Wenn niemand nachfragt…

Wovon reden wir, was interessiert, wenn einem die Jahresrückblicke und der sanfte Blödsinn des abzählbar endlichen Repertoires an Jahresendzeitwitzen auf die Nerven gehen, aber man dennoch nicht so tun sollte, als ob der Jahreswechsel (bei uns, jedenfalls) so gar nichts bedeute. Ich bin arg verkühlt, habe auf „Gesellschaften“ wenig Lust und auch nicht auf die Theorie, was solche Gesellschaften mit der Gesellschaft zu tun haben (Das war mein Einstieg in die Grundvorlesung „Einführung in die Soziologie“, wer geht heute schon auf eine Gesellschaft, gibt gar eine, oder protestiert gegen eine solche durch eine Gegenveranstaltung, sowie die Stunksitzung gegen die Prunksitzung in Köln gestellt wird, und  die Gegengesellschaft ja nicht einfach Chillen ist).

Der Stapel ungelesener Bücher und nicht gehörter DVDs und CDs ist gewaltig. Mein Husten lässt mich wenigstens lesen, ich habe die neuen Bücher zur Seite gelegt, um das neuaufgelegte Buch „From Here to Eternity“ von James Jones genau zu lesen. (From Here to Eternity, Open Road Media 2011, Restored Version). Keine Rezension, Ihr werdet gleich verstehen warum. Aber erst einmal Daten: James Jones 1921-1977. Seiten 40er Jahren schrieb er an dem Roman, der auf Hawaii spielt, unmittelbar vor Pearl Harbor. Ein frühes Opfer von PTBS…1951 erscheint das Buch, auf Deutsch „Verdammt in alle Ewigkeit“. 1953 – McCarthy Zeit,  wird der Film gedreht[1], mit Montgomery Clift, Burt Lancaster, Deborah Kerr und Frank Sinatra. Was für mich außergewöhnlich wichtig war: das Buch stand, auf Deutsch, in unserm Bücherschrank, und sollte mich seit 55 Jahren begleiten. Was ich nicht verstand, beim ersten Kontakt, die Verschränkung von amerikanischer Militärgeschichte, der politischen Ökonomie der US Army nach der Depression und im New Deal, die Verbindung von militärischem Habitus und Sexualität, und eben dieser Habitus im Zentrum eines Buches, dessen Originalfassung ich jetzt endlich auf Englisch lese; den Film kenne ich natürlich in Originalsprache, aber erst diese unzensierte und wiederhergestellte Fassung fesselt mich erneut. Es gibt kein Thema, das heute aktuell ist, das in dieser Vorkriegsgeschichte nicht vertieft oder wenigstens gestreift wird, es gibt keine politische Korrektheit, und da ich in den letzten Jahren viel zu Veteranen gearbeitet habe: Hier wird die Statuspassage beschrieben, aus der Veteranen – oder Kriegsopfer hervorgehen;  aus der individuelle Persönlichkeiten erstehen oder untergehen.

Da sind mehr als ein Seminar und eine Metadiskussion drin. Und es müsste niemanden interessieren, wie sehr dieses Buch mich beeinflusst, geprägt und weiterhin beschäftigt hat, gäbe es da nicht die erschreckende thematische Problemliste, die so aktuell ist, als wäre sie nicht am Vorabend eines großen Krieges verfasst – und die heutige ist im Vorfeld der nächsten Kriege nicht so strukturell anders.

Es gibt in Deutschland eine schwindsüchtige Friedensbewegung, die Empathie und analytische Distanz zu Streitkräften und Krieg mit allen Mitteln verhindern möchte. Empathie mit Veteranen wurde mir zum Publikationsverbot, obwohl die Analyse eher kritisch war und ich gar keinen Grund hatte, Stellung für Bundeswehr oder ihre Veteranen zu nehmen. Das ist ein Beispiel für diese Schwindsucht, ich kenne viele. (Empathie mit Sympathie zu verwechseln, ist allerdings ein Problem des deutschen Bildungswesens und nicht des Militärs).

Zurück zum Buch. Militär als soziales Aufstiegsmedium einerseits,  Klassenkampf und -habitus zwischen Offizieren und Mannschaften, Funktion von flachen und steilen Hierarchien und ein soziales Feld, in dem die Koordinate Krieg nicht vorkommt, wohl aber Gewalt und Regelverletzung in jeder Hinsicht.  Die Protagonisten im Buch reden vom kommenden, wahrscheinlichen Krieg, und der bedeutet für sie fast immer – sterben. (Nicht kämpfen, der Heroismus im Vorkrieg beschränkt sich auf oft sehr gewalttätige Sportarten als Grundlage für Status innerhalb der Kaserne).

(Als ich mir vor zwanzig Jahren in Oldenburg im Programmkino Verdammt in alle Ewigkeit als Wunschfilm zeigen ließ, gab es bitteren Protest von feministischen Wissenschaftlerinnen über die anscheinend altmodischen Rollen- und Geschlechtszuteilungen. Es hatte schon damals wenig Sinn, gegen die Subtexte in Film und Wahrnehmung eine Form korrekter Mittelschichtattitüde anzunehmen, in der so etwas wie Liebe x Sex weder in der Kombination Hure-Soldat noch Unteroffizier-Frau des Vorgesetzten keinen Platz hatte („den Männern geht es nur um Sex“). Ich war ziemlich sauer, denn so schwer ist der Film nicht zu verstehen. Gerade nicht „nur“, und in diesem Buch gerade viel weniger als in Mainstream Hollywood. Das Militär wird transparent, es erlaubt den Blick auf die amerikanische Gesellschaft, auf die White Anglosaxon Protestants, und die Außenseiter, Jewboys, Italiener, Chinesen, Hawaiianer; die „Nigger“ sind noch nicht die Vorkriegsrekruten. (Gerade jetzt wird eine multinationale Bundeswehr diskutiert. Nichtdeutsche kämpfen dann nicht für „ihr“ Vaterland, sondern professionell als Soldaten).

Also bitte, schaut euch den Film an oder lest gar das Buch.

Warum aber gerade an Silvester? Mir sagt das Datum wenig positives,  ich mag die scheinheilige Jahreswende nicht, aber sie darf sein, natürlich, wenns zum Brauchthum gehört, und kann ja auch sehr lustig, animiert oder nachdenklich sein. Aber es ist ein Datum erhöhter Aufmerksamkeit, auch was die eigene Zeit angeht.

Frag nach, ob es 2019 Krieg geben wird, d.h. konkret einen Krieg, an dem Deutschland oder die EU über bisherige Interventionen hinaus beteiligt sind. Ob es vielleicht gar auf dem Gebiet des Landes Krieg geben wird. Ob wir Veteranen der Bundeswehr produzieren oder immer mehr solche aus der private Security. Ob wir weiter die Klimakatastrophe so lange wie möglich anderen aufbürden und die daraus sich zwangsweise ergebenden Flüchtlingsmengen umlenken. Diese Nachfragen führen bei den befragten Politiker*innen zu Ungeduld. Man hats ja tausendfach gesagt, oder? Diese Nachfragen haben eine reflexive Seite, wir befragen uns auch selbst, über unsere Rolle im politischen Raum, in der Öffentlichkeit.

Diese Seite wird in allen Parteien, in einzelnen Gliederungen auch bei uns Grünen vernachlässigt. Da gibt es -einige, nicht viele, aber lautstarke – die in den Vorkriegsszenarien immer binäre Figuren drehen (Beispiel: Putin-Assad sind besser als Trump, Erdögan-Putin sind eine bessere Allianz als Türkei in der NATO, aber zugleich „die armen Kurden“ usw.). Das hat nichts mit grün zu tun, natürlich, aber die Hauptsache es geht gegen den Westen, und die Leier kennen wir. Ich sagte: in allen Parteien.  Bei den andern wundert und wurmt es mich nicht so sehr. Aber was könnte aus der reflexiven Seite herauskommen?

Zunächst Klimapolitik, die die Klimakriege vorhersehbar, erwartbar, aber auch präventiv abwehrbar machen kann. Und welche Rolle spielen wir, nicht nur als Bürger*innen, sondern im militärischen Vorfeld. Wie wird ein Klimakrieg aussehen? Je nachdem, wo gekämpft wird. Das muss nicht im völlig ariden Niemandsland sein. Es kann um die von Habeck vorausgesagten überfluteten Städte und Inseln gehen, um fruchtbare und nicht verwüstete Böden, um festen Boden unter Flüchtlingsfüßen.

Aber daran schließt sich unmittelbar der Widerstand gegen die Arbeitsplatz-Philosophie der Gewerkschaften, Sozialdemokraten und scheinheiligen Unternehmer an: dieser Widerstand ist Politik, indem es keinen Arbeitsplatz „an sich“ zu geben hat, sondern dort,  wo er gebraucht wird.

