Was klebt woran? Wer klebt wozu?

<„Ausgerechnet der Text einer Aktivistin“ – Neubauer-Text taucht in Abi-Prüfung auf – CDU hat Fragen an Grünen-Ministerin

Artikel von FOCUS Online • 26.4.2023

<„Abiturienten in Niedersachsen mussten in diesem Jahr ein Essay von Klima-Aktivistin Luisa Neubauer analysieren. Das grün-geführte Kultusministerium nennt das „alles andere als ungewöhnlich“. Die CDU ist hingegen „verwundert“. >

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Autofahren dürfen ungestraft GEWALT gegen Klimaaktivisten anwenden. „Mögliche Körperverletzungen, wie sie beispielsweise auf Twitter-Videos erkennbar sind, führen laut Polizei von Amts wegen zur Einleitung von Ermittlungsverfahren. Diese würden aber „wegen mangelnden Interesses“ eingestellt, falls die Geschädigten von Anzeigen absähen – wo kein Kläger, da kein Richter.“ (Tagesspiegel 26.4.2023)

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MACHT NUR SO WEITER. Der Pöbel, ermutigt von den Neoliberalen v.a. der FDP und anderen, die das Land nach rechts führen wollen, nimmt sich das Recht, wo es nicht mehr durchgesetzt wird.

Das verwundert nicht. Es könnte sogar eine Auseinandersetzung sein, die wir als zur Demokratie zugehörig erachten. Aber dass wir, Deutschland, Österreich, die minimalen Klimaziele bewusst verfehlen, dass die 1,5° in weiter Ferne sind, es also bald unumkehrbar wird, ist dem Pöbel egal. Hauptsache, das Eigentum wird geheiligt, der Ausblick nicht durch Windräder behindert und wenn die Enkel ersticken, erleben es Energieverschwender ohnedies nicht mehr. An ihren Gräbern weint niemand, wenn es wirklich heiß wird.

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DA SCHIMPFT ABER EINER ANSTATT ZU ARGUMENTIEREN, sagen jetzt einige meiner LeserInnen. Ja, ich HÄTTE auch Argumente, gute und haltbare. Aber ich will auf etwas ganz anderes hinaus als man jetzt erwarten könnte. Auch ich finde KLIMAKLEBEREI nicht richtig. Durch das Demonstrationsrecht legitim, aber in Sache und Wirkung falsch. Aber das hat ja eine weitere Folge: weil man sich mit den Autofahrern und anderen Klimagegnern einig zu sein scheint, trauen sich die KLEBEKRITIKER mit ihren Argumenten aus der Deckung. Und da muss ich sagen: wenn die Klimakleber falsch liegen, dann erst recht ihre pöbelhaften Kritiker, ja, diese legitimieren sozusagen im Nachhinein und ungewollt alle, die sich festkleben. Meist gehören diese Kritiker einer Generation an, die erhebliche MITSCHULD  an der Klimakatstrophe trägt.

Die Volte: natürlich gehöre ich auch zu dieser Generation. Und trage einen Teil der Mitschuld, wie viele unnötige Flüge habe ich gemacht, wie viel Auto bin unsinnig gefahren, wieviel Energie habe ich verschwendet, wieviel bin ich also BETEILIGT an den Mitverursachern. DAS IST WEDER BEICHTE NOCH ZERKNIRSCHUNG, das ist fast Positivismus und Faktencheck. Nur: ich möchte mich von denen distanzieren, die die Klimaaktivisten in die kriminelle Ecke stellen und für ihre so genannte Klimapolitik noch eine Bahnsteigkarte lösen wollen, um unbeschadet ihrem Erstickungstod im Wohlgefühl entgegen zu dämmern.

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Na klar, der Situation kann man auch anders begegnen, kann Kritik und Gegenkritik abwägen, kann sich anderen Klima-Aktivisten anschließen, was ich übrigens mache, und nicht den Klebern. Aber dieses „Man“ ist im Augenblick die Ausrede dafür, mit den Feinden des Überlebens Kompromisse auszuhandeln, weil das Volk ja „mitgenommen“ werden will. Das Mitnehmen ist ein interessanter Ausfluss neoliberaler Argumentation. Demokratie-theoretisch geht das nicht so einfach. Vielleicht braucht es neben mehr Bildung noch anderer Instrumente um die Massen von Klimazielen zu überzeugen. Gut, dass wir so wenig Zeit haben, deshalb ist mehr und mehr Klartext nötig, der Diskurs im Aussitzen von Gefahr und Konflikt ist sehr beschränkt. Fünf Jahre, zehn Jahre…Da kann Söder noch so sehr gegen Windräder pöbeln, da kann Lindner seinen Sportwagen noch so aufheulen lassen, da kann man Vergehen gegen den gesitteten Alltag noch so straffrei stellen – dem Pöbel können nur wir, Zivilgesellschaft in der Demokratie – uns entgegenstellen, weil der Widerstand auch Mehrheiten verändern kann – dafür haben wir Beweise – und weil er alternativlos ist, Frau Merkel, danke für den Begriff.

