen, warum uns ein System sympathisch ist. Die Antworten passen nicht in den Blog, aber sie kritisieren den unbewussten Nationalismus und Suprematismus auch unter uns aufgeklärten Systemkritikern.

Zu Beispiel 2: Einfache Gegenfrage – wieviel Unsicherheit nehmen wir in Kauf, wenn wir uns dafür vom POTUS distanzieren können? Spielen wir es an der Iranfrage durch, an der Frage der Waffenexporte nach Israel, an der langfristigen Entwicklung ganz anderer staatlicher Militärverbünde, um der Privatisierung des Kriegshandwerks zu entgehen.

Zu Beispiel 3: Arbeitet einmal heraus, was an Obama das Vorbildhafte ist. Und daran knüpfen wir auch die Bildung und Ausbildung von Politikern.

Zu Beispiel 4: Menschenrechte, für die ich nicht Macht und Aktionen einsetzen kann, sollten nicht propagiert werden.

Ihr seht, die Kommentare werden immer kürzer, die Antworten immer apodiktischer. Um nicht in Anti-Amerikanismus zu verfallen, muss man die Regierenden – o wären nur sie die „Herrschenden“ – herausfordern und sich dabei vielleicht Nachteile einhandeln. Aber vielleicht nur. Trump als Scheinriesen zu behandeln, der umso kleiner wird, je näher man ihm tritt, verringert die Gefahr, dass er einen anrempelt und aus dem Bild drängt. Schmeißt erstmals Grenell raus aus Deutschland, und dann sehen wir weiter…das alte „respice finem“, bedenke das Ende, gilt in der Politik so nicht. Bedenke den nächsten Schritt und die Zusammenhänge, dann sind auch die USA nicht sooooo stark.

Und wer meint, wir könnten mit Trump zivilisiert umgehen: Tagesspiegel online 8.6.2019

„Trump hat damals ein Kopfgeld auf uns ausgesetzt“

Als Minderjähriger wurde er unschuldig für eine Vergewaltigung verurteilt. Der heutige Präsident forderte 1989 für ihn und vier andere Teenager die Hinrichtung.

Lest das ruhig zu Ende: https://www.tagesspiegel.de/politik/yusef-salaam-sass-zu-unrecht-in-haft-trump-hat-damals-ein-kopfgeld-auf-uns-ausgesetzt/24438748.html?utm_source=pocket-newtab

 

 

Afghanistan Diskurs: gibts den noch?

Anlässlich einer sehr guten Tagung in Berlin habe ich mich an ein Thema herangemacht, das mich seit Jahren beschäftigt, den Afghanistan Diskurs in Deutschland. Thomas Ruttig, Lutz Rzehak, Michael Semple habe sehr politik- und wirklichkeitsnahe Vorträge gehalten, die kann man dazu natürlich bestens lesen, wenn sie veröffentlicht sind. weitere Information unter info@culturaldiplomacy.org

Das ist kein tiefschürfender Text, die Literaturangaben weisen nur darauf hin, was und wo man weiterführendes entdecken kann.

ICD International Symposium  “Cultural Diplomacy in a New Cold War Era”

“Understanding Afghanistan”

Berlin, 7 – 8 June, 2019

Michael Daxner

Afghanistan as a Place for diverse Imaginations

 

After the conference

The respective contributions had not been concerted in advance but may well have been so. Rarely had the presentation of ideas and analyses helped to save Afghanistan from obliviousness; in a country that has been so deeply involved  in the preliminaries of and consequences from an intervention that lasted form 2002 until 2014, and still is not concluded, this is not a minor affair. Germany in Afghanistan, Afghans likewise in Germany – both dimensions are not really in the mainstream of public awareness. And when experts discuss the Afghan-German relations, this is not necessarily a public affair.

