Irrsal und Wirrsal

Im Anfang schuf Gott den Himmel und die Erde.

Die Erde aber war Irrsal und Wirrsal.

(Martin Buber, die fünf Bücher der Weisung, I, 1-2)

Das berühmte Tohuwabohu kann man also schön übersetzen, und es macht Sinn, es auf einen Zustand anzuwenden, der eben dieses Irrsal und Wirrsal von Anfang an fortgesetzt sieht. Wenn es schon so begonnen hatte, warum sollte es viel besser werden, mit und ohne Schöpfung? Naja, lange Zeit ist es ja besser geworden, mit Fischen und Vögeln, mit Palmen und Eichenwäldern, und gar mit sogenannten Menschen, die ja auch dem Irrsal entsprungen sind, evolutionär und ohne Rassengesetze.

Das Große Durcheinander (Tohuwabohu) ist eines im Hirn der Mächtigen und derer, die sie anbeten oder unterstützen, damit sie nicht selber denken müssen. Den Eindruck hat man schon in diesen Tagen, aber auch davor (und weil jetzt sofort einer kommt und sagt, so elitär dürfe man über die Armen im Geiste nicht urteilen, die wollen ja geführt werden, dann sage ich spontan: richtig, aber das wollen wir endlich ändern).

Alle tausend Jahre hofften (oder bangten) die Menschen auf den oder vor dem Weltuntergang. Der wurde durch Jahreszahlen und damit verknüpfte Ereignisse anscheinend wahrscheinlicher als in Zwischenräumen, in denen man schreckliche Naturkatastrophen, Seuchen und Börsencrashes leichter verdrängte. (Dass sich Nazis die Bezeichnung „Drittes Reich“ verbeten hatten, nachdem Klügere ihnen gesagt hatten, was es bei Joachim von Fiore bedeutet, sollte uns bei dieser Bezeichnung vorsichtig machen: Sehr verkürzt, deshalb nur von wiki[1], sagt Joachim voraus „Die Geschichte wird in drei Zeitalter gegliedert, welche er mit der Trinität in Verbindung bringt: Die Zeit des Vaters (Altes Testament), des Sohnes (beginnt mit dem Neuen Testament und endet nach seiner Vorhersage 1260) und die des Heiligen Geistes. Dieses dritte, glückliche Zeitalter werde von der intelligentia spiritualis erleuchtet sein und alle Freuden des Himmlischen Jerusalem (Offenbarung 21) bieten.“ Damit haben  sich viele mit Recht befasst, nicht zuletzt Ernst Bloch, und die Politik, Theologie und alle Utopielehren müssen sich damit befassen. Und so gibt es eine seltsame Minderheit, die halt meint, dass nach 1260 unser Jahr 2020 kommt…auf ein paar Tage kommt es nicht an.

Lasst die Flüchtlinge im Mittelmeer ersaufen, lasst die großen Dürren und Urwaldholzungen unsere Überlebenschancen noch mehr begrenzen, lasst die Nachtschwärmer sich mit CoVid krönen und anstecken tun sich die Menschlein sowieso mit Sex und Betrug und dem Streben nach Macht und Anerkennung, jetzt, aber jetzt, wo alles zu Ende geht, kommt das Zeitalter des Geistes. Da braucht es unsere Körper nicht, beatmet oder nicht, da denken wir uns glücklich.  Die Autoindustrie und die Agrarindustrie und die Börsen gehen voran, ihren Lobbys kann es nicht schnell genug gehen, denn die weniger schriftkundigen Nachfolger Joachims glauben, dass das vorherige Zeitalter schnell und wenn es sein muss, schrecklich, zu Ende gehen muss, bevor wir ins himmlische Jerusalem, oder wenigstens nach Bayern oder Thüringen, stapfen dürfen. Aber wir übersehen dabei nicht, dass man so knapp vor dem Ende den genauen Zeitpunkt leider nicht nach Wahlperioden erzwingen kann. Und dass diejenigen, die heute regieren, ohnehin nicht mehr mitbekommen, wie ihre Enkel in zwei Generationen ersticken werden, bevor der Himmelzuschlag für die Auferstandenen erfolgt (was passiert mit denen, die dort nicht landen? Die bleiben tot, so zumindest sagen es die Schriftkundigen).

Übrigens: noch ist  keiner, der im SUV in den Himmel aufgefahren ist, wieder zurückgekommen.


[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Joachim_von_Fiore. Lesenswert. ·  Ernst Bloch: Zur Originalgeschichte des Dritten Reiches. In: Ernst Bloch: Erbschaft dieser Zeit. Frankfurt am Main 1962, S. 126–145.

Nachtschatten

Ich würde gerne meine Kochrezepte mit euch teilen, aber ihre genaue Umsetzung in ein Abendessen erfolgt nicht nur nach Plan und Erfahrung, sondern auch Intuition. Dafür vermische ich meine Tomaten, Kartoffel, Auberginen und Paprika nicht mit Agitation; ein Menü taugt nur zur Verschwörung, wenn mindestens ein Gast daran stirbt (Knollenblätterpilze sind keine Nachtschattengewächse).

Irgendwann werden wir uns über Speisen und Getränke auch austauschen, zur Zeit fehlt die Fluktuation der überlebenden Gäste. Dafür sitzt die Politik am Tisch bzw. steht am Herd und schaut misstrauisch[1].

Eine so große Pflanzenfamilie, die auch Drogen und Zierpflanzen hervorbringt, nicht nur Pommes, erinnert mich an die Demonstrationen, die zur Zeit uns und die Medien im Gleichklang aufregen: Gegen die CoVId-Einschränkungen, gegen das Impfen, gegen den Eingriff der Regierung in, ja was? Gegen…

Als ich noch Uni-Präsident war, gab es eine Studentengruppe, die sich ANTI nannte. Nicht ungefährlich, laut, irrational, aber manchmal mit bedenkenswerten Forderungen, meistens nicht. ANTI KONNTE MAN NICHT BEGEGNEN. Man musste sozusagen konfrontativ von Raumschiff zu Raumschiff mit ihnen umgehen, bisweilen gab es ein gemeinsames Abendessen, das uns einander nicht näher brachte.