Keine Bahnsteigkarte für den zeitvergeudenden Kompromiss! „In Gefahr und größter Not bringt der Mittelweg den Tod“ (Friedrich von Logau, später Alexander Kluge und Edgar Reitz), naja, man kann auch sagen, dass man am Mittelstreifen nicht schnell fahren kann. Was, wir sind noch nicht Gefahr und größter Not? Wenn wir die beiden trennen, stimmt das für einige kurze Zeit. Dann landen wir am Mittelstreifen und warten, dass uns jemand mitnimmt.

Nadia Nashir Karim

Nadia Nashir Karim 1955-2023

Nadia Nashir Karim ist am 20.4.2023 gestorben. Sie war ständig präsent, nicht nur als Gründerin im Afghanischen Frauenverein; nicht nur in produktiver Zusammenarbeit mit Roger Willemsen; nicht nur als Expertin für die GTZ und andere offizielle Stellen; nicht nur als Journalistin und Übersetzerin. Das „Nicht nur“ soll darauf verweisen, dass Nadia die treibende Kraft war, in Afghanistan über Projekte und Beratung das Leben der Menschen, vor allem der Frauen und Mädchen, besser zu gestalten; sie war unermüdlich, und im komplizierten Kosmos der Entwicklungszusammenarbeit gehörte sie zur realistischen Schule derer, die keine Schranken der Kommunikation kannten, um so viel wie möglich zu verwirklichen; ohne dass sie sich jemals an die Gewalt oder den Opportunismus angebiedert hätte.

Osnabrück hatte uns schon früh verbunden, aber meistens haben wir uns in Berlin getroffen. Das Konkrete bei diesen Treffen, Themen, aber auch Veranstaltungen, war deshalb so beeindruckend, weil sie nicht nur ihre Projekte, sondern deren Rahmen im Land wirklich kannte. Ich war besonders von ihren realistischen Schul- und Klinikprojekten beeindruckt, bei deren Verwirklichung sie hier wie im Land große Hürden überwunden hatte. Hürden, die auch von den Taliban aufgebaut wurden, und die unter Vermittlung der Menschen „von unten“ abgetragen hatte. Der Afghanische Frauenverein e.V. hat das Lebenswerk von Nadia sehr anschaulich präsentiert und gewürdigt: Unsere Gründerin Nadia Nashir Karim | Afghanischer Frauenverein e.V. (afghanischer-frauenverein.de) (25.4.2023). Ihr Leben ist bei wikipedia gut zusammengefasst (Nadia Nashir-Karim – Wikipedia) (25.4.2023),

So gedenkt man in den Nachrufen derer, die man für wichtig und würdig hält; meist dauert die Erinnerung nicht lange. Wir können aber auch anders auf Nadia Nashir Karim und ihr Lebenswerk zurückblicken. Nach ihren Studien in Kabul und Osnabrück war sie nicht nur rastlos tätig, sondern hat auch die Anläufe zur Demokratie und zum Gemeinwohl in Afghanistan immer wieder zwischen den beiden Gesellschaften vermittelt. Sie hat die Hilfe des Staates in Anspruch nehmen müssen, aber vorwiegend hat sie von „unten“ agiert, Spenden gesammelt, Informationen getauscht, Projekte konkretisiert – und immer die Frauen im Blick, die Mädchen, alle Kinder. Das liest sich einfacher als es war, nicht erst seit der neuerlichen Herrschaft der Taliban, die waren ja nie ganz weg, und oft haben die Regierung und der lokale Machthaber den Projekten auch eine Menge Steine in den Weg gelegt. Und Nadia hat, mit ihren Kolleginnen und Kollegen, diese Hindernisse abgetragen. Eine Klinik in Afghanistan aufbauen, eine Schule lebenswürdig gestalten, Wohnprojekte befördern, das erfordert nicht nur finanzielle Anstrengungen, hier geht es darum, Menschen zu erreichen, ihnen Selbstbewusstsein zu vermitteln. Und das konnte Nadia.

Wann immer wir uns getroffen haben, gab es ein Problem im Zentrum des Gesprächs und keine komplizierte Auslassung über Stärken und Schwächen der Politik. In ihrer Praxis war Nadia durchaus politisch. Aber mich hat die Nachricht von ihrem Sterben auch betroffen, weil sich unter der Rüstung der tatkräftigen, engagierten Humanistin auch eine sensible, einfühlungsstarke Frau befand, die durchaus in der Lage war, die Probleme der Frauen in Deutschland genauso ernst zu nehmen wie in Afghanistan. Sie konnte den Zusammenhang einer oft zu schwachen Politik für die Menschen dort sehr präzise auf Ausgrenzungen hier zurückführen.

Ihre Geschenkkarten und Briefe sind Erinnerungsstücke in meinem Archiv, die immer mahnen, die Projekte der Nadia Nashir Karim und ihrer Mitarbeiterinnen und Freunde weiter zu unterstützen und sie nicht im Nebel der politischen Gedächtnisverlustes untergehen zu lassen. Sie gekannt zu haben, war ein Teil von produktiver Entwicklungspolitik, das zeichnet sie weiterhin aus.

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Im übrigen bitte: Spende an den Afghanischen Frauenverein mit dem Stichwort „Nadia“, Commerzbank, IBAN: DE28 5708 0070 0680 8505 00.

