Heilige Verlogenheit

Wenn die frommen Bayern auf den armen Deutschen herumhacken, wenn die gläubigen Gesamtdeutschen hinter jedem Andersbetenden einen Terroristen vermuten, wenn es zwar hunderttausende unbesetzter Lehrstellen gibt, unsere Politik aber Ausländer schon an der Grenze vertreibt…dann regt sich neben allen Varianten des Widerstands auch das Gefühl der Ohnmacht: hat sich wirklich so wenig geändert, dass Religion und/oder Verlogenheit die Denkraster der Menschen verkleben.

Und natürlich haben die Profiteure dieser Politik an diesen Verklebungen noch mehr Interesse als an einzelnen Handlungen. Ich sage „natürlich“, denn die Evolution ist ja noch nicht zu Ende, und der homo sapiens bremst seine eigene Entwicklung gehörig aus.

Es sind ja nicht nur die Neoliberalen – Beton, PS, Profite – die sich herausnehmen, ihre Freiheiten als die Freiheiten der Gesellschaft darzustellen. Fast in allen bürgerlichen Parteien ist das zu spüren, und die rechten und linken Neonazis (AfD und BSW) machen das ja sowieso. Nur denken die alle natürlich nicht an Evolution, ja, noch nicht einmal zwei Generationen voraus, sie wollen die Gegenwart bis zu ihrem Verblassen noch ausschöpfen, und das verklebte Gesellschaftshirn scheint es nicht einmal zu merken.

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Wir werden die Fortschritte der Evolution, wenn überhaupt, nicht mehr erleben, wenn die Gattung überlebt, wonach es ohnedies nicht aussieht – Erderwärmung, Krieg und so weiter… habt Ihr ja immer wieder gelesen. Aber ich wende mich dem zu, was man schwer fassen kann. JETZT, schon vorbei. Jedes Jetzt. Die Politiker und ihre Untertanen sind im Urlaub. Mit Untertanen meine ich nicht euch, die Bürgerinnen und Bürger, sondern die Propagandisten der Gegenwart, die das Jetzt in eine schlechte Unendlichkeit ausdehnen. Nur nicht handeln, nur nicht anstrengen, nur keinen Widerstand provozieren oder ihm gar entgegentreten. Das ist nicht abstrakt. Das ist eher so zwischen CSU und religiöser Moral.

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Und dann schaue ich in den dunklen Himmel, der mir den Sonnenuntergang erspart, ich warte auf den Regen, der nicht kommt, und verdränge die Zeitraffer der umfänglichen Krisen, die immer sagen, was sie JETZT NICHT können, aber wenn das vorbei ist, können werden, oder auch einmal gekonnt haben und wieder herstellen wollen. Ich schaue in die Wolken, die sich trocken heranschieben, und habe keine politischen Assoziationen oder moralischen Auswüchse. Wer weiß, wie lange so ein ausgedehnter Sommertag noch dauert, bevor die Wirklichkeit wieder eintritt? Hat bis Morgen Zeit, aber nicht länger.

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