Grün, schwarz, bloß rot, blaßrot…

Der schwarze Freitag gehört der Börse, der Gründonnerstag dem Spinat, die Roten können nur mit den anderen Roten, wenn die Schattierungen ausgefeilt sind – und dem Volk bekannt, Weißbücher sind keine Schwarzbücher, aber warum heißen sie so? und insgesamt sind wir eine farblastige Gesellschaft. Darüber machen etliche Witze, andere sehen die Farben als Bestandteil unserer „Kultur“, warum nicht? und manchen sind die Farben egal, auch auf der Straßenkreuzung ab 23.30…

Man muss keine feiertägliche Politisierung von Farben vornehmen, überhaupt, ein nebensächliches Thema. Aber gerade habe ich eine schöne Gartenausstellung und eine Bildersammlung in einer Galerie besucht, und habe mir die Gartensicht der Kunstgärtner wie der Maler angeschaut, und hinter den Farben und Formen angelegter Natur schon etwas gesehen, nicht geheimnisvoll, sondern verständig. Immerhin kann man in Potsdam viel einschlägiges sehen, Munch, Förster, Hagemeister, man hat das alles im Frühlingslicht und muss sich nicht über die sinnlos-hässliche Kulissenerweiterung der Innenstadt ärgern. Einfach Frühlingsbilder im Frühling, ein bisschen früh im Jahr, aber was solls, bevor wir vertrocknen, schauen wir noch die gekühlten Farben und Formen der Blüten, Stauden und Gräser…

Das kann meine Einleitung zu Osterwünschen und -grüßen sein, man muss ja nicht immer an den Angeln der Weltpolitik herumfummeln. Also: schöne Ostern wünsche ich, herzlich, mit oder ohne Kontext von Karfreitag und Auferstehung bis Pessach, habt es einfach gut. Einfach.

Was das Guthaben bedeutet, ist wieder eine andere Frage. Manche legen Guthaben an, weil es ihnen jetzt ohnedies nicht so gefällt, zum Beispiel ein Guthaben in Moskau, wenn die Russen doch die Ukraine unterwerfen und man dazu beigetragen hat, oder ein Guthaben beim Bauernbund, wenn die Umweltregeln endlich gelockert werden, weil giftige Agrarprodukte bekanntlich der jetzigen Generation auch schmecken, oder aber es möchte diese Generation der künftigen Generation schon gar keine Rente mit 48% gönnen, weil das ja die Guthaben der jetzigen Hindenburgdammkrösoi einschränken könnte. Was, das versteht ihr nicht? die so genannte FDP hält 48% Rente vom Lebenseinkommen für zu hoch…weil es den Haushalt des Sparschweins zu sehr belasten würde, eine sinnvolle hohe Alterssicherung zu garantieren, wie in anderen Ländern, 70%, 80%, jedenfalls sollten alle lebenslang einzahlen und dann viel mehr im Alter bekommen, siehe zB. Österreich. Aber da machen unreife Demagogen (FDP) nicht mit, und die Gewerkschaften verhandeln auch nicht genug über die Renten. Früher, da ist man gern ein paar Wochen nach Pensionseintritt gestorben, aber doch nicht heute…na, ich bin schon wieder am meckern, dabei soll es doch frohe Ostern geben. Zurück an den Anfang.

Es ist ja nicht alles schlecht dieser Tage, siehe die erfolgreichen Ausstellungen und Gartenwanderungen. Und es stärkt die Resilienz, wenn man bestimmte Töne einfach am Ohr vorbeizischen lässt, nicht hinhört oder aufschiebt. Ich hole aus einer unzensierten Vergangenheit eher Erlebnisse herauf, mit 11 bei den Pfadfindern haben wir einen Namen erfunden,

Eurimusibus Gunkelhuber,

und dem haben wir dann angehängt, was man dem Pfadfinderführer oder Lehrer so nicht sagen durfte, was das war habe ich vergessen, aber der Name hat sich eingegraben. Und ich kann ihn frei an heute lebende Gestalten vergeben. Andere erkennen sich vielleicht wieder in dem Namen

O.S. ter Hase,

welcher Name die Frühjahrsgeschichten für meine Kinder und Enkel lange Zeit geschmückt hatte, bis er nicht mehr lustig war. Wie überhaupt nicht alle Jugenderinnerungen lustig sind, nur weil man damals gelacht hatte…Jede Generation, seit Menschengedenken, nimmt ihre Zeit weniger fröhlich wahr als im Gedenken ihre Jugend. Das wäre ein weiteres Thema für die Geschichtswissenschaft oder die Religion: früher war alles nicht nur besser, auch lustiger. Und über „früher“ wird promoviert.

Frohe Ostern also. Früher hatte ich immer

Frohe O*

geschrieben, aber damit war ich auch nicht allein. Naja, in ein paar Tagen fängt die Routine wieder an, da muss ich nicht lustig sein wollen. Wenigstens zitiere ich nicht aus dem Osterspaziergang, oder amüsiere mich über die Osterinsel, die Freunde von mir wirklich besucht hatten. Nur die Kalauer mit Ostern und Western erspare ich euch und mir, aber die waren lange populär, als es noch einen Osten gab.