Lechts, Rinks, Mittelweg

Die deutsche Aufgeregtheit hat Gründe und ihre Wurzeln. Verdrängung und die Unfähigkeit oder Unwilligkeit, wirkliche Probleme für die Gesellschaft in praktische Politik, mehr noch: ins Bewusstsein zu übernehmen, gehören zu diesen Gründen. Es wird zwar ausführlich, institutionell und personalisiert, über die Fehler der Vergangenheit räsoniert, offen gesprochen, politische Korrektheit konstruiert, da tut sich in Deutschland seit Jahrzehnten vieles, manche betrachten dies sogar als vorbildlich, man sagt, das deutsche Volk habe aus der Vergangenheit gelernt. Aber, das ist bitter, der Überhang an Diskurspolitik hat wenig Entsprechung im Bewusstsein und in der Praxis eines großen Teils der Bevölkerung.

In vielen anderen Ländern, in unserer Umgebung, werden die gleichen Probleme anders, weniger aufgeregt, diskutiert. CAVEAT: in keiner Gesellschaft werden Klimawandel, soziale Spaltung, Flüchtlingsprobleme, … (nicht) stärker verdrängt als bei uns und (nicht) weniger aktiv behandelt als bei uns, aber seltsam anders, cool, nicht kalt. Vielleicht nicht in „keiner“, sondern in vielen, nicht so intensiv, nicht so aufgeregt.

Wir wollen so gerne vorne sein: bei den Lektionen, die wir aus dem Weltkrieg, aus der Nazizeit, aus der bleiernen Zeit gelernt haben. Aus den vielen Begründungen eine verstörende: Unser Bildungssystem ist zunehmend asozial und dysfunktional, und die Schuld liegt nicht vorrangig am Lehrpersonal. Die Brüchigkeit der gesellschaftlichen Bildung ist scheinbar ein Widerspruch zum so intensiv als vorbildlich angesehenen Schul- und Hochschulsystem, wir waren doch vorn, seit Humboldt, seit…ja, waren wir das wirklich, während wir auf die schlechten Schulen und Unis der anderen hinabgesehen haben? CAVEAT: es gab tatsächlich viel erfolgreiches im deutschen Bildungssystem. Aber irgendetwas kann nicht stimmen, wenn es darum geht, das Wissen und eine bestimmte Haltung dem Bildungsbegriff einzuschreiben, einem unübersetzbaren Wort, das schützt uns…

Mit diesen Gedanken bin ich nicht allein. Mich treibt etwas anderes um: dass diese induzierte Aufgeregtheit auch in Bezug auf einen Politikwandel der letzten Jahrzehnte auf eine defekte Bildung von Bewusstsein und gesellschaftlicher Sensibilität zurückgeht. Nach den reformerischen „sozialdemokratischen“ Jahrzehnten scheint es jetzt eine globale, europäische, auch deutsche Pendelbewegung nach rechts zu geben, die besondere sprachliche und emotionale Aufgeregtheiten mit einer weiteren verschwiemelten politischen Bewertung und Gegenpraxis verbinden.

In Österreich gibt es eine teilweise Nazipartei, die FPÖ, die auch manchmal mit anderen Parteien koaliert, wobei es in der christdemokratischen ÖVP einen austrofaschistischen Flügel nach wie vor gibt. Macht das die demokratische Mehrheit in Österreich toleranter oder weniger abgrenzend gegenüber den Faschisten? Eher nicht, aber die Unterscheidung zwischen den alltäglichen gesellschaftlichen Verrichtungen und den prinzipiellen Differenzen, bei denen es ums „Ganze“ geht, ist in der Praxis der Individuen und Gruppen stärker.

In Deutschland vermeidet man die großen Vergleiche – was wissenschaftlich falsch und psychologisch folgenreich ist: Die Rechten von der AfD und ihren Verbündeten sind keine Nazis oder Faschisten, die Putinanhänger gehören nicht in die Gefolgschaft der Stalinisten, die Aufgeregtheit kommt auch daher, dass sich niemand ohne Widerstand den Brennpunkten auf der Rechts-Links-Achse nähern darf, und dass der Faschismus der Mitte ebenso aus dem Bewusstsein abgedrängt wird wie die Annäherung der Extreme auf beiden Seiten. Diese Achse ist falsch, wenn sie je richtig war. Man soll zwar nicht mit der AfD und ihren Verzweigungen zusammenarbeiten, man kann sich von Wagenknecht und den russophilen Stalinisten nicht genug distanzieren, aber die Begründungen sind merkwürdig blass.

Man kann das analytisch sehr genau begründen. Aber schon vordergründig kann man feststellen, dass, dass die Aufgeregtheit einen Anlass in der Angst vor den wahrhaftigen Begründungen liegt. Meloni, Orban, … sie alle sind in mehr als einem einem Netzwerk, an dem wir Deutschen auch beteiligt sind, das schwer als eindeutig zu bezeichnen, geschweige denn praktisch zu kritisieren ist. Aber sie sind trotz Netzwerkbeteiligung nicht „bei uns“. Sie gefährden die Demokratie, bei der wir Partner sind und ihnen gegenüber verpflichtet, wie sie uns gegenüber, EU, NATO, UN etc., aber natürlich auch wirtschaftlich, und die Ökonomie ist ja längst von der Politik getrennt.

