Faschismus in Europa, Diskurse pervers

Was sich gestern im deutschen Bundestag abgespielt hat, ist eine perverse Ironie der Politik von 1932. Die Faschisten werden hoffähig, die FDP macht das alles mit, wie die Liberalen 1932/3 und die CDU/CSU beweist, wie schwach das sog. christliche Bewusstsein die faschistische Realität ablehnt: im Wahlkampf gar nicht.

Derweil vollzieht sich in Österreich eine enge Umklammerung der Nazi-dominierten FPÖ mit dem austrofaschistischen Flügel der ÖVP (Wenn manche sagen, soweit sei es ja noch gar nicht: schaut in die Bundesländer, schaut, was Kickl von sich gibt, schaut in die Geschichte). Das lesen wir auch in Deutswchland: Handelsblatt 29.1.: Meret Baumann: Österreich: NS-Rhetorik – FPÖ-Chef rückt die Partei noch weiter nach rechts.

Derweil ist in der EU die Kommission mit einem mächtigen italofaschistischen Stv. Vorsitzenden (Raffaele Fitto) vieles nach rechts gerückt, und man kann gespannt sein, was Magnus Brunner (Österreich, EVP) im wichtigen Innenressort tatsächlich macht.

Es hat wenig Sinn, die durchaus ungleichmäßige Verteilung und die ebenso ungleichen direkten Auswirkungen der Ausbreitung einer faschistischen Politik auseinanderzunehmen oder taktisch zusammenzusetzen. Diese Wirklichkeit bestimmt die programmatischen Wahrheiten nationaler, europäischer, globaler (USA!) Faschisierung. Das macht es notwendig, sich gegen mehr als einen diktatorischen Gegner (Putin, Xi) zu wenden, und jeweils angemessene Gegnerschaft auch zu praktizieren. Auch Trump regiert mit der Angst seiner Unterworfenen und nicht nur mit wirtschaftlichem Druck.

Das wisst ihr alle, und ihr wisst auch, warum ich hier keine Analysen vorstelle. Aber nach dem gestrigen Debakel der parlamentarischen „Demokratie“ im CDUCSUFDP-Sinn ist es auch wieder wichtig, die demokratische Opposition gegen dieses Schmierentheater stärker zu beachten als die Vorboten der Faschisierung in den Kernzellen der Demokratie. Heute liest man überall: „Morgen stimmt das deutsche Parlament über einen Gesetzesentwurf der Union ab. Er enthält konkrete Regeln zur Eindämmung der Migration. Neben der AfD signalisierten bereits die FDP und das BSW Zustimmung. “ (https://orf.at/#/stories/3383410/). Mir fällt auf, dass ich die linksfaschistische BSW gar nicht mehr erwähne, obwohl sie mit FDP und AfD ja die Abbruchlinie der Demokratie bedeutet…HIER muss die Kritik der Demokratie mit Genauigkeit ansetzen. Die Diskussion um die Abstimmung am 31.1. zum CDUCSU Antrag gegen die Flüchtlinge wird viel aufzeigen, was wir wissen, aber schwer ertragen können.

Lasst euch nicht entmutigen. Die Verhöhnung des Parlamentarismus durch einige Fraktionen im Bundestag ist nicht das letzte Gefecht, es ist im Wortsinn ein Manöver. Was ist der Politik zuzumuten? Wenn ausgerechnet die Vorfälle in Aschaffenburg, Halle usw. hochgespielt werden, wird damit zugleich die Masse der DEUTSCHEN Verbrechen in den Schatten gerückt. Darüber redet nicht nur Merz nicht, das verdrängen sie fast all, weil man ja die Stimmung im sog. Volk aufgreifen will – Ihr wisst, wohin die unter Druck meist tendiert: zum autoritären Führergehorsam, damit man als Individuum nur ja keine Verantwortung übernehmen muss.

Aber wie ist das mit der individuellen Verantwortung? Wo sind da die Richtlinien und Leitplanken? Die Programme, auch der besten Demokraten, nützen hier weniger, nicht: nicht, aber weniger, als Praxis, und zu der gehört Kommunikation. Manchmal ist es seltsam einfach, es braucht Mut zur Zustimmung und Mut zum Widerspruch. Dann wieder ganz schwierig, wie etwa in Umwelt- und Sicherheitsfragen. Aber was die Migration betrifft, ist es dann nicht so schwierig, wenn sich die Kritik an CDUCSUFDPAFD daran entwickelt, dass Migration wie eine Ware behandelt wird, und Empathie für die Ärmsten der Armen, die Vertriebenen und Verlassenen, einfach ausgeblendet wird. Empathie ist nicht Politik, aber sie kann sie steuern. Kein Familiennachzug als Mittel der ausländerfeindlichen Politik – nur weil die Familienpolitik der regierenden bürgerlichen Parteien ein labiles Gerüst ist? Keine ärztliche Behandlung für Asylsuchende – lasst sie doch sterben, das ist billiger als sie heimzubringen…naja, man muss nicht die Extreme herbeirufen, es ginge auch einfacher. Aber das kann man, und wir können dabei mitmachen.