Das kann, um nicht auszuufern, auch das Militär sein.  Im Vorkrieg ist der Satz „Frieden schaffen ohne Waffen“ wohlfeil. Was sagt er? Nicht viel, den „Schaffen“ beinhaltet schon Aktion, Gewalt gegen die Gewalttätigen, die Tyrannen, die Autokraten.  Auch die passive Resistenz ist Gewalt und wird mit Gewalt beantwortet. Das  bedeutet für Demokratien eine andere Form von Militär, eine andere Form von Drohung mit Waffen und Intervention, und eine Politik, in der das Volk nicht einfach „zu den Waffen gerufen werden“ kann, schon gar nicht für Gott, Führer, Vaterland und andere Schmonzes. „Verteidigung“ klingt ja gut, besser als Angriff, aber was verteidigt, wer sich auf den Verteidigungsfall vorbereitet? Dies ist die Nachfrage, die mir fehlt, schmerzlich fehlt. Wie kann eine Armee Demokratie verteidigen, wie kann sie republikanisch sein (Putin), wie kann sie die Schutzmacht für Flüchtlinge werden (Assad), wie kann sie Abholzung des Urwalds mit Gewalt verhindern (Bolsonaro), wie kann sie dem unzivilisierten Pöbel Einhalt bieten (Trump), wie kann sie Theater und Zeitungen schützen (Orban), wie kann sie die Selbstbestimmung von Frauen über ihre Schwangerschaft bewahren (Kaczinsky)…? Die Namen stehen für Systeme, die wir ja nicht wollen, weil unser System ein anderes ist, weshalb sich unsere demokratischen Parteien erlauben können, als „Systemparteien“ die Nazis auszugrenzen und ansonsten eben diese Fragen zu beantworten, nicht immer gleich auf das Militär schauend, aber es auch nicht vergessend. Das ist vereinbar mit Abrüstungspolitik, mit Rüstungskontrolle, aber nicht mit der unbewaffneten Märtyrerpose des „Kannst eh nix machen“.

Der Soldat, meist „er“, nicht „sie“, ist aktiv indem er kämpft, tötet, getötet oder verwundet wird; aber er ist passiv indem er diese Aktivität tut oder nicht tut. (System!). Wenn in der Kaserne darüber nachgedacht und geredet wird, klingt das anders als bei Seminaren des BMVg oder in der Ausbildung. Aber könnten wir, als eine Art Vorsatz, darüber nachdenken, ob wir die Diskurse in und außerhalb des Militärs als kritische einander annähern, nicht den Staat im Staate, nicht den Diskurs in seinem Extrazimmer, fördern, sondern ihn übersetzbar erhalten?

Wer den Krieg voraussieht, will ihn meist verhindern. Wer ihn als Soldat voraussieht, sieht sein eigenes Sterben voraus, unabhängig vom Töten anderer. Das ist die Einseitigkeit, in der und von der die gesellschaftlichen Todestriebler ihre Macht beziehen. (Ernst Jünger z.B., auch ein Goethepreisträger (1982) und Pour le Mérite Ausgezeichneter)[2]. Wer nicht töten will, stirbt trotzdem – als Soldat. Für die Lebenstriebler ist es schwieriger, für den Frieden zu reden trotz Krieg (Remarque[3] ist da mein Vorbild, er will sich auch „unpolitisch“ verstanden wissen, setzt sozusagen die Menschlichkeit vor die Politik. Was seine Beschreibung des Kriegs nicht weniger drastisch macht, aber auch weniger naturgesetzlich und kalt, bei aller Distanz des Beobachters. Und jetzt stellt euch vor, wie die, die in der Armee ihre – zeitgemäß ausgedrückt – Grundsicherung erfahren haben, den Krieg antizipieren. Wenn der Soldatenberuf vor 80 Jahren die Rettung vor dem Staat war, der niemanden mehr retten konnte in Armut und Klassen-Rassenkampf, so ist das heute anders. Also geht man mit Verantwortung da hinein, nicht nur für Deutschland, sondern auch für sich selbst. Ich gehe nicht zur Bundeswehr um getötet zu werden, und um zu töten schon? So einfach ist es nicht, aber das eine geht dem andern voraus. DESHALB ist der Werbeslogan doppelt falsch, wenn nicht peinlich: Wir.dienen.Deutschland. Am peinlichsten sind die Punkte – Der Punkt lässt Optionen offen. Peinlich aber auch, weil es nicht um Deutschland geht.

Siehe oben.

Friedlicher kann 2019 werden. Die Wahrscheinlichkeit ist gering. Krieg gibt es und kann es vielleicht mehr oder weniger geben. Aber nicht fürs Vaterland und andere Phantasmagorien. Jetzt setze ich die Punkte. Bis zum Neuen Jahr Alles Gute.

[1] www.youtube.com/watch?v=nvbRdxVLC7I; https://www.youtube.com/watch?v=utJbl6Um9aY; haltet euch nicht bei einem der berühmtesten Strandküsse auf, DER gehört zum Widerstand. Die gut recherchierte Vita des Regisseurs bzgl. Geschichte und Kriegsveteranen gehört dazu, wenn man verstehen will, warum der Film das Buch so gut umsetzt: https://en.wikipedia.org/wiki/Fred_Zinnemann

[2] https://www.youtube.com/watch?v=8RP6LhjQoq4 . Jünger und Remarque werden einander so oft gegenübergestellt, dass man sich vor Gemeinplätzen hüten sollte und vor Instrumentalisierung. Ich erinnere, dass mein Freund Erich Fried einmal sagte, Jünger sei kein Nazi gewesen, aber ein schlechter Schriftsteller. Und wahrscheinlich war er mehr „Soldat“ als Antithese zum „Zivilen“ als gesellschaftlichem Prinzip (wozu dann der renommierte Käferforscher nicht passt, oder doch?).

[3] Den muss man selbst recherchieren, weil über seinen Pazifismus höchst kontroverse Ansichten bestehen, und weil diese „Lebenstrieb“-Metapher von mir aus der Verlegenheit verwendet wird, jede sozialdarwinistische Funktion von Militär/Soldat abzuwenden. https://de.search.yahoo.com/search?fr =mcasa&type= E111DE1268G0&p=remarque+k%C3%A4mpferischer+pazifismus .Da ich viele Jahre in Osnabrück gearbeitet habe, kannte ich die Anfänge der Remarqueforschung (Tilmann Westphalen) recht gut, und auch der entzieht sich der Vereinnahmung durch eine politische Richtung der Friedensbewegung.

Lachen am Abgrund

Für Robert Habeck

 

Die Zeit der Jahresrückblicke ist nicht mehr so hektisch, weil die Medien ohnedies alle Auffälligkeiten in endlosen Schleifen immer wieder aufwärmen, auch, vielleicht, um uns zu immunisieren. Es ist so vieles gleich gültig, dass es gleichgültig wird.  Damit verdrängt man ganz gut die abschüssige Entwicklung des Weltgeschehens. Nicht einmal auf Vulkane ist Verlass, die erodieren jetzt unterwasserig und lösen Beben aus. Der zur Schau getragene Ernst von Petitessen, von Politikern, Pundits, Experten und Stammtischen, ist grausig; man darf, wegen Verrohungsverdachts, nicht „zum Kotzen“ sagen, obwohl Erbrochenes selten roh ist.

Uralt sind die Geschichten der gefallenen Engel, die aus unterschiedlichen Gründen aus den Himmeln entfernt wurden, mal aus Strafe, mal als Prüfung, jedenfalls oft mit Lust oder unergründlichen Folgen für die Menschen verbunden… In den Satanischen Versen oder der Entdeckung des Himmels steht ein solcher Sturz vom Himmel auf die Erde am Anfang, und ich finde ihn eher komisch als pathetisch, und seine tiefere Bedeutung ist auch nicht gerade erhaben. Aber sie ist ein wichtiges Element von Säkularisierung, von der Entzauberung des Göttlichen, seiner konstruierten und unglaubwürdigen Einheit.

Das Komische hat eine provozierende Seite. Wenn‘s bergab geht, dann macht die Vorstellung aus dem Fall eine Zeitspanne der Reflexion des unwiderruflich vergangenen Lebens, oder wenigstens der gerade geschehenen Ereignisse, und dann träumt man sozusagen hellwach die unumkehrbare Wirklichkeit dessen, was man nicht mehr korrigieren kann, und von dem man weiß, dass man es sofort wird vergessen müssen, mit allem andern.

Im Vergleich dazu sind die Jahresrückblicke lächerlich, nicht komisch. Was ist ein versäumtes Jahr gegen den Klimawandel im Vergleich zu den Eskapaden der High Society, was ist die Kriegsvorbereitung der Big Three gegen das Zündeln am rechten Rand der europäischen Demokratien, was sind die kriminellen Autovorstände gegen das Problem der Verkehrsattacken unserer Städte, und was sind Datenlecks und Datenschutz im Vergleich zum Überwachungswahnsinn immer weniger kontrollierter Gesellschaften?

Diese Vergleiche nennt man im Volksmund Kabarett.

In schrecklicher Umgebung, Sterbensgefahr, Not, auch auswegloser, erscheint die Satire profilierter und wirksamer als in satten Stunden. Die nur scheinbar makabren Hinweise auf Kabarett und Liebe (ausweglos, fast immer nur augenblicklich gestundet) im KZ, der Schwank im Schützengraben, die Witze um die Henkersmahlzeit, und das Wortspiel, wenn die Lawine schon anrollt…all das gehört zum Lebenswillen und nicht zum Sterbenswunsch, zur Gebürtlichkeit (Hannah Arendt) und nicht zum „Tod“, von dem wir im Leben umgeben sind.

