Unbequemer Sommer

Es wird heiß, es ist teilweise trocken oder ganz nass, man hält sich zurück. Was hat das Klima mit den Einfamilienhütten zu tun, mit dem Streit in der Ampel, mit dem genussvollen Nichtstun der Opposition? Mit dem Krieg der Russen gegen die Ukraine und gegen Europa? Mit der Reaktion des Westens, der längst mehrere Westen ist, auf diesen und andere Kriege?

Das Klima ist kein Joker, auch kein Joke, es trifft ja nur unsere Kinder und Enkel…Es hat schon viele Geflüchtete getroffen, die jetzt in die Faeserlager vor den EU Grenzen kommen, angeblich nicht unmenschlich, aber strikt. Was flüchten die Deppen auch vor ihrem Tod, komme er durch Diktatoren, Hunger oder – eben das Klima?

Es herrscht böses politisches Klima.

Da ich seit langem die Begriffe Nazi und faschistisch – nicht identisch! – verwende, wo die höflichen Sanftsprecher noch rechtsnational, ultrakonservativ oder extrem religiös sagen. Und das beibehalte, wiewohl gerade ich, und in diesem Blog, immer für mäßige Sprechformen eintrete, gerade gemäßigt als Teil der zivilisierten Landeshälfte. (Reichshälfte kann man zu Recht nicht sagen, aber da fangen die Probleme nicht erst an).

ABER: was man als wahr und richtig erachtet, erfordert keinen schönen Rahmen. Die Kritik am Ornament als Appeaser ist nicht neu, und nicht nur in der Kunstgeschichte oder Rhetorik (wo es passt, soll es das Bild einrahmen, das ist gar nicht so trivial).

Ich verwende die beiden Begriffe bewusst und belegbar. Europa, nicht nur Europa, steuert eine faschistische Korrektur der Mitte an, eine Mitnahme faschistischer Elemente in ihren teils noch funktionierenden, teils bereits sich auflösenden Demokratien. Man geht nach wie vor einigermaßen diplomatisch, gemäßigt miteinander um, sozusagen den Dogmen der Verfassungen, der demokratischen und vor allem republikanischen Staatstugenden verpflichtet und auf die Zivilgesellschaft hoffend. Und es ist ja noch nicht 1933. Und das NOCH bedeutet nicht Wiederholung oder Gleichklang, sondern der neue Schlauch füllt sich nicht nur mit altem Wein. Aber es sagen ja alle: Antisemitismus ist ubiquitär, nicht gleichgeblieben, sondern wuchernd; das Volk traut der Regierung nicht und ihr nichts zu, und die Opposition bleibt glaubwürdig leer, glaubwürdig, sie muss ja nicht regieren, und Kritik muss keine Tugend sein, wenn sie keinen Inhalt hat.

Damit meine ich nicht nur die fatale Zwangslage für die Geflüchteten. Dass es besser sei, die schlechte Variante zu wählen als mit besseren Vorschlägen den Faschisten in Ungarn und Polen und… ihre Politik zu lassen und selbst noch nicht einmal eine Außengrenze zu haben. Ja, das kann man isoliert so beschreiben, wie es Annalena Baerbock getan hat. Aber das ist ja kein Einzelfall der tektonischen Rechtsverschiebung in Europa. Schweden liefert Menschen an den Diktator und Faschisten Erdögan aus, per Gerichtsbeschluss, dafür darf es zu Erdögan in die NATO. Halt, auch zu uns.

Nun gibt es aber, das mag meine Leserinnen beruhigen, eine mindestens doppelte Wahrheit. Wir müssen, sollen, können auch mit faschistischen und faschistoiden Regimen gemeinsam die Ukraine unterstützen, und das ist nur das nächstliegende Beispiel. Und wir müssen, können, sollen, die faschistischen und faschistoiden Entwicklungen in Europa, gar global, bekämpfen, und zwar nicht nur rhetorisch.

Jetzt wird es heikel, und vor allem schwierig. Die Wortwahl Hubert Aiwangers und das Geblödel von Söder vor den applaudierenden Massen in Bayern wird zwar von der seriösen Presse zurecht kritisiert, aber der Pöbel freut sich über den Auftritt. Aiwanger mobilisiert den Demokratieschrott gegen die Demokratie, nicht unähnlich der deutschnationalen Wortwahl vor 1933, bis hin zu 1933. Noch kann man das als Marotte abtun. Ist auch hinreichned krisiert, weil NOCH nicht wirklich massenhaft. Vielzählig genug.

Auf größerer Ebene wirds analog heikel. Natürlich sagen auch Nazis und Faschisten nicht nur bisweilen etwas richtiges. Nicht alles Richtige ist auch wahr. Darum geht es auch. Können wir diese Ambivalenzen aushalten, sie wenigstens jenseits der Realpolitik zu Kompromissen verarbeiten, die uns noch eine richtige Zukunft erlauben? Viel von dieser Frage wird vom grinsenden Pöbel an den wirklichen Konflikten innerhalb der Grünen Partei beobachtet, und die andern Parteien putzen sich, Kanzler und Finanzminister im realpolitischen Tänzchen. Merke: „In Gefahr und größter Not bringt der Mittelweg den Tod“ (Friedrich von Logau, späterAlexander Kluge). Der Kompromiss ist kein Mittelweg, da hat Baerbock recht. Aber es gibt auch Grenzen für den Kompromiss. Nein, kein „Aber“, es gibt diese Grenzen. Sie überschreiten sollte nur, wer weiß, was er jenseits der sicheren realpolitischen Zone praktisch und politisch tun wird, kann, kurzfristig…es gibt keine Warteräume in den Aufnahmelagern. Es gibt auch keine Warteräume im Widerstand gegen den antidemokratischen Gärprozess in deutschen Pöbelinseln. Nicht die Basis ist die bessere demokratische Rahmung von Politik, sowenig wie die Regierung. DAZU haben wir eine entwickelte und in der Verfassung und der Realität funktionierende Demokratie, gewählt bitte, nicht empfangen. Basis muss, kann gehört, befragt werden. Aber wenn nicht gegen die Basis entscheiden werden darf, ist Demokratie nicht verstanden.

Zum Trost: lest nach den Unterschied zwischen Goldenem und Silbernem Zeitalter bei Ovid, und warum man im Gold keinen Staat braucht.

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