Abstiegshorror im Gletscherschwund

Manche Menschen, die Meisten, sind eifrig und erfolgreich dabei, auf dem Weg zum Gipfel schnell und konsequent aufzutreten. Wenn dann nur nicht der Abstieg wäre. Knie, Gleichgewicht, der Blick in die Tiefe, und man stolpert so leicht und kann sich nicht richtig halten…

Das ist nun in Grenzen ein Gleichnis für die von der Politik losgelöste Wirtschaftspolitik. Aber über die will ich gar nicht schreiben, das machen schon die Wirtschaftsverbände deutlich, die um ihre Dividende fürchten. Ich bleibe erstmal beim Berg.

So hat sich der Anblick der gleichen Stelle in den Alpen verändert, und abgesehen vom verschwundenen Schnee rollen jetzt die Steine und brechen die Felsen aus der Wand. Das macht Auf- und Absteigen gleichermaßen gefährlich.

Diese alpine Wirklichkeit ist keine Metapher. Wir erleben sie, wir können Klimadiskussionen und die Grenzen der Anpassung diskutieren, und dagegen können wir als Einzelne nichts machen, auch nicht in unserer Generation als Umweltschützer.

*

Aber wie geht es weiter? das fragen ja nicht nur die Naturbeobachter, das fragen sich die Wirtschafts- und Sozial- und Kulturkritiker, und der Gletscherschwund ist gar keine so schlechte Metapher für diese Fragen. Lasst uns über das Weitergehen nachdenken, nicht wir gehen weiter, ES geht weiter und wir werden mitgenommen, herumgewirbelt oder zurückgelassen. ES, da wird geforscht, da werden weiße Plastikfolien über Gletscherteile gebreitet (https://www.vdi-nachrichten.com/technik/umwelt/abdeckung-fuer-gletscher-oekonomisch-plausibel-klimatologisch-sinnlos/)(2022), und man hält eben durch, solange es geht, nach uns wird ohnedies nichts mehr zu machen sein. Mit uns auch nicht.

Der Satiriker sagt jetzt, mit den Gletscher verschwinden auch die Gletscherspalten, da fällt niemand mehr hinein.

Mit dem Absturz der Wirtschaft verschwindet die Völlerei? Schlechter Vergleich, klar. Aber ich bleibe bei der Vorstellung, dass wir alle Gewicht verlieren, wenn wir nicht mehr viel zu Essen haben. Auch damit werden Influencer und Ratgeber noch bis zum Ende Geld verdienen, das sie nicht hinüber nehmen können.

Und so geht die Abwendung des Blicks vom heutigen politischen Abstieg weiter. Das war ja zu erwarten gewesen, dass CDU und CSU das parteichristlichen Anranzen an die Faschisten vor der Wahl betreiben werden; es war zu erwarten, dass die Liberalen wieder einmal die Steigbügelhalter sein werden (Lindner hat Heuss nach dem Krieg nicht verstanden). Nein, dazu sage ich jetzt nichts, sowenig wie zu Pmurt. Es reicht, wenn die Natur zugrunde geht.

Obwohl: wenn ein paar, evolutionär zurückgeworfene menschliche Überlebende in 50 Generationen wieder mit der Menschheit anfangen und sich bei einem Gletscher das Eis abbaut, dann taut vielleicht ein Überrest der reaktionären Wende auf und versaut das Schmelzwasser. Die Forscher archivieren das, den normalen Menschen graust es. Wie mir heute

Faschismus: den Gegner lernen! nicht wegschauen.

Die Ausbreitung und die Wirkung faschistischer Regierungen, Justiz und Exekutive ist unübersehbar. Dabei ist es nicht wichtig, ob der Begriff in der Kritik verwendet oder umschrieben wird, aber er sollte oft viel genauer und begriffs-sicher gebraucht werden. Faschismus ist nicht einfach ein rechtes Konterfei des Kommunismus, Faschismus ist auch nicht auf der alltäglichen Rechts-Links-Achse zu verorten.

Der amerikanische „Präsident“ und seine Bandes repräsentieren teilweise einen klassischen Faschismus, der sich (noch?) auf weite Bevölkerungskreise nicht direkt auswirkt, aber international für Verwüstungen sorgt. Die Diktaturen in Russland und China sind schlimmer und nur teilweise mit „Faschismus“ zu kennzeichnen. Viele auch europäische Staaten aber sind proto- oder neo-faschistisch, nicht nur im postsowjetischen Bereich, auch im Westen.

Das Herumreden um diese Tatsachen beruhigt die politischen Auseinandersetzungen, ist aber unehrlich. Nicht die Tatsache, aber das Herumreden um Merz und die AfD ist das Problem. Nicht die Abhängigkeit von amerikanischen Waffen, sondern das Augenverschließen vor den unmenschlichen Edikten des neuen „Präsidenten“ ist ein weiteres Problem. Nur, weil die USA noch nicht die für uns Europäer gefährliche individuelle Gefahr darstellen, macht sie nicht menschlicher – und relativiert die anderen Diktaturen, große und kleine keineswegs.

Das muss man wieder in der Politik dazu lernen: es gibt nicht eine Freundesgruppe und eine Feindesgruppe, sondern ein Netz kontroverser und ungleich gefährlicher Länder, und natürlich sind Reaktionen ebenso differenziert.

