Vor 25 Jahren wurde die Jüdische Gemeinde in Oldenburg neu gegründet. Ich war dabei, mitbeteiligt und auch von der Universität aus mit der neuen Gemeinde verbunden. Ich konnte dieser Gemeinde auch „treu“ bleiben, weil die Gemeinden in Berlin und Potsdam nicht wirklich als Alternative anzusehen sind. Ich habe heute anlässlich des Jubiläums eine Rede gehalten. Einige Erklärungen sind sinnvoll und werden am Ende angefügt. Bitte Stören Sie sich nicht an den Namen, die Sie nicht kennen, sie tun außerhalb des Oldenburger Kontexts nichts zur Sache. Die Literatur ist aber wichtig, für mich und zum Nachlesen empfohlen.
Michael Daxner
Von Leo Trepp in die Zukunft
Es gibt keine Kontinuität im Judentum; wir begründen unsere Tradition immer aufs Neue.
Zum 25 jährigen Bestehen der Jüdischen Gemeinde zu Oldenburg
- August 2017
Liebe Gunda Trepp,
lieber Jehuda Wältermann,
Sehr liebe Frau Rabbinerin Alina Treiger.
Meine Herrn Oberbürgermeister Krogmann, Vorsitzender Fürst und Zentralrat Grünberg,
liebe Sarah, lieber Jascha,
werte Mitglieder der Gemeinde, aus der Gründerzeit Oshra und Eduardo, liebe Freunde und Gäste!
1.
Vor 25 Jahren hätte ich eine so lange und prominente Liste nicht aufsagen können, und in Dankbarkeit denke ich an Sara Ruth Schumann, die diese Liste mit sichtlichem Vergnügen auch angesagt hätte. Ich will Ihnen keine Geschichtsstunde halten und keine nachgetragene Laudatio auf Leo Trepp, den ich meinen Freund nennen durfte und den auch in seinem Haus in Kalifornien zu treffen ich gleicher Freude erinnere wie die zahlreichen Begegnungen hier in Oldenburg. Das war zu einer Zeit, als man noch rausgehen und ein Zigarillo rauchen durfte, auch in den USA.
Wir sind hier nicht in der Synagoge, aber die ist nicht weit. Leo Trepp hat zu Anfang seines Hauptwerks[1] ausdrücklich gesagt, dass die Synagoge nie Gotteshaus genannt wird, sondern als Beth Ha-Knesset, Beth Ha-Midrasch, und Beth Am. Versammlung, Lernen und das Volk sind hier vereint (15). Das ist ein wichtiger Hinweis, weil Leo sich nicht nur den religiösen Juden, sondern auch dem nicht-„religiösen“ jüdischen Leben zugewandt hatte: „Nur jüdisches Leben hat die Kraft, künftige Generationen im Judentum zu halten“ (12). Glauben, Wissen und Handeln gehen im Judentum nicht überein.
Was aber jüdisches Leben ist, das war vor 25 Jahren den Gründern der Gemeinde keineswegs einheitlich klar. Eine einzige Überlebende aus der alten Gemeinde, Charlotte Seligmann, stand uns zur Seite. Wir hatten ungefähr 15 verschiedene Pässe, und waren auch nicht sehr viel mehr Personen. Nicht nur unsere Geschichten spiegeln die Vielfalt des Exils, auch die Motivation eine Gemeinde zu gründen. Wir haben uns nicht gegenseitig getestet, ob unsere Motive legitim und halachisch fundiert waren. Jüdisch sein als Intention band uns zusammen.
Keine Anekdoten, die wehmütige Seufzer auslösen: Dazu war die Gründungszeit zu ernst: die Versammlungsräume für Schabbath, mal bei den Evangelen, mal bei den Katholiken; da wusste dann ein Pastor besser, was und wie Juden beten; manche von uns hatten ja wirklich nie jüdisch gebetet. Da war der Dialog auch ein vorsichtiges einander Umkreisen. „Ach Herr Daxner, Sie sind ein Bruder in Israel? Sie sehen gar nicht so aus“ war eine meiner ersten Ansprachen durch den hiesigen Bischof. Aber Sara Ruth Schumann steuerte das Schiff durch die Untiefen der Gründungszeit. Ich verstand mich gut mit ihr, auch wegen einer Vorgeschichte. Schon in Osnabrück wollte ich Jüdische Studien einrichten, aber die Universität dort war noch nicht so weit und ich hatte zu wenig Einfluss. Hier in Oldenburg war die Situation leichter und wir konnten wenigstens einen ersten Schritt in Richtung auf Jüdische Studien machen. Das brachte mich auch nahe an Ignaz Bubis, und die Gemeinde fand durchaus auch in ihm einen Förderer. Bubis unterstützte auch die Vorstellung, dass Jüdische Studien nicht immer und immer wieder bei den Synagogen am Kinnereth zu beginnen hätten; und dass sie, bei aller Unvermeidlichkeit der Shoah, diesen nicht zur zentralen Definition des Jüdischen machen sollten.