ANTI scheint ein Vorbild der z.T. biederen Demonstranten zu sein, deren Charakter ich als plebejisch bezeichnet habe, deren Anführer weitgehend rechtsradikal sind, aber – das ist das komplizierte NICHT NUR. Die Ebene, in der sich Verschwörer verbinden hat, mit Verlaub, etwas mit sexuellen oder esoterischen Allianzen zu tun, wo sich Menschen verbinden, die sonst mit einander wenig zu schaffen haben. Naja, es ist ja auch Mai. Aber wenn ich mir so eine Demo anschaue, dann gefriert beides: Lachen und Wut. Weil Widerstand ja auf Kaugummi stößt, und die bezeichneten Mesalliancen bei jedem Interview zerfallen. So ähnlich wie damals bei ANTI.

Verschwörung brauchen beides: FÜHRUNG (das hören nicht nur die ganz Rechten gerne) und VERFÜHRBARKEIT (das gilt für alle, die eigentlich nicht wegen CoVid demonstrieren wollen, aber es bietet sich, sozusagen als VERSCHIEBUNG ihrer Bedürfnisse an (das wäre psychoanalytisch nicht falsch beobachtet, wenn die Ursachen ihrer Proteste genauer unter die Lupe genommen würden). Und da stehen sie und greifen heraus, was ihnen nicht passt. Kann ja richtig sein. Muss nicht.

Wenn wir diese Klumpen von Unverstand auseinanderbrächten, könnten wir ganz schnell so unterschiedliche Bedürfnisse und Protestargumente finden, dass wir sogar Bündnisse einerseits, explizite Gegnerschaften mit harten Aktionen andererseits, meinethalben mit Polizei und Gerichten andererseits, erwägen dürften. Womit ich einen einfachen Satz kompliziert dargestellt habe: es gibt nicht die Verschwörungsagenten, weil es nicht die Verschwörung gibt: es sind VIELE unterschiedliche. Raus aus dem Nachtschatten.


[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Nachtschattengew%C3%A4chse#Bedeutung_f%C3%BCr_den_Menschen

Europäische Härte

Was Merkel und Macron ausgearbeitet haben, wird so nicht kommen, aber hoffentlich so ähnlich. Wenn man den Herrn Michelbach von der CSU hört, dann wird man unfreiwillig zum Marxisten und möchte den Staat nach dem Vorbild von Slavoj Zizek umgestalten, in meinem Fall den Europäischen Bundesstaat. 

WIE HÄNGT DAS ZUSAMMEN?

Zugegeben zwei komplizierte Sätze.

Sollen wir den am meisten bedürftigen europäischen Partnern helfen, oder sie durch Kredite noch stärker an die wirtschaftlich dominierenden EU-Staaten binden? Der Widerspruch in sich ist evident: die reichen Staaten (=Kreditgeber“) wollen/sollen den ärmeren sehr wohl/nicht vorschreiben, wie sie die Zuschüsse verwenden dürfen, was ein ökonomischer Nationalismus ist, der innenpolitisch genutzt werden kann – Michelbach (wir Deutschen waren doch schon so gut, wir müssen auch an uns denken). Nur keine gemeinsame Haftung, weil die ärmeren Länder ja unfähig selbst aus der Misere zu kommen.

Auf diesem Niveau haben manche Politiker die politische Ökonomie gelernt.

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Ich habe einen nicht zynischen Vorschlag, wie man die europäischen Werte und die Politik festigen kann und zugleich etwas Geld locker macht. Dem klerikofaschistischen Polen und dem faschistischen Ungarn bis zur Rücknahme ihrer letzten menschenrechtsverletzenden Gesetze und Beschlüsse alle EU-Gelder sperren und dieses Geld sofort in die Merkel/Macron Programmatik einspeisen.

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Die EU kann und muss aus der Krise ihren Weg zum europäischen Bundesstaat weitergehen und darf den nationalen, ethnopluralistischen und ethnozentrischen Staatsideologien nicht weiter nachgeben. Mitgliedschaft ist kein Wert für sich. Das sagt sich leicht am Feiertag. Aber wie steht es mit den nationalistischen Egoismen von Ländern wie Österreich, Schweden, Finnland…noch durchaus Demokratien? Wie steht es mit den Grenzregimen gegen Flüchtlinge und Armutsmigranten – Corona war da für Seehofer von Anfang an nur eine schmähliche Ausrede?

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Ich beobachte eine verstärkte Tendenz zum „Glokalismus“, wie Zygmunt Bauman die Tendenz beschrieben hat (vor mehr als 20 Jahren!), dass lokale Konstellationen in einer sich globalisierenden Ökonomie und (teilweise) Politik zu Bewegungen und Widerständen führen, die sich als Ursachen verkleiden und doch nur Anlässe für Erosion und Entgesellschaftlichung sind. Die Anti-Corona-Demos in ganz Deutschland, aber auch in gewisser Hinsicht die Gelbwesten in Frankreich und der Trumppöbel in den USA. Dieser Glokalismus kommt der plebejischen Demokratiekritik entgegen. Man will und darf gegen etwas sein, oft zurecht, aber man will partout nicht verantwortlich mitwirken. Das zerstört Innen- und Außenpolitik.

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Es kommen härtere Tage, so heißt ein Gedicht von Ingeborg Bachmann, Herbstmanöver ein anderes. Die schreib ich diesmal hier nicht auf, schon im Heraussuchen habt ihr Gewinn. Aber es kommen härtere Tage, so oder so, auf uns zu, wenn die lächerliche Ökonomie des Überfließens in die Wirtschaften der Normalen unseren Nachtisch versalzt. Wir brauchen Härte, um der Gewalt der lächerlichen Einzelinteressen entgegentreten zu können.  Das beginnt mit dem Durchsetzen der Masernimpfung, das geht zum Boykott der Auto- und Chemielobby, das breitet sich aus im Kampf gegen die Nationalisten im eigenen Land und muss auch Grenzen, die keine mehr sein sollten, überschreiten. Nichts davon ist einfach, vieles noch viel schwieriger als die genannten Beispiele. Aber wir müssen nicht lange suchen, um einen Anfang zu finden. Das ist nicht abstrakt: Die europäische Kommission muss handeln und wir müssen sie unterstützen: gegen Polen, gegen Ungarn, aber auch für den EuGH. Wer Zinsen auf Solidarität verlangt, kann auch im eigenen Land bekämpft werden.