*

Für alle meine demokratischen LeserInnen brauche ich das alles nicht zu schreiben, und es gibt ja die Stimmen, die sich zunehmend dem wirklichen Faschismus als unübersehbarem Gegner zuwenden. Aber die grauenvolle Heuchelei, von einem doppelbödigen Auschwitzgedenken bis zur Auseinandersetzung um CDU/CSU und AfD, bis zum vorausblickenden Einknicken vor den US-Nichtdemokraten….macht Sorgen für uns (weniger), für unsere Kinder und Enkel (mehr) und für die unmittelbare Zukunft z.B. des europäischen Friedens, der sicher nicht so einfach friedlich durch Bekenntnisse gesichert wird.

Antifaschismus – bitte niemals den DDR-Begriff verwenden, leider bleibt es dabei: Antifaschismus ist nicht ohne subjektive und objektive Überprüfung von Wohlstand, Verteidigung und Politik zu verstehen und zu behandeln. Aber vor allem: unsere KULTUR und unsere MORAL muss aufstehen, gegen die Lügner und die alternativen Fakten der Realpolitik. Das kann Einbußen mit sich bringen, auch soziale, aber besser für uns als für unsere Kinder und Enkel.

Gesicht

Der großartige und von mir seit langem verehrte Prantl hat in der Süddeutschen ein Meisterwerk verfasst, die Trump- und Musk Idolatrie zerlegt, mit einem feinen Degen, nicht mit Kanonen. Der ganze Text ist lesenswert, aber die unscheinbare Einleitung des Arguments hat es in sich:

„Etliche Machthabende säkularisieren Gott auch als angebliche Triebfeder ihres Handelns: Bei Putin tritt Gott als „die Geschichte“ Großrusslands auf, Pmurt bemüht die nahezu göttliche „Einzigartigkeit Amerikas“. Unter denen, die sich als besondere Diener Gottes verstehen, finden sich auch stets genügend, die ihren Gott mit dem Politiker, der Gott gebrauchen will, in Einklang bringen“ (24,1,2025, Deutscher Alltag). Man sollte schon das Ganze lesen, nicht nur die Bloßstellung der evangelikalen Gotteslästerung zugunsten von Trump, also invert PMURT.

Dies habe ich gelesen, da war schon mein Ärger über die Trump-Visage bei SPIEGEL und ZEIT ziemlich groß geworden, nicht einmal zeigt man die Fresse, sondern immer wieder. Diese Art der Schwerpunktbildung hat nichts mit Aktualität zu tun, man kann auch eine Karikatur des verurteilten US Präsidenten anders einpacken als mit seinem Portrait. (Mich erinnert das an die Österreichische Geschichte, Hitlers Geburtstag aktuell zu erinnern (20.4.1889), den gleichen Anlass, für Adolf Schärf (20.4.1890) aber verdrängt zu haben).

Weit hergeholt, was? Wer war Schärf? Kennt ihr nicht mehr?

Das peinlich Ranranzen an die Diktatoren, nicht nur Nole Ksum oder Jeff Bezos oder… nein, auch bei uns, ist, angesichts des sich ausbreitenden globalen und lokalen Faschismus, keine bloß taktisches Verhalten von Milliardären und vielen Medien, aber vor allem von Politikern. Wie werdet ihr mit denen umgehen, wenn sie regieren? Schaut nach Italien, schaut in die österreichischen Bundesländern, in denen die faschistische FPÖ mitregiert, schaut in die Anträge des auch mit Sozialdemokraten regierenden BSW. Die Immunität gegen die Faschisten ist nicht kausal mit der eigenen Position zur Demokratie verbunden, das ist etwas komplizierter…außerdem wird noch jede Immunität geknackt, wenn es die r9ichtigen Instrumente gibt. Beispiel: der Europarechtsbrecher Merz und die Verachtung von Flüchtlingen. Dem Merz wünsche ich von Herzen, dass er auch nur ein halbes Jahr lang um Visa herumläuft, damit er sein Leben in Freiheit retten kann. Aber, wie mehrfach gesagt, Faschisten und ihre Helfer kommen nicht an die Macht, wenn sie nicht vom Volk gewählt, ja auserkoren sind.

Demokratische Regierung als Vorsichtsmaßnahme gegen ein aus dem Ruder laufendes Volk? Kein ganz neuer Gedanke. (Vgl. 24.1.2025 NZZ: Oliver Zimmer: Wenn Politiker Angst haben vor dem Volk: warum die deutsche Elite von direkter Demokratie nichts wissen will – das ist ein sehr konservativer Aspekt, aber immerhin. Älter: Christian Forberg 3.11.2011: Wenn Politiker Angst haben vor dem Volk: warum die deutsche Elite von direkter Demokratie nichts wissen will). Bei diesen und vielen anderen Analysen ist ein Fehler augenscheinlich: es werden politische Eliten in Stellung gegen das oder über dem Volk gebracht. Es bedarf nicht der Eliten gegen das Volk und oft bringt des Volk auch Eliten an die Macht, andere eben…

*

Eliten gibt es in fast jedem politischen Zusammenhang, und ihre Definition erfolgt auch dort die, die Macht dazu haben, oder diese Macht wollen. Sehr verkürzt, hatte ich immer die Avantgarden gegen die Eliten ins Spiel gebracht, weil sie ja, wenn sie erfolgreich sind, wieder „zurück“ ins Volk kehren, den Fortschritt, den sie gebracht haben, abzusichern. Aber das ist Wissenschaft von meinem Gestern. (Erstmals Mittelmaß tut nicht gut! – Randglossen zur Elitediskussion. In: Fossler u.a. (Hrsg.): Bildung, Welt, Verantwortung. Focus (Giessen) 1998, S.79-94). Wissenschaft und Politik sind gleichermaßen in den Zeiten von alternativen Wahrheiten, von kurzfristigen Posts, und von der Machtübernahme demokratiefeindlicher, oft faschistischer Herrschaft von dieser Diskurs Avantgarde gegen Elite entfernt.