Zur Gemeinde gehört eine Rabbinerin. Ich saß in New York am Broadway und hörte die Probepredigt von Bea Wyler. Die wurde dann unsere erste Rabbinerin. Das wäre eine eigene Seminarwoche wert. Zur Gemeinde gehört eine Synagoge. Gehören Verhandlungen mit Landesverband und Stadtgemeinde, gehören Anschlussstellen zur lokalen und zur weiter ausgreifenden Kultur; die Universität war hilfreich, konnte Kontakte und Namen vermitteln, aber das Zentrum der Kraft war die Gemeinde um die beiden Frauen, Sara Ruth und Bea. Und wieder eine Frau, die wunderbare Alina, setzt hier eine starke Grundlage für weitere Entwicklung.
2.
Sie alle wissen, dass es alte, wenn nicht gute Tradition ist, wenn manche jüdische Fromme sagen: in die Synagoge gehe ich täglich beten – und in die dort setze ich keinen Fuß. Für die einen waren wir zu wenig orthodox; für die andern zu konservativ; für wieder andere unverständlich, weil jüdisch sein nicht automatisch heißt, etwas vom Judentum zu wissen. Aber Deutschland machte ja auch Fortschritte, nicht nur was die Aufarbeitung der Vergangenheit betraf. Es gab eine neue Generation, die sich interessierte – aus vielerlei Gründen. Und wann immer Leo Trepp hier war, stellte er einen lebendigen Zusammenhang her zwischen einer jüdischen Geschichte von Oldenburg und einer Vorstellung, wie es weitergehen sollte. Das muss man immer wieder nachlesen, heute und in Zukunft: wie Leo Trepp 1988 zum 50. Jahrestag der Pogrome gemeinsam mit Henry Brandt und mir die Verbindung von Jüdischen Studien, Lernen und Zukunft zusammenfasste: “Jüdische Studien an deutscher Universität“[2] nannte er seinen Text, in dessen Mittelpunkt der Satz steht „Das Judentum gab der Menschheit die Idee der Freiheit“ (39). Darin war er sich mit dem andern Ehrendoktor im Kontext einig, mit Aron Bodenheimer. Dessen Leitsatz war auch für die Gemeinde wichtig: „Teilnehmen und nicht dazugehören“[3] heißt eines seiner wichtigsten Bücher, es beschreibt unseren Stamm nicht nur gleichnishaft in all seinen Situationen durch die letzten Jahrtausende. Der hat uns fast 10 Jahre später, 1996, noch einmal ins Herz der Gemeinde geredet: „Was der Jude weiß. Und was er niemals wissen kann“[4]. Da steht er Leo Trepp ganz nah, wenn er sowohl die Sicherheit des Wissens in den „Maßregeln der Halachah“ ausdeutet als auch das Stehen zur Zerrissenheit von Welt, Gesellschaft und Judentum (63f.). Sowohl in Deutschland, namentlich in Mainz, als auch in den USA, gab Leo Trepp immer wieder Anlass, sich in Widerstand gegen diese Zerrissenheit zu üben, und man könnte sagen, er gehört zum Kreis derer, die ihre Überzeugungen weniger auf Glauben als auf Wissen gegründet haben, und auf die Fähigkeit zur Empathie, die zum jüdischen Leben zusammenführt ohne zu zwingen.