Wer Zinsen auf Solidarität verlangt, kann auch im eigenen Land bekämpft werden.

Treue ohne Titel

Liebe Leserinnen und Leser meines Blogs! Ich hatte diesem Blog gestern keinen Titel gegeben – Pardon. Es ist ja eigentlich ein Brief…Danke für die Rückmeldungen.

Oft zieht Treue eine Grenze:  man will niemanden dazu holen in den Kreis der Lesenden, Kommentierenden und Kritisierenden…Nur so lernt man sich wirklich kennen. Meinen Blog kennt Ihr und ich merke das an der Statistik und den Rückmeldungen. Danke dafür. Jetzt habe ich eine Bitte:

Nach so vielen Beiträgen zu Corona und zu den Rechtsradikalen in allen Medien ist es an der Zeit, daran zu erinnern, wie viele andere und wichtige Themen es für die Welt gibt, damit sie uns erhalten bleibt, und das heißt auch unseren Enkeln. Ich habe mich bemüht, die immer einfließen zu lassen in meine Blogs, und die Linien von Finis terrae und Jüdischem Einspruch werden bleiben. Aber jetzt seid Ihr dran – und, bei neuen LeserInnen, erstmal: Jetzt sind Sie dran, Themenwünsche zu äußern.

  1. Schreibt mir bitte, als Kommentar zu diesem Blog, 1-3 THEMEN auf, von denen Ihr wollt, dass ich sie behandle. Das kann eine Herausforderung bei Themen sein, die ich von mir aus nie im Blog behandelt hätte, aber: das ist eine Folge der Treue.
  2. Bitte keine Vorschläge zu Corona und AfD, die kommen sicher auch wieder bei mir vor, aber es: es gibt eine Welt außerhalb der beiden Brennpunkte…
  3. Verbreitet diesen Blog bitte, ich habe nämlich keine sozialen Netzwerke von mir aus einbezogen. Das ist auch ein Thema…

Was die Themenfindung betrifft, eine wahr Wiener Kabarettgeschichte: Der berühmte Karl Farkas fragte sein Publikum nach einem Stichwort: er wolle darauf einen Reim machen. Bei den meisten Zurufen war es ihm einfach, einen Endreim zu finden. Dann rief eine Dame „Adonis“.  Frakas stutzte, es dauerte zwei Sekunden, dann reimte er: „Ist er auch kein Adonis /Hauptsach, dass es Mannsperson is!

So holprig können meine Antworten auf eure Zurufe auch ankommen.

Danke für eure Treue, und vielleicht kommen ja ein paar dazu….

Wir Sklaven

‘tschulgung! Wenn man jemandem auf den Fuß tritt. Oder sich vordrängt an der Kassa. Die Höflichkeit des Unabänderlichen, man tritt ja nicht zurück.

Ich hätte gestern beinahe einen Aufstand gemacht, als ich in eine Polizeischwerpunktkontrolle mit dem Rad hineinfuhr: natürlich auf einem Radweg, der aber ca. 50 m lang eine Einbahn ist, bevor er mehrspurig zu befahren ist. Mindestens 10 Delinquenten standen da, alle mussten 20 € zahlen (nicht schlecht für die Bullen, in 20 Minuten 10 € zur Aufbesserungen der maroden Finanzen…). Da ich bekanntlich àBlog! zu denen gehöre, die manchmal etwas akzeptieren, das sie nicht gutheißen, war mein Problem nicht der lächerliche Anlass…3 Polizisten, hauptsächlich jugendliche Opfer, während daneben auf der hässlichen Hauptstraße die Autos fröhlich die Geschwindigkeit übertreten und Lärm machen. Kein Grund zur Aufregung. Ein Zweistern-Kommissar lässt sich auf ein Geplänkel ein, nur deshalb, weil er meinen Ärger teilt, es aber nicht sagen darf. Nur als ich ihn frage, warum er keine Maske trägt, muss er lachen – Abstand sei ja 1,5 m eingehalten, naja. Ich hatte es eilig und erreichte meinen Zug, alles gut im Rechtsstaat. 

*

Manchmal wünscht man sich, dass die Polizei die Verschwörungstheorien und die damit verbundenen Demonstrationen besser im Griff hätte, um dann zu erkennen, dass die meisten Polizisten ja Teil der Verschwörung sind und von den Demonstranten angegriffen werden. Ein schwieriges Problem: würde z.B. völlig legitim und nachvollziehbar gegen die Grenzschließungen protestiert, also gegen Seehofers und anderer Fremdenfeindlichkeit, dann wird das regelmäßig mit Corona verteidigt und man hat schlechte Karten. Wird gegen die Restaurantschließung protestiert, ist das dann legitim, wenn man eine Studie heranzieht, wonach in Restaurants weniger angesteckt wird als durch Schulen und Kitas. Hä? Andere Studien sagen anderes, und das Lesen von Wissenschaft ist nicht einfach, selbst für Herrn Wieler nicht. An der Grenze stehen Polizisten, die sich von solchen Überlegungen freihalten müssen, sonst geht gar nichts mehr.

Corona hat für einen Augenblick Gott und die Gesetzmäßigkeit der Geschichte ersetzt; für die, die glauben; mit Corona kann ich alles begründen, selbst das Grundgesetz und die Freiheiten und ihre Einschränkung.

Borges hat in seiner Bibliothek von Babel (1941) eine hinreissende Überlegung skizziert,

… daß die Bibliothek total ist und daß ihre Regale alle irgend möglichen Kombinationen der zwanzig und soviel orthographischen Zeichen (deren Zahl, wenn auch außerordentlich groß, nicht unendlich ist) verzeichnen, mithin alles, was sich irgend ausdrücken läßt: in sämtlichen Sprachen. Alles: die bis ins einzelne gehende Geschichte der Zukunft, die Autobiographien der Erzengel, den getreuen Katalog der Bibliothek, Tausende und Abertausende falscher Kataloge, den Nachweis ihrer Falschheit, den Nachweis der Falschheit des echten Katalogs, das gnostische Evangelium von Basilides, den Kommentar zu diesem Evangelium, den Kommentar zum Kommentar dieses Evangeliums, die wahrheitsgetreue Darstellung deines Todes, die Übertragung jeden Buches in sämtliche Sprachen, die Interpolationen jeden Buches in allen Büchern… (https://deutschunterlagen.files.wordpress.com/2014/12/borges-bibliothek-von-text.pdf) (17.5.2020).