Steinzeit

Jeder kennt Ovids Zeiten Gold Silber Bronze Eisen, es geht immer bergab. Und wie gut die Metapher zu gebrauchen ist. Über die schlechter gewordenen Zeiten musste der Dichter weniger schreiben, es war ja realistisch. Warum es keine Umkehrung geben konnte, nie geben wird? Weil es Menschenkräfte übersteigen würde, und das war ja der Fortschritt, auf andere Kräfte nicht mehr zu setzen. … Jedenfalls bei den Meisten. Radikale religiöse Randerscheinungen predigen zwar die Umkehrung, aber dazu braucht es eines Wunders, eines Gottes oder eben einer hilflosen, eindringlichen Einbildung – bevor der Messias kommt, muss ETWAS geschehen, das sind wir und es wird dauern; wenn er NOCH NICHT kommt, sind ohnedies wir schuld. Gar nicht schlecht, so eine Unterwerfung unter die Moral der Religion, jedenfalls wirkungsvoll und voller bleihaltiger Konflikte.

Die steinerne Zeit ist noch nicht angebrochen. Dann wird es uns nicht mehr geben, die Erde wird irgendwie blühen oder dampfen oder frösteln, aber die ZEIT wird aus Granit sein, sich nicht mehr bewegen und besteigen lassen, denn wir werden ja keine Sekundenzeiger verfolgen. Mit uns gehen die Uhren, die Steinzeit bleibt und ist den Salamandern egal.

Nicht besonders originell, diese Überlegung, so alt und variantenreich wie die Zeitpoesie oder Physik. Aber mit dem rasanten Ende der steuerbaren Klimawirklichkeit ändert sich etwas. Je näher das Ende aller Anfänge droht, nach dem ohnedies alles sich OHNE UNS entwickelt, wenn es sich entwickelt, desto schneller wollen die führenden Idioten ihre Aktiendepots vergrößern, ihre Dividenden erhöhen und ihre Einkünfte steigern, schon der Absturz in der Rente ist zunehmend egal, weil man sie bestenfalls nicht mehr erlebt oder weil so viel an Reserve noch da ist. An Kinder denken, na gut, an Enkel oder gar Urenkel ist unrealistisch, da sind sich die Liberalen einig. Also kommt eine „bleierne Zeit“, guter Titel für den Terror des Übergangs von Etwas ins NICHT. Braucht man nicht immer wieder aufblättern, bleibt sozusagen hinter der Tür, abrufbereit (wie man am Feuilleton nach dem Moskauer Debakel merkt). Terror allein tuts nicht, denn wenn man alle unterworfen hat, nutzt einem das Muskelpaket nichts mehr. Für diese Realitäten der Eisenzeit braucht man eigentlich keine Philosophie, um sich die nächste Periode auszumalen, weil es immer noch schlechter geht.

*

Das muss man so überhaupt nicht wahrnehmen als Hintergrund. Man geht durch den Park, sehr verfrühter blühender Vorfrühling, man hat die letzten Nachrichten aus Moskau, Gaza, Charkiw noch im Ohr, aber das sind ja nur Geräusche, übertönt von ein paar Krähen und Hundegebell. Es blüht. Am Abhang zu den globalen Massengräbern blüht es noch, bis die Wüste alles zudeckt. Ich muss lachen bei dem Gedanken, dass diese Realität nicht etwa dazu führt, den Tagesablauf zu ändern oder andere Urlaubsziele oder Arbeitsformen anzustreben, das nennt der Berater Parallelwelt…die Gräber sind ja noch gar nicht hier, sie sind nur da, es gibt sie irgendwo anders. Ich gehe durch den Park, zwei Jahrhunderte aufgegraben, bepflanzt, beschnitten, das geht ja noch, überschaubar. Vergangenheit als Zukunft, sieht man die frisch gepflanzten Ersatzbäume gegen die Trockenheitsopfer. Schön, wie alles anwächst, noch regnet es ja, in echt und metaphorisch. Ich merke, dass ich mir die Blumen und Gewächse genauer anschaue als früher, dass ich auch Tiere entdecke, die ich einmal übersehen hatte. Der große Park war menschenleer, so früh. Wenn man zurückgeht in die Stadt, sind dort überhaupt noch Menschen? Mit Beton unter den Füßen beendet sich die philosophische Promenade, der Hund bellt wieder, die Pfützen mahnen zum Ausweichen und ein heller Tag beginnt.

Dass ausgerechnet die üblen Diktatoren die Vergangenheiten zitieren, als wären die die goldenen, silbernen Zeitalter gewesen, muss uns stutzig machen. Dass ausgerechnet in den um ihren Bestand kämpfenden Demokratien Rückschau die Voraussicht beengt, ist auch beunruhigend. Für die Tyrannen gibt es nur JETZT. Für uns doch auch? Ja, aber der Ausgang nach vorne ist anders.

Söder*in, halt Ei Wangerl hin!

Der dümmste Beschluss aus dem von Kultur und Politik abgehängten Baiern (I, nichtY!) ist auch eine Chance. Lächerlichkeit vergrößert das Urlaubspotenzial, denn wenn man mit der VermieterIn spricht, weiss man nicht, wie man das schreibt – und das wird ja in den beierischen Grunzschulen ohnedies nicht mehr gelehrt, sondern inhaltlich geleert.