Das sollte die Gemeinde auch mit bestimmen: wir lernten am Anfang Gemeinde. Gemeinde kann man nicht, die muss man lernen. Direkt Anschließen an die Vergangenheit kann niemand; niemals. Aber sich im Leeren neugründen kann auch niemand. Zwischen der Zeit Leo Trepps in Oldenburg 1936 und 1992 lag ja nicht nur die Auslöschung des europäischen Judentums; nicht nur Shoah, weitere Vertreibung, neue Diaspora, der Staatsgründungskrieg Israels und die dauernden Konflikte im ganzen Nahen Osten, dazwischen lag die deutsche Teilung und die Vereinigung der beiden Staaten, der Morgenthauplan, der Kalte Krieg und sein Ende…und in uns lag zeitlich, aber auch persönlich jenes vielfältige Dazwischen, das eine der Grundlagen des aktiven Lebens ist – ich verweise darauf, dass das Dazwischen für Hannah Arendt eine ganz wichtige Kategorie des Handelns im öffentlichen Raum ist, aber auch in den Zwischenräumen von Denksystemen und Beziehungen. Und unsere Gemeinde war ein Konglomerat aus dem sehr vielstimmigen Dazwischen – zwischen unterschiedlichen Herkunftsorten, Familienschicksalen, Generationen, Bedürfnissen. Warum geht einer hier und heute in eine Gemeinde, wenn er schon nicht drin ist? Vielleicht um zu zeigen, dass es heute nicht mehr gefährlich ist, sich jüdisch zu zeigen, vielleicht um deutlich zu machen, dass die jüdische Geschichte Deutschlands auch neu begründet werden muss. Man kann nicht dauernd Heine zitieren und im weiteren Kulturkreis Freud, Kafka Gustav Mahler. Vielleicht, um fortzusetzen, wo es keine Anknüpfung mehr gab, wie bei mir. Die Großeltern waren 1943 ermordet worden. Aber ich bin noch da. Vielleicht auch um die Intention zum Jüdischen zu lernen. Jedenfalls haben wir einen Minimalkompromiss bei den Ritualen gefestigt; wo Konversionen gewollt waren, erfolgten sie schonend – Hillels „Jetzt aber geh hin und lerne“ erfolgte ja auch nach der Goldenen Rege und nicht davor; wir hatten auch Konflikte, damals nicht viele, aber tiefgreifende. Ein Mitglied verließ uns bald, weil wir nicht spirituell genug waren, ein anderes fand in einer orthodoxen Nachbargemeinde eine bessere Umgebung. Wichtig aber war eines: die Gemeinde wollte und konnte dabei sein – und ob wir dazu gehörten, hing davon ab, wie wir dabei waren: zur Stadt gehörten wir, weil wir da waren und uns nicht wegdenken ließen. Wir waren nicht nur am Judengang sichtbar oder beim Denkmal neben der früheren Synagoge. Zur Uni gehörten wir partiell, ein etwas antisemitisch eingestellter Kollege giftete, dass zu den Jüdischen Studien doch auch Christliche treten könnten; dass wir füreinander da waren, zeigte sich spätestens, als viele hunderte von Gemeindemitgliedern aus dem Bereich der früheren Sowjetunion kamen und die Gemeinden sich vergrößerten, anders wurden, das Dazwischen erheblich erweiterten. Delmenhorst wurde gegründet. Ethnische und kulturelle Diversitäten verschieben sich. Nicht nur bei uns: in Berlin leben mittlerweile tausende meist junger Israelis, denen die Freiheiten in Deutschland und die Umgebungskultur angenehmer und anregender erscheinen als im zunehmend autoritären Israel. Damit müssen wir uns auseinandersetzen und das ist gut so: es zeigt, wie sehr die jüdischen Elemente sich im Leben unseres Landes selbst diversifizieren und präsent sind. Und dazu kommt noch eine Erkenntnis: so wie sich die Gemeinden wandeln, so wie die Frage, wer Jude oder Jüdin sei, allmählich in den Hintergrund tritt gegenüber der Frage, warum ein Mensch Jüdisch sein und jüdisch leben möchte, so hat sich auch der Antisemitismus gewandelt, den es noch immer gibt und schon wieder: in den Schulen werden Schimpfworte wie „du Opfer“ und „du Jude“ oft synonym gebraucht. Dagegen kann man nicht mit Gesetzen und Verachtung vorgehen. Das erfordert Politik.
2.