Nun habe ich ja versucht, mich gegen die Verkürzung von Wahrheit durch die Macht der Bilder, in diesem Fall der Visage von Herrschern ohne Gesicht zu wehren. Wie wäre es, nicht nur für SPIGEL und ZEIT, einem expliziten Opfer dieser Herrscher das Bild zu widmen, das einprägsam sein muss…

*

Ich weiß schon, die meisten Politiker reagieren auf diese Argumente damit, dass sie gar keine Wahl hätten als mit den mächtigen Despoten wenigstens realpolitisch zu kommunizieren.

Bert Brecht macht das komplizierter – manches lehne ich bei ihm ab, aber anderes bleibt wichtig, z.B.: „Der Agent setzte sich in
einen Stuhl, verlangte Essen, wusch sich, legte sich nieder und fragte mit dem Gesicht zur
Wand vor dem Einschlafen: „Wirst du mir dienen?“
Herr Egge deckte ihn mit einer Decke zu, vertrieb die Fliegen, bewachte seinen Schlaf, und
wie an diesem Tage gehorchte er ihm sieben Jahre lang. Aber was immer er für ihn tat,
eines zu tun hütete er sich wohl: das war, ein Wort zu sagen. Als nun die sieben Jahre
herum waren und der Agent dick geworden war vom vielen Essen, Schlafen und Befehlen,
starb der Agent. Da wickelte ihn Herr Egge in die verdorbene Decke, schleifte ihn aus dem
Haus, wusch das Lager, tünchte die Wände, atmete auf und antwortete: „Nein.““ (Eine Keunergeschichte von Herrn Egge).

Ein Wort zu sagen, das ist mein Gedanke hier. Wir können reden, wir sprechen. Aber nicht auch noch den Pmurt und Ksum oder auch den Weidels und Kickls etwas sagen.

Zwei Waschbären – Ordnungsruf

In einer Ruhepause zwischen zwei Saunagängen schaue ich zum Dachfenster hinaus – und was sehe ich da? Zwei jugendliche Waschbären herumtollen, als wäre das Dach der Wald und sie in ihrem Element. So nahe wie durch das Fenster habe ich sie nie gesehen, selbst nicht im Park. Sie sind sehr schön und durchaus selbstbewusst. Mir sind bei uns keine Feinde bekannt, und wie sollen sich Menschen und ihre Parks gegen sie wappnen?

Warum sollten sie? Naja, angenehm ist die Praxis dieser schönen Tiere nicht, alles zu verwüsten, zu dem sie Zugang haben, Mülleimer, offen herum liegende Gegenstände. Die Analogie zu Menschen ist nicht abwegig: Manche sind erstaunlich, gut aussehend und höchst anziehend. Trotzdem ist ihre Praxis unerträglich.

*

Natürlich könnte man hier an die große Unerträglichkeit, wenn die Wirtschaft, die Politiknachzügler, die Influencer und sonstige Besserwisser sich an die herrliche Zukunft von Trump ankleben, auch an die Dramatik seiner Untergebenen und Sklaven, und nur besonders Mutige dann aufrufen, endlich sollten wir unser eigenes Verteidigungs- und Wirtschaftswachstumssystem aufbauen, wenn wir schon zu spät sind. So argumentieren Gottesfürchtige post mortem auf dem Weg zum Fegefeuer…man will sich ja bessern und Opfer leisten, aber lass uns davonkommen.

Ich denke da anders. Bevor wir nicht die gemeinsame Vergangenheit – politisch, kollektiv und individuell – offen legen und versuchen, kritisch aufzuarbeiten, sollten wir mit allen Statements vorsichtig sein, selbst wenn sie die Wirklichkeit treffen. Es kommt immer darauf, wer wann und wie die Wahrheit sagt. Nur, wo und wie damit anfangen?

Nach dem Ende des Kalten Kriegs orientierten sich die Friedenswilligen an Personen, Brandt, Palme, Gorbatschow und doch viele mehr, und damals schon zu wenig an denen, die sie entweder hochgebracht haben oder in Deckung ihren Abstieg abwarteten…auch dazu gibt es viel Literatur, aber wenig öffentlich, alltäglichen Diskurs.