There is some temptation to refer in detail to the anthropological and linguistic description a habitus varieties as presented by Lutz Rzehak; there is a strong attraction to in-depth analysis of Thomas Ruttig’s observations on the marginalization of democracy in post-9/11 Afghanistan, because I myself have been taught to reduce my hopes for rapid democratic development during and after the Golden Hour 2002-2005; for many years I had wished that political negotiations would tend to follow Michael Semples’ ideas on bringing the Taliban to the table. When I read my paper on 7 June, all three presentations were still in the future. And, of course, I do not restructure this paper just to include all associations and nods brought to life by the three colleagues. But as a quartet, there might be a critical score become one of the results of this good opportunity to strengthen critical awareness about what has happened to Afghanistan and what is likely to happen soon.

  1. Introduction

Where is Afghanistan, what is Afghanistan? If these questions were trivial or meaningless, we would not have experienced so many misunderstandings, and worse, miscalculations in politics and communication. I am going to take a German initial point. If there is something like a special discourse on Afghanistan within broader intervention and securitization discourses in Germany, it is certainly neither popular nor impactful.

The images of a country, far away in the depth of Central Asia, were more concrete than the picturesque but realistic reports from the battlegrounds and the few hard facts that arrived at a limited public since the Great Game. That is nothing new in the history of ancient kingdoms and landscapes. However, it is a useful exercise to look at the diverse narratives that are coating the images. Germany is deeply involved in the history and development of Afghanistan since 100 years, not as long the British, and in a permanent juxtaposition. This is real, but the images in the perception of most people are not.

There are different modes reflecting a real or imagined “country”. The easiest example is the mapping view. When you name a country, many people start their mapping neurons and identify the territory in question by a certain form and color and its positions related to neighbors. The same happens, when the image is not a two-dimensional map, but a picturesque portrait of a landscape, sometimes with significant forms as a guide for orientation, like a characteristic peak or a famous building (the Matterhorn for the Swiss Alps, Empire State Building for New York, etc.). The narratives are more complex than that, at least in most cases. They do not only cover a certain space, but they include times past and present, sometimes even visions of times future; and they operate with significant points linking the person’s knowledge, memories, ideas – and imaginations to the empirical basis of a certain map; thus, a vivid image of a country in context is being created by the narrative. The context is structured according to interests, experience, accurate or general predilections or prejudices of the person, sometimes also narrowed by orders and pressure. The implicit maps of Afghanistan in German brains are not evident or on the surface. Please, share with me a few approaches to deconstruct the subtexts.

  1. Afghanistan

This introduction is important to me. I have known few Afghans, when I was in high school – they were the offspring of affluent urban middle-class parents in the 1960s, one became a famous pianist. But whether they were “Afghans” or not, did not make any difference. Otherwise, I did not know anything about the country, because they did not tell much. The next encounter was already part of a narration: some student colleagues have returned from station car trips to India and Afghanistan, describing their experiences with marihuana, bazaars and a colorful, strange culture (Here – There, We – They). Still, I did not know anything about the country, because I was interested in other regions of the earth; and I was traveling myself. The first “real” encounter with the country took place, when we learned that the Soviet Union had invaded the country in 1979; that means, we had to learn at least basics about the history and the position of the country,  if we decided to be interested. And then, the Cold War, the degenerate opposition between the “West” (Capitalism) and the “East” (then Communism) did show strange, yet unknown features.

For the purpose of this meeting of ICD, “Cultural Diplomacy in a New Cold War Era”, I shall refrain from my subjective learning process or too many anecdotes. Since 9/11, and personally since 2003, I have been permanently engaged with Afghanistan, traveling back and forth, concentrating on conflicts, politics, higher education, culture and the specific narratives that are forming the German images of Afghanistan till today. I shall present a few narratives for diverse imaginations, some of them connected, others contingent.

I shall give titles to each narrative section. They are provisional. A short description and some examples should be sufficient for understanding my main hypothesis: The German discourse on Afghanistan relies more on imagination and related narratives than on knowledge. Of course, there are experts for some fields or segments of several kinds of “Afghanology”, but they support indirectly my assumption, because their expertise has not yet really trickled down into the broader public – or it is not effective. The order of my examples is not normative, but each narrative can change positions related to its position in the discourse.