Abgekürzt kann ich behaupten, dass die Verschwörer ihre Ansichten mit Hinweis auf die Bibliothek von Babel immer untermauern wollen und können. (Beispiele genug, etwa Spiegel #22/16.5.20, S.32-34 u.a.). Das ist nicht neu, ebenso wenig, dass harmlose Verschwörer, die also ihrem Verstand und Denkvermögen nicht trauen, oft von strategischen Nazis und anderen Verbrechern gut instrumentalisiert werden. Das war im übrigen nicht nur bei der Genese der NSDAP vor 1933 und bis weit ins Himmlersche Denkuniversum so, und das ist bei autoritären Gesellschaften ebenfalls wirklich.

Warum die Geschichte mit dem klugen Polizisten zu Eingang? Der Mann tut mir leid, denn er durchschaut meine Kritik am Einsatz, wenn man doch die Polizei anderswo wirklich dringend bräuchte.

Dekonstruieren wir den Satz mehrerer Politiker, wonach „nicht alle“ Demonstranten sich von den Rechten instrumentalisieren lassen und „auf dem Boden der Verfassung“ stünden (DLF 17.5., 8.30). Nicht alle Nichtnazis sind Nazis, Identitäre, Systemfeinde usw. Sie Demonstrieren für ihre Freiheit und übersehen, dass es DIE Freiheit DES Einzelnen nicht gibt. Das heißt, es gibt sie schon, aber nur innerhalb der Gesellschaft, die dem Einzelnen bestimmt, frei zu sein. Das ist kein Kollektivismus, wie ihn manche gern hätten, aber wo steht, dass es nur Freiheit gibt, wenn man frei leben möchte; also was dazu treten muss…um diese Freiheit zu verwirklichen.

Und dazu gehört zum Beispiel, dass die Polizei bei Demonstrationen ohne Einhaltung der Regeln (akzeptieren, ohne befürworten), eingreift (Erfurt, Riesa, Stuttgart, Berlin), weil die Demonstration a) andere Bürger gefährdet und b) den Brunnen der Berufung auf die Freiheit vergiftet.

Das Demonstrationsrecht ist ein Produkt der Meinungsfreiheit, wenn es aber zum Widerstandsrecht werden soll oder will, muss es sich mit mehr legitimieren als dem Vergleich der Hygieneanordnungen mit Sklaverei: „Lieber sterbe ich im Kampf für Freiheit und Demokratie, als dass ich mein Leben als Sklave in der Diktatur verbringe“ (Koch Hildmann, Spiegel a.a.O. S.33).  Einen Sklaven fragt man nicht, ob man ihn leben lässt. Aber das Sterben des Herrn Hildmann können wir uns ja anschauen, in unserer Diktatur. 

Kann man auch weniger verbalradikal sagen, dass manchen die Anordnungen nicht passen. Womit wieder ganz oben im Text bin. Mir passt vieles an der Straßenverkehrsordnung nicht, aber wenn ich sie ändere, muss ich das politisch machen und mir gesellschaftliche Unterstützung und Sachverstand dazu holen. Oder ich schreibe eine Satire auf diese Ordnung. Aber daran halten sollte ich mich schon.

Im Augenblick wird alles mit Corona begründet: das ist illegitim, sachlich falsch und wenig wirksam, wo es keinen Zusammenhang gibt. Protest und Ablehnung auszudrücken ist ein Grundrecht, aber ernst genommen (NICHT akzeptiert) werden muss die Verschwörungstheorie dann, wenn sie ein Grundrecht nur für sich und nicht für die Mehrheit der Menschen im Land oder darüber hinaus beansprucht: Dann muss man gegen sie einschreiten, vielleicht mit Priorität vor der Fahrradschwerpunktverfolgung.

Lemminge und Maulwürfe

Auf großen Plätzen sammelt sich der Pöbel, ohne Mundschutz, Schulter an Schulter, und röhrt wie ein kollektiver, angeschossener Hirsch. Polizisten werden angegriffen, weil sie die Regeln für Demonstrationen durchsetzen wollen – sie resignieren.

Georg Kreisler vor langer Zeit:

Wir ham den Tierschutzverein, wir ham den Kinderschutz,
Wir ham den Fensterschutzverein, und der ist gar nichts nutz.
Wir haben außerdem den Mutterfreuden Schutzverband
und einen Schutzverband für’s teure Vaterland.
wir ham den Denkmalschutz, wir haben auch den Jugendschutz
und einen Schutzverband, der schützen soll vor Schund und Schmutz.
Doch es gibt jemand, den man überhaupt nicht schützt –
ich möchte hoffen, daß man mich da unterstützt:


Wenn ein Räuber überrascht wird
Und das Weglaufen vergisst:
ja, wer schützt den Polizist?
Ja, wer schützt den Polizist?

Und wenn sie protestieren ja, wer schützt die Polizei?
Was ist schon ein Revolver und ein Knüppel oder zwei?

Drauf und dran, packen wir’s an! Schützen jeden Mann!


Ja wir schützen jedes Tier, schützen Steuerhinterziehr,
schützen Volksdemokratien, schützen Schützenkompanien.
Jeden Tag sind wir beim Schützen frisch dabei:
Schützen wir die Polizei!

Das ist natürlich doppeldeutig, und wenn sich die Nazis und Wutbürger mit den Verschwörungstheoretikern, Klimaleugnern und Impfgegnern verbünden, dann haben wir genau die Gemengelage, die wir früher bekämpfen müssen als die Weimarer Demokraten die NSDAP: die ist ja auch nicht nur mit dem Messer im Mund dahergelaufen und hat geprügelt, sondern sie hat auf genau die Passivität der Bevölkerung gesetzt, die eben noch kein Volk ist, von dem das Recht ausgeht und zu dem es zurückkehrt.

