Das Recht und die Politik

Nach dem Spruch des Bundesverwaltungsgerichts über die vorläufige Freigabe des Journals Compact wird das Ergebnis allgemein gelobt, in den Medien, bei der Opposition, bei den Rechtsradikalen der AfD, allgemein…

Die Überhöhung der Bedeutung der Justiz über die demokratischen Freiheitsrechte und Verfahren erscheint ja mustergültig. Natürlich jubelt die AfD, jubelt Elsässer, ärgert sich Nancy Faeser über ihre Taktik und Oberflächlichkeit. Man muss hier mehr als die Verfassung bemühen, um die Wahlkampfhilfe der Richter für die Neonazis richtig einzuordnen. Nehmen wir an, der Spruch wäre von der ersten bis zur letzten Zeile juristisch richtig und ausgewogen, abgewogen. Nehmen wir an, er wäre „mustergültig“. Dann ist zu fragen, warum er trotzdem den Neonazis hilft und – entgegen den meisten Kommentaren – nicht wirklich der Meinungsfreiheit eine Grundlage gibt.

Dabei ist wichtig, dass das das Rechtssystem nicht einfach auf die anderen Systeme der Demokratie übertragbar ist, wie auch umgekehrt. Diese Systeme haben eine jeweils eigene Logik, und die muss in der Realität überbrückt und hergestellt werden. Das ist jedenfalls bei einem derartigen Eilantrag nicht geschehen, war wahrscheinlich auch nicht möglich, und so weit denken können die AfDler schon.

Mehrfach haben unsere Oberstgerichte der Demokratie Wunden zugefügt, so bei der Schuldenbremse und auch jetzt, hier und heute, mit Unterstützung der AfD die Toleranz der Bürgerinnen und Bürger herausgefordert.

Ein Beispiel, bitte nicht wegschauen. Erschiene der Völkische Beobachter in diesen Tagen, könnte ein Gericht sagen, da sei ja NICHT NUR FASCHISTISCHER TEXT drin, sondern auch harmlose, vertretbare Mitteilungen, sozusagen auf dem ideologischen Niveau der Wetterberichte und Unfallreportagen. Darf man dann so eine Zeitung verbieten?

Es ist schwer abzusehen, ob der Gerichtsbeschluss noch weitere Prozentpunkte bei den nächsten Wahlen den Neonazis in die Urne bringt. Schwieriger noch ist zu argumentieren, wie der Beschluss hätte lauten können ohne die fatalen Folgen und Übergriffe in die Politik. Klar, meine Schwäche, ich bin kein Jurist. Aber eben deshalb verstehe ich die Lobeshymnen auf den Beschluss nicht. Denn die Meinungsfreiheit wird ja nicht wirklich dadurch unterstützt, nur die Freiheit für die Rechtsradikalen, ihre Meinung auf die gleiche Ebene stellen zu dürfen wie es die Demokratie vorsieht.

Man kann auch Voltaire dazu lesen, und seither viele Stimmen. Warum ich gestern immer an Gumbel und seine Analysen denken musste. Das könnt ihr nachprüfen.

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