Jahresrückblicke und vergleichbare Retrospektiven haben immer auch die Todeswunsch-Perspektive.  Was war, kommt nicht wieder, und nicht das Ereignis soll unvergessen bleiben, sondern seine Unwiederbringlichkeit. Was noch kommen wird, ist etwas anderes, und jedenfalls auf dem Zeitstrahl immer minus dessen, was da retrospektiert wird. Ich lese diese Rückschau dennoch mittel-intensiv, um etwas über ihre Verfasser zu erfahren und aus der Auswahl etwas über Zeitgeist mit meiner eigenen Sicht zu vergleichen.  Ja, warum soll ich mich angesichts des globalen Massensterbens, Hungerns, Erstickens  für das interessieren, was grad in den letzten 12 Monaten passiert ist? (Es gibt andere, historisch besser kalibrierte Vergleiche, die Zeit vor oder um meine Geburt, die Zeit, in der ich mich verändert habe oder mir andere wichtige Menschen. Beispiel: wenn heute,  nur weil es 50 Jahre sind, ausführlichst über 1968 reflektiert wird, dann kommt es sehr darauf an, ob das wie eine Goldene Hochzeit nichts über die Qualität der Ehe aussagt, oder ob ein Ereignis, für mich Prag im August 1968, sich auf mein Leben und Denken nachhaltig ausgewirkt, so nachhaltig, dass dieses Datum in das engrammatrische Kalenderblatt eingetragen wird). Bilanzieren hat etwas mit dem Sterbenswunsch zu tun… (Tut man so, als könnte man aus der jüngsten Geschichte lernen?). Es gibt da eine Variante, die wenige ao aufschlussreich machen, und die hat einen gewissen Charme: Binäre Prognostik, best and worst case in 50 Jahren. („Die Welt in fünfzig Jahren“ Dossier, 27.12.2018, 15ff..)

Auffällig ist: die worst cases (Alles wird schlecht) sind präzise und geben im Subtext Phantasien wieder, die in  weiten Teilen den tatsächlichen Gefahren, Risiken und der passiven Kommentierung der schuldhaft von “Anderen“ betriebenen Welt- und Gesellschaftsvernichtung entsprechen. Die Strukturen sind durch das Ende von Demokratie oder der EU gekennzeichnet. Auch Überalterung und Arbeitslosigkeit werden projiziert.  Nichts neues. Die best cases (Alles wird gut) sind keine Hoffnungen, sondern das Regierungsprogramm beliebiger Kombinationen von Governance-Akteuren. Die Redaktion hat das selbst festgestellt.

Mich haben drei Beiträge wirklich interessiert. Die Nazi-Sprecherin Beatrice von Storch repliziert nur das bestehende AfD-Programm, als käme es nicht darauf an, wie der Weg dahin sein könnte, wäre diese Partei an der Macht („Die AfD hat schon vor Jahren einen Kanzler gestellt“). Wäre nicht interessant, würde nicht Sarah Wagenknecht vom plebejischen „Aufstehen“ analog aufgestellt  und würde sie damit nicht der Hufeisenhypothese vom Schulterschluss links- und rechtsextremer Ideologien Nahrung geben: Kapitalismus ohne Demokratie und rechtlose Arbeiter, ungezügelte Vermögensbildung und ein hohler Staat.  Oder aber: „Unternehmen gehören denen, die für sie arbeiten“; endlich keine materiellen Werte, sondern soziale (da ist Gleichheit einfacher…). Und natürlich wenden sich freie Menschen freiwillig von facebook und google ab, die braucht man dann nicht mehr. Freiheit verbindet sie mit der Storch’schen Vision (bitte, an alle, redet nicht von „Utopie“, die ist komplexer). Und umso mehr freut mich Robert Habeck: Alles wird gut ist auch nicht gut. Die Klimakatastrophe wird so gebremst, dass weiter gewirtschaftet werden kann und sozialer Ausgleich geschaffen wird. Auch hier ein starker Sozialstaat, aber alles im Rahmen sehr viel beschränkterer Bewegungsmöglichkeiten innerhalb der Gesellschaft. Alles wird dann möglich, wenn Ökologie nicht in falscher Abhängigkeit von der Ökonomie stagniert, dieses „Alles“  wird aber nicht illusionär an ideologischen Leitbildern orientiert. So kann es gehen. Und alles wird schlecht: Menschen in einer zeitlich unbestimmten, aber bereits manifesten Endzeit, nicht nur ohne Vögel und blauem Himmel, sondern in weiten unbewohnbaren Gefilden, mit künstlicher Ernährung – und an den Außengrenzen der lebbaren Gebiete setzt das große Töten ein. So mag es kommen.

Warum nur einer sich von den rhetorischen Floskeln verabschiedet, die der Todessehnsucht nostalgischer Rückblicke eingeschrieben ist? Ich möchte sagen: weil er ein großartiger Grüner ist. Aber sehen wir es umgekehrt: am ehesten können wir Grünen im Verein mit anderen Demokraten den Klimasturz bremsen und unser Leben „einteilen“, ohne neue Ungerechtigkeiten zu schaffen oder sie ausufern zu lassen, und dann hat Habeck ja das wesentliche beschrieben.

*

Die Engel stürzen auf die Erde. Im Mythos zeugen sie mit den menschlichen Frauen boshafte Riesen, die dann weiter ihr legendäres Unwesen treiben. Auch in andern Mythen wird die Mischung aus dem Unsterblichen mit dem Sterblichen nicht wirklich positiv, wenn auch manchmal poetisch. Wenn niemand mehr lebt, kann man die unsterbliche Materie auch nicht mehr bedichten und besingen. Das bleibt unseren Zeiten vorbehalten, und es ist Zeit heißt niemals, dass es zu spät ist.

 

 

 

 

 

 

 

 

Jetzt gebt mal Ruhe…

Seid endlich still. Respektiert, dass viele Menschen die „stillste Zeit im Jahr“ so richtig ausleben möchten, bis am Abend im Lichterglanz der Tannenbäume die Mischung aus Kerzen und Erwartung die Annäherung an Geschenke, Gesangs-Verzögerungen, wahlweise Würstchen & Kartoffelsalat oder feine Platten in feste Bahnen lenkt. Ein sachkundiger Beobachter wird alle Spötter belehren, dass es ohne Rituale in keiner Gesellschaft zu keiner Zeit gegangen ist und geht, und da seien doch die Bräuche Bestandteil einer Leitkultur, die man getrost akzeptieren kann, auch wenn sie einem persönlich gegen den Strich gehen. Kritische Ethnologie, gestern und heute im DLF und anderswo, unterstützen diesen heiligen Abend, dessen Geschichte selbst ja ein spannendes Kapitel zur Dekonstruktion der Leitkultur wäre. Aber keine Angst, ich reihe da nur ganz am Rand in dieses Ritual der Ritualkritik ein.

(Anlass ist allerdings ein gewisses Unbehagen and en Weihnachtspredigten und Ansprachen, die schon vor Kerzenlicht an alles an uns, in uns und über uns appellieren, was sonst nicht so wahrnehmbar ist, worauf Bischöfe und Präsidenten nicht müde werden hinzuweisen: wenigstens heute sollen wir von der Kälte Abstand nehmen, mit der wir uns und die Erde zugrunde richten. Amen).

Natürlich bin ich nicht frei von Erinnerungen, deren Analyse zu weit ginge und wirklich viel zerstörerischer wäre als eine unpersönliche Kulturkritik. Die ironisch-sentimentale Literatur besorgt diese Kritik schon ganz gut. Weil jeder, auch ich, anknüpfenswerte Erlebnisse hat. Seht ihr, es ist etwas daran, an der kulturübergreifenden Wirkung der Weihnachtserzählung, die ja in der Tat eine der besseren Projektionen unseres Überbaus ist. Die Selbstprojektion ist gut geeignet, das Sentimentalische mit der eigenen Geschichte zu verbinden – Ein Beispiel, wie das geht, ist Weihnachtsfrau von Bodo Kirchhoff, und so wird man milde. Wie auch ertragen wird, dass alle möglichen Spötter sich einen Baum zulegen und ihn besonders schön schmücken. Wieder andere investieren Phantasie in die Krippen, zumal wenn sich Kinder daran erfreuen.

Genug. Die Weihnachtsgeschichte wird zum Allgemeingut, dem auch Diktatoren, Nationalisten, Staatsreligionsverfechter und andere Widerlinge etwas abgewinnen können, weil viele Menschen denken, dass solch eine Reverenz vielleicht Besserung verheißen könnte…so viele auch wieder nicht, aber der Tyrann vor dem Christbaum hat schon etwas sadistisch-komisches an sich. Ich habe die letzten Predigten zum heutigen Tag ein wenig analysiert und sie vergessen. Niemand nennt die, die bekehrt werden sollen oder sich wenigstens benehmen müssten, beim Namen. Denn alle sind sie vor der Krippe versammelt, bevor es wieder ans Foltern, Betrügen und Profitieren geht.

Die wunderschönen Krippen zeigen, was religiöse Volkskultur oft zeigt, die Verbildlichung der Bedürfnisse, Nöte, aber auch Arbeitszusammenhänge usw. Und diese lassen sich den Kindern nun wahrlich besser erklären als die Darstellung der Herrschaft im Hintergrund.

Genug. Wir machen solches bis zu einem gewissen Grad mit (Ritual), weil es lockere Zusammengehörigkeit zeigen kann, ohne dass der Grad der Ernsthaftigkeit sichtbar wird.

*

Warum ich mich damit abgebe, heute zumal, und vielleicht Ärger derer auf mich ziehe, die dennoch althergebracht feiern (wogegen ich übrigens nichts habe)? Mein Blog hat ja immer ein Oberthema, finis terrae, das Ende von allem.