  1. The subjective Ethnologist

Annemarie Schwarzenbach was a pioneer exploring Afghanistan. But without knowing her social and cultural background, one has difficulties to understand the nuances of her early travel experiences 1939/40 (Schwarzenbach 2001, Quest 2006). All at once, the extravagant tmrip of a young lady from a rich, right wing Swiss background becomes highly political – and remains rather personal. There are a few stories about early exploration of this strange country (Bouvier 2004), but most travel guides do not reflect early encounters by Western voyagers with Afghanistan. Only the generation of 1968 has fabricated a rather subjective and impressionist narrative about Afghanistan, without sustained effect. Smoking red or black Afghan also added to the image of Afghanistan, which was in a way incredibly naïve – romantic? A very subjective private ethnology that is far from pure individualism is Newby’s “A Short Walk in the Hindukush”, where the uneasy legacy of former Afghan-British confrontations are mildly echoed and rarely made explicit (Newby 1958). This narrative is important in a time of real-time subjective communication: each impression is shared through social media and becomes more real with each click…On the other hand, private ethnology plays an important role in unofficial or clandestine military operations and their interplay with official politics ((cf. Gant 2009, Tyson 2014). Sometimes, such narrations remind us of famous models such as Conrad’s Heart of Darkness. It took me quite many such narratives: private ethnology often replaces political  analysis.

  1. Afghanistan – focus of Germany’s development aid after the World War: The Good Germans?

Some experts and development specialists understand that Afghanistan has been, together with Egypt, India and other countries, a special focus of the renovated foreign policy after World War II. This fact did never really trickle down into public perception, not least, because Germans normally don’t know anything about the German-Afghan relations since 1914 and the reasons, why Germany is in such high esteem with the Afghan elites. A few examples shed a significant light on selected liaisons: e.g. in post-war industry (Kreutzmann 2014) or in the history of some  elite schools in Kabul (cf. https://www.kas.de/web/afghanistan/kas-schule). For the narrative it is important that the frame of the school must be considered as to understand its contrasting with other externally founded schools, like the French; and why this type of school plays little role in both the general history of education and the contemporary efforts to improve massified school education. And then the question: why Germany? Why did Germany invest in Afghanistan, and why did education play such a big role? The answer is rather complex. It merges with other narratives (cf. 3 below), and it reflects a certain depoliticized approach that seemed appropriate for post-war West Germany, which was not popular in business or geopolitical fields at the time.

  1. The Evergood friend narrative

Since the early days of World War I, there were special relations between Afghanistan and (Aljets, Biegler et al. 2012)Germany (Adamec: 1967, Von Hentig 2003); sometimes also with Austria, whose prisoners fled from Tsarist Russia to Afghanistan.

There are also intrinsic assumptions – from mutual understanding to more precarious Aryan relationship. This is relatively innocent in Afghan contexts, but extremely sensitive in the German historical handling the Aryan myths of the Nazi period.  and there are extrinsic facts which have sunken into the subconscious and do further exist only in subtexts. The anti-British positioning of Germany plays an important role – from the beginning of the relationship and through the entire rule of reform king Amanullah Shah (cf. Rybitschka 1927) or the diverse inclinations of this ruler for Germany. This is very often considered as a serendipitous friendship, while the political context is not raised as a topic. Friendship as such is a treacherous category in political relationships, as are mutual interests or trust. Amanullah’s orientation on Turkey, France and Germany had very complex – and far-sighted – roots, which were not always reflected correctly in Germany.