Die Analysen haben die Massen zu wenig erreicht, diese Kritik ist richtig, aber retrospektiv. Der Wunsch nach einem „anderen“ Frieden, auch in Osteuropa, hat z.B. im Westen, v.a. in Deutschland und Österreich, den Blick auf Geschichte und Bedürfnisse der Befreiten verengt und abgelenkt. Nicht nur in der teilweise absurden Retrorhetorik zur DDR zeigen sich die Schwächen der westlichen ideologiereichen Politik, nicht so sehr des gesellschaftlichen Bewusstseins. Exemplarisch schließe ich mich Ines Geipel an. Nein, es ist nicht der „Westen“, es sind bestimmte Machtstrukturen des Westens, die sich mit bestimmten Machtstrukturen des Ostens gegen einen dritten, noch nicht ausgeformten Weg wappnen. Und gerade die Deutschen haben gelernt, dass man beide Freiheiten, Liberty und Freedom, nicht kaufen und verwalten kann. Doch das weiß man, ich habe es nur auf dem Schirm, wenn ich Politik kritisiere, die die kritische Kultur, die Umwelt, das Soziale in der Innenpolitik hintanstellt, weil das alles angeblich die militärisch-wirtschaftliche Neuaufstellung wieder herstellen kann, wenn wir nur beginnen…

Kehren wir das um, dann können wir mit Umwelt, Kultur und Sozialpolitik auch weitreichende ökonomische Einschränkungen begründen, sogar militärische (Nicht nur Rüstung, auch Verteidigungsbereitschaft, zB. gegen russische Interventionen) Aufwüchse entscheiden. Das ist nicht einfach, es setzt mehr als nur Reförmchen in Bildung und Sozialisation voraus, und keine Trennlinie der Innen und der Außenpolitik.

Die Namen, die dabei aufleuchten oder verschwinden sind schon wichtig, aber gegenüber den Strukturen und der Einwirkung auf die „Basis“ doch nicht an erster Stelle. Das ist auch kein Plädoyer für die sozialistische Scheinvariante und schon gar nicht für die illiberale Demokratie nicht nur der Ex-Sowjetuntergebenen. Es geht darum, dass Gesellschaft und Gesellschaftspolitik eben nicht das Gleiche ist wie der Herrschaft des Volks über die Demokratie (so der Faschist Kickl in Österreich).

Im Augenblick breitet sich Faschismus nicht weltweit und angeheizt durch die USA aus, die drei großen Atommächte befördern ihn nachhaltig. Das Bauen des Widerstands ist wichtig und kann nur auf den Antworten beruhen, die auf die Frage nach der Schwäche der Demokratien folgen: UMWELT KULTUR SOZIALES. Ob es uns dabei immer so gut geht? Wichtig, aber doch nicht so wichtig.

Was hat das mit den beiden Waschbären zu tun? Ihre Attraktivität sagt wenig über ihre Praxis aus und die Zerstörungen, die sie betreiben.

Befreit von der Wahrheit & frei?

Wie sie allen in Washington und Davos den Diktatoren und Wirtschaftsschändern vorn und hinten hineinkriechen, mit den hier fehlplatzierten Worten „Pragmatismus“, „Realpolitik“, „Verhandlungsbereitschaft“ usw. Als ob gerade Putin bis vor 10 Jahren den Westen, incl. Merkel, nicht gelehrt hätte, wie unsinnig die Flötentöne des Rattenfängers eigentlich waren. Und seltsam ist, dass man jahrelang NICHTS zur eigenen Verteidigung getan hatte, aber jetzt plötzlich die Verhandlungskompetenz ohne Macht und Retourkutschen geradezu gepachtet hat. Da sage ich lieber nichts dazu, eine abschüssige ungesicherte Bahn wird nicht einfacher, wenn man den Kopf schief hält.

Gebt euch einige Zeit Nachdenken, anstatt im Luxus von Davos klug die Umwelt weiter zu zerstören und das Wachstum der Reichen zu befördern und dann auch noch von Demokratie sprechen. Man sagt ja nichts, man redet nur. Ich wende mich ab, um wirklich nachzudenken, und da kann man sich nicht zugleich äußern, meistens. Es bleibt genügend Erdoberfläche zu betrachten, zu kritisieren und manchmal zu beschönigen.

*

Welch ein Glück, in Marienbad, Potsdam und anderswo „bei uns“ sind die Straßenränder mit abgelegten Weihnachtsbäumen belegt. Klar, Lametta befreit, werden sie weiter ökologisch verarbeitet, im schlimmsten Fall beheizen sie irgend jemanden oder etwas. Kein wirkliches Thema. Man wartet, wie in den Alpen, Lichtmess nicht ab, um sich vom Baum zu trennen, das Jahr ist ohnedies durcheinandergeraten. Ganz dumme Menschen meinen, dass es gar keine Erderwärmung geben kann, wenn sie, nur sie, hier frieren. Weniger dumme denken nicht mehr über das Klima nach, weil seine Rettung ohnedies fast vorbei ist. Und ich erwähne das auch nur, damit der Klimadiskurs nicht ganz vergessen wird. Zurück zum Weihnachtsbaum. graue Gassen machen die abgelegten Bäume schöner, enge Gassen werden noch enger, Hunden gefällt das. Und für viele bedeuten die Müllbaumvorräte ein seliges Zurückdenken an die Feiertage, nicht nur Christen und Geschäftsleute, Alle möglichen Kulturintegrierten. Daran habe ich nichts auszusetzen, gehört zur Kultur wie so vieles andere. Bäume am Straßenrand sind auch Symbole der Vergänglichkeit. Kürzlich bin ich durch eingezäunte Schonungen gegangen, wo schon die Christbäume dieses und des nächsten Jahres wachsen. Egal, obs der Wirtschaft oder dem Glauben dient, der Nadelholz-Kreislauf hat doch etwas dynamisches…das Gute an diesem Thema ist, dass man so wenig dazu zu sagen hat, ich komme nach Hause und habe den Christbaumkorso vergessen.