Dass ein Lehrerverband die Entscheidung des Landtags begrüßt, kann nur dazu führen, dass noch weniger gebildete Menschen in boarischen Schuin unterrichten.

Aber im Ernst: was nicht alles an Unglück in Bayern begonnen hat und dann ganz Deutschland beschädigt habt. Auf Söder reimt sich nichts. gut so

3. Weltkrieg von Gaza?

Das meint Thomas Friedman (NYT 17.3.). Ich denke, der Krieg ist längst global ausgebrochen, ohne Zentrum. Aber Friedman verweist schon auf den Zünder der Sprengung internationaler Zusammenarbeit für den Frieden.

Es gibt noch sehr viel mehr Begründungen für die jeweilige Definition von Kriegsursachen, -anlässen und zielen. Aber schon die 6 zitierten zeigen: einfach zu lösen ist das Problem nicht.

 Even Jews who oppose Israel’s war in Gaza can’t escape it Jonathan Glazer’s Oscar-winning movie ‚The Zone of Interest‘ has nothing to do with Israel and the Palestinians. But these days, every Jew is expected to state their opinion on Israel and Gaza Anshel Pfeffer Anshel Pfeffer
  AUSNAHMSWEISE ZITIERE ICH AUS EINEM LEITARTIKEL DER HA*ARETZ vom 14.3.,
weil hier nicht nur eine Kriegssituation, sondern insgesamt 6 dargestellt werden. Die
  Tageszeitung ist liberal und kritisch zu Netanjahu eingestellt, und bietet eine Vielzahl kontro-
verser Stellungnahmen. Ich habe sie abonniert, sie ist EINE von mehreren Quellen zum
  Konflikt in Israel und am Gaza.
How many wars are being fought right now in Gaza? From the Israeli perspective, at least three.

There’s the „official“ war that was started by Hamas when it attacked Israel on October 7. The war with the triple objective of ending Hamas‘ rule in Gaza, destroying its military capabilities and rescuing the hostages. That’s the war that the overwhelming majority of Israelis are fighting and still support.

Many Israelis believe they are fighting a broader war as well, one that is a continuation of a much longer conflict that began with the Palestinians‘ rejection of Jews‘ right to live in this land. The aims of the war are not well-defined. For most Israelis it is still a war of defense with the aim of deterring the Palestinians from continuing to harbor any illusions about Israel’s permanence in the region. But for many, especially on the far right, it’s an opportunity to deliver a debilitating second Nakba. They seek to cast Palestinians as Nazis who must be eradicated.

And then there’s the war that some religious Israelis are fighting, which is part of the divine redemption of the people of Israel. A war that will end not only when the enemy is vanquished and banished from the land but when the temporary secular governments of Israel are replaced by the law of the Torah.

Likewise, Palestinians are fighting at least three wars.

There are those who religiously believe in eradicating Jews, as laid out in the original Hamas charter, who not only support the October 7 attack but glory in the scenes of savagery livestreamed that day by its perpetrators. It’s a precursor of what they want to see happen again and again.

Then there are many Palestinians who don’t identify with all of Hamas‘ Islamist ideology but justify the massacre (while trying to deny it even was one) as a legitimate response to Israeli oppression and occupation. Israel had to be taught a lesson.

Finally, there are Palestinians who to various degrees blame Israel, and Hamas as well, for bringing Israel’s rage down on them and yearn for some kind of peaceful solution.“
(Anshel Pfeffer: Even Jews who oppose Israel’s war in Gaza can’t escape it. Ha’aretz 14.3.2024)

Für mich ist die wechselseitige Spiegelung der Politik von Netanjahu mit seinen rechtsradikalen Koalitionsparteien und den Siedlern auf der einen Seite, der verbrecherischen Attacke vom 7. Oktober und die Geiselnahme eine moralische Herausforderung, nicht der öffentlichen Medien- und Diskursneigung nachzugeben. Der 7. Oktober wird meist in einem Satz bedauert, verurteilt und in die „Pflicht genommen“, die Reaktion Israels auf dem Gaza aber in jedem Detail qualitativ und quantitativ zur eigenen Gewissensreinigung Tag und Nacht ausgebreitet (diskursiver Sieg der Hamas, jetzt schon). So gehts nicht. Vor allem: so gehts nicht „weiter“.

Es muss eine jenseits der ethnischen und religiösen Grenzen glaubwürdige Instanz geben, die nicht nur vermittelt, sondern auch die Ziele jenseits des Waffenstillstands – also Zweistaatenlösung, Barrieren gegen die Gewalt und gemeinsame Ziele und Kontrollen, wenigstens andiskutiert. Das geht mit der Hamas nicht. Und mit Netanjahu auch nicht. Und das wissen alle, die eine Zweistaatenlösung anstreben.

Was aber besonders wichtig ist: die Geschichte und die Auslöser der Verbrechen der Hamas nicht einfach mit denen Netanjahus gegenrechnen. Die beiden Geschichten sind komplex miteinander verbunden und werden nur teilweise von ihren derzeitigen Protagonisten repräsentiert.