Wenn sich Nazis von der AfD auf das Grundgesetz, gar die Freiheit, berufen um andere Bürger anzustecken und zu verunsichern, schaut das nach Chaos und Libertinage aus – aber dieser Pöbel verlangt ja eine Diktatur der harten Hand, jedes Mittel, Klima und CoVid, ist recht: Nur  muss diese Diktatur die Verschwörungstheoretiker schützen, die den Entzug der Freiheiten für die normalen Menschen durchsetzen.

Wir müssen uns schon überlegen, wann und wie die Polizei wen (=alle! Also auch uns) schützen soll, und wann wir sie rechtsstaatlich schützen müssen. Wenn die Nazis „Freiheit“ rufen, denken wir an Biedermann und die Brandstifter, und wenn wir „Freiheit“ sagen, dürfen wir nicht Beliebigkeit meinen.

Mir stößt im Augenblick auf, dass mit Corona begründet wird, was damit wenig zu tun hat (Grenzregime, Konsumrestriktionen) und dass zu wenig erklärt wird, und zwar so, dass die Menschen es a) verstehen und b) darüber diskutieren könne, und bereits im Verhaltenszwiespalt sich zu verzwirbeln. Es geht nämlich bei der Pandemie nie um die Einschränkung von Freiheiten (Ungarn, Polen, aber nicht nur die), sondern um ihr Bewahren und ihre Ausbreitung außerhalb des Kontexts von Corona. Dieses Außerhalb ist unsere Welt, unsere Lebenswelt. Nicht Freiheiten werden durch die Gesundheitsmaßnahmen eingeschränkt, sondern ihre Gültigkeit in Situationen, in denen die anderen Grundrechte auch mitreden wollen.

Lasst euch nicht beirren, wenn die Nazis Freiheit sagen.  Wenn doch, lest „1984“ oder bewerbt euch um ein Staatsamt im Ministry of Truth.

  • Wie die Lemminge stürzen sich die Menschen auf anscheinend gelockerte Lebensumstände; (Man kann ihnen nicht eine größere Infektionswahrscheinlichkeit voraussagen als sie bei den anständigen Menschen bewirken);
  • Wie die Maulwürfe untergraben die Verschwörer das gepflegte Feld, um es auch unansehnlich zu machen (Wenn die Nazis „Freiheit“ sagen, bleibt ein brauner Fettrand am Begriff? – ein Bisschen sollte man schon selbstbewusst die Sprache nicht den Gaulands und Kalbitzens überlassen)

*

Schaut in der Mediathek den Film „Im toten Winkel“, der gestern in der ARD lief. Der Zusammenhang ist nicht Corona.

Nackte Freiheit gibts nicht

Hermann Kuhn, mein kluger Bremer Freund ist 75 geworden. Zu seinen Ehren wurde ein Kolloquium veranstaltet, mit Helga Trüpel, UK Preuss, Lothar Probst und dem Jubilar. Am Ende seines Beitrags zum Antisemitismus sagt er:

„Bei der Betrachtung von Nutzen und Nachteil von Tabus und Ächtung in unserer Gesellschaft dürfen wir nicht vergessen, dass ein Tabubruch immer auch provokativ und im Namen der Freiheit auftreten wird und schon dafür Unterstützung bekommen kann. Wir kennen das doch selbst ganz gut. Gesinnungsaufsicht und Provokation leben eben voneinander“.

(Über den Nutzen und Schaden von Tabus in unserer offenen Gesellschaft – Kolloquium 7.3.2020)

Die letzten Tage haben einige dieser Provokationen hervorgebracht: Schäubles und Palmers Aussagen zur Problematik des Lebensendes und der Menschenwürde. Oder: die Duldung der amerikanischen Atomsprengköpfe im Rahmen der NATO bei gleichzeitigem Abrüstungsbegehren. Oder: die Auseinandersetzung welcher Staat (i.e. welches Gesellschaftssystem) nun das Coronavirus hervorgebracht oder gar gezielt eingesetzt hat (USA oder China) oder wen man lieber als andere sterben lassen kann (Nicht-Weiße in den USA, Minderheiten in vielen Ländern, Flüchtlinge auf den griechischen Inseln. Oder den unbedachten und unbedarften Spruch des Vosskuhle-Senats beim Verfassungsgericht über die nationale Vorrangstellung gegenüber dem EuGH…

Aber mal ehrlich: es gibt kaum eine kontroverse Auseinandersetzung, in der nicht eine/r dem/der anderen vorwirft, Tabus zu brechen…nicht jeder Tabubruch provoziert, oft geht er unbemerkt vonstatten. Der Vorwurf führt nicht selten zur schamvollen Reaktion und der Frage: warum eigentlich? oder: das wollte ich nicht. Ja, was dann?

Mir geht’s nicht um Tabus, da hat die Tagung viel Kluges und Wichtiges hergestellt. Sondern um Hermann Kuhns Hinweis, was geschieht, wenn Tabubrüche im Namen der Freiheit auftreten, oder wenn jetzt rechtsradikale Verschwörungstheoretiker sich auf das Grundgesetz bei ihren Demonstrationen ohne Maske und gegen die Verhaltensanweisungen berufen. Das ist keineswegs neu. Die „Republikaner“, ich meine die deutsche Neo-Nazipartei, haben den Begriff der Republik angeschimmelt, ohne wirklich jemanden zu verwirren (ab 1983). In Österreich war der VdU (Verein der „Unabhängigen“) (1949) ein von den demokratischen Parteien umworbenes Sammelbecken ehemaliger NSDAPler. Was heißt schon „unabhängig“. Der VdU war ein Vorgänger heutigen Nazipartei FPÖ.

Orwell hat in 1984 die Technik erläutert: The Ministry of Peace concerns itself with war, the Ministry of Truth with lies, the Ministry of Love with torture and the Ministry of Plenty with starvation. These contradictions are not accidental, nor do they result from ordinary hypocrisy: they are deliberate exercises in doublethink. (https://en.wikipedia.org/wiki/Ministries_of_Nineteen_Eighty-Four)

Mit diesem Doublethink kann der autoritäre Charakter jede geradlinige Ableitung guter Praxis aus guten Normen untergraben, instabil machen und im Endeffekt aushöhlen.