Von den vielen Häusern, die sich in der Synagoge zusammenfinden, ist mir immer das Beth Ha-Midrasch am liebsten gewesen, weil sich im Lernen alles zusammenfindet; die Erinnerung, die Gegenwart und die Zukunft. Wenn unsere Rabbinerin Alina die 25 Jahrfeier als Datum des immer neu ansetzenden Lernens bezeichnet, ist das richtig. Die Erinnerung setzt unsere Geschichte fort, aber eben gegen den Strich jeder Kontinuität, die es im Judentum nie gegeben hat, auch nicht im Gedächtnis der Shoah – was wir heute in Israel und in unseren Gemeinden zwiespältig beobachten können; die Gegenwart wäre sinnarm und leer, könnten wir nicht immer wieder praktisch erproben, was wir unter „jüdisch“ verstehen, manche sprechen vorschnell von einer jüdischen Identität. Eine Identität gibt es schon gar nicht, und die jüdische ist dialektisch, zwischen der Überlieferung und Wirklichkeit unseres Lebens aufgespannt, bis hin zu den formalsten Fragen unserer Textgestaltung. Ich spiele damit auch auf das Apostroph an, mit dem manche das deutsche Wort Gott heiligen wollen. Da lohnt es sich, genauer darüber nachzudenken, woher solche Idolatrie kommt, die wir an anderen kritisieren oder ablehnen; aber das ist nur ein Nebenbeispiel. Gegenwärtige Praxis einer Gemeinde ist immer auf Praxis, auf Praktiken gerichtet, aus denen wir eine oder mehrere unserer Identitäten beziehen, es gibt immer genügend Lebensbereiche, die beim besten Willen nicht unter ein jüdisches Dach gebracht werden können. Wo wir aber die Grenze zwischen dem Privaten und dem Öffentlichen überschreiten, sollte das Jüdische auch denen sichtbar sein, die gar nicht unter diesem Begriff sich wissen. Anders gesagt: wo eine jüdische Gemeinde sich öffentlich äußert, ist sie immer politisch, immer gesellschaftlich, immer sozial. Hannah Arendt hat mehrfach und immer wieder betont, dass „jüdisch“ der Inbegriff von Menschenrechten und Geschichtlichkeit sei. In einer zugegeben sehr schwierigen Schrift „Aufklärung und Judenfrage“[5] von 1932 bindet sie die Gegenwart an Bildung und die ambivalente Geschichte: „Innerhalb einer geschichtlichen Wirklichkeit, innerhalb der europäischen säkularisierten Welt, sind sie, (die Juden, M.D.), gezwungen, sich dieser Welt irgendwie anzupassen, sich zu bilden. Bildung aber ist für sie notwendig all das, was nicht jüdische Welt ist. Da ihnen ihre eigene Vergangenheit entzogen ist, hat die gegenwärtige Wirklichkeit begonnen, ihre Macht zu zeigen. Bildung ist die einzige Möglichkeit, diese Gegenwart zu überstehen“ (124). Das ist vor dem Anbruch der Shoah geschrieben, und in einem Aspekt unmissverständlich deutlich: aus dem Judentum allein heraus können wir unser Jüdisch-Sein nicht verstehen. Arbeit genug für eine Gemeinde, Arbeit genug für unser Jüdisches Studienwerk ELES (Ernst-Ludwig-Ehrlich Studienwerk), Arbeit genug für das Lehrhaus und vor allem für unser tätiges Handeln in der Welt, wo die Erkennbarkeit als jüdische Menschen hinter der Praxis zurücktritt.
Bleibt die Zukunft der Gemeinde. Ganz unter dem Einfluss von Lebensphilosophie und dem Zusammenbruch der alten Zweireiche-Systeme, schreibt Leo Baeck sein „Wesen des Judentums“[6]. Baeck erklärt das Messianische am Judentum als jene Spannung zwischen Hoffnung und Erwartung, die Ernst Bloch umgekehrt als die zwischen Hoffnung und Zuversicht schon zeitgleich und immer wieder aufruft. Bei Baeck ist das „Erlebnis des Erwartens“ an die Sicherheit des Erscheinung des Messias gebunden – und, für uns jetzt wichtiger: „In diesem Messianischen erhält das Gebot die Erfüllung seines Sinnes. Das Gebot, die Aufgabe ist unendlich; eine Aufgabe, die beendet wird, ist keine Aufgabe“ (253). Stimmt es wirklich, wenn er sagt: „Es gibt kein Gebot ohne die Gewißheit, und jede Gewißheit von ihm ist die Gewißheit der Zukunft“ (ebda.)?
