Im Anfang schuf Gott den Himmel und die Erde.
Die Erde aber war Irrsal und Wirrsal.
(Martin Buber, die fünf Bücher der Weisung, I, 1-2)
Das berühmte Tohuwabohu kann man also schön übersetzen, und es macht Sinn, es auf einen Zustand anzuwenden, der eben dieses Irrsal und Wirrsal von Anfang an fortgesetzt sieht. Wenn es schon so begonnen hatte, warum sollte es viel besser werden, mit und ohne Schöpfung? Naja, lange Zeit ist es ja besser geworden, mit Fischen und Vögeln, mit Palmen und Eichenwäldern, und gar mit sogenannten Menschen, die ja auch dem Irrsal entsprungen sind, evolutionär und ohne Rassengesetze.
Das Große Durcheinander (Tohuwabohu) ist eines im Hirn der Mächtigen und derer, die sie anbeten oder unterstützen, damit sie nicht selber denken müssen. Den Eindruck hat man schon in diesen Tagen, aber auch davor (und weil jetzt sofort einer kommt und sagt, so elitär dürfe man über die Armen im Geiste nicht urteilen, die wollen ja geführt werden, dann sage ich spontan: richtig, aber das wollen wir endlich ändern).
Alle tausend Jahre hofften (oder bangten) die Menschen auf den oder vor dem Weltuntergang. Der wurde durch Jahreszahlen und damit verknüpfte Ereignisse anscheinend wahrscheinlicher als in Zwischenräumen, in denen man schreckliche Naturkatastrophen, Seuchen und Börsencrashes leichter verdrängte. (Dass sich Nazis die Bezeichnung „Drittes Reich“ verbeten hatten, nachdem Klügere ihnen gesagt hatten, was es bei Joachim von Fiore bedeutet, sollte uns bei dieser Bezeichnung vorsichtig machen: Sehr verkürzt, deshalb nur von wiki[1], sagt Joachim voraus „Die Geschichte wird in drei Zeitalter gegliedert, welche er mit der Trinität in Verbindung bringt: Die Zeit des Vaters (Altes Testament), des Sohnes (beginnt mit dem Neuen Testament und endet nach seiner Vorhersage 1260) und die des Heiligen Geistes. Dieses dritte, glückliche Zeitalter werde von der intelligentia spiritualis erleuchtet sein und alle Freuden des Himmlischen Jerusalem (Offenbarung 21) bieten.“ Damit haben sich viele mit Recht befasst, nicht zuletzt Ernst Bloch, und die Politik, Theologie und alle Utopielehren müssen sich damit befassen. Und so gibt es eine seltsame Minderheit, die halt meint, dass nach 1260 unser Jahr 2020 kommt…auf ein paar Tage kommt es nicht an.
Lasst die Flüchtlinge im Mittelmeer ersaufen, lasst die großen Dürren und Urwaldholzungen unsere Überlebenschancen noch mehr begrenzen, lasst die Nachtschwärmer sich mit CoVid krönen und anstecken tun sich die Menschlein sowieso mit Sex und Betrug und dem Streben nach Macht und Anerkennung, jetzt, aber jetzt, wo alles zu Ende geht, kommt das Zeitalter des Geistes. Da braucht es unsere Körper nicht, beatmet oder nicht, da denken wir uns glücklich. Die Autoindustrie und die Agrarindustrie und die Börsen gehen voran, ihren Lobbys kann es nicht schnell genug gehen, denn die weniger schriftkundigen Nachfolger Joachims glauben, dass das vorherige Zeitalter schnell und wenn es sein muss, schrecklich, zu Ende gehen muss, bevor wir ins himmlische Jerusalem, oder wenigstens nach Bayern oder Thüringen, stapfen dürfen. Aber wir übersehen dabei nicht, dass man so knapp vor dem Ende den genauen Zeitpunkt leider nicht nach Wahlperioden erzwingen kann. Und dass diejenigen, die heute regieren, ohnehin nicht mehr mitbekommen, wie ihre Enkel in zwei Generationen ersticken werden, bevor der Himmelzuschlag für die Auferstandenen erfolgt (was passiert mit denen, die dort nicht landen? Die bleiben tot, so zumindest sagen es die Schriftkundigen).
Übrigens: noch ist keiner, der im SUV in den Himmel aufgefahren ist, wieder zurückgekommen.
[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Joachim_von_Fiore. Lesenswert. · Ernst Bloch: Zur Originalgeschichte des Dritten Reiches. In: Ernst Bloch: Erbschaft dieser Zeit. Frankfurt am Main 1962, S. 126–145.