Für mich besteht die Gefahr, dass am Ende dieser Auseinandersetzung Israel nicht mehr existiert oder als ein Staat, dem die jüdische Einmaligkeit und ihr Vertrauen nicht mehr zukommt. Für mich – das heißt, dass auch für mich Israel der jüdische Staat ist, den als letzte jüdische Zuflucht man annehmen muss. ABER: da gibt es keine gespiegelte Gegenseite der arabischen, muslimischen, palästinensischen Welt – die ist anders strukturiert und kann – wenn es gut und demokratisch hergeht – mit Israel in Zweistaaten (oder, wie früher gedacht gar Einstaat) – nach dem Konflikt um Gaza entwickelt werden. Solche Überlegungen fehlen nicht nur Netanjahu und seiner teils faschistischen Regierung, sie sind der Hamas und den unklar geordneten Feinden Israels und des Judentums ebenso fern.

Darüber werde ich nicht im Blog schreiben, die Geschichte, eher VORgeschichte der jetzigen Grausamkeit wird in einer Lehrveranstaltung behandelt werden.

Was aber jetzt drängt, ist ganz anders fokussiert: der verdeckte anti-israel-antijüdische Komplexe, der sich in der Epik des Gazakonflikts und dem weitgehenden Ausblenden des 7. Oktober entfaltet, ist auch ein Hinweis darauf, wie und wozu sich Politik und öffentliches Bewusstsein korrigieren sollte – bevor es zu spät ist. Gäbe es Israel nicht mehr als demokratische Hoffnung auf Heimat, käme das näher an das Ende des weltweiten jüdischen Lebens.

Frühling aller Orten. Trotz deutschen Rückschritts in den Winter.

Der Winter unsres Mißvergnügens, auch wenn es bei Richard III so schön klingt, es wird ein Gemetzel:

Nun ward der Winter unsers Mißvergnügens

Glorreicher Sommer durch die Sonne Yorks; (Shakespeare, Richard III, I(1)

Veselsky ist nicht angenehm, aber er hat Recht. Der Bahnvorstand ist unangenehm und hat Unrecht. Vorstand und Aufsichtsrat sind korrupt, die Zugtoiletten funktionieren nicht, die Züge sind schlecht gewartet und die Stellwerke desolat. Das war nicht die Ampel, das war die CSU unter dem Segen von Merkel. Der glorreiche Sommer kommt, wenn man die Bahnbonzen gegen Fachleute und Demokraten austauscht, oder er kommt nicht.

*

Ähnliches kann man zur Lufthansa oder zur Agrardiskussion oder zum IT Versagen oder …. feststellen, auch zum Taurusdiskurs oder…. (erhofft sich Scholz bei einem Sieg der Russen bessere Behandlung?)

Die Sonne Yorks scheint bis nach Brandenburg. Züge fahren eh nicht, Flüge heben nicht ab, und die Ukraine verliert nicht, mit oder ohne Deutschland.

Da ich ansonsten auch Resilienz, Entspannung und Abstand einfordere, will man den Kopf frei haben, so auch an Tagen, wo eine schlechte Nachricht die nächste überbietet. Es macht keinen Sinn, in Selbstgesprächen die Diktatoren Tyrannen zu nennen, die Faschisten Nazis, und die Unfähigen Dummköpfe. Das Selbstgespräch dieser Art ist ein zersetzendes Mittel feindlicher Geheimdienste. Es gibt auch gute Selbstgespräche, die bereiten dann die Praxis vor oder vergewissern sich, dass sie alles richtig sehen, hören und verstehen. Aber geballte Faust in der Tasche und Flüche gegen die Verfluchten…nützen nichts.

Da schau ich jetzt in den wolkenlosen blauen Himmel, und frage mich, wo denn meine bittere Wahrnehmung lokaler und globaler Weltpolitik herkommt, wo ich nur 5 Minuten zum Park und 10 Minuten zum Zug nach Berlin habe … äh, der Zug fährt nicht, aber in den Park kann ich ja gehen, und mich Blumen, Rehe und Wildschweine erfreuen. Ja, auch der Wildschweine.

Bin ich wieder zuhause, am Bildschirm und hinter der Zeitung, kommen die Lemuren wieder. Aber ich spar mir die Beschimpfungen, die mein Hund ohnedies nicht auf sich bezieht und Putin hört sie so wenig wie Trump. Das, werte LeserIn, ist kein Rückzug in die ethisch saubere Stoa, auch keine Resignation. Lokal kann man schon einmal flegeln, wenn es denn ankommt, aber wenn es um wirkliche Umwandlung von Meinung in Politik geht, dann sind andere Tonarten oft wirkungsvoller, vor allem realistische, die brauchen dann kein Pathos („der schlimmste Diktator…die meisten Ermordeten…die Menge an Verhungerten…“), und Ironie verstehen unsere Feinde ohnedies nicht. Das Selbstgespräch aber gilt den Freunden nur, wenn es eine Übung ist, die man beizeiten in Realität umsetzt, und ihnen sagt, was man denkt und sagen will. Das erhält Freundschaf-ten. Den Feinden eine Brandrede zu halten, stärkt sie. Das gehört zur Politik. Das sage ich, und gehe wieder in den Park, und unterhalte mich mit mir nicht über Kiew und Gaza, sondern … das sage ich euch jetzt nicht, es ist das Geheimnis der persönlichen Resilienz, auch der Abhärtung gegenüber dem was kommt. Oder doch: ich sag ein Beispiel, zum Beispiel überlege ich, wie ich meinen Freunden und Kollegen, -innen natürlich auch, erkläre, warum ich denke, dass wir längst IM KRIEG SIND, und nicht dauernd so tun, als könnten wir Kriegsvermeidung bereden. als ob der Krieg für sich am Taurus hinge. Natürlich ist er anders als WKI oder WKII oder Vietnam. Jeder Krieg ist anders. Seine Diktatoren sind sich ähnlich: Hitler, Stalin, Putin…und die vielen kleineren, die auch viel Tote produzieren, und die Unterstützer der Kleineren, und die Unterstützer der Unterstützer. Der Winter meines Missvergnügens ist kalt, wenn ich daran denke, wieviel faschistische Regierungsbeteiligung in der EU die Kriegssituation wie umschreibt, wenn ich bedenke, mit welchen Diktatoren wir in der NATO kooperieren müssen, wenn ich bedenke, wie wir den Krieg mit Trump verlieren werden, in der gegenwärtigen Situation aber ggf. den Frieden noch gewinnen können. Man möchte mit den Selbstgesprächen gar nicht aufhören. Dabei blüht und sprießt es um einen herum, als gäbe es keinen Klimawandel und wenn man dann begraben ist, gibts noch ein paar Dauerblüher an der Urne…da schalte ich ab.