Das gehört nämlich dazu, wenn man sich vom Terror der Aktualität abwendet (siehe viele frühere Blogs mit diesem Begriff von Amèry): da redet man über etwas und hat dazu nichts zu sagen. Sagt mir jemand: dann schreib doch über Trump und Netanjahu und Kickl…siehe oben: nein, jetzt nicht.

Natürlich sind Weihnachtsbäume KEIN Thema. Es gibt genug andere. Aber ich denke, dass man sich die Reihenfolge und Wichtigkeit der kommunizierten Inhalte nicht einfach einfallen lassen kann, man muss sie von der Kehrseite der nichtbehandelten Autokraten und Faschisten abholen. Wie gehts den Opfern und Demokraten, und was kann man da machen? zB. vom Man zum Ich und Wir. Das Man hat auf die Ideologen großen Einfluss, denn wenn man Teil des Man ist, bleibt „man“ für nichts verantwortlich. Irgendwo sollten wir bei den Personen landen, die die Strukturen bilden, und nicht dauernd umgekehrt. Nicht so einfach, da gibt es Wechselwirkungen

*

Statt der Tannenbäume.

Was geben wir denen, von denen wir wissen, dass sie auch zum Sozialsystem keinen oder kaum Zugang haben? Da zählt nicht, dass wir wenig oder keine Sympathie haben. Darüber nachzudenken und zureden, das wäre m.E. ein guter Öffentlicher Anfang auf der Kehrseite des trumpophilen Ramschblattes.

Oder die Schwächen des deutschen und des österreichischen Bildungs-und Schulsystems, die wir kennen, aussprechen UND die Alternative so markant fordern wie die Kultur das selbstbewusst, wenigstens in Teilen Österreichs, tut.

Darüber kann ich befreiter und besser nachdenken und reden als darauf zu reagieren, was man in den Verein des kleptokratischen und autoritären Gesindels hineininterpretiert – schon seit 4000 Jahren wissen wir, dass die Teufel alles Schlechte verkörpern, aber niemals dumm waren. Wer das Umgekehrte behauptet, hat Trump und Putin nicht verstanden

Ein 20. … egal oder nicht?

Es gibt Tage, die sich in das Gedächtnis der Menschen, oder einer Gesellschaft einschreiben. Weil immer wieder an diesen Tagen etwas geschieht, das sich scheinbar wiederholt oder ein Gegenteil bewirkt. Der 9. November, zum Beispiel.

Ein anderes Beispiel, aus meiner Jugend. am 20. April, wusste ganz Österreich, war Führers Geburtstag. Dass am gleichen Tag Bundespräsident Adolf Schärf Geburtstag hatte, im demokratischen Österreich, wussten nicht alle.

Die letzten Tage hatte ich viel darüber nachgedacht, wie nahe mir der heutige Tag rückt. Ich verdränge den Tag, Israel, USA, Italien, Österreich, „die Welt“. Warum soll ich einer Generation angehören, die den Faschismus nicht er“lebt“. Ich weiss viel davon, nicht alles, es reicht. Wir halten durch in der Nanosekunde menschlicher Existenz in der Geschichte der Welt, der sie sich nur in dieser Nanosekunde bewusst ist. Es gibt keine Geschichte der Welt außer in unserem Bewusstsein, ansonsten „ist“ die Welt. Das macht es traurig, im Nicht zu enden, aber es tröstet. Im Nicht sind alle gleich, was erlebt wurde, versäumt, erlitten—egal. Nicht mehr. Nur dass man diesen Trost nicht wahrnimmt, ist die unangenehme Wahrheit.

Egal. Das Wort drängt sich mir auf. Natürlich ist mir der Faschismus so wenig gleichgültig wie andere autoritäre und diktatorische Systeme. Natürlich kann man die USA von anderen autoritären Staaten unterscheiden, aber auch die Position als einer der drei atombewaffneten Weltmächte darf heute so wenig übersehen werden, wie sie sich schon angekündigt hatte und jetzt wirken wird. Ob Trump eine Wende wie Hugo Banzer (Bolivien) machen wird und ein guter zweitmaliger Präsident wird? Nach dem, wie er sich jetzt aufführt, wohl nicht, und seine Stiefellecker werden heute mit anständigeren Politikern bei der Inauguration der bruchhaften Demokratie dabei sein. Nicht mein Problem, heute: egal.