Mich giftet die jährliche Einmaligkeit der verdünnten Friedensbotschaft, alles andere – Brauchtum, Ritual, Feiertagslegitimation, meinetwegen auch der Einzelhandel und das Kriegsspielzeug neben der Krippe, all das ist eben auch Kultur, und die sozialen Gruppen dürfen das. Nur das eine, dieses Friedensgeblubbere, grad heute, nur heute, das was als BOTSCHAFT Einigkeit, gar Einheit stiften sollte, offenbart so deutlich wie selten, dass die beiden großen Konstruktionen der Zivilisationsgeschichte, die Gotteskonstruktion und die Todeskonstruktion, arg verbogen werden müssen, um daraus eine Friedensbotschaft abzuleiten. (Dass sich die Religionsgemeinschaften nicht einfach der Erzählung bemächtigen, sondern sie in den Dienst einer politischen Umkehrbotschaft stellen, macht die Religionskritik an Weihnachten so wichtig, ohne dass man die Erzählung gleich mitzerstören müsste).   Da sagt der gute Kleriker dann: aber ihr hört doch, Frieden, denen die guten Willens sind[1]. An allem ist der Große da oben Schuld oder wenigstens beteiligt, und jetzt haben wir die Freiheit zum guten Willen…Da schließt man gern die Augen und schaut sich die Krippe an.  UND JETZT WERDE ICH POSITIV, und freu mich erst einmal: der Deutschlandfunk (DLF),  den ich besonders gern höre, hat in den letzten Tagen, bis heute, an der Dekonstruktion von Weihnachten klug, kritisch und unpolemisch mitgewirkt, gute Sendungen zu Ritualen und – jetzt wichtig – zum  Jubiläum von „Stille Nacht, Heilige“ à 200 Jahre). Dass das ein durchaus politisches Lied für die „Völker“ war (6. Strophe), wird heute ebenso ignoriert, wie dass der evangelische Autorität à Wiechert eigenmächtig „Jesus“ durch „Christ“ ausgetauscht hat (https://de.wikipedia.org/wiki/Stille_Nacht,_heilige_Nacht#Originaltext_und_gebr%C3%A4uchliche_Fassung), bis h – Quellenreicher EIntrag), heute also der transzendente Herrscher im Lied und nicht der Menschensohn.  Daran knüpften sich wichtige Überlegungen zur Funktion und Überlieferung dieses Welthits, das die Grenzen christlicher Frömmigkeit weit überwunden hat. Mich hats gefreut, dass die BOTSCHAFT so dekonstruiert wurde, und dass nicht nur auf die seltsamen und teilweise abstoßenden Kulte hingewiesen wurde.

Das habe ich miterlebt, bei den bombastischen Inszenierungen im Salzburger Festspielhaus, Lesung von à Karl Heinrich Waggerl, einem sehr rechtsnationalen Hamsunverschnitt mit ungeheurer und teilweise anstößiger Popularität. Es war mir in seinem Kitsch unverständlich, aber zugleich hatte es die Anziehung zu süßer Bonbons, wenn man den Widerstand überwunden hatte. Das Tagebuch von damals sagt anderes.

UND JETZT GEBT RUHE. Das ist ein Wunsch, der dann ganz leicht in Erfüllung geht, wenn man schon am 24.12. abschaltet und nicht gleich am 25. wieder rotiert. Das ist, gar nicht paradox, ein Ansporn sich gegen den meisten Schmus der oben bereits genannten Ansprachen und Predigten aufzulehnen, die die Botschaft an einem Abend im Jahr zur Beruhigung der Völker abspulen. Weiterhin DLF hören (Produktplacement! Vorsicht), und schon das Sich-Gedanken-machen ist ja auch nicht laut.

Man kann, wir können,  aus einer gewissen Distanz aus der ganzen Weihnachtsgeschichte etwas sehr praktisches machen: sich der Sentimentalität hingeben – es ist ja ein wirklich gelungenes Narrativ, verglichen mit anderen –  und die gesamt politische und kulturelle Kontextualität dieses Feiertags und seiner Rituale als Beispiel dafür nehmen, dass eben nicht nur die eingefahrene Meinung dazu, sondern die intellektuelle, oft schmerzhafte Seite der Wirkung des jüdischen Jeshua seit langer Zeit bedacht, analysiert werden muss (gegen diese Intellektualisierung wenden sich vor allem die, die die „Ursprünglichkeit“ der Rituale schätzen. Das läuft schon in Bethlehem, wenns ein gutes Jahr ist, ganz anders: Volksfest und Zirkus).

Viele  andere Friedensrituale sind nicht so gänzlich unterschieden von dem Weihnachtsnarrativ, nur meist flacher oder pathetischer. Darum eher Widerstand gegen die Instrumentalisierung einer wichtigen Erzählung durch die Religion im Dienste unmenschlicher Politik. Dieser Widerstand kann uns besänftigen, wenn wir uns in der Weihnachtsruhe fragen, wie es sein wird, fast unabweisbar sein muss, wenn wir aus der Narkose erwachen.

Und diese Besänftigung wünsche ich euch und allen meinen Bloglesern ebenso herzlich wie ein gutes Jahr 2019.

 

 

[1] Aber es heißt  doch „…und den Menschen ein Wohlgefallen“ oder „den Menschen seines Wohlgefallens“ (Jesaja 57.19) (Lukas 19.38) (Epheser 2.14) (Epheser 2.17). Die Weihnachtsbotschaft vom Frieden als politische würde viel verlangen von denen, die unter Frieden nicht die Befriedung durch Herrschaft mit dem Patriarchen an der Seite verstehen. Das gilt übrigens säkular durchaus für all die, die in diesen Tagen besonders nachhaltig vom Frieden reden, aber ihre Positionen im Herrschaftsgefüge wenigstens diskursiv nicht verändern.

….So einfach kann man die Erzählung weiter spinnen.

Widerstand und keine Angst II

Also weiter. Die etwas unreife Vorstellung vom Widerstand als Barriere, Barrikade gegen ungeliebte Herrschaft, als legitimes Attentat birgt die Gefahr, wirkliche Gefahren zu unterschätzen und schon gefangen zu sein, bevor man gefangen wird. Widerstand empfinde ich zunächst als einen gegen meine Neigung, nicht aktiv Widerstand leisten zu wollen, ihn zu meiden, aufzuheben, bis es wirklich notwendig ist. Als Teil der Vita activa ist es notwendig, sich zu wehren, – aber mit Verlaub, man sollte doch wissen, wogegen und zu welchem Zweck und gegen welche Personen und Strukturen.

Ich verfolge mit Aufmerksamkeit einen fiktiven Widerstand gegen Israel, getragen von der Auffassung, mit bestimmten Aktionen den Palästinensern zu helfen. In vielen meiner jüdischen Einsprüche habe ich Kritik an Israel geübt, ohne dem linken Antisemitismus auf den Leim zu gehen, aber ich bin sehr vorsichtig bei der Frage,  wie und wobei man den Palästinensern helfen sollte, und ob es tatsächlich der Widerstand gegen Israel ist, der ihnen hilft. Immer wieder kommt diese Diskussion auch bei Teilen der Friedensbewegung und des „linken“ Parteienspektrums wie ein Wiedergänger ihrer selbst (meine unwillige politische Korrektheit hindert mich, die Debatte bei den Grünen zu reproduzieren). Israel muss genauso kritisierbar sein wie jedes andere Land, ja, genauso heißt aber, den Kontext der Kritik über das Niveau „man wird ja noch sagen dürfen“ zu präzisieren. Landnahme, Westjordanland-Besetzung, Zensur, Lobbyismus, Diskriminierung kann ich so scharf kritisieren, wie es nötig ist. Wieweit ich dabei Partei oder wenigstens Empathie für die palästinensische Sache produziere, ist aber fraglich. Ich halte Israels Politik für falsch, ohne dass ich dazu die Palästinenser brauche, deren Politik ich auch für falsch halte. Mein Widerstand gilt einerseits denen, die Israel verteidigen, ohne seine falsche Politik auch nur im Kontext zu begreifen, geschweige denn den Anteil von anderen, incl. der palästinensischen Führer, an dieser Politik wahrzunehmen; andererseits denen, die Israel so kritisieren, dass berechtigte Kritik nur als Tarnung eines tiefsitzenden antisemitischen Ressentiments dient, weil sie einem Palästina damit zu helfen meinen, das es gar nicht gibt; so nicht. Politik, die sich daraus ergibt, ist Widerstand gegen eine Vereinnahmung der eigenen Geschichtslügen („Staatsräson“), aber auch gegen eine ambivalente Nicht-Unterstützung der demokratischen Palästinenser gegen ihre Regierungen und Religionen.

(Dazu setze ich mit Teilen meiner Partei vehement auseinander, das gehört nur am Rande hierher: auch ein Stück Widerstand).

Dieses Beispiel habe ich gewählt, um zu zeigen, dass man in des Teufels Küche kommt, wenn man sich das Widerstandsargument anzieht und meint, es folge daraus schon eine Belohnung oder gar Ruhe. Nichts als angestrengten Ärger handelt man sich ein, und dann muss man wirklich argumentieren.

*

Auch der mikrosoziale Widerstand ist politisch. Unten ist die Angst größer. Im Grunde geht es immer um Macht- und Bedeutungsverlust, den man sich einbrockt in dem sozialen Raum, in dem man agiert – und also Widerstand ausübt, du hast ja Recht, aber du Querulant…Im Alltag kommt es darauf an, sich die Objekte der Opposition zu wählen, leichter gesagt als getan.  Wenn es um Verhalten geht, kann ich das getrost der Beraterliteratur überlassen. Wenn es aber um Positionen geht, deren Verlust oder Beschädigung nicht trivial ist, dann wird Widerstand oft zum Wagnis. In jeder Beziehung, in jedem Berufskonflikt, aber auch in vielen subjektiven Entscheidungen wird Opposition zum Wagnis mit ungewissem Ausgang. Widerstand mit Kalkül ist auch legitim, aber nicht eigentlich Widerstand. Wenn die Aufklärung, die Vernunft von mir Besitz ergreift, und nicht einfach umgekehrt, wird es spannend. Widerstand gegen Bedeutungsverlust ist auch einer gegen sich selbst. Trennung, Austritt, Ablehnung, Verweigerung einer ansonsten gebotenen Geste – wenns Kinder machen, ist es kindisch, wenn wir es machen, ist es Politik. Widerstand ist das Heraustreten aus dem Wir, um als Ich wieder einem Wir beitreten zu können, diesmal vielleicht einem anderen. Politik?