  1. Unintended colonial attitudes – the narrative of marginalized colonial power.

In 1859, German famous author Theodor Fontane wrote a poem “Das Trauerspiel von Afghanistan”, referring to the defeat of the British in the war of 1842-48. One cannot say that the ballad was “anti-British”, but full of realistic empathy with a military out of place. If Germany had been an important actor in Central Asia at the time, the story would have been different… Until today, there is broad colonial attitude towards a people that were never colonized by Germans (and only indirectly by other powers, mainly the British). In many media reports and in political statements likewise, some Germans assume Afghans as a lower or developing civilization compared to “our” Western, European, universalist cultural self-image. We can substantiate this statement by studies of the Homeland Discourse (Aljets, Biegler et al. 2012). When talking to Afghans, we may wonder how differentiated they feel about this prejudice. For them, the civilization of the West included the Soviets – Russia as a part of the West would dismantle many analogous prejudices against them by the same resentment. On the other side, I have heard Herati talk about the Pashtus as uncivilized, and Pashtus about the Tadjiks of having no sense for poetry etc.  But this not the same, though it nurtures another line of prejudice: Talks in Germany about a “tribal society” are misleading and add to the condescending attitude. It is no fun to meet spontaneous uninformed equations like Afghans = Pashtuns = Taliban, reflect an unintended spirit of superiority, that sometimes has a sharp edge in a real political controversy.

  1. Wishful thinking, official authorities – the narrative of understanding

Since 2010, the German Foreign Office has published “Progress Reports”. Later than other foreign actors in the intervention theatre, this type of reporting intends to influence public opinion about the German part in the intervention (Bundesregierung 2010, Bundesregierung 2014). Objective facts and dynamics from a German view should enable the parliament, the media and the alerted public to appreciate the role of Germany in military and civilian operations. These reports, alongside other special documents, produce a dangerous narrative of a semi-empirical, semi-realistic, semi-comprehensible policy. Only when ISAF was coming to an end, some self-critical tones could be perceived. There were almost no accounts about the objective role of Germany in the Afghan theatre. The initial motivation to participate in the intervention – protect Germany from terrorist attacks (Ruttig 2015) and promote human rights – easily changed into a framework of securitization that was designed and elaborated by the United States and left not much leeway for Germany. The official narrative is in stark contrast to both the findings of scientists and scholars and to the empirical perception of Afghanistan. This very short paragraph is just meant as an indicator for how important the deconstruction is of officialized narrations about a country of high political importance – or of decreasing importance? You can learn a lot from reading these reports – about Germany as well as about Afghanistan.

  1. Media, documentary, fiction – the politico-esthetic narratives

Journalists, documentary film-makers and docu-fiction writers contribute equally to a valuable and more realistic narrative of the intervention, or better, to competing narratives. Only few media, rather top quality papers, informed and commented the situation in a country of intervention (Daxner and Neumann 2012). After 2014, the interest in factual reporting decreased steadily. Most important remain just deadly attacks (terrorism discourse replacing the intervention and homeland discourses) and regular efforts to establish peace-talks.  While veteran documentary and fiction have begun to penetrate all sectors of Afghanistan perception, docu-fiction of quality remains rare (Kurbjuweit 2011). The homeland discourse easily entered entertainment feature, such as “Tatort” (e.g. Heimatfront 2011, Fette Hunde 2012, Unter Männern 2012 etc.  The thriller series is insofar significant, as it combines liberal political correctness with a critical view of the intervention. In recent years, the returnee narrative merges increasingly with the veteran discourse (Daxner, Näser-Lather et al. 2018), which plays an important role after the end of ISAF and the increasing number of German out-of-area missions. Documentary fiction is well received, e.g. Martin Gerner’s award winning film “Generation Kunduz” (2012). I call this entire narrative the realistic puzzle, because you need many of these specimens in order to get a realistic image of Afghanistan. In many cases, there is still an imaginary Afghanistan that is a place holder for a certain type of society or country under intervention.

It is impossible to fully absorb this segment of the Afghan narration. Too many fragments from diverse arts, means of communication, digital networking etc. are floating in this discursive space. There is a link to Lutz Rzehak’s presentation: more often than not the individual observation leads towards a potential generalization that cannot be gained through constructivist methods or surveys that are too commonplace as to really tell anything of structural importance. Observation has its limits, though: it must be accompanied by solid knowledge, an impartial stance within communication and also some well-based intuition.