Brüchige Demokratien können geheilt, rekonvalesziert werden. Dazu bedarf es, wie schon gesagt, der besseren Bildung und Ausbildung, es bedarf der realistischen Sorge und Fürsorge durch die Familien, die es wirklich gibt und nicht die historisierten Strukturen für die Retroreligion und -sozialpolitik. Es bedarf in jeder Hinsicht der Aufklärung und das bedeutet auch mit deren Schattenseite; das bedarf der Wissenschaft und der Kultur, und damit einer wenn nicht aggressiven, so doch nachhaltigen Abwehr von Fake News, von Pseudowissen, von einer Abwehr des intellektuellen Vordenkens durch das „Volk“ (typisch: Weidel, Kickl) (Vgl. Volkskanzler.at). Also Kultur. Was mich da umtreibt, ist die wichtige Erkenntnis, dass man die Wurzeln der Kultur gehen muss und nicht nur an ihre Ergebnisse (z.B. nachfragen, wie die Probleme der Geschlechter, der ethnischen Herkunft, der eingebürgerten Ausgrenzungen entstanden sind und weiterwirken. In Österreich macht das Marlene Streeruwitz sehr nachhaltig, und überhaupt gibt es mehr Kulturschaffende als die bräsigen PolitikerInnen ertragen…).

Zurück zum 20. Meine Kindheitserinnerung ist ja nicht zufällig. Die Engramme, die unsere bewusste Lebenszeit kennzeichnen, haben viel mit dem Lebensstil der Nanosekunde zu tun. Nicht durch Faschismus, Kommunismus, Diktatur eingeschränkt zu werden, dehnt die Sekunde. Meine Sekunde, unsere Sekunde. Innerhalb derer ist nichts egal.

Alles zugleich – und nichts zusammen

Der Himmel strahlt unpolitisches ROT, herrlich, das Wetter schlägt um. Kein neuer Schnee, es wird nicht mehr so kalt, das Wasser gefriert auf den Straßen und Wegen. Solche Wahrnehmung taugt nicht als Metaphern für die politische Wirklichkeit, man muss diese parallel denken oder ausklammern. Keine Finger Gottes kommt aus den Wolken, keine Sphinx sagt uns die nächsten Attentate voraus. Die Ordnung der Dinge hat alles säuberlich getrennt, und die Einseitigen fühlen sich getröstet.

Das geht mir durch den Kopf beim Wetterumschwung, der kurzfristig meine Umgebung verändert. Es gibt keinen Politikumschwung, eher bewegt sich alles immer schneller auf die Katastrophen zu, die jeweils nur das Ende ankündigen, aber selbst nicht darstellen.

Wo der Weg im noch verschneiten Wald doch so schön ist, möchte man abschalten. Ja, schon, aber was? Die Wahrnehmung, das Bewusstsein der kreiselnden Ausweglosigkeit, oder, fast kitschig, das Abschalten der Schönheit und Ruhe des winterlichen Waldes, der einem so etwas wie Zukunft einfach durch seine Schönheit und Sinnlichkeit verspricht. Halt: auch von diesem Wald weiß ich, nicht nur ahne ich, nein ich weiß, wie krank, wie gebrechlich die Bäume sind, und die Wirkung des Waldes auf meine Psyche ist eben bedingt. Nichts neues also, ihr wisst schon, was alles zugleich ins Bewusstsein und in die Gefühlswelt eindringen kann.

Mich beschäftigt das im Augenblick, weil die Versuchung groß ist, sich einfach treiben zu lassen, manche sagen: Abwarten, andere sagen: Es kann auch anders kommen. Woher die das haben?

Ich bin gerade  auf Kurzkurlaub, in einer sehr schönen  Landschaft unter sehr angenehmen Umständen. Man kann von seinen Bedenken und Sorgen Abstand nehmen, meinen die Hobbypsychos. Kann man natürlich nicht, aber was gut oder schön ist, bleibt es trotz der Bedenken. Das übersehen die modernen Apokalyptiker, aber vor allem die, die das Schreckliche dadurch bannen wollen, dass sie sich selbst schreckliches zufügen. Alles noch schlimmer machen, als es ist. Das geht mit der Politischen Relativitätstheorie nicht. Wenn die Erde unter drei tyrannischen Atommächten aufgeteilt wird, kann man  einfach eine vierte hinzudenken. aber nicht hinzufügen, die zweite Reihe ist nicht die erste. Die Nachrichten der letzten Tage haben deutlich gemacht, dass im Augenblick an den Konstellationen wenig zu verändern ist, „man“, also aktive Politik, kann bestenfalls Tempo beschleunigen oder verlangsamen, Nebelkerzen werfen oder durch Aktionen die einen oder anderen Gegner ablenken. Und trotzdem ist es sehr schön hier in der Landschaft, und trotzdem kann ich parallel mich wie eine gesunde Zelle im kranken Körper freuen, ohne die Krankheit wegzudenken…Die Metapher ist absichtlich gewählt, um die Spannweite des Umgangs mit der Situation anzudeuten.

Hat es, frage ich Sie, werte Leserin, werter Leser, jemals ein Zeit gegeben, in der das anders war, lokal, weltpolitisch? Natürlich gab es Perioden oder Momente, wo es anders war, mit mehr alternativen Optionen, mit Aussichten, die Tyrannen zu stutzen und die Demokratien zu stärken. Frage: war es damals jeweils Naivität, Selbstbetrug oder gar strategische Taktik?