Dafür ist unser Lieblingsverb in der täglichen Aufgeregtheit Abgrenzung, und die wird politisch korrekt begründet.

Allmählich fällt das nicht nur Intellektuellen, Kritikern und Künstlern auf, sondern findet Widerstand in den Alltagsdiskursen. Aber da schließt sich ein Kreis: es muss mehr für die Bildung, die Herausbildung einer kritischen Wahrnehmung und Beurteilung geben, u.a. dessen, was an Faschismus noch immer und schon wieder lebt, unter welchem Namen es sich gerade verbirgt. Das hat mit Bildung, Aufklärung und auch Kritik der beiden zu tun, und mit dem Kampf gegen die Scheinliberalität der Zerlegung unserer Gesellschaft in lauter individuelle Konsumenten, deren Bedürfnissen wir unsere Gesetze und Regeln gefälligst unterwerfen sollten.

Klebt andere fest

Bettina Jarasch: „„Ich habe jedes Verständnis für junge Leute, die Angst vor der Zukunft haben, weil uns beim Klimaschutz die Zeit davonläuft“, sagte Jarasch dem Checkpoint. Allerdings müsse es darum gehen, wie man beim Klimaschutz mit ganz konkreten Maßnahmen schneller werden und dafür Mehrheiten organisieren kann. Jarasch: „Mein Eindruck ist, dass dies der Letzten Generation mit ihren Aktionen nicht gelingt und wir am Ende mehr über Sicherheit und Ordnung, über Polizeieinsätze oder über Staus diskutieren als darüber, wie wir konkret beim Klimaschutz vorankommen.““ (TS, 19.4.23)

Jarasch bringt die unlösbare Aufgabe auf den Punkt. Man kann die einzelne Aktion oft weder gutheißen, noch würde man sich ihr anschließen, wäre man selbst Teil der Protestbewegung. Aber da fängt das Problem an. Wenn ich mir die Kritiker genau anschaue, dann muss ich Letzte Generation u8nterstützen. Die Klimazerstörer stoßen sich an den Aktionen des Protests und rufen nach dem Rechtsstaat, der in Sachen Klima – wie auch anderswo – von der Wirtschaft, aber auch vom privaten Wohlergehensvorrang systematisch ausgehöhlt wird. Am dümmsten ist das Argument, dass die Bevölkerung ja gegen die Proteste ist…und wenn die Bevölkerung für die Todesstrafe beim Überqueren der Ampel ist, was dann?….oh, rechter Rechtsstaat.

Viele Argumente der jetzigen Hetzjagd kenne ich noch aus der Vorzeit. Was hat der rechte Pöbel gegen die Kampagne gegen § 218 gehetzt. Ich habe abgetrieben…Wenn die jetzigen Feinde der Aktivisten sich a( auf den Rechtsstaat und b) auf den Volkswillen berufen, dann haben sie Demokratie nicht verstanden. Denn die hat sich u.a. erst entwickelt, wenn sich eine natürliche Ordnung mit Gleichberechtigung aller nicht hat einstellen wollen.

Nein, ich finde die Festklebaktionen nicht gut. Und Kunst zerstören auch nicht. Aber ich finde die Klimazerstörungspolitik der Regierung, Wissing voran, auch nicht gut. Nur den kann man nicht mehr festkleben, der klebt schon…

Deportiert Söder, Lindner & Co…

nach Tschernobyl, Fukushima und in die Wirklichkeit.

Die Diskussion um Kernenergie hat Dimensionen nationaler Blödheit erreicht, die nur mit dem geistigen und materiellen Abstieg unseres Landes in die Mittelmäßigkeit erklärt werden können. Als ob es darum ginge, keine oder nur beherrschbare „Unfälle“ zu erwarten, wenn die AKWs „unsere“ Energie stützen. Als ob der CO2 Ausstoß von Kohle und Gas mit den Strahlenfolgen der Kernkraftunfälle verglichen werden könnte – übrigens: Krümmel schon vergessen?

,(https://de.wikipedia.org/wiki/Leukämiecluster_Elbmarsch ; https://www.deutschlandfunk.de/die-leukaemiekinder-von-kruemmel-100.html)

Ach ja: Pech für alle Bundespolitiker der Grünen und für alle „Paradies- und Stolpervögel“, die den Atomausstieg befürworten: Ab sofort dürfen sie nicht mehr im „Bigger Hof“ speisen, einem Hotel-Restaurant im Hochsauerland. Der Wirt des vor Ort auch als „Platzhirsch“ bekannten Lokals in Olsberg hat ihnen „ab sofort Grundstücks- und Hausverbot“ erteilt. Darüber berichtete zuerst der „Sauerlandkurier“ unter Berufung auf einen Facebook-Post des Betreibers. (https://www.msn.com/de-de/finanzen/top-stories/sauerl%C3%A4nder-wirt-erteilt-gr%C3%BCnen-hausverbot-im-platzhirsch/ar-AA19V6W1?:::) 16.4. Wohl bekomms…

Söder, Lindner und ihr verstrahlten Vasallen glauben (oder hoffen?), dass die Bewohnbarkeit der Erde und das Überleben ohnedies durch Klimawandel und Untätigkeit beendet sein werden, bevor die Endlagerung von radioaktiven Abfällen und die möglichen Folgen von neuen Unfällen praktisch gehandhabt werden. Das zeigt, wie stark die Strahlen das Hirn der Atomfreaks bereits angegriffen haben. Deshalb bin ich nicht gegen weitere Forschungen, vielleicht ist doch noch Heilung in Sicht? Söder in Tschernobyl wäre eine gute Vorabendserie wert…

Sagt der Pessimist: reg dich nicht auf, bevor die AKWler einsehen, wie falsch sie liegen, gibt es ohnedies Konflikte mit Nuklearwaffen, dann sind diese Dinosaurier wenigstens an ihrer weiteren Degeneration nicht selbst schuld. Wirklich?