Auf dem Weg dahin sind wir schon lang, von „Entsorgung“ bis hin zum Verfassungsschutz unter HG Maassen. Aber andere sind da viel weiter. Faschisten wie Viktor Orban wehren sich entrüstet und kanzeln die Fake-News (=also die Wahrheit) über sie ab: wer kritisiert, lügt. Ministry of Truth.

Im Gegensatz zur Normen und Gesetzen gibt es bei Tabus keine klar umrissenen Kontexte, sie haben sich in der Lebenswelt festgesetzt, nach der Devise: Das tut man nicht, darüber redet man nicht, das darf man nicht denken. In dieser Konstellation ist es wichtig, dass das MAN anstelle der konkreten Personen tritt und alle diese Personen unter seine Hoheit stellt. Wer das stört oder zerstört, lanciert einen Angriff auf die Freiheit, d.h. die Freiheit der Macht oder die Freiheit der Ohnmächtigen, die nach ihr, der Macht, gieren. Wenn ein Tabubruch den zugehörigen Kontext auslöscht, zerstört, kann man ihn schlecht festnageln und dagegen angehen.

So einfach ist das.

*

Nachsatz: Wenn diese Zerstörung auch im Namen der Freiheit geschieht, so weist der fehlende Kontext auf die Provokation und Unwahrheit hin. Du sollst dem Teufel nicht glauben, auch wenn er die Wahrheit spricht (Garcia Marquez).

Immer dazu sagen, Freiheit wovon, Freiheit für wen, und wie.

8. Mai 1945

Das Gedenken an den Tag des Kriegsendes findet heute gebremst statt.

Stellungnahmen, Reden, Kränze und Aufrufe sind mehr online als real, und die Orte der Erinnerung müssen im Bewusstsein oder im Gespräch rekonstruiert werden.

Ich habe für meine Böll-Stiftung Brandenburg einen Text geschrieben, den ich hier anzeige:

https://boell-brandenburg.de/de/2020/05/08/der-8-mai-0

Ich habe lange darübe nachgedacht, warum mich seit meiner Kindheit das Pathos dieses Gedenkens immer ambivalent berührt. Für meine Familie war es ja wirklich Befreiung und für unsere Umgebung in Österreich doch mehrheitlich Niederlage; für mich als Kind hatten die Besatzer – Russen und Franzosen zumal – eigentlich nur positive Seiten, und die vom Kind empfundende Normalität der Zeit war keine „Nachkriegs-“ Zeit. Bis 1956, zum Ungarnaufstand, der Kalte Krieg wieder heiss in die Nachbarschaft kam, und das versuchte man dem Kind zu „erklären“, und fort war die Normalität…die man so gerne bewahrt hätte, mit dem wieder aufgebauten Westbahnhof, Burgtheater, der Oper und dem Stefansdom. Ab damals war es nicht mehr möglich, sich nicht vorzustellen, wie der Krieg zu Ende gegangen ist, auch wenn man den Tag nicht erlebt hatte.

Ich bin misstrauisch gegenüber allem „Nie wieder“.

Verbündete

In der Debatte um die Stationierung der US Atomwaffen in Büchel wird von CDU-Militärpolitikern, nicht nur von diesen, immer wieder darauf verwiesen, dass wir

a) in den USA einen Verbündeten hätten, dem wir

b) 75 Jahre Frieden verdanken und mit dem wir

c) eine Wertegemeinschaft bilden.

Daraus folge, dass wir uns gegen die möglichen nuklearen Angriffe durch Russland nur wehren können, wenn die NATO Nuklearwaffen der Abschreckung dienen, obwohl im Ernst niemand daran dächte, dass die eine oder die andere Seite solche Waffen offensiv benutzte (aber die Russen eher als der Westen….).

Halbwahrheiten sind oft schlimmer als Lügen, weil schwerer zu widerlegen.

Die Debatte berührt mich aus biographischen und Erfahrungsgründen. a) und b) sind, wenn man die wichtige Zäsur von 1975 nimmt, richtig. Aber insofern nur zum Teil, weil wir im Kalten Krieg natürlich weder die Innenpolitik der USA noch ihre außereuropäische Großmachtpolitik beeinflussen konnten. Mit Innenpolitik hat das insoweit zu tun, als ja vieles an der Demokratie der USA wie ein Leitbild wirkt, anderes aber evident furchtbar war und ist, weshalb c) extrem fragwürdig ist.

Bevor ich mit dieser weltpolitischen Sicht fortfahre, ein kurzer Bericht:

https://www.nybooks.com/daily/2020/04/28/creation-in-confinement-art-in-the-age-of-mass-incarceration/ (20200506)

Creation in Confinement: Art in the Age of Mass Incarceration Nicole R. Fleetwood

“…all contributed to an increase in the US prison population of more than 500 percent since the 1970s. This confluence of circumstances has resulted in the United States’ having the highest rate of incarceration in the world, with almost 2.3 million people in 1,719 state prisons, 102 federal prisons, 1,852 juvenile correctional facilities, 3,163 local jails, and eighty Indian Country jails, as well as in military prisons, immigration detention facilities, civil commitment centers, and state psychiatric hospitals.”

Es ist kein Zufall, dass das in einem Land geschieht, in dem die Freiheiten sich fast immer zugunsten der Reichen, der Waffenträger, der Weißen, und – einer religiös reaktionären Bevölkerungsgruppe ausgelegt werden. Der Widerstand dagegen, gegen den rassistischen Unterton der Rechtsauslegung, ist allerdings bemerkenswert und hat in den USA oft mehr bewirkt als vergleichbar in Europa. ABER nicht wegen c). Die amerikanische Zivilgesellschaft hat sich seit 200 Jahren anders entwickelt als unsere, oft haben wir davon politisch und kulturell profitiert, wie zB. in den 60 er Jahren. Die Werte werden – generalisierend – in Europa in einem anderen, im besten Fall engeren, aber dialektischen Verhältnis von Staat und Gesellschaft ausagiert, während viel Gutes in den USA ohne und gegen den Staat sich gesellschaftlich durchsetzt.