Die eingefahrenen Gleise der Alltagsbewältigung infrage stellen, und sich außerhalb positionieren, und sei es auch nur, um Klarheit zu bekommen. Oft ein way of no return. Freundschaften und mehr zerbrechen an so etwas, anderes ist schwierig zu reparieren.

Das war aber ein weiter Weg von Israel da hinunter in die Ebene des Vereins- und Beziehungslebens. Oder gar nicht. Ich erfahre selbst, wie wenig das Widerstandsargument zählt, wenn‘s darum geht, bei mir dem jüdischen Gegenüber, vorsichtig zu sein. Zum Beispiel in einer Diskussion über Netanjahu oder die Orthodoxen. Vorsicht? Ich provoziere ja auch nicht gern einen Unbedarften, wenn ich denke er ist mir unterlegen, und dann kommt das Machtargument hinein und alles ist schwierig. Israelkritik ist folgenlos. Den Antisemiten decouvrieren, kann Folgen haben. Und Folgen akzeptieren, die man nicht gleich oder ganz voraussieht: da hilft keine Ängstlichkeit…und ist doch so gegenwärtig.

Noch ist das ein Thema in Deutschland, in Österreich, vor dem einer Angst haben kann.

Widerstand ist nicht Angst

Eine Selbstverständlichkeit?

So wenig wie mein Leitspruch unter anderen: Hoffnung ist nicht Zuversicht (Ernst Bloch).

Widerstand aus Angst heißt Panik oder Ausrasten oder wildes Umsichschlagen. Aufrufen zum Widerstand ist vielleicht schon ein zu starkes Verb: es reicht, Widerstand als Option, als Möglichkeit so genau wie möglich immer wieder darzustellen. Vor allem: Widerstand ist nicht Meinung, sondern das Umschlagen von Meinung in Handlung, auch Sprache kann Handlung sein.

Ich habe mehrfach zu verschiedenen Formen des Widerstands aufgerufen oder mich geäußert. Immer bedacht, den emotionalen Tonus nicht auszuschließen, aber niedrig zu halten (in dieser Hinsicht ist Robert Habeck eine Orientierung).

Es gibt Aufrufe zum Widerstand, die ich für unproduktiv halte: (Hessel: Empört Euch!) und solche, die ich bekämpfe, also ihnen Widerstand entgegensetze. Wenn die Doppelgängerin von Frauke Petry, Sarah Wagenknecht, mit ihrer Aufsteh-Kampagne sich an den Gelbwesten in Frankreich orientiert, dann macht sie, was ich für besonders gefährlich halte: den Schließmuskel zwischen links (z.B. Melenchon) und rechts (le Pen) auch praktisch, auch gewaltorientiert, betätigen.

Auch ist das „Verständnis“ für die Gelbwesten nicht genug, um sich politisch zu positionieren. Natürlich verstehen wir alle, dass viele Millionen Französinnen und Franzosen unter schlechten sozialen Bedingungen, in großer Ungleichheit und vor allem in sehr mangelhaften sozialen Netzen leben. Aber schon bei genauerem Wissen über die Umstände sehen wir, dass das Verständnis sich zwar individuellen Lebensschicksalen – Abgehängte, Hoffnungslose – zuwenden kann, aber nichts mit Problemlösungen zu tun hat.

Ein ganz wichtiger Vergleich: das war vor Hartz IV genauso. Und Hartz IV war weder eine Wohltat noch lustig im Sinn einer ständig wachsenden Wirtschaft mit sozialen Wohltaten im reformbereiten Kapitalismus. Die Erfolge von Hart IV werden heute von denen bekämpft, die aufgrund dieser Reform überhaupt sozial gefestigt sind und so etwas wie Sozialreform machen können (was bei 5+ Millionen Arbeitslosen nicht so einfach wäre, wie Kevin Kühnert, Nahles und die oppositionellen Jugendorganisationen so gerne tröten).

Anders gesagt: überall kann Kapitalismus nur durch Widerstand und nicht durch Systemgegnerschaft zu Veränderungen gebracht werden, bisweilen sogar gezwungen.

Sozialistische Systemgegnerschaft hat sich empirisch erledigt oder diskreditiert. Lokale Verinselung baut auf Einschlüsse erfolgreicher Selbstregulierung zu lasten größerer sozialer Gruppen, privilegiert also wieder nur eine kleine Menge. Wie Gelbwesten zeigen, ist der Hufeisenschluss der äußersten Linken und der äußersten Rechten keine blasse Theorie, sondern Realität, bei der die Rechten gewinnen werden und die Linken erodieren. Dieser Schluss ist bittere Realität.

(Das heißt nicht, dass Macron in allen sozialen und Wirtschaftsfragen Recht hat; aber in vielen, vor allem Europa betreffenden, liegt er richtig).

Verständnis ist wichtig für eine Überprüfung ethischer Einstellungen und moralischer Urteile über Mitmenschen. Aber ganz radikal formuliert: ich verstehe ganz gut, warum in den 20er Jahren viele Menschen in den Nazis ihre Heilsbringer gesehen haben, trotzdem hatten sie a) nicht Recht und b)  war der Widerstand gegen die Nazis schon in der Frühzeit deren Bewegung teilweise falsch orientiert. Politisch Unrecht haben ist eine Folge mangelnder Aufklärung, aber auch (tatsächlich oder eingebildet) erlittenen Unrechts und  nicht zuletzt einer unrichtigen Selbsteinordnung in den sozialen Raum (à Bourdieu: Sozialer Raum und Klassen).

Widerstand ist nicht gegen den Rechtsstaat, sondern ohne ihn (Kirchenasyl) oder als praktische Kritik, die ihn weitertreibt (Debatte um Abtreibungswerbung).

Widerstand ist auch Verletzung der Formen, die als Konsens immer von denen eingefordert werden, die sie von der Kritik, dem anderen anderen “Wir“, d.h. uns gefährdet fühlen. (Was agte ein Leitkulturdepp: bei uns sagt man Grüß Gott!… nu, manchmal, wenns passt sag ich das in Österreich auch, aber in der politischen Öffentlichkeit ist es natürlich eine Verspottung, wenn ich das sage, und das „Man“ des reaktionären Diskurses ist verdächtig). Darum sage ich auch: Man muss mit Unholden wier Trump verhandeln, Deals machen etc., aber man muss mit ihnen nicht festlich dinieren oder, wie weiland Schröder und Berlusconi beim Fußball einander umarmen). Kleinigkeiten? Unser Alltag besteht fast nur aus solchen.

Widerstand kommt fast immer über Sprache und Zeichen. Es ist ja gut, wenn einige gegen die “Verrohung“ von Sprache ankämpfen. Aber das darf nicht bedeuten, dass geglättet wird, wo der Begriff und der Kontext spitz und verletzend sein sollen. Ich mache das am Beispiel „Nazi“ deutlich. Nicht jeder AfD Mensch und nicht jeder FPÖ Wähler ist ein Nazi. Aber beides sind Nazi-Parteien und zwar bezogenen auf die historische Analogie von 1923-1933, nicht danach. Das ist noch nicht einmal eine böswillige Interpretation, sondern eine Tatsachenbehauptung, die ich vielfach begründen kann – und dies relativ unabhängig vom Publikum, begründe. Verrohung bedeutet nicht Gebrauch krasser oder unangemessener Worte, sondern die Ausschaltung von Kommunikation durch solche Worte: was soll einer auf einen bestimmten Begriff, auf ein Schimpfwort oder einen Tonfall sagen, wenn der Kontext ihn oder sie einschnürt. Die Sprache verroht, wenn sie Sprachlosigkeit auslöst. Mir ging das geradezu physisch so, als Kellyanne Conway von „alternative facts“ redete. Auch der Vogelschiss von Gauland gehört in diese Kategorie. Aber das gleiche Wort, der gleiche Begriff kann in anderen Umständen, ironisch, pathetisch, wiederum gebrauchsfähig sein.

Ich sag das auch zu meinem Schutz, weil ich weiterhin schimpfen und ab und an gezielt beleidigen oder provozieren will. (aber eben nicht in roher Sprache („In die Fresse“, Frau Nahles) und nicht auflösbar (schimpf doch zurück)).

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So einfach ist Widerstand nicht zu begreifen. Er sollte in viele Ritzen und Unebenheiten der Gesellschaft eindringen und dort sich ausbreiten, als Illoyalität und vor allem als Verweigerung dem gegenüber, das Man von uns erwartet. Daraus wird Politik.

Ernsthafter Einwand: mache ich damit Widerstand zu leicht, verniedliche ich damit nicht die Leistungen des echten, des großen Widerstands, der Weißen Rose oder …Ich denke nein. Jede Gewalt, jede Unmenschlichkeit erfordert ihre je besondere Form von Widerstand. Und die muss sich entwickeln, und das nicht zu langsam (Das „Nein“ des Herrn Egge bei Keuner (Bert Brecht) kommt ein wenig spät auf die Frage, ob er dem Agenten dienen möchte à Maßnahmen gegen die Gewalt).