Nicht alle Juden sind JÜDISCH

Der Konflikt IST. Er muss nicht sein, aber er hilft. Ihr wisst, dass ich in der normalen Konversation und im Diskurs den Begriff JUDE so gut wie nicht verwende. Ich reduziere ihn auf die ethnische Herkunft, nicht auf die religiöse und sozio-kulturelle.

Mir ist das Thema doppelt wichtig. Persönlich, weil ich „Jude“ bin und mich „jüdisch“ begreife. Und weil ich – was heute politisch wichtig ist – die Aussonderung des Begriffs „jüdisch“ als teilweise unsinnig oder falsch, teilweise aber durchaus antisemitisch begreife. Und wenn von Israel die Rede ist und vom gegenwärtige Konflikt, schwingen beide Begriffe mit.

Jude ist also ein ethnischer, wenn man will sozialanthropologischer Begriff. Kein religiöser, das ist wichtig. Jüdisch wieder ist ein Attribut, das Menschen tragen neben anderen, und wie wichtig sie den Begriff reihen, ist nicht festgelegt „zuerst mal bin ich jüdisch…oder: ich bin zuerst europäisch, dann deutsch (als Staatsbürger), dann jüdisch (Mitglied der Gemeinde), oder zuerst bin ich links, oder naturverbunden, oder Familienmitglied. etc.etc.“

Worauf ich hinauswill, erraten schon einige von euch. Netanjahu ist genauso wie wahrscheinlich alle Mitglieder seiner faschistischen, rechtsreligiösen, siedleraffinen Regierung „Jude“. Meine Behauptung ist, dass weder er noch seine Regierungsmitglieder noch seine Anhänger JÜDISCH sind. Das ist als Vorwurf gemeint, es klingt hoffentlich auch so. Was jüdisch ist, wird nicht genetisch oder anthropologisch festgelegt, es ist historisch, sozial und kulturell der Begriffsbildung durch Betroffene und Beobachter zugeordnet. Die Zusammengehörigkeit definiert sich nicht über die Ethnie, sondern über die gemeinsame Identifikation mit Qualitäten, – und die sind geschichtlich und nicht dogmatisch festgelegt.

*

Was an Natanjahu und seiner rechtsradikalen Koalition NICHT JÜDISCH ist, kann man leicht erkennen. Das Fehlen von Empathie, die Qualität der empathischen Kommunikation mit anderen, wenn man so will, auch „mit den Feinden“. Das kann man religiös begründen, soziologisch, psychologisch, aber man kann es auch aus der humanitären Ethik herleiten.

Ha’aretz 10.3.24:

Editorial | 

Fill the Streets of Israel and Make It Known: Netanyahu Must Go

Und das relativiert die Verbrechen der Hamas und ihrer Verbündeten keineswegs. Die gleichen Argumente sind auf sie anzuwenden, nur gibt es für die Palästinenser, Araber, Islamisten usw. keine begriffliche Ableitung und Nähe wie zwischen Juden und jüdisch. Ich weiß, DAS ist kompliziert, aber man muss sich darauf einlassen, um beides zu können, auf der Seite Israels im Überlebenskampf gegen seine Feinde zu stehen, also jetzt auch die Zweistaatenlösung bevorzugen, UND DIE REGIERUNGSKOALITION VON NETANJAHU ALS NICHT JÜDISCH ZU DEKLARIEREN: das ist gar nicht so schwierig, wenn man wirklich „jüdisch“ in der Hierarchie der identifikatorischen Werte so hochhält, wie ich es für angemessen halte.

Frauen heute…Feiertagsresilienz

Was nicht alles ausgepackt wird, heute, am Frauentag, die Fortschritte bei der Beschickung von Firmenvorständen, die Zunahme an weiblichen Abgeordneten und das Glück, dass sich in der Erziehung von Kindern mehr ändert und dass der öffentliche Druck gegen psychische und verbale Diskriminierung stärker wird. Der Jahrestag reiht sich ein in die Summe der Jahrestage, er wird scheinbar symbolisch der Hälfte der Menschheit gerecht, wenn in den Medien und Diskussionen der Frauen gedacht wird, wie einer Spezies, die man zu lange vernachlässigt oder diskriminiert hat.