Die Medien haben sich auf die Grünen eingeschossen, weil ihnen die Wirklichkeit peinlich ist, wo man doch auf deutschen Wahrheiten noch Gemeinschaft und Zusammenhalt weiterbereden kann. Aber das Umdenken von der friedlichen zur lebensbedrohlichen Kernenergie hat eben bei uns Grünen und einem vernünftigen Teil der zivilisierten Gesellschaften früher eingesetzt als beim Energiebiedermeier der regierenden Marktfanatiker…Das Umdenken ist nicht nur eine Frage der Vernunft, sondern auch der Ökonomie. Urlaubslindner lässt lieber Kinder hungern und streicht Sozialbudgets, als dass er mit der Subventionierung der Kernenergie aufhört…das zeigt, wie weit die Strahlen ihn schon bekränzen.

Golmer Luch


Golmer Luch, schon mal gehört? Der Sonntag beginnt in dickem Nebel, es ist kalt und nichts hält einem zu haus. Kur z vor 8 fahren wir nach Golm. Wandert man durch die Wissenschaftsstandorte, bedauert man die vergammelnden Universitäten, MPI, Fraunhofer, An-Institute sind da Jahrzehnte besser ausgestattet. Niemand auf der Straße. Nach zwanzig Minuten verlassen wir die Durchfahrt und gehen ins Naturschutzgebiet nach Westen, Plattenweg, dann Erde. Vor Jahren waren wir schon einmal hier, ohne Hund, mit Rädern. Weiden, erst Felder dann wenig bearbeiteter Wald, alles hoch zugewachsen, das gehört ja zum Deponie- bzw. Abraumgebiet. Das Luch ist eine niedrige moorige Landschaft. Golmer Luch – Wikipedia. Besonders beeindruckend sind die überwachsenen Bäume, mit Schlingpflanzen bewuchert und bewusst nicht gepflegt, aber was das eigentlich Schöne ausmacht, muss man erlaufen, viele kleine Kanäle, hunderte Weiden, nur wenige geschnitten…Wenige Meter hinter dem Weg die Absperrungen zum Deponiewald. Nach einiger Zeit kommen wir auf den großen Wanderweg von Schloss Golm nach Norden. Schaut auf die Karte, Golmer Luch Karte – Brandenburg, Deutschland – Mapcarta, denn sonst sind die Informationen im Netz spärlich. Das erzähle ich, weil wir oft dort sind, auf den Hochwasserdämmen die Wublitz entlang, mit Wasser auf den Wiesen und erst bei Grube wieder wirklich besiedelt. Dazwischen eine alte Kirche, Nattbergen, auf dem Friedhof liegt durch vier Generationen eine schweizer Kolonistenfamilie Mauerhof, seit 1855, die das Umland besiedelten, der alte Hof steht noch heute, einige der umgebenden Gebäude haben die Verschandelung durch die DDR und danach überstanden…Weiter auf den Dämmen und im Nebel ist das schöner als bei Klarsicht. Kurz nach Grube gehen wir eine Güterweg ähnlicher Bepflanzung in Richtung Golm und kommen am Ausgangspunkt zurück auf den Wissenschaftscampus. Diesmal mit dem Bus zurück, grausige Einfamilienhaussiedlungen werden allmählich durch bessere, dichtere Bebauung ersetzt, aber das Thema bleibt aktuell. Warum schreibe ich das, und wozu? Nur ein dreistündiger Sonntagsausflug, wir haben genau einen Radfahrer und ein Auto gesehen, bevor wir Hauptstraße überquerten. Aber man kann neben den Erfreulichkeiten solcher Wanderung ja auch weiterdenken. * Abgesehen, dass man die Autobahn, die 5 km entfernt ist, überall laut hört, ist es ein gut bewahrtes Gebiet, dessen Deponiegeschichte und agrarische Beschränktheit man nicht unbedingt ständig aufrufen muss. Viele, auffällig viele Vogelstimmen, sogar eine Trappe, und vor dem Wissenschaftszentrum so gut wie keine baulichen Eingriffe. Das Zentrum selbst gibt zu denken, nicht nur die Dimensionen, sondern die für diese Vielzahl notwendigen Strukturen – viele der tausenden MitarbeiterInnen haben sich in der Umgebung angesiedelt, die meisten, auch Studis, reisen per Bahn und Bus an, aus Potsdam (7km) oder Berlin. Keine soziale Infrastruktur erkennbar, einkaufen, ja, aber sonst…Nun, als alter Unihase wäre ich gerne da gehoppelt, trotzdem. Schaut euch den Anblick an, von oben: Potsdam Science Park | Der Park (potsdam-sciencepark.de). Unsere Wanderung ging oben links davon ab. Man kann sich in die Wissenschaftsgeschichte nach der DDR einlassen, ich habe da viel nach 1990 gelernt und mir damals wie heute die Frage nach der relativen Vernachlässigung der Hochschulen gegenüber den Forschungsinstituten der großen Institutionen MPI, FhG, Leibniz usw.  Gerade ist ja auch die Frage aktuell, wie kann wissenschaftlicher Nachwuchs für Lehre und Forschung auch sozial abgesichert werden und fliegt nicht nach ein paar Postdocjahren raus, wenn sie/er überhaupt dorthin kommt. Die Unigebäude der auf drei Campus verteilten U Potsdam sind hier nicht schlecht, aber ich kenne doch viele, die den Dreisprung regelmäßig machen, bis zum Griebnitzsee sind es 20 km. Soweit zur Hochschulsituation…Der Bahnhof Golm und die Busanbindung nach Potsdam sind für uns natürlich gut, man ist schnell am Charlottenhof und dann in 5 Minuten zuhause…ausnahmsweise kein ABER zur Bahn, weil das ja regional und im Windschatten der nationalen Verspätungspolitik ist. * Der Vormittag hat zu den notwendigen und empfohlenen Absenzen aus der düsteren Wirklichkeit beigetragen. In die kommt man automatisch, wenn man zu Mittag die Nachrichten einschaltet, gemildert durch lange Reportagen über die religiösen Feiern…anachronistisch, aber einfach erträgliches Schauspiel, solange nicht gepredigt wird. Es ist an diesen schwer, nicht an den Gauner Netanjahu mit seinen religiösen und landraubenden faschistischen Koalitionspartner zu denken. ABER hier gebietet es die eigene Bewusstseinsbildung nachfragen, wie es dazu kommen KONNTE. Kommen musste? Ich empfehle, auch wenn der Titel ambivalent ist, Joshua Cohens „The Netanyahus“ (Cohen 2021), da erfährt man zwischen den Zeilen Teile wirklichen Geschichte des Zionismus und der israelischen Wirklichkeit, die sich mit dem dogmatischen Gebot der Haltung zu diesem Land und zu seinen Unterstützern auseinandersetzt…und nebenbei ein lustiges Buch mit Tiefgang ist. Oder man liest Ha àretz. Das macht die Kritik an den Arabern und Palästinensern nicht weniger scharf. Aber die beiden hängen ebn nicht einfach kausal zusammen.
Die Aufmerksamkeit zur Ukraine ist noch vorhanden, schwach geworden angesichts des Gasheizungsdisputs und Lindners versuchten Raubzügen am Sozialstaat. Die Aufmerksamkeit für Afghanistan, wo Deutschland Schuld und Verantwortung trägt, ist fast verschwunden.  Wer Zeit hat, sollte Christoph Reuter hören und lesen: Buchvorstellung  Donnerstag, 20. April, 19.30 – 21.30 Uhr (MESZ)
Heinrich-Böll-Stiftung, Schumannstr. 8, 10117 Berlin