Im Fall von a) und b) war und ist es richtig, sich lieber mit einer defizienten, aber funktionierenden Demokratie zu verbünden als mit einer (post)sozialistischen Diktatur. Da muss man nicht viel mehr sagen, aber: das heißt nicht, dass man jeden Irrsinn, den der pathologisch prekäre und gegnerische US Präsident tut, mitmachen muss, weil man ja durch die NATO mit den USA verbündet ist.

ORF online 5.5.2020:

Die Coronavirus-Krise ist nach Ansicht von US-Präsident Donald Trump schlimmer als die Terroranschläge vom 11. September 2001 und der japanische Angriff auf den US-Stützpunkt Pearl Harbor im Zweiten Weltkrieg. „Das ist wirklich der schlimmste Angriff, den wir jemals hatten“, sagte Trump heute im Weißen Haus über das Coronavirus. „Das ist schlimmer als Pearl Harbor. Das ist schlimmer als das World Trade Center.“

Da spricht das Unbewusste eine Teilwahrheit aus: an Corona in den USA ist Trump mit Schuld…

Was aber a) und b) betrifft, kann man die nukleare Bedrohung von Büchel und Deutschland nicht davon ablösen, dass es eine europäische Verteidigungslösung ohne oder gegen die NATO geben sollte, bevor und wenn man die USA zum Abzug ihrer Waffen bewegen will: sonst landen die auf neuen Stützpunkten in Osteuropa.

Lasst uns weiter über c) diskutieren. Nicht alles, was gut und richtig war, z.B. 1945, muss 75 Jahre später weiter gut und richtig sein, und eine Erweiterung unserer republikanischen Verfassung, unserer Zivilgesellschaft, unserer Demokratie darf und soll gerade keine Revision sein. Hier kann von uns eine Avantgarde gegen die ökonomische Globalisierung erfolgen, nicht aus Bündnisgründen eine globalisierte Verkleinerung unserer Demokratie in Kauf zu nehmen.

Schatten des Unwissens und Blendung

worüber reden wir, wenn nicht über Corona?

Die Feinde der Demokratie und des republikanischen Gesellschaftsziels rücken näher, unabgesprochen oft, aber vereint im Kampf gegen Europa, gegen die Erweiterung der Grundrechte und des Rechtsstaats, gegen die gerechte Verteilung der Güter dieser Welt. Die Panik, ja Hysterie wegen Corona ist ein Fake: von Trump über die Polen und Ungarn bis zu den deutschen Gerichten, Autolobbys und Bürgermeistern nutzen alle den Gesichtsschleier CoVid, um ihre Politiken durchzusetzen. Die Seuchenkurve ist seit Jahrzehnten bekannt, sie wird bei CoVid nicht sehr viel anders sein als bei früheren Epidemien, und es werden viele Menschen sterben. Die Maßnahmen dagegen haben wenig mit der Politik der Verschwörungstheoretiker und der Verschwörer zu tun, die oft biedermännische Brandstifter sind. Aber von der Krankheit wissen wir so gut wie nichts.

Normalität ist eine Supernova, die auch gutwillige Menschen blendet.

Blendender Auftakt zu einem sehr guten Artikel:

„Eine der klügsten und zugleich bescheidensten Bemerkungen über das Damoklesschwert namens Corona stammt von einem Mann, der sich selbst zur „Hochrisiko-Gruppe“ rechnen muss. Auf die Frage, wie er die Krise erlebe, antwortete der Philosoph Jürgen Habermas, der in knapp zwei Monaten 91 Jahre alt wird, auf sokratische Weise: „Eines kann man sagen: So viel Wissen über unser Nichtwissen und über den Zwang, unter Unsicherheit handeln und leben zu müssen, gab es noch nie.“ Wie kaum ein anderer in den unterschiedlichsten Wissenschaften belesen, bekennt sich der Philosoph dazu das zu sein, was wir alle sind: Unwissende….“

(Thomas Schmid: Wenn der Geist versagt. Politik und Intellektuelle in Corona-Zeiten 1.5.2020 Schmid.welt.de).

Es lohnt weiterzulesen. Es lohnt aber auch, dem Unwissen zu folgen auf seinen absurden Spuren. Es ist gemein, wenn ich assoziiere, dass die oben Genannten und viele andere Akteure im Coronazirkus die Unwissenheit, die auch ihre ist, ausnutzen, sie instrumentalisieren. Endlich ist das Gefälle zwischen Eliten und dem sog. Volk der Laien eingeebnet, die einen wissen so wenig wie die andern. Aber fast alle, der bloggende Kritiker eingeschlossen, versuchen sich natürlich, bescheidene Wissensvorsprünge zu nutzen, um sich Gehör zu verschaffen. Es geht aber nicht darum, zu wissen, sondern bloß eine bessere Logik, eine plausiblere Prognose anzuwenden, auf demselben fadenscheinigen empirischen Fundament. Auch das kann politische Absicht sein, kann Überzeugungen und Überredungen untermauern.

*

Wogegen ich mich wehre: gegen den Missbrauch meiner Verhaltensloyalität, die auferlegten Verhaltensweisen ohne Kommentar zu erledigen, und dafür mit unsinnigen, nicht nur Freiheiten, auch Lebensweisen und -perspektiven eingrenzenden Praktiken konfrontiert, d.h. bestraft zu werden, wie zB. das gesamte Grenzregime des Seehofer und seiner Kumpanen in angrenzenden Ländern darstellt. Da fast alle Maßnahmen der Politik mit CoVid begründet werden, wird jede Kritik an der Regierung und an den Partikularinteressen von politischen Akteuren automatisch coronaisiert. Das bedeutet, dass ich mich nicht entziehen kann.

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Die Gewaltenteilung des Rechtsstaats wird durch den aufgeblasenen Ausnahmezustand pervertiert. Und es ist nicht beruhigend, dass sich zwar seit einigen Tagen fast alle alten Verhaltensmuster fröhlich re-etablieren, aber umso dringender das Murren des Volkes, es wolle zur Normalität zurückkehren, mit der Drohung, nichts würde so sein wie vorher, beantwortet wird: obwohl alles den Anschein erwecken muss, es wäre wie vorher (außer der Mundschutzverbreitung, nach wochenlanger Unfähigkeit der Regierung, den zu beschaffen, haben wir jetzt einen Überfluss an prachtvollen Mundnasenschutzfeudeln. Tragen wir ja auch, siehe oben).