Das ist besser als Ignoranz, Verschweigen oder Gegenpolitik. Es ist gleichwohl nicht besser, wenn man einmal im Jahr das gute Narrativ über die weniger gute Realität stülpt und darauf setzt, dass es in Zukunft noch besser wird. Noch besser…

Gerade heute werde ich keine meiner subjektiven Einstellungen, Praktiken und Vorstellungen gegenüber „den Frauen“ kundtun, das mache ich das ganze Jahr über, manchmal ist das klug, manchmal weniger gescheit, oft irrelevant. Aber es gibt einen Zusammenhang, der in dieser Zeit hervorzuheben ist. Es ist Krieg, weltweit. Und wenn man die Kriegszentren, Ukraine, Israel, Sudan, Kongo, u.v.m., genau ansieht, dann leiden dort die Frauen noch mehr als im Rest der Welt; dann können sie sich dort weder aktiv besser emanzipieren als im Frieden, noch den Zwängen des Kriegs und der Gewalt widersetzen. Krieg heißt immer auch Vergewaltigung, Schändung, Mord und daneben eine Überbeanspruchungen des weiblichen Geschlechts, begründet meist damit, dass ja die Männer ihre Köpfe (Köpfe?) hinhalten und ohnedies eher sterben. Wenn Putin seinen Krieg nicht so nennt, wenn andere ihre Konflikte auch nicht so nennen, Krieg ist Krieg.

Welche Konsequenzen hat das, ich meine nicht nur heute, sondern generell, politisch, kulturell, moralisch?

Viel Richtiges wird heute dazu gesagt – und morgen wieder eingeebnet. Das ist schade. Denn es gibt in vielen Gesellschaften ja sinnvolle Pläne, den Geschlechterkonflikt zu verringern, ihn ein Stück weit zu reduzieren. Dazu gehört auch ein Umgang mit dem Krieg, der sich nur scheinbar in lauter unabhängige Kriegsinseln auflöst – man kann ja nicht zu allem jederzeit etwas sagen, meinen dann die Kriegsherrn und setzen auf das rasche Vergessen der Menschen, vor allem der Zuschauer, die meist nicht merken, dass sie schon aktiv im Krieg sind. Wie Herr Scholz…(man muss ihn nennen, nicht wegen Taurus, sondern wegen seiner haarsträubend unrealistischen Begründungen für seine Politik).

Ich denke heute an die Folgen der vielen Beiträge zum Frauen-Tag. Mir geht es darum, dass es 364 Tage lang bis zum nächsten Folgen gibt, abseits vom Pathos und der Ironie der Medien zum Thema.

Leseempfehlung: Marlene Streeruwitz: Handbuch gegen den Krieg. Frankfurt 2024. Die vielen Facetten auch der kleinen Kommunikation, der Abschnitte und Ausschnitte aus Moral und Wissenschaft, sind oft die wirksamen und langwierigen Stützen der nicht enden wollenden Kriege.

Einfach ist nichts.

Rentner werden hungern

Die deutschen Rentnerinnen und Rentner werden hungern. Die Sportwagenlobby vom Hindenburgdamm und die Lobby der Beamten und die so genannten Selbstständigen reduzieren das Rentensystem auf die Menschen, die Lohnarbeit beziehen – und 48% des Durchschnittslohns ist lächerlich. Andere Länder in Europa sind sozialer, menschlicher und zukunftsoffener. Wenn nun sogar Aktienspekulationen die Reichen noch reicher und die Rentner noch gefährdeter machen, erwartet man eigentlich Widerstand. Der kommt nur nicht, weil sich viele vom scheinbaren Lohnzuwachs blenden lassen. Auch die Gewerkschaften haben sich nie um die Rente gekümmert. 70% des Durchschnittseinkommens wäre das Minimum, das man sozial fordern kann, außer für Vorstandsmitglieder der Dax- und Staatskonzerne, denern man endlich etwas von ihren unverdienten Bezügen abziehen und an Menschen verteilen sollte )Bonus für den DB Vorstand bewirkt Widerstand, es wird Zeit…)

Agrofaschos und Grünenhetze

Der Kampf der Bauern und ihrer politischen Unterstützer dient nicht der Landwirtschaft. Er ist für alle Gegner der ökologischen Wende ein willkommener Kristallisationspunkt einer auch in Deutschland – wie in ganz Europa und weltweit – um sich greifenden faschistischen Ausbreitung.

Darf man nicht sagen? Darf man nicht übertreiben? Habt ihr Meloni schon einverleibt ins politische Konzept, Nehammer, Orban, Erdögan, Netanjahu?

Sehr kluge Analytiker haben festgestellt, anders als kommunistische und anarchistische Gewalt merkt man den Faschismus oft erst dann, wenn er da ist, wenn er Fuß gefasst hat. Häufig ist es zu spät.

Wie schon oft (auch hier) festgestellt, unterscheiden sich faschistische Bewegungen untereinander. ihre Merkmale liegen fast nur in der undemokratischen ausschließenden Herrschaftsform und in der Abschaffung kritischer, weiterführender Kultur- und Sozialleistungen für alle zugunsten privilegierter, meist rückständiger, Stimmführer. Schaut mal, was sich unter Meloni schon in Italien verändert hat, schaut euch nur Orbans unverhüllte Politik und Erdögans Gewaltherrschaft gegen die Freiheit an.

