1.
Meinen politischen Analysen stimmen nicht nur FreundInnen aufmerksam, man nimmt sie wenigstens ernst, und man versteht, warum ich vieles begründet NICHT in die Blogs einsetze. Dazu später. Es kommt auch Kritik, wie ich sie nenne: ungelenk, an meiner Beschreibung des deutschen, europäischen, globalen Faschismus, und der Grundthese, dass man Faschismus nicht als das kleiner Übel gemessen an den Nazis bezeichnen soll, sondern dass die Nazis nach 1933 eine besondere, noch aggressivere Sonderspielart des Faschismus waren. Meine zweite These hat sich bei einem genaueren Studium der Geschichte des Baltikums und teilweise Balkans erhärtet, dass beide – Nazis und Stalinisten – die gleichen Wurzeln und Strukturen, wenn auch verschiedene Ausformungen und Oberflächen haben.
Jetzt kommt die Kritik, und die will nicht, dass man Meloni oder Wilders oder Orban miteinander vergleicht und alle drei und noch einige mehr als faschistisch kennzeichnet. Ich bleibe dabei. Und in Deutschland bestehe ich darauf, dass AfD und BSW zwei Spielarten derselben faschistischen Struktur sind.
Und so schwierig und sperrig Lösungsvorschläge für die Demokratie und ihre ExponentInnen sind, so einfach wäre es – gegenwärtig, übergangsweise – sich nicht von den Faschisten vor sich hertreiben zu lassen und uns abgrenzend von ihnen abzusetzen.
2.
Ein guter Bekannter, konservativer als ich, aber mit genauem Hinblick, fasst nach einer Analyse zusammen: „Der Wahlausgang in der Ex-DDR ist kein Menetekel, sondern ein Weckruf. Dennoch dräut nicht Faschismus 2.0. Wenn aber die Etablierten dem gemeinen Volk nicht «Wir haben euch verstanden» signalisieren, wird der linksrechte Opfermythos weiterwuchern. Der gesegnete Westen wird sich sputen müssen, um das Gespenst zu verjagen.“ (Josef Joffe, 4.9.24, NZZ). Die Analyse ist etwas schärfer als ihre alltäglichen Varianten. Aber eigentlich nicht neu. Spannend ist Joffe, wo er den Faschismus beiseite schiebt, um den Populismus in seiner neuen Variante, voll Abstiegsangst und scheinbarer Elitenablehnung hervorzuheben mit genau den Beschreibungen, die man auf Faschismus auch anwenden kann – und er will uns, ja was? beruhigen, vielleicht nur „erden“, um konkreter von den Vorurteilen oder Missachtungen abzusehen, die zum Aufstieg der Faschisten ja geradezu einladen. Das geht, aber es führt nicht wirklich weiter, weil er die Demokratie nicht in der aktionsbezogenen Struktur beschreibt, die er für die AfD und BSW übrig hat. Aber sich mit dem Opfermythos befassen, das ist richtig bei Joffe angemeldet.
3.
Also: wie geht es weiter? Man könnte sich auf drei Praktiken einigen, die bei allen Differenzen in Programm und Weltanschauung eingehalten und durchgeführt werden:
- Überall, wo die Faschisten, also AfD und BSW, Mehrheiten verhindern, bilden ALLE demokratischen Parteien, auch wenn es knirscht und knarrt, Minderheitsregierungen oder, wenn Mehrheiten da sind, dann praktizieren sie sie. Wenn nötig, mit Fachleuten, die nicht aus dem Parteienspektrum kommen, und immer mit einem Anteil der jeweiligen Parteijugenden. Die Konzentration auf die RentnerInnen ist aus vielen Gründen falsch, außer, dass endlich eine Rentenreform von den lächerlichen 48% auf 60% mindestens gehen soll, Vorbild Österreich.
- Migration, Asyl, etc. IST KEIN THEMA, sondern eine Praxis, die im Prinzip ALLEN MIGRANTINNEN entweder sofort eine Arbeitsstelle gibt oder berufsausbildende und sprachbildende Programme verbindlich macht.
- Statt der Schuldenbremse wird eine innovationsträchtige Investitionspolitik getätigt, hier ganz klar im Sinne der Grünen.
Nun kann man sagen, das ginge mit der FDP nicht – richtig, aber meist ist sie ohnedies verschwunden oder mit dem Sportwagen im Luxus unterwegs, aber, siehe Pkt. 1, man wird sie wohl einfangen müssen, sonst agiert sie wie frühere Liberale (nicht alle, nie alle) als Steigbügelhalter der Faschisten.
Und in den Diskursen: ändert das Gedanken- und Kommunikationsschema. Die Faschisten müssen nicht bei jede4m Thema vorkommen, sie müssen nicht in Talkshows und im Rundfunk präsent sein, es gibt keine Demokratie, die den Faschisten nur deshalb gleiche Rechte mit uns gibt, weil sie noch nicht verboten sind. Hierzu für die Gerichte: auch wenn das Recht und die Rechtsprechung oft konservativ sind, das Recht steht nicht ÜBER der Politik, wie in einigen der letzten Urteile deutlich. Die Wechselwirkung muss sich verbessern, das gehört auch zu den Aufgaben der weiteren Demokratisierung.
Und ein Letztes: Natürlich sind religiös unterfütterte Rechtsradikalismen vor allem auf die drei monotheistischen Religionen, aber eigentlich auf alle zu beziehen. Rücksicht auf Demokratie hat Vorrang vor der Rücksicht auf Glauben und Ritus.
FORTSETZUNG FOLGT IN 2-3 TAGEN