Erholt, kann man der Wirklichkeit besser ins Auge schauen als ermüdet.  

Cohen, J. (2021). The Netanyahus. New York, NYRB.

O *

Es macht vieles keine Freude mehr, das einmal das Gewürz politisch und kulturell zum Alltagsdiskurs gehört hatte. So zumindest hört man es an allen Ecken und Enden, ich höre keine Nachrichten mehr, ich lese keine Zeitungen, man muss nur genau hinhören, in welchen Themen sich die einzelnen Hirne und Gefühle von der Kommunikation abkoppeln, sich auf die Plattform ihrer

MEINUNG

zurückziehen. Ich verfolge diese Haltung aufmerksam, entdecke in ihr von Gelbwesten über Verschwörung bis zum aktuellen rechtslinksmittigen Faschismus viele Schnittstellen. Das ist nicht schwierig, wenn man genau hinsieht und hinhört und sich zurückhält, nicht beteiligt am Chor der einzelnen Meinungen. Nun ist die Kritik an der Meinungshoheit eine alte philosophische Übung, und ich denke nicht daran, dass das heute, im Auftakt zum Lenz, erörtert werden muss.

ABER.

Nichts vom Schrecken dieser Tage entgeht einem. Bevor man sich äußern möchte, muss man ja mehr als eine Meinung haben, man sollte etwas wissen und auch sich damit befassen, ob und wie es richtig wäre, bestimmte Wahrheiten zu sagen oder zu verbergen. Viele sind abgestumpft durch die Hoffnungslosigkeit der einander überlagernden Schrecken, dabei übersehen sie nur, wie schnell die letzten Sturmfluten von Krieg und Verzweiflung und alltäglichem Irrsinn dem Vergessen oder der Verdrängung anheim gefallen sind. Andere picken sich einen Punkt heraus, der wird ihr archimedisches Zentrum, und dann haben sie genug zu tun, bzw. nicht zu tun, aber zu bereden. Und selber? Manchmal schäme ich mich, in wichtigen Dingen gerade nichts zu sagen, nur zu beobachten. Aber, wie schon mehrfach geäußert, Meinungen zu haben und zu sagen, reicht nicht. Und will man handeln, muss man kommunizieren, auch wenn man das partout nicht mehr über sich bringt.

