Rechtes Wetter

Ein paar Tage in Österreich. Auch nicht demokratischer als die BRD. Die Rechten betreiben das Feld, die Industriellenvereinigung verbindet die ÖVP mit der FPÖ und überhaupt ist rechts-außen auch noch neben der FPÖ im Geistesgelände, in der Justiz, in den Medien…Natürlich, wie in Deutschland, NICHT NUR, aber eben schon massiv.

Menschen diskutieren hier wie da, wohin sie denn auswandern wollen und können, wenn die Rechten weiter an Terrain gewinnen. Für uns Juden ist Israel zur Zeit keine Option, ganz im Gegenteil, von dort setzen sich Menschen und auch die Wirtschaft ab, in demokratischere und sicherere Länder. Zurück nach Österreich, zurück aus Deutschland, demnächst nach Italien. Faschismus ist kein Schmäh, auch kein Schmähbegriff. Die meisten wissen nicht einmal, was ihn hauptsächlich von anderen Diktaturen und autoritären Systemen unterscheidet. Mir kommt einerseits die braune Geschichte meiner Heimat hoch, die nur ein anderes Braun als das deutsche hat, aber eben braun, und die Vergleiche des – sagen wir: im Ziel – unterschiedlichen Rot sind auch nicht ermutigend, weder früher noch heute.

Dürfte ich Vergangenheit wählen, dann sofort Wien, aber nicht einfach Österreich. Was ja nicht geht. Aber doch. Auch kosmopolitisch gibt es bessere und weniger gute Gegenden in der Welt.

Der Regen deprimiert, und deshalb sind die Aus- und Einblicke in die hoffnungsvollen Antifaschismen und Zukunftspolitiken auch noch durch Wasserschleier und Nebel getrübt, wenn die einmal weggehen, dann sieht man den Schnee auf tausend Meter Höhe, wenn der schmilzt, steigt des Wasser der Flüsse noch einmal. Zugleich Erinnerungen an frühere Hochwasser, in den Alpen nicht so selten, aber in Extremfällen schon absurd mächtig. Als die Traun und der doch große Traunsee über die Ufer getreten ist, war das schon „etwas“, das man sich wegwünschte, aber in Erinnerung behalten mochte. Absurd. und die Wassermassen betreiben eine politische Phantasie jenseits der düsteren politischen Ausblicke, der Wechsel von rabiater Trockenheit und Hochwasser als Wetteraussicht für die nächste Zukunft ist ja auch nicht gerade ermutigend. Es schneit noch weiter herunter, ich erinnere frühere Bergwanderungen, die durch den Schnee niedriger gehalten wurden, und wenn der Nebel sich auflöste, wenigstens schöne Ausblicke geboten hatten – jetzt nicht zu erwarten. Eher die Frage, ob morgen Züge und Busse fahren können…das war früher kein so belastendes Thema, eher eine Ausnahmesituation, die sich heute als zunehmend „normal“ erweist. Das so genannte „Volk“ läuft vor der Grünen Politik davon in die Hände der Faschisten, weil ihnen unheimlich ist, wie sie ihr so genanntes eigens Leben umstellen müssen, um sich vor der Grünen Politik nicht fürchten zu müssen, sondern sie anzunehmen. Statt Umweltschutz suchen sie Schutz vor Verantwortung, Schutz vor der Umwelt, was zwar ihr Leben und das ihrer Nachkommen beschränkt, aber sie nicht auffordert, selbst zu denken und zu handeln. Jetzt bin ich schon wieder beim Thema, dabei wollte ich ja nur in den Regen hinausschauen, das kann, könnte, ja auch beruhigen. Es gelingt, der Faschismus dringt in die Poren des Alltags. Was übrigens typisch für seine Geschichte ist. Demokratie hat andere Zeitmaße als Faschismen.

Zurück zum Regen. In den Regen. Als wir in einer kurzen Regenpause durch die Vorstadtwiesen gewandert sind, konnte man die Berge gar nicht sehen. Jetzt, im Regen, heben sich die Nebel an den Hängen und man sieht wie tief herunter es schneit. Auch hier Erinnerungen an das Erlebnis erster Schneefälle, im Herbst, man wusste, dieser Schnee bleibt nicht liegen, Erlebnis war, wenn man durch udn durch nass und kalt geworden war und die Aussicht auf wärmende Trockenheit real war – ich erinnere auch Tage und Ereignisse, wo es diese Aussicht nicht gegeben hatte, man kalt und nass geblieben war, aber immerhin: das Vorübergehende war eine Tröstung. Und die fehlt jetzt, heute, beim Wetter und in der Politik. Die Faschisten gehen nicht an uns vorüber, sie wollen uns eher einfangen oder einhegen. Die Geschichte(n) dazu sind zahlreich und genau, sie werden immer nur ergänzend, aber F bleibt flexibel. Das ist besonders schlimme für mich, dass diese Flexibilität für viele, auch die ich kenne, ein Einfalltor des Arrangements mit dem F ist, weil er über lange Inkubationszeit für einen selbst ja „nicht so schlimm“ ist – wie für, ja für wen? für LGBTQ, für MigrantInnen, für Kritik. Das vor allem. Hört auf, alles zu kritisieren, sagen sie und wollen die dunklen Nischen, in denen sie auch schon herrschen, ausblenden aus der Auswahl, die unser Gehirn dauernd vornimmt. Man kann nicht alles zugleich kritisieren“. Ja, so.

Und dann fürchte ich, dass man den Fehler wieder wiederholt, den man bei allen autoritären oder auch nur Fehlgeleiteten macht. Man erklärt sie für dumm. Trump ist ein Verbrecher und Verführer, aber nicht dumm. Putin, Orban, Erdögan…sind nicht dumm. Sie haben Beschränkungen, und bei den kleineren Faschisten verführt uns das zu Leichtfertigkeit in der Kritik und Abwehr. Faschismus braucht keine Konfrontation, um an die Macht zu kommen. Wenn Demokratie sich auf Wahlenreduziert, können echte Menschen den Faschismus sogar wählen, wie in der Türkei, Israel oder Ungarn oder … BEI UNS. schaut nicht nur woanders hin, schaut euch hier um.

Der Regen gibt eine Pause zum Nachdenken. Welchen Weg in diese enge Gasse haben wir zurückgelegt, sie ist noch keine Sackgasse, oder? Der Regen hört nicht auf. Regt euch auf.


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