Das alles führt nur scheinbar weg von dem Widerstand, den wir üben müssen, bevor es zu spät ist (es IST bereits zu spät, bedenken wir Kattowitz und was dort NICHT geschieht). Widerstand heißt im einfachsten Fall einmal zu wissen, wo man sich gerade befindet. Wer meint, das sei einfach, irrt.

Wer weiß, wo er oder sie sich im sozialen Raum befindet, kann auch wissen, gegen welche Gewalt sich zu wehren richtig ist, und bei der Wahl der Mittel zu fragen, welche sich lohnen.

(Auch hier gibt es eine bestimmte Verzichtethik. Man kann nicht allem nur deshalb widersprechen, weil es falsch ist.  Die Wirkung, die Konsequenzen könnten oft nicht kleiner sein, und Rechthaberei ist manchmal rechts, auch wenn sie von links kommt, und umgekehrt).

Bevor ich aphoristisch werde, breche ich ab. Der Weg der Gelbhemden ist falsch. Aber wir haben verstanden?

Shit, it is the global finance system…?

In dieser dunklen Zeit, in der sich der Gott des Einzelhandels als kleines Kind tarnt, um den Konsum anzustacheln; in dieser dumpfen Zeit, wo es schon zu Erleichterung führt, wenn ein Blackrockbonze einer gemäßigten Marktwirtschaftlerin unterliegt; in dieser Zeit gibt es auch etwas Gutes zu vermelden.

am 7.12. hat Anne Pettifor den diesjährigen Hannah Arendt Preis der Heinrich Böll Stiftung und der Stadt Bremen erhalten. Ihre Rede und die Preisumgebung werden demnächst veröffentlicht, hier lege ich erst einmal einen Zugang:

Aus der Pressemitteilung vom 29.11.2018:

Die Verleihung des Hannah-Arendt-Preises 2018 an Ann Pettifor findet am Freitag, den 7. Dezember 2018 um 18.00 Uhr im Bremer Rathaus statt. Den Preis überreichen die Bremer Bürgermeisterin und Senatorin Karoline Linnert, Ellen Ueberschär, Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung und Ole-Sören Schulz, Vorstand des Hannah-Arendt-Preis e.V.. Der Hannah-Arendt-Preis wird von der Stadt Bremen und der Heinrich-Böll-Stiftung vergeben und ist mit 10.000 Euro dotiert.

Ann Pettifor ist Ökonomin und Direktorin von Policy Research in Macroeconomics (PRIME) sowie Mitglied der Organisation New Economics Foundation in London. Sie lehrt am Political Economy Research Centre der City University London. Als geschäftsführende Direktorin von Advocacy International berät Ann Pettifor Regierungen und Organisationen in Fragen von unabhängiger Schuldenrückführung, internationalen Finanzen und nachhaltiger Entwicklung. (Begründung der Jury )

Ihr Buch „Die Produktion des Geldes“, Hamburger Edition 2018, ist gut lesbar, provokatdes iv, regt zur politischen Praxis an. Ich schreibe hier keine Rezension, sondern mäandere von Veranstaltung zur Diskussion am nächsten, von einigen wichtigen Sätzen zu politischen Assoziationen und vom Glück einer geglückten kritischen Veranstaltung zu Überlegungen, die sehr wohl den Zustand unserer Gesellschaften und Politik zum Inhalt hatten. Das Lesen des Buchs erspare ich euch nicht, aber manche Hinweise könnt ihr auch ohne das Durcharbeiten als Motivation aufgreifen.  Als Mitglied der Jury weiß ich mich mit der Entscheidung für Anne Pettifor einig, und meinen Themen hilft sie auch.

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Einige Assoziationen.

Nicht weit vom Diskussionsort an der Contrescarpe in Bremen liegt das Finanzministerium am Rudolf-Hilferding-Platz. à Rudolf Hilferding[1]? War da was? Bei der Veranstaltung meinte ich nicht ihn, wenn meine Mitschrift R.H. vermerkte, à Rudolf Hickel[2] ist gemeint, einer der beiden Kommentatoren, der andere war Dieter Rucht[3] vom à WZB.

Selten hat es eine Preisverleihung gegeben, bei die Namensgeberin Hannah Arendt soviel Erwähnung und Zuordnung erfuhr wie in der Laudation von Monika Tokarzewska und im Vortrag der Preisträgerin. Bei beiden drehte es sich um den Sinn der Politik, die Freiheit.

Antonia Grunenberg, ohne die der deutsche zeitgenössische und -gemäße Bezug zu Hannah Arendt nicht vorstellbar ist, moderierte die Diskussion am zweiten Tag. Bei ihr ist die Verbindung von Politik und Freiheit, und der Zug zum Handeln in jeder Frage sichtbar.

Pettifor macht sich die Kritik des global vagierenden Finanzkapitals, der Banken, nicht leicht, sie setzt gleichwohl auf die Veränderbarkeit der bestehenden Systeme, das bedeutet Politik zu machen, politisch zu sein.

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Mir hat der Nebensatz gefallen, wonach Ökonomie ohnedies keine Wissenschaft sei, wie wissenschaftlich sie auch daherkomme; und wie unsichtbar sich das Kapital global bewege, ganz anders als die Erscheinungen der Missstände, die sinnlich wahrnehmbar und attackierbar sind. Pettifors Rahmen ist die Aufklärung, naja, das wundert nicht, aber sie ist dezidiert, wenn es um das Wissen, das Kennen der Strukturen geht, und da rangieren die zwei Bereiche Frauen und Umweltpolitik gut begründet ganz oben. Wobei mich die Analyse der Steuerleistung berufstätiger Frauen – mehrheitlich im Gesundheits- und Bildungswesen – beeindruckt; und stieß auf eine der Diagnostik bedürftige Ableitungskette: Weil man überall auf der Welt mit der Karte an Geld kommt, steigern wir selbst über Konsum eine bestimmte Form wirtschaftlicher Dynamik, alles ist easy in der „Easy-Markenfamilie“

: Easyenergy, Easyproperty, Easyshopping, Easyjet…unsere Verhaltensdispositionen wurden bei der Diskussion durchaus erwähnt, kamen aber zu kurz. Wir sind, wir agieren als Verbündete eben dieses Kapitals – und ich denke an die anthropologischen Diagnosen, die not tun, warum so handeln, obwohl wir es besser wissen könnten. Das erscheint mir eine entscheidende Hürde auf dem Weg zu wirkungsvollem Handeln aus Widerstand, politischer Einsicht und Zeitnot.

Und das, was „leicht“ erscheint, weil als Schmiermittel zum Kauf und zur Verschuldung angepriesen, sollte in diese kritische Anthropologie einbezogen werden, weil es auch die leichte Durchquerung großer Räume und Überbrückung von Zeiten beinhaltet, die unser wirkliches Leben überholt. Und damit auch demonstriert, wie wenig wir tun können, auch wenn wir mehr zu sagen haben.

Erst politische Bewegungen, – man wird auch sagen: Parteien – verstehen, dass man das Finanzsystem ändern muss und die eigenen Verhaltensweisen, Konsum, Lifestyle, Habitus. Soweit so gut, aber wie kommt man da hin? Bei der Diskussion am nächsten Tag treten dann die Brüche auf. Die Dialektik von „Leadership“, aber ohne „Leader“, und demokratischer Teilhabe am politischen Prozess, z.B. der Bankenregulierung, ist offen, wenn es konkret wird. Leadership ist eine voraussetzungsreiche Konstruktion, Leader sind reale Personen – die oft Institutionen ersetzen à letzte Blogs. Ohne die Ordnung der politischen Ziele – und ihrer praktischen Konsequenzen – können die besten Bedürfnisse und Wünsche („1000 Blumen“) zu keinem Erfolg führen (Beispiel: Klimagipfel Kopenhagen). Aber wer führt die Ziele wie zusammen? Die Vorstellung der naturwüchsigen Demokratie wurde noch nicht einmal vorgebracht, und ob  jeder angesichts drohenden Klimazusammenbruchs besondere Verantwortung „fühlt“, ist mehr als fraglich. Also bedeutet Leadership auch Anführen, Lenken, Macht erobern und gestalten – wieweit die dann legitim(iert) ist, hängt nicht nur vom demokratischen Prozess ab (Teure Spritpreise sind ein Beispiel, bei dem man die Gelbjackenargumente, die dauernd vorgebracht werden, gut studieren könnte).

In der Differenz von sozialen Bewegungen ist spannend, wieweit erste Systemänderung auch mit Gewalt fordern bzw. initiieren dürfen. (Gesa Lindemann hat über notwendige Gewalt argumentiert, sie binde widersprüchliche gesellschaftliche und staatliche Politiken zusammen, was wenig über Legitimät und Anlässe aussage, zB. beim G20 in Hamburg).

Mir ist bei der Diskussion an beiden Tagen aufgefallen, dass zwei Begriffe nicht gefallen sind: Republik und Establishment. Die Republik, den Republikanismus, braucht man aber, um den öffentlichen Raum zu bestimmen, in dem Demokratie wirken kann und ausgehandelt wird. Auch wo sich demokratische „Leadership“ entfalten kann oder verbietet. Und der Kampf der Bewegungen gegen das Establishment verbindet „rechte“ und „linke“ Bewegungen, im Populismus, es kommt immer weniger auf Inhalte an, wenn es um die bloße Dynamik gegen die da oben geht bzw. darum, sie am regieren zu hindern. Ein Wagenknecht-Anhänger hat das in der Diskussion deutlich gemacht, eher ohne Argumente single issues hervorhebend, aber ungewollt löste er die Diskussion darüber aus, ob denn die Grünen, wieder an der Regierung, nicht sich genauso dem Finanzkapital unterwerfen würden wie sie das vor 2005 getan hätten –  und etwas gewittrig war die Zustimmung zu diesem Zweifel.