  1. Science and investigation

Many disciplines took part in intensive investigations of the intervention and its effects on the intervening actors and the society of the intervened (Daxner 2017). My own bibliography shows some 2000 related titles; AAN’s fabulous documentary gives a broads insight into what we could know about Afghanistan past and present, if we really would have a look (https://www.afghanistan-analysts.org/afghanistan-analysts-bibliography-on-afghanistan/ (Christian Bleuer). Since 2007, and until 2017, Projects C1 and C9 of the Collaborative Research Center 700 at the Free University Berlin, investigated local structures of Afghan districts under the real-time circumstances of the intervention.( http://www.sfb-governance.de/teilprojekte/projektbereich_c/c9/index.html. Especially Jan Koehler and Kristof Gosztonyi should be mentioned in their attempt to refine methodology and surveys, which of course, influence the respective narratives of looking into the Afghan society from below (cf. Koehler 2013). German scientific research is relatively far away from the narratives by the political authorities (cf. 5); it is better communicated within the international scientific community than in effective exchange with political actors; perhaps less so in the field of development cooperation. (This is different in the US, where SIGAR (Special Inspector General for Afghanistan Reconstruction) or CRS (Congressional Research Services) combine research and counselling in a more effective way than comparable German units). One could use this example for a more general debate about the diverse national character of political consulting, which creates different narratives.

  1. Many more narratives

Afghanistan is a construct, mounted from many imaginary pieces. In analyzing these narratives, we find that the interdependence between different images create a country, a people, a landscape, that has some similarity with a country that we can visit any time. But stop: even, if we can fly into Kabul or Herat, it is unlikely that we can experience more than another imaginary fragment of Afghanistan, because there are many places which have become inaccessible; there are many people, who would be most important resources, but live no longer in the country; many places of interest to us are now insecure, and if we go there, there will be some distorted impressions. This is normal with foreign societies and countries, but it is still extreme in Afghanistan. Since Afghanistan is, after Kosovo 2000, the second and certainly largest engagement of German military after World War II, the images play a special role for the homeland discourse: “Homeland discourse comprises all discursive practices and strategies that refer to the legitimacy, recognition,  and assessment of policies, and the engagement of troops out of the (national and alliance) area” (Daxner 2017, 50). So, indeed, when we are talking about Afghanistan, we are (also) speaking to ourselves and about ourselves. And, of course, we try to avoid all subtexts that bring us near to uneasy liabilities and responsibilities. Images, declared as truths, can help us for a while.

  1. Imaginary Afghanistan

There are many more narratives. We can easily make a mapping exercise and attribute these narratives to classes of imagination. Some of the would politically inspired, others more military or culture based. As I said earlier, many imaginations about Afghanistan create or follow narratives; these can be either defensive, or condescending, or empathetic. It is important to deal with them and to analyze them. Out of these narratives stem not only prejudices and petrified wrong ideas about another people and its society; they are also misguiding political decisions.

As much as I wish that scientific clarification would enter the political discourse, I must say that this is not the case. The labor ahead of us comprises also the deconstruction of imaginations, sometimes of “fake news”, sometimes of dangerous insights in our own defectiveness. Within the military narrative, the events in Kunduz on 4 September 2009 are a good example for this[1].

So far, this was an analysis in my view – a western, white person in the country of an intervening power. If we would turn the whole question about imagination and narratives upside down, we may be surprised: of course, Afghans have their imaginations, dreams and experiences about the intervention and with Germany or the West. Of course, their constructions echo the Western models, and are different at the same time. They know “us” as actors in an intervention and they have learned about us during this intervention, almost 20 years; before that, many of them had encountered other interventions, by the Soviet Union. Who are We, the Germans, NATO, the Westerners are liberators, occupants, foreigners, partners, …what have you?; but the imagination of what Germany may offer is also imaginary, if an Afghan person manages to get there – as an asylum seeker, as another type of refugee, as a member of the diaspora community in Germany etc. Diaspora research clearly indicates that many of the narratives described above are being reflected and repeated in the diaspora, all modifications under the permanent threat of the German authorities towards large groups of Afghan migrants who will not be granted asylum (Daxner and Nicola 2017). Both in their own country and in the diaspora, many Afghans know more about us than we about them. At least those, who consider leaving their country and coming to Germany. Thus, they nurture all prejudices, narratives and imaginations – sometimes even phantasies, a term that I had avoided so far. The “Us” vs. “They” confrontation is typical for imaginary constructions. Because it is not easy to bridge the gap between two contingent images of a respective other country or society.