Ein wichtiger Punkt: schwächt diese Beobachtung nicht dadurch ab, dass die Nazis nach 1933 eine viel schlimmere Spielart des Faschismus praktiziert hatten.

Und: die diktatorischen Weltmächte Russland, China, vielleicht bald die USA unter Trump, und andere Weltmächte in der Nähe dieser Tyrannis sind nicht „einfach“ faschistisch. Sie haben alle Atombomben, sie müssen sich an keinen UN Beschluss halten, und sie halten sich viele Proxys als Avantgarde, Proxys wie Iran oder manche westafrikanische Staaten oder…

Das alles kann man ohne Schaum vor dem Mund und ohne Resignation feststellen, auch, dass etwas mit der Zuversicht, die keine Hoffnung war, von 1989 in die richtige Bewegung geraten ist. Man kann sich auch gegen antifaschistische Plattitüden verwahren, und nicht alles autoritäre ist faschistisch, nicht alles Konservative ist reaktionär, und dass vieles Linke längst nicht mehr fortschrittlich ist, wissen die Wagenknechte der Reaktion auch.

Also was dann, wie umgehen mit dem allgegenwärtigen Faschismus? Teil der Antwort: jawohl, „umgehen“, handeln, nicht zusehen wie er wächst. Faschismus ist kein Schimmelpilz, der wächst und wächst. Was jetzt wichtiger als vieles andere ist, sind Kritik, Selbstbewusstsein, Meinungsfreiheit (aber nicht das Beharren auf Meinungen, die politisch nichts bewirken….). Wir werden ökonomisch leiden, wenn die USA nicht mehr unser Verbündeter sind. Wenn die Ökologie die letzte Bastion unserer Überlebenschancen ist. Wenn man endlich einsieht, dass es nicht nötig ist, national schon auf den Schlachtfeldern zu kämpfen, wenn man schon längst im Krieg ist.

Die Depression und die Unterwerfung sind zwei probate Mittel der Diktatoren. Dagegen kann man etwas machen. „Man“ ? = wir. Therapeutisch und pragmatisch. Es stirbt sich früh genug.

*

Dass der Pöbel gegen die Grünen hetzt, von den Söders und Aiwangers unterstützt und den so genannten Liberalen befördert, ist kein Wunder. Es ist der Kampf gegen die Demokratie im Bewusstsein von Veränderungen, die nur die nicht wollen, die über ihr eigenes baldiges Ende nicht hinaus in die Zukunft denken können.

Das Tier, der Mensch.

Offiziell glauben die Meisten, dass der Klimawandel a) im Begriff ist zu siegen und b) nicht mehr aufzuhalten ist. Eine Minderheit leugnet a) oder b), oder beides. Weniger offiziell, also im Privaten, wird die Verzweiflung durch Verdrängen unterdrückt. Das Motto der Stunde sind Ersatzhandlungen. Nun kann es uns egal sein, was wir nicht mehr erleben, nicht mehr egal, was unsere Kinder und Enkel nicht mehr erleben. Aber das erleben wir selbst ja nicht, es macht nur unsere letzte Lebenszeit traurig – oder wir verdrängen auch das.

Die Agrarchemie hat in den letzten Jahren die meisten Insekten vernichtet, im Weltuntergang sticht uns keine Gelse. Die Eisinseln schmelzen, es wird bald keine Eisbären mehr geben, aber wir schauen eh nur die Filme und fahren nicht hin. Viel anders war wohl das Ende der Saurier nicht, nur weniger reflektiert.

Das drohende Ende des homo sapiens ist an sich nicht traurig, so ist halt die Evolution, und wenn man nicht mehr ist, bleibt es egal, ob man sich selbst ausgerottet hat oder von einem Lavastrom weggedampft wurde. Das gilt für uns. Aber wie gesagt, noch leben Kinder und Enkel, und manches sieht man ja noch nicht, obwohl es schon da ist.

*

Wenn alles so einfach wäre, müsste ich das nicht schreiben. Aber (leider oder erfreulich?) können wir ja unsere Vergangenheit teilweise erinnern, und sie ist beschrieben. Die Apokalypse und andere Theaterstücke des Weltendes sind ja ganz interessant, weil wir schon wissen, dass es SO nicht kommt, sondern….anders? Natürlich kann man sich ein weitgehend friedliches, stoisches Ende vorstellen, oder Jacqueline Harpmans Frau, die die Männer nicht kannte, (1995) sich als Beispiel nehmen, wie unsere Psyche die Wirklichkeit des Endes vorwegnimmt.