Hier schließt sich ein Kreis: wenn man die aufgeklärte Bevölkerung über identifizierbare Ziele zur Änderung von Strukturen animiert, kann das gelingen, links wie rechts. Welche Art diese Änderungen sein sollen, dürfen, – Beispiel: Klima und Finis terrae – hängt von der Macht ab, die in die à time of useful consciousness, also jetzt, also politisch eingebracht wird. Ob das Handeln am Abgrund und mit ungewisser Zukunft demokratisch sein wird, kann, ist ebenso ungewiss wie die Antriebe, es geschehen zu lassen angesichts der Dynamik des Zuspät, und der unsichtbaren Macht des Geldes (Letzteres muss ironisch sich verkleiden).

Ich fand interessant, dass und wie Frauen in die politische Ökonomie dieses komplexen Zusammenhangs hinein ermächtigt werden können und damit politisch handlungsfähiger werden. Und wie sich dies möglicherweise dynamisierend auf den zweiten Handlungsbereich, die Ökologie, verstärkend auswirken könnte. Hickel hatte die Parteien als dritte Ebene (der konsolidierten Demokratie, schränke ich ein) eingebracht, die die Interessen zusammenfassen und in Machtstrukturen umwandeln sollen. (Dann würde der Druck der Zivilgesellschaft und vor allem der Wissenschaft auf sie wirken, für die Pettifor und Rucht stehen).

Und ich frage mich, wie man Globalisierung kritisieren, sie anerkennen und in der Lokalität über viele Anlässe hinaus umgestalten kann; von gelingenden wichtigen Einzelfällen abgesehen. Es muss wohl noch in letzter Minute einen Sprung in der Evolution geben.

 

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Mir war keinen Augenblick dieser Veranstaltung langweilig, was selten vorkommt. Ich habe auch weder Handy gelesen noch etwas anderes geschrieben. Ein Lob der Heinrich Böll Stiftung also, Aufklärung im besten Sinn, und die Formen des verbindenden Diskurses pflegend. Das ist auch für künftige Jurysitzungen wichtig, wenn wir eine neue Preisträgerin für 2019 aussuchen.

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[1] Hilferding passt nur beschränkt zu Pettifor. Aber manches bei ihm ist wie ein antizipiertes Wetterleuchten. Erste Hinweise bei https://de.wikipedia.org/wiki/Rudolf_Hilferding#Theorie

[2] Rudolf Hickel erschließt sich schon beim Aufsuchen seines Namens im Netz, und sein medialer Einfluss ist so groß wie sein theoretischer. Man muss bei ihm unter die Oberfläche seiner umfassenden Kommentierung von allem und jedem schauen, um die Zusammenhänge klar herauszuarbeiten, und dann lohnt es sich. Bei unserer Veranstaltung hat mich sein ambiger Kommentar zur Griechenlandrettung/verdrängung überzeugt. Dass er auf allen polit-ökonomischen Hochzeiten tanzt, ist auch ein Zeichen dafür, wie wenige ernsthafte Ökonomen es in unserem Land gibt.

[3] Einer, der sich intensiv mit den sozialen Bewegungen beschäftigt hat. Erfahrungenmit Attac waren in der Diskussion hilfreich, und der Ernst seiner Ableitungen aus der Kantischen Aufklärung überzeugt, wenn Wissenschaft und Politik einander gegenübergestellt werden. https://de.wikipedia.org/wiki/Dieter_Rucht

Pause beim Abstieg

 

Beim Aufstieg zum Gipfel will man seine Kräfte einteilen, oder sich erholen, bevor man den Stein ganz nach oben drückt. Es gibt viele Gründe, beim Abstieg zu bremsen, um nicht zu früh anzukommen oder auch, um nicht zu schnell zu werden, zu stolpern und endgültig bergab zu stürzen.  Das gilt nicht nur für den heutigen Sisyphos, das gilt nicht nur für Bergsteiger; das ist auch richtig, wenn wir in Richtung Finis terrae gleiten.

Bevor man zu müde wird, um seine Bewegungen, seine Politik kontrolliert einzusetzen, ist es wichtig anzuhalten. Über die a habe ich schon mehrfach geschrieben. Zusätzlich kommt es auch darauf an, bei sich zu sein, wenn man alternativlos handelt. Das gilt jetzt bei den Klimaverhandlungen, das gilt beim Kampf gegen die zusammengeschlossenen linken und rechten Plebejer in Frankreich (deren vereinte Forderungen ein Nullsummenspiel ergeben), das gilt beim globalen Endkampf um die Strukturen, in denen wir Finis terrae aufhalten könnten. Könnten, können, nicht werden.

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Sich bestätigt wissen, ist nur dann ein Hochgefühl, wenn es um eine außergewöhnliche Einsicht geht. Mein sehr früher Befund, dass mit der fatigue de democracie die Institutionen unterlaufen und durch Personen ersetzt werden, die deren Funktion sich auszuüben anmaßen, ist nicht außergewöhnlich, sondern empirisch. Die Beobachtung muss nicht sogleich verstanden, analysiert und begründet werden. Ihr Ausmaß und ihre Folgen sind vor jeder Erklärung sichtbar.

Diese Personen sind meist Männer; sie üben Regierungsämter aus – an der Spitze wie Trump oder Putin oder Xi – oder im Orchester – wie Salvini oder Kickl, sie sind Wirtschaftsführer (wie die Autovorstände), sie sind Lobbyisten, nicht selten vertreten sie die Medien, die die anderen Medien angreifen, und sie stehen an solchen Positionen, von denen aus sie die Diskurse lenken und die daraus sich ergebende Politik gegen die Demokratie, und damit gegen die Institutionen orientieren können. Sie sind selten durch einen Putsch oder eine Revolution an die Macht gekommen, häufig durch demokratische Wahlen. Demokratie schwimmt an der Oberfläche politischer Systeme, sie kann nur wirken, wenn sie auf einer republikanischen, aufgeklärten, rationalen Gesellschaftsstruktur aufbaut und nicht formal aufgesetzt ist auf eine Bevölkerung, die sich nicht als das Volk konstituiert hat, von dem das Recht ausgehen kann.  Große Worte, ….ich weiß. Und? Sags kleiner.

Wenn die Leute nicht bereit sind, sich zu dem zu verfassen, was demokratische Strukturen trägt, dann kann man sie nicht auf direktem Weg dazu zwingen (das haben ja einige sozialistische Staaten versucht – Ergebnis? Sachsen…und schlimmeres).  Warum sind die Leute dazu nicht bereit? Weil sie befürchten, in kurzer Zeit das zu verlieren, was ihnen jetzt wertvoll ist. Was langfristig kommt, interessiert sie wenig a) weil und wenn sie ans Jenseits glauben, b) weil und wenn sie an das Nichts nach ihrem Tod glauben, c) wenn ihnen die Lebens- und Überlebenschancen anderer gleichgültig oder äußerlich sind.

Man kanns aber auch anders sagen: demokratische Wahlen und Verfahren sind als Teil, nicht als Ensemble, demokratischer Gesellschaften nur dann eine Legitimation von Herrschaft, wenn diese Gesellschaft darauf ausgerichtet ist. In der fatigue de democracie ist genau dies nicht der Fall.

Die Personalisierung verschmilzt Führer und Volk. Deutschland, Deutschland über alles ist nichts anderes als America First unter Trump. Das Brechen von Verträgen ist ein Kennzeichen dieser Legierung, und zwar nicht als „Ausnahmezustand“  (Carl Schmitt), sondern als Normalität von Herrschaft im Namen des Volks, das es nicht gibt. So wenig wie Gott als Patron eines Volkes (Reaktionäres Russland).

Die Blindheit gegenüber dem notwendigen Instrument der Demokratie besteht unter anderem darin, dass eine aufgeklärte Verantwortungsethik als etwas angesehen wird, das den Bereich individueller, d.h. personaler Handlungsmöglichkeit, „ohnedies“ ausschließt – der einzelne kann eh nichts machen, sagen die Gelbjacken. Und ähnlich erleben die Besucher des Glacier Nationalparks in Montana (70% Trumpisten) das Glück, die sterbende Spezies noch zu erleben; die nächsten Generationen werden dort keine Gletscher mehr sehen. Aber weil diese Menschen dann eh nicht mehr leben werden, ist das doch egal. Demokratie hieße im konkreten Fall, eine Meinung öffentlich zur Politik werden zu lassen, die z.B. der Enkelgeneration das Anschauen von Gletschern ermöglichen sollte.

Ist das alles so schwierig zu begreifen? Wahrscheinlich ja. Was haben wir über die Erziehungsdiktaturen von Rousseau und Herbert Marcuse gerätselt…was haben wir über die Verkürzung nachgedacht, dass man niemanden zu seinem Glück zwingen darf und kann. Es kommt  auf die Betonung an. Zu seinem Glück – oder zu seinem Glück – oder zwingen.  Offensichtlich dürfen die neuen Zwingherrn sehr wohl viele oder gar alle zu ihrem Unglück zwingen, und werden dafür noch zu Dinners eingeladen und schauen auf dem Gruppenfoto alle so deppert aus, wie sich die Betrachter fühlen. Mit Ehrenkompanie…das nehmen wir übel.

Die Pause geht langsam zu Ende. Wir packen unsern Ethikvorrat wieder ein – Ethik ist die Idee vom guten Leben. Noch ein Schluck, dann geht’s weiter bergab. Und die Schleimknechte bauen weiter ein SUV Werk in den USA. Währenddessen finden in den Parteien im demokratischen Deutschland überall Kandidatur-Debatten statt, die einen oft an den demokratischen Verfahren zweifeln lassen, und das belegt nur, dass auch bei uns Demokratie noch nicht tief wurzelt – oder gar nicht verstanden wird.