Bridging the gap is a challenge that we should accept.

References

Adamec:, L. W. (1967). Afghanistan 1900–1923. A Diplomatic History. Berkeley CA, University of California Press.

Aljets, J., A. Biegler and A.-L. Schulz (2012). Von „wilden Bergvölkern“ und „islamistischen Bazillen“ – Die Darstellung der Intervenierten In Afghanistan.

. Heimatdiskurs. Daxner/Neumann. Bielefeld, transcript: 93-135.

Bouvier, N. (2004). Die Erfahrung der Welt. Basel, Lenos Verlag.

Bundesregierung (2010). Fortschrittsbericht Afghanistan. Berlin.

Bundesregierung (2014). Fortschrittsbericht Afghanistan. Berlin.

Daxner, M. (2017). A Society of Intervention – An Essay on Conflicts in Afghanistan and other Military Interventions Oldenburg, BIS.

Daxner, M. and R. C. Mann (2016). „Veteranen – eine neue soziale Gruppe.“ Österreichische Militärische Zeitschrift 54(5/2016): 624-633.

Daxner, M., M. Näser-Lather and S.-L. Nicola, Eds. (2018). Conflict Veterans. Newcastle, Cambridge Scholars Publishing.

Daxner, M. and H. Neumann, Eds. (2012). Heimatdiskurs. Wie die Auslandseinsätze der Bundeswehr Deutschland verändern. Edition Politik. Bielefeld, transcript Verlag.

Daxner, M. and S. Nicola (2017). Mapping and report on the Afghan Diaspora in Germany. Berlin, GIZ/PME.

Gant, J. (2009) „One Tribe at a Time.“

Koehler, J. (2013). Institution-centred Conflict Research. The Methodology and its Application in Afghanistan. Summa cum laude, Free University.

Kreutzmann, H. (2014). Süße Intervention – Die Zuckerfabrik in Baghlan gestern und heute. Michael Daxner. Oldenburg, BIS: 25-38.

Kurbjuweit, D. (2011). Kriegsbraut. Berlin, Rowohlt.

Newby, E. (1958). A Short Walk in the Hindu Kush. Melbourne, Lonely Planet Publications.

Quest, E. (2006). Ein Portrait Annemarie Schwarzenbachs mit dem Schwerpunkt auf ihrer Reise nach Afghanistan 1939/40. Konfliktsoziologie Israel, Afghanistan, Balkan.

Ruttig, T. (2015) „Quellenarbeit: „Unsere Sicherheit wird … auch am Hindukusch verteidigt“ (Struck-Zitat).“ – Thomas Ruttig über Afghanistan.

Rybitschka, E. (1927). Im gottgegebenen Afghanistan. Leipzig, Brockhaus.

Schwarzenbach, A. (2001). Alle Wege sind offen

Basel, Lenos.

Tyson, A. S. (2014). American Spartan: The Promise, the Mission, and the Betrayal of Special Forces Major Jim Gant. New York, William Morrow.

Von Hentig, W. O. ( 2003). Von Kabul nach Shanghai. Bericht über die Afghanistan-Mission 1915/16 und die Rückkehr über das Dach der Welt und durch die Wüsten Chinas. Lengwil, Libelle.

 

[1] The Bundestag has installed an investigative panel: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/074/1707400.pdf; there is a broad spectrum of references until today, but almost all of them make use of convenient imaginations to serve their purposes (military has failed – the commanders have not failed – the circumstances were clear/unclear etc.). But the banal truth that this was WAR has not really come to the discursive surface, and that even in war there is guilt, failure and innocence as in any other situation, has not openly become reflected. Cf. https://www.sueddeutsche.de/…/luftangriff-in-afghanistan-kundus-affaere-eine-chronik-… Veteran research opens the perspective on these constructions:Daxner, M. and R. C. Mann (2016). „Veteranen – eine neue soziale Gruppe.“ Österreichische Militärische Zeitschrift 54(5/2016): 624-633.