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Das mag euch nicht passen als Osterbotschaft eines Blogs. Versteh ich, ich bin auch missmutig über die unerträgliche WIRKLICHKEIT DIESER TAGE UND WOCHEN. Die Wirklichkeit hat den Nachteil wirklich zu sein, den Vorteil, das was als religiös oder ideologisch verbrämte WAHRHEITEN auf uns niederregnet, jetzt gerade zu Pessach, Ostern und im Ramadan mit den besonderen Heucheleien. Aber ein Blog verbreitet ja auch keine Botschaften…

Wachen Auges wegschauen von dieser Wirklichkeit. Das erlaubt, Glückwünsche anzubringen, Feiertagswünsche, Genesungswünsche, das erlaubt vor allem, sich nicht von den Müllbergen des „Engels der Geschichte“ zudecken zu lassen. Anstatt zu verzweifeln resignieren, das hat so wenig Sinn.

Ich schreibe heute bewusst keine FEIERTAGSGRÜSSE, sondern tauche einfach unter die Stimmung, unter den Ärger über Unfähigkeiten und unerträgliche Ereignisse hinweg. Vielleicht ist es ganz gut, angesichts der extrem kurzen Zeitspanne, die uns für Politik, Klima, Frieden und Überleben bleibt, einmal den Atem anzuhalten und sich mit dem, was uns umgibt, abzugeben. Uns mit der Erinnerung abzufinden und zu schauen, was man davon in die kurze Zukunft mitnehmen kann. Das ist keine schlecht Stabilisierung des fragilen Selbst in einem Frühling, der ja noch ganz normal sich anbietet, schaut man bloß aus dem Fenster. Dreht man die Predigten in den heuchlerischen Medien ab und hört Musik, wiederholt, was sich einem eingeprägt hat und die Zukunft noch beleben soll, solange wir überleben.

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In der Apokalypse geht es ziemlich ruppig zu vor dem Jüngsten Tag, vor dem Ende der bisherigen gelebten Welt. Wie ich dazu komme? Viele Jahre bin ich auf dem Schulweg an einer Statue vorbeigekommen, wo der Anfang des 12. Kapitels auf latein eingemeisselt war „Signum magnum apparuit in caelo…“, Die mit der Sonne bekleidete Frau, den Mond unter den Füßen, sollte ein Kind gebären…Was man selten weiter gehört und gelesen hatte, war die Fortsetzung des Kapitels, der Kampf zwischen dem Himmel und dem Drachen und seinen Engeln, die (natürlich) nicht siegen durften. Der Rest des Kapitels stand natürlich nicht auf der kitschigen Steinfigur. Das Kapitel findet sich aber verarbeitet in der Literatur, im Bewusstsein aller „Endkämpfe“ und „Endsiege“, es liest sich gut für diejenigen, die die jetzige Wirklichkeit in diese Offenbarung des Endes einschreiben wollen. es gibt eine Menge Politiker, die sich selbst ermächtigen, ein Ende herbeizuführen oder zu verzögern, die aber nicht wahrnehmen, was sie auf ihrem Weg dahin anrichten, wenn sie töten, foltern, vernichten. Dass sie selbst Teil dieses Endes sind, fällt ihnen so wenig auf wie ihren Gegnern, die eine vergleichbare Logik verwenden, anscheinend mit der besseren Wahrheit gerüstet.

Putin der Wiedergänger, die orthodoxen Sekten am Tempelberg, die Palästinenser…die Aufzählung findet in der Apokalypse ihre dramaturgischen Rollenbilder, auch im Alltag, gerade dort. Es ist nicht schwer, sich von diesen Rollenbildern zu lösen, es wird nicht mehr gespielt, das ist alles wirklich. Und hat den Vorteil, dass es auch dann wirklich bleibt, wenn man gerade nicht hinschaut.

Deshalb schaut einmal für den Augenblick des Frühlingstags, des Pollenflugs, der jungen Füchse im Park nicht hin, sondern lasst euch im Halbschlaf des Frühlingserwachsen sein. Früh genug werden wir gefordert sein, wieder zu handeln, immer und gleich, die Gefahren sind im Augenblick anderswo größer, die Risiken werden aber auch bei uns gesponnen.

Für einen Augenblick reicht es, die Meinungen beiseite zu schieben. Die Wirklichkeit kommt schon wieder in unsere Aufmerksamkeit, vergönnt ihr die Pause eines hellen Tages: was wir da erinnern, kann auch noch morgen sein, ?übermorgen, ?wie lange noch. Das ist nicht so schlecht.

Nachsatz: wer meint, das sei eine verschwiemelte, verdeckte Predigt, ein Hilferuf in der Ausweglosigkeit gewesen, irrt. Man kann auch erklären, warum die KlimakleberInnen etwas Unrichtiges tun, aber um so viel näher an der Wirklichkeit sind als ihre Kritiker; man kann erklären, warum sich die Debatte so leicht ablenken lässt, neben 2 Millionen Fussballexperten haben wir jetzt 10 Millionen Schlachtenfachleute, neben den armen Kindern geht es doch den Meisten besser als je zuvor…und wie lange was wie anhält? Darum gehts in meinem kurzen Artikel. Sich verkürzende Zeitspannen beschädigen das Bewusstsein.