Ich wollte ja eine Pause einlegen. Aber bei den nächsten Schritten bergab stellen wir alle fest

  1. Demokratie tut mindestens so weh wie die Liebe (–> Eva Illouz, und zwar aus ähnlichen Gründen)
  2. Der Stein ist so schwer zu bremsen und unser demokratisches Fitnessstudio ist eine Bruchbude
  3. Nur in den Abgrundspringen ist noch schlimmer

Grausame Provinz

„ZWEITER MIME: Morgen habe ich einen Funk … Kinderstunde … ‚Schneewittchen‘ … Ich spiele einen Zwerg …
ERSTER MIME: Welchen?
ZWEITER MIME: Den vierten …
ERSTER MIME: Wie legst du ihn an?
ZWEITER MIME: Hintergründig …“
(„Der Menschheit Würde ist in Eure Hand gegeben“, S. 139)[1]

Die Übereinstimmung der folgenden Beobachtungen mit wirklichen Menschen, Orten und Situationen ist beabsichtigt, könnte aber rein zufällig auch ganz anderswo sich ereignet haben und beansprucht keinen Anspruch auf objektive Überprüfbarkeit außer durch Theaterbesuch und Kritikoffenheit.

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In einer deutschen Landeshauptstadt gibt es ein renommiertes Stadttheater, das durchaus ein Staatstheater sein könnte, weil es ja die erste Bühne des Bundeslandes ist. Ich gehe gerne ins Theater, ca. 50 mal im Jahr treibt es mich zu den Bühnen des Sprech- und Musiktheaters, in jener Stadt oder in den großen Metropolen. Gewohnt bin ich das aus meiner Jugend und Studienzeit in Wien, und seitdem hat es mich nur verlassen, wenn ich beruflich lange Zeit in mimenfreien Gebieten war. (Ähnliches gilt auch für Kino und Konzerte).  So nimmt es kein Wunder, dass ich großen Anteil an der Entwicklung und den Geschicken jenes Stadttheaters genommen habe, in den letzten 12 Jahren, davon 10 Jahre unter einem Intendanten, mit dem mich eine Freundschaft, und oft, nicht immer, künstlerische Übereinstimmung verband, ebenso wie mit einigen der wirklich sehr guten Schauspieler*innen und vielen Produktionen des Hauses.  Man kann sagen, dass dieses Theater alles andere als ein provinzielles Stadttheater war, und es hat neben Furcht und Mitleid auch Bildung, Kritik, Widerstand und eine gewisse ästhetische Grundbildung vermittelt, die ja die deutsche Provinz nicht gerade auszeichnet. Der Intendant hat die Stadt verlassen, mit ihm mussten ganz viele der Mimen auch gehen. Eine neue Intendantin trat ihr Amt an, eine Frau aus dem Osten, was zu Hoffnung Anlass hätte geben können, wäre der neuen Leiterin nicht der künstlerische Bericht aus der westdeutschen Provinz vorausgeeilt und ihr Schwerpunkt auf politisch korrekte Kommunikation im Umfeld des Theaters läge, aber nicht drin, im Großen Haus.

Nun habe ich die letzten drei Premieren in ebendiesem Haus gesehen. Und werde in der laufenden Spielzeit diese Spielstätte nicht mehr besuchen, was keine Drohung ist, weil ich ohnedies keine Kritiken schreibe und veröffentliche. Ein Stück von Brecht, aufwändig grausam realistisch inszeniert, um eine platte Botschaft zu vermitteln. Langweiligst. Ein Stück von Shakespeare, eine Schändung eines der großartigsten Theatertexte, unlogisch und langweiligst. Ein Schwank aus der vorletzten Jahrhundertwende, mühsam aktualisiert, deprimierend, obwohl eine Dorfzeitung schrieb, er hätte sein Publikum „erheitert“.  Eine Inszenierung schlechter als die vorige, sodass auch die Hoffnung, das nächste Stück würde besser werden, enttäuscht wurde. Einige sehr gute und gute Schauspieler*innen mussten sich der jeweiligen Regie beugen, die meisten weniger guten fanden das Konzept wohl angemessen. (Ausnahme, um gerecht zu bleiben, gute Musik, bestens gespielt, ob sie nun dazu – wozu, eigentlich? – passte, oder nicht).

Diese Beobachtungen reichen für sich nicht einmal für einen Blog. Vergiss es, fahr nach Berlin, geh in die Schaubühne, ins DT,  ins BE, ins HAU, in die Volksbühne …. Dort gibt es auch einmal Mist oder ein missglücktes Konzept. Ja schon, ABER: das besagte Theater hatte sich weit über die Kategorie „Stadt-„theater“ herausgearbeitet gehabt und gab der Zuordnung neuen, lebendigen Sinn. Und jetzt das. Provinz muss nicht provinziell sein, aber wenn sie es ist, müssen andere Fragen gestellt werden. Zum Beispiel ob es richtig ist, Millionen an Subventionen für ein etabliertes Haus dieser Qualität zu zahlen, wenn die freien Bühnen und Theater am Existenzminimum herumkrebsen. Zum Beispiel ob die künstlerische Distanz zwischen beiden Klassen tatsächlich an der sozio-kulturellen und ökonomischen Differenz zu bemessen ist (ich habe genügend Vergleiche aus dem Off-Bereich um zu sagen, dass einiges dort eindrücklicher und eindringlicher ist als im Großen  Haus).

Wenn ich bloß an die grausame Inszenierung des Schwanks denke, bei dem ein Teil  des Publikums auch tatsächlich spontan gelacht hatte (man müsste die Stellen analysieren, oft ging es zum Beispiel darum, wie eine Behinderung erheiternd wirkte), dann kommt einem in den Sinn,  wie lustig das Groteske, das Ernste, das Tragische sein kann, von Qualtinger über Monty Python bis Loriot, und wie schrecklich die Klamotte wirkt, wenn sie für „leicht“ (o Ihr Musen) oder entlastend erachtet wird.

Beim Brecht hatte ich gedacht, Abituriententheater und gut gemeint sei das Gegenteil von Kunst. Bei Shakespeare hatte ich gedacht, dass Regietheater es auch vermag, einem Stück seinen Inhalt zu rauben. Beim Schwank kam beides zusammen. Der brutale Realismus, der der Phantasie keinen Raum bot, aber nicht die Abgründe, nur das Niedrigwasser der plebejischen Kultur zeigte, der auch noch jede Anspielung erklärte, weil man selbst das dem Publikum nicht zutraue, vor allem in der Zusammenfassung vor dem letzten Vorhang, dieser Realismus entbehrte nicht nur des Humors – kann man ja so machen – aber auch dessen Umkehrung in die Farce der Polaritäten gesund-normal-wahnsinnig, Stadt-Land, romantisches versus geldgieriges Begehren – nichts, aber nichts von all dem auch nur dramatisiert.

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Natürlich erzähle ich das nicht herum, ich habs schon verdaut, aber mich geärgert. Warum? Weil wir genügend andere Stoffe im urbanen Diskurs haben, die dringender und folgenschwerer zur Praxis drängen als diese Bühne. Schade nur für die guten Schauspieler*innen, und die Chance für die andern, besser zu werden. (In der Pause habe ich mitbekommen, dass ich mit meinen Wahrnehmungen nicht allein war, aber beim freundlichen und enden wollenden Schlussapplaus bekommt man ja dann doch Hemmungen, gleichmäßig apathisch auf das Ende zu warten, ohne jegliche Anerkennung für die, die sie verdienen…das wird einem dann als Zustimmung  ausgelegt, wie die Bemerkungen, „Sie haben da ja auch doch gelacht/geklatscht“, ohne zu fragen worüber und warum).

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Auch in der Provinz kann großes Theater geschehen. Nicht immer, nicht wallfahrtsmäßig entrückt, sondern einfach,  weil Kunst gesellschaftlich sich vermitteln kann, und das ist in einer komplizierten gespaltenen Stadt oft wichtiger als in der Konkurrenz der hundert Bühnen in den großen Metropolen. In Wien, Berlin oder Hamburg kann ich mir aussuchen, ob ich am Abend ins Theater gehe und wohin…das ist anderswo nicht ganz so einfach. Und Theater muss uns nachlaufen, wenns ums Angebot geht,  aber es muss uns nicht nachlaufen mit einer Anmutung, den vorhandenen Geschmack zu bedienen. Es muss schon provozieren, meinetwegen mit Leichtigkeit, aber nie ohne die Distanz, die die Kunst uns voraus hat, voraus haben muss.

Aus dem eingangs zitierten Dialog zwischen Qualtinger und Sklenka:

Erster Mime: Hast du Girardi noch gesehen?
Zweiter Mime: Ausgesprochen überschätzt.
Erster Mime: Er hatte gute Beziehungen zur Presse.
Zweiter Mime: Nur so kommt man nach Wien.
Erster Mime: Wien … Josefstadt … Volkstheater.
Zweiter Mime: (nachdenklich): Mährisch-Ostrau war besser als Teplitz-Schönau.
Erster Mime: Vom neuen Jedermann habe ich furchtbare Verrisse gelesen.
Zweiter Mime: Ich habe immer gesagt, das Stück passt nicht zu Salzburg.
Erster Mime: Vielleicht zu Linz … In Linz müsste man sein.

 

 

[1] Ilse Walter: Best of Qualtinger.Wien, München: Deuticke, 1999. S. 139