Mir geht es ums Unwissen. Ich denke wiederholt, dass es keine Klassen- und Schichtenimmunität der Coronapolitik gibt, mit Ausnahme der  o,x %, die tatsächlich am Virus sterben. Ansonsten geht es zu Lasten der Ärmeren, der Einsamen, der Alleinerziehenden, der Kinder. Wenn Unwissen nur zum aufgewärmten Glauben an die Gebete führt, ist das harmlos, schadet nicht. Wenn es die Verschwörungstheorien befeuert, dann sind bald die Chinesen, oder die Wissenschaftler, und am Ende immer die Juden schuld; das schadet schon. Wenn das Unwissen aber dazu führt, was ich befürchte,  dass die zweite Welle die Antwort auf die populistische Öffnung zur Normalisierung sein wird, dann werde ich nicht schadenfroh sein, weil es damit mehr Menschen schlechter geht als sonst notwendig.

Und wie machen wir dann Politik? Nicht: wie reflektieren wir die Zeit danach?

 

 

 

 

Wogegen ich mich wehre: gegen den Missbrauch meiner Verhaltensloyalität, die auferlegten Verhaltensweisen ohne Kommentar zu erledigen, und dafür mit unsinnigen, nicht nur Freiheiten, auch Lebensweisen und -perspektiven eingrenzenden Praktiken konfrontiert, d.h. bestraft zu werden, wie zB. das gesamte Grenzregime des Seehofer und seiner Kumpanen in angrenzenden Ländern darstellt. Da fast alle Maßnahmen der Politik mit CoVid begründet werden, wird jede Kritik an der Regierung und an den Partikularinteressen von politischen Akteuren automatisch coronaisiert. Das bedeutet, dass ich mich nicht entziehen kann.

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Die Gewaltenteilung des Rechtsstaats wird durch den aufgeblasenen Ausnahmezustand pervertiert. Und es ist nicht beruhigend, dass sich zwar seit einigen Tagen fast alle alten Verhaltensmuster fröhlich re-etablieren, aber umso dringender das Murren des Volkes, es wolle zur Normalität zurückkehren, mit der Drohung, nichts würde so sein wie vorher, beantwortet wird: obwohl alles den Anschein erwecken muss, es wäre wie vorher (außer der Mundschutzverbreitung, nach wochenlanger Unfähigkeit der Regierung, den zu beschaffen, haben wir jetzt einen Überfluss an prachtvollen Mundnasenschutzfeudeln. Tragen wir ja auch, siehe oben).

Mir geht es ums Unwissen. Ich denke wiederholt, dass es keine Klassen- und Schichtenimmunität der Coronapolitik gibt, mit Ausnahme der  o,x %, die tatsächlich am Virus sterben. Ansonsten geht es zu Lasten der Ärmeren, der Einsamen, der Alleinerziehenden, der Kinder. Wenn Unwissen nur zum aufgewärmten Glauben an die Gebete führt, ist das harmlos, schadet nicht. Wenn es die Verschwörungstheorien befeuert, dann sind bald die Chinesen, oder die Wissenschaftler, und am Ende immer die Juden schuld; das schadet schon. Wenn das Unwissen aber dazu führt, was ich befürchte,  dass die zweite Welle die Antwort auf die populistische Öffnung zur Normalisierung sein wird, dann werde ich nicht schadenfroh sein, weil es damit mehr Menschen schlechter geht als sonst notwendig.

Und wie machen wir dann Politik? Nicht: wie reflektieren wir die Zeit danach?

 

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Wogegen ich mich wehre: gegen den Missbrauch meiner Verhaltensloyalität, die auferlegten Verhaltensweisen ohne Kommentar zu erledigen, und dafür mit unsinnigen, nicht nur Freiheiten, auch Lebensweisen und -perspektiven eingrenzenden Praktiken konfrontiert, d.h. bestraft zu werden, wie zB. das gesamte Grenzregime des Seehofer und seiner Kumpanen in angrenzenden Ländern darstellt. Da fast alle Maßnahmen der Politik mit CoVid begründet werden, wird jede Kritik an der Regierung und an den Partikularinteressen von politischen Akteuren automatisch coronaisiert. Das bedeutet, dass ich mich nicht entziehen kann.

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Die Gewaltenteilung des Rechtsstaats wird durch den aufgeblasenen Ausnahmezustand pervertiert. Und es ist nicht beruhigend, dass sich zwar seit einigen Tagen fast alle alten Verhaltensmuster fröhlich re-etablieren, aber umso dringender das Murren des Volkes, es wolle zur Normalität zurückkehren, mit der Drohung, nichts würde so sein wie vorher, beantwortet wird: obwohl alles den Anschein erwecken muss, es wäre wie vorher (außer der Mundschutzverbreitung, nach wochenlanger Unfähigkeit der Regierung, den zu beschaffen, haben wir jetzt einen Überfluss an prachtvollen Mundnasenschutzfeudeln. Tragen wir ja auch, siehe oben).

Mir geht es ums Unwissen. Ich denke wiederholt, dass es keine Klassen- und Schichtenimmunität der Coronapolitik gibt, mit Ausnahme der  o,x %, die tatsächlich am Virus sterben. Ansonsten geht es zu Lasten der Ärmeren, der Einsamen, der Alleinerziehenden, der Kinder. Wenn Unwissen nur zum aufgewärmten Glauben an die Gebete führt, ist das harmlos, schadet nicht. Wenn es die Verschwörungstheorien befeuert, dann sind bald die Chinesen, oder die Wissenschaftler, und am Ende immer die Juden schuld; das schadet schon. Wenn das Unwissen aber dazu führt, was ich befürchte,  dass die zweite Welle die Antwort auf die populistische Öffnung zur Normalisierung sein wird, dann werde ich nicht schadenfroh sein, weil es damit mehr Menschen schlechter geht als sonst notwendig.

Und wie machen wir dann Politik? Nicht: wie reflektieren wir die Zeit danach?