Euro Globo Faschismus

Jahrelang wurde den 68ern, „uns Achtundsechzigern“, die zu achtlose Verwendung des Begriffs Faschismus, gar Nazi, vorgeworfen, wir würden, sagte man, die Gräuel der NS und Faschisten verkleinern, verharmlosen. Auch waren viele von uns bemüht, die Analogien zwischen Faschismus und Stalinismus klein zu reden, und die Untaten der USA, innen wie außen, auf die Nuklearpolitik und den Fernen Osten zu reduzieren. In allem steckte ein wirkungsmächtiges Körnchen Wahrheit, und viel oberflächliche Ignoranz.

Heute ist das anders, vieles ist anders, nicht nur hat 1989 die Diskurse und Hoffnungen polarisiert und enttäuscht, die Generationen nach uns reden ganz anders, kenntnisreicher, aber auch ideologisiert über Vietnam, Laos und Kambodscha (erinnert ihr euch an die Dreifaltigkeit der Sprechchöre), über die objektive Differenz zwischen Russland und China und den USA, z.B. angesichts des Kriegs gegen die Ukraine usw. Aber eines ist hängen geblieben: der Faschismus ist aus dem politischen Alltagsvokabular verschwunden oder nur reduziert vorhanden. Dass NATO Mitglieder faschistisch regiert werden (Türkei, Italien, Ungarn…), dass in der EU faschistische Parteien mitregieren oder starke Positionen innehaben (auch in Österreich haben die Nazis von der FPÖ mit dem austrofaschistischen Flügel der ÖVP Bündnisse), und die USA sind gespalten, mit einem starken faschistischen Flügel. Der hat in Israel eine Regierungsmehrheit, durch einen religiösen Flügel unterstützt, noch nicht vom Volk anerkannt, aber an der Macht…Die Liste lässt sich erweitern, und die roten Linien zwischen demokratischen Parteien und faschistischen Kräften sind weltweit durchlässig und brüchig.

Die Schwächen der Demokratien und die weltweite Stabilisierung der Faschismen hat viele und vor allem zueinander kontingente Ursachen und Gründe, aber ihre Wirklichkeit ist so wenig negierbar wie die Begrifflichkeit aus der Deckung kommen sollte.

(Mehr Bloch und Hannah Arendt lesen)

Dagegen anzugehen, bedarf weniger einer großen historisch-systematischen Theorie, warum das so gekommen ist, und sich seit längerem abzeichnet; wichtig ist vor allem die Überlegung, wie mit dieser Wirklichkeit umzugehen ist, wie damit zu leben ist, wo wir Konsequenzen für unser Leben und das unserer Kinder ziehen. Die Theorien sind vorhanden. Aber die Praxis ist oft bequem geworden, der Staat wirds schon richten, und wir haben ja Wahlen, oder resigniert, weil die Regierungen sich mit dem Klimawandel längst abgefunden haben (SPD und FDP in Deutschland, analog fast überall in den Demokratien).

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Ich will hier gerade nicht auf eine erneuerte Globaltheorie hinaus, die gibts ja auch in Ansätzen und da hat man ein Portfolio an klugen Gedanken. Hingegen ist mir wichtig, auf die Lebenspraxis angesichts des anwachsenden Faschismus hinzuweisen, und auch der Parrhesia zu ihrer Geltung zu verhelfen.

https://de.wikipedia.org/wiki/Parrhesia – sagt die Meining, mit dem Aussprechen ist eine politische Ambiguität verbunden, auch vielleicht Gefahr und Bedrohung. Es geht um Wahrheit, nicht um Befindlichkeit.

Abgesehen davon, dass ich den Klimafeinden und Betontrotteln der Ampelkoalition einige Abkühlung im Widerstand der Menschen dieses Landes wünsche, denke ich, dass wir schlapp geworden sind in dem Aussprechen der weiterführenden Begriffe. Da sind die Grünen nach wie vor in der Vorhand – und sollen es bleiben, aber als machtvoll Regierende und nicht als psychorigide Oppositionsgruppendynamik. Aber auch hier, bei uns Grünen, muss an den Begriffen gearbeitet werden, an der Sprache des Widerstands und der Kritik. Das ist kein Verbalradikalismus. Parrhesia ist nicht radikal „an sich“, sondern oft Angst besetzt, weil natürlich die Faschismen mit Gewalt und Desorientierung antworten, nicht nur Russland oder Türkei, alle Undemokratien, und die sind oft auch intern, in unseren Gesellschaften, in D, A, EU usw. Wenn man aber die Wahrheit in den Mund nimmt, wirkt das auf angebliche Verbündete (USA, EU, NATO) anders als auf Feinde, ob man mit ihnen zusammenarbeiten muss, oder soll, oder kann, oder gemischt agiert.

Und das ist Kritik an einigen Bekannten aus der 68er Zeit, dass sie ihr Faschismusvokabular am liebsten an den USA auslassen, weil die Fehler der Demokratien ihnen schwerer wiegen als die Praxis der Diktaturen. Das kann man so sehen, dann muss man aber der Wahrheit verpflichtet bleiben und auch erklären, warum man im Schutz der USA und nicht in China oder Russland den Mund weit aufreißt.