Werden wir in zwei, drei Generationen, lange nach unserer begrenzten Zeit, weitergeben können, wovon wir heute sprechen – oder wird der Klimawandel, das Zwei-Grad-Ziel verfehlt? Wird die Dauerhaftigkeit der Abfolge von Generationen von der Unvernunft, Unmenschlichkeit, Engstirnigkeit und Engherzigkeit überholt, die uns zerstören werden? Dies sollte auch in unserer Gemeinde eine zentrale Frage sein, wichtiger als alle Konventionen im Ablauf unserer Gegenwart: wie bringen wir uns in die Praxis des Überlebens ein? Dies mit der Kongregation, der unbehüteten Herde zu verbinden, ist schon eine Aufgabe. Eine andere ist es, den Versuchen der Instrumentalisierung von jüdischem Leben für alle möglichen Zwecke, darunter auch die brisante Nahostpolitik und die vielen Schichten des Antisemitismus in unserem Land. Beth Ha-Midrasch ist hier die Antwort und Beth Am, das gebildete, sich bildende Haus der Menschen, sozusagen die ständige Volks-Hochschule von Ethik und Politik. Wobei Ethik ja nicht nur der Rahmen für das richtige Leben ist, sondern für das gute Leben. Dieses gute Leben ist der Jüdischen Gemeinde zu Oldenburg und Ihnen allen, uns allen zu wünschen!
[1] Leo Trepp: The Complete Book of Jewish Observance. Behrman , New York 1980
[2] Henry G. Brandt, Michael Daxner, Leo Trepp: Dem Vergessen entgegentreten. Oldenburger Universitätsreden 25, 1989.
[3] Aron Ronald Bodenheimer: Teilnehmen und nicht dazugehören. ImWaldgut, Wald 1985
[4] Rolf Rentorff und Aron R. Bodenheimer: Jüdische Studien an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg. Oldenburger Universitätsreden 84, 1996
[5] Hannah Arendt: Aufklärung und Judenfrage. Zeitschrift für die Geschichte der Juden in Deutschland, Jg. 4, Nr. 2/3, Berlin 1932. Den religiösen Fokus hat Leo Trepp in der Einleitung und im ersten, auch der Synagoge gewidmeten Kapitel seines Buches, fast absolut gesetzt: Leo Trepp, a.a.O., xi-xiv und Kap.2, 13-15. Den andern Aspekt trifft dieser Fokus gerade dort, wo die Synagoge nicht als das Haus Gottes dasteht: Es ist der Ort der Reflexion über das Wissen. Fragen wir uns täglich, woher wir wissen, was wir wissen oder zu wissen meinen.
[6] Leo Baeck: Das Wesen des Judentums. 4. Auflage 1925. Nachdruck: Wiesbaden 1991 (Fourier).
ANMERKUNGEN.
ich mache selten von meinem jüdischen Segment Gebrauch. Aber manchmal, wie im Blog „Jüdischer Einspruch“ ist es notwendig. Nicht um sich zu „outen“ oder in bestimmter Weise als jüdisch wahrgenommen zu werden. Sondern um deutlich und klar zu machen, was Religion und jüdische Gemeinden jenseits aller individuellen Überzteugungen, zur Ordnung und Lebernspraxis unserer Gesellschaft beitragen können. Ich hätte nie Mitglied einer Gemeinde werden müssen. Ich hätte immer meine Herkunft politisch und kultiurell so verarbeiten können wie viele säkulare Stammesmitglieder auch. Aber ich wollte es, und einen der Gründe nenne ich im Vortrag. Hätten meine Großeltern überlebt, dann wäre mein Leben ein ganz anderes gewesen, wenn es überhaupt zustande gekommen wäre. Nun ist ja die Normalität der unvollkommenen, streitenden und produktiven Gemeinden nicht nur ein Zeichen für ein wenig Normalität des jüdischen Lebens im deutschen, österreichischen usw. , ironisch, aber nicht nur, des richtigen Lebens im falschen. Ich hatte mich in meinem Buch „Antisemitismus macht Juden“ (2006) ausführlich damit auseinander gesetzt, und jetzt, 10 Jahre später, bin ich in der Tat etwas ruhiger, dass es solche Gemeinden gibt wie die in Oldenburg. Die Probleme bleiben.