Ich schreibe das unter anderem, weil ich Erwartungen und Vorstellungen vom erwartbaren Sterben der Gattung und all ihrer Mitglieder nicht der Philosophie überlassen möchte, die sich doch weitgehend in die Reflexion über den Tod gerettet hat, damit sie nicht über das Sterben ins Nachdenken kommt. Aber natürlich weiß auch die Philosophie, dass der Tod zum Leben gehört. Stirbt einer, kann man noch weiter über den Tod reden, sterben viele, bleibt er doch im Singular. Wie wenig das Sterben die Politik beeinflusst, kann man seit jeher, nicht nur heute, an den globalen Kriegen und der über all sich festsetzenden Armut beobachten – wenns Vergangenheit war, wird es auch noch beschrieben, wenn es sich heute abspielt, dann macht man so genannte Pläne, wie man alles besser macht, wenn nur dieser oder jener Krieg usw. zu Ende geht: Beispiel: was machen die Palästinenser, was macht Israel, wenn der Krieg im Gaza vorbei sein wird? Der Krieg hat mit dem Thema schon viel zu tun, weil der Tod und das Gedenken die im Krieg Gestorbenen allemal überleben. Das kann man vom Frieden nicht sagen. Sagt sich so einfach, aber die Literatur redet dauernd von Liebe und Tod, selten von Geburt und Sterben.

Wieder ein globaler Krieg, der den vorigen ablöst. So etwas gibt es bei den Tieren nicht. Die werden uns auch überleben, vielleicht mutieren, aber es wird sie weiterhin geben, wovon wir nichts wissen werden. Die Versöhnung mit der Endlichkeit führt einige zur Passivität, einige wenige zum Suizid, und einige zum Vordenken, wie denn dieses Leben vor sich gehen kann, ohne den Tod zu thematisieren, zu poetisieren, zu ironisieren – oder das Sterben zu verdrängen, wie es die Volkswirtschaft ja anrät. Wenn ich sage, dass mir mein Hund dabei hilft, ist das keine Satire. Aber nur vom Hinschauen auf die begrenzte Zeit des Tiers kommt auch nichts….muss schon mehr sein. Diese „Mehr“, diese Lebendigkeit ist keine Freude, aber eine Gewissheit und vor allem Widerständigkeit gegen die statistische Präsenz des Todes, die poetisch oder politisch verdrängt wird.

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DIESE LANGE EINLEITUNG IST NICHT EINER DEPRESSION ODER NACHDENKLICHKEIT BESONDERER ART GESCHULDET: SIE HAT IHREN GRUND IN DER SCHWER ERTRÄGLICHEN BEREDUNG VON TOD UND STERBEN IN UNSERER GESELLSCHAFT; WENN ES UM ISRAEL; PALÄSTINA; DIE UKRAINE; AFGHANISTAN GEHT, hat man oft den Eindruck, als unterhielten sich flachdenkende MEINUNGEN ohne die Antwort auf die Frage WAS HAT DAS MIT MIR ZU TUN?

In der Kriegslogik, die ich für (leider) vorherrschend erachte, gelten nicht UNSERE humanistischen, ethischen, auch rationalen Prinzipien. (lest nochmals Streeruwitz nach, im vorigen Blog). In der Kriegslogik kann man gar nicht anders als auf mehreren Ebenen zugleich denken. Weltweit verfolgt man die große Anzahl der Toten im Gaza, verglichen mit der kleineren Anzahl vom Anlass des Kriegs, und streitet über die Ursachen. Weltweit wird auch diskutiert, was denn die Schwächen und Ursachen für diese Schwächen der Ukraine sind, weil sie nun nicht (mehr) auf der (erhofften) Siegerstraße gegen den Tyrannen Russland, nicht nur Putin ist. Als ob die Kriegsführung es immer auf die weißen und schwarzen Westen der Gegner anlegt, und man voraufgeklärt von Kriegsparteien spricht, aber Partner meint, Partner im Endkampf um Sieg oder Niederlage. Das Sterben spielt dabei keine Rolle, weil ja immer nur jede(r) Einzelne stirbt. Im Krieg fällt man, und dann ist es in einem kleinen Abschnitt der Geschichte der Heldentod, in dem weit größeren Abschnitt der vielfältige Tod, der Trauer und Wiederaufbau und Rache und was sonst noch produziert.

Und jetzt biege ich diese Überlegungen zum Anfang des Blogs zurück. Überraschend viele Menschen leben so, als ob die Entwicklung zum gemeinsamen Ende hin unabänderlich, also Schicksal, wäre und niemand, schon gar einzeln, etwas tun könnte (nur, weil man ja selbst ohnedies nicht überlebt, sterben wird müssen, irgendwann bald). Nicht nur die Basiskritik an der politischen Ökonomie, auch viel Alltagsphilosophie bemerkt, kritisiert? die Quantifizierung des Fortschritts zum Untergang, und der Krieg hat das immer schon bewirkt. Darin liegt unter anderem die nächste Episode des Kriegs und die Unmöglichkeit von Versöhnung.

Die Diktaturen verbieten die Abtreibung und fördern die massenhaften Geburten, damit sie in knapp 20 Jahren mehr Soldaten haben (hilft wenig), oder sie machens über die Religion (hilft mehr) und applanieren die Bildung (hilft auch). Das ist die Vorbereitung aufs Sterben, heisst aber nicht so.

Der Kriegslogik entgegen wirkt nicht der Frieden, den gibt es Zustand nicht. Der ist immer eine fragile Bewegung. Der Kriegslogik entgegen wirkt Empathie, Mitleiden, und Politik. Das Ausbleiben der Politik ist fatal, ihre Reduzierung auf bereits vorgefasste Meinungen in der sich faschisierenden Welt.

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So, jetzt fragt ihr, was das mit Tieren zu tun hat? Ganz einfach: die haben keine Kriegslogik, sie leben, bis sie sterben.