Auf diese Fragen bringt mich eine Bestsellerautorin der ersten Reihe: Anne Applebaum: Die Achse der Autokraten, Siedler 2024. Der Untertitel sagt viel: „Wie Diktatoren sich gegen seitig an der Macht halten“. Viele, genaue Fakten, wenige starke Hypothesen, und ein Ausblick, der meine optimistischeren Aspekte der Gleichzeitigkeit und des Nebeneinander rational deutlich macht. Was nicht ihr Stil ist, aber deutlich wird: die Gewalt von Kleptokratie, angemaßter Übernahme der Deutungshoheit und die Verunglimpfung von Demokraten (drei von mehreren Kapitelüberschriften) ist schon sehr weit fortgeschritten, sie hat uns geschwächt und schwächt uns weiter. Wenn wir jetzt nicht doch gleich ins (Er)lösungskapitel weitergehen, wenn wir diese Wirklichkeit weiter begreifen wollen, dann sind wir dort, wo ich eingestiegen bin. Applebaum geht im letzten Kapitel auf Konjunktive, Optative, Möglichkeiten ein, die über politische Programme und Vernunft wirklich werden könnten, mehr nicht. Aber was sie an Realität globaler Demokratiezerstörung mit dauerhafter Wirkung beschreibt, ist eine undramatische, maßvoll geschriebene Darstellung der letzten Regungen vor dem unumkehrbaren Ende. Dem zweiten Ende, neben der Umwelt und den 3°-4°, das die Wirtschaft, der Pöbel, aber auch die Kleptokraten selbst verursachen, wird kaum mehr ein Kommentar gewidmet. Auch wenn man dem Ende zugeht, im Wortsinn, kann man Ausschau halten, was einem auf dem Weg begegnet, da sind wir privilegiert. Anders als Geflüchtete, Hungernde und Obdachlose. Dieses Privilegium hat nun leider keinen direkten Einfluss auf die Politik, mit der man das Steuer herumreißen könnte – aber es kann uns stärken.

Wenn wir uns über Maßnahmen austauschen, was wir ja auch tun, dann nicht hier im Blog. Nicht alles muss öffentlich zur Verfügung stehen der Netzeigentümer, also auch der Kleptokraten, der alternativen Fakten-Verwender, damit nicht nur der Autokraten und ihrer Influencer, ihrer menschlichen Drohnen. Aber damit wir uns austauschen können, sollten wir resilient sein, empathisch und hellwach. Dazu trägt der rote Himmel bei, bevor der Nebel wieder alles zudeckt.

Blaupause Untergang

Sogar getröstet habe ich mich und euch, Verhaltensstabilität propagiert, und den Blick von allem Schrecken abgewandt. Die sogenannten Realpolitiker stellen sich auf gezielte Unterwerfung unter Trump ein, hoffen ihn zu überleben, und wie defekt die Welt in 4 Jahren ist, egal. Sie werden das an sich unbedeutende teuto- x austrofaschistische Österreich überleben, die linksfaschistische BSW wird durch sich selbst enttarnt, die Elon Tusk Hymnen auf die Weidel und umgekehrt beschwichtigen die kritischen Geister, und solange Melonis Außenpolitik hält, ist es uns doch egal, wie schlecht es den Italienern geht. Umwelt gibts nicht und die Armen sind selber schuld, dass sie nur Schulden bedeuten für die Lindners dieser Welt. Nerin, ich jammere jetzt nicht, ich habe ja gegenGifte entwickelt. Erinnert euch.

Ich stelle mir jetzt die sozialen Kommunikationen beim Weltuntergang vor. Parteien, die ohnedies nicht mehr gewählt werden, bedauern ihre Fehlentscheidungen, jetzt ist es zu spät für Taurus und Aktivitäten, die temporären Wahlsieger richten sich auf feierlichen Abschied vom guten Leben ein, es hilft nichts für die Position im Jenseits, nachdenkliche Randständige haben es immer schon gewusst, und Kluge im Zentrum glauben noch immer, dass sich DAS RETTENDE AUCH noch zeigt.

Wenn die 3° überschritten sind UND die drei Atommächte einander bekämpfen, und ihre diktatorischen Unterläufer noch ihre eigenen Interessen verfolgen und sich bei normalen Menschen der Wohlstand verflüchtigt, der bei den Subnormalen nie angekommen war, und dieses alles von einander unabhängige Variable sind, wenn das alles so ist und man sich nicht auf Trost in einem beliebigen „Jenseits“ einstellt, was dann?

Das Besondere am Weltuntergang ist, dass Widerstand zwecklos und praktisch unmöglich ist, und dass Unterwerfung unter die offenkundig Mitschuldigen wie unter höhere Mächte zu spät kommt. Apokalypse now.

Warum habe ich dann so oft in letzter Zeit vom Ausweg geschrieben? Weil wir gerade noch Zeit haben, die Kurve zu kriegen, wenn etwas das „Rettende“ ist, dann wir selbst. es kommt nicht von außen. Das heißt nicht, dass wir gerettet sind, aber es ist möglich, dass wir es werden. Möglich. Das setzt keine vage Meinung voraus, sondern Politik, Gegnerschaft hier, und Kooperation da, und dass wir es mit der Wirklichkeit Ernst meinen.

Dafür dürfen wir von jedem Glauben abfallen.

Auf dem Weg zur Ausweglosigkeit versuchen die Hoffnungslosen in der Politik, uns noch einmal zu betrügen, auch wenn es zu spät ist. Das wäre wirklich zu spät, das aber bedeutet Politik Jetzt.

Ausflucht und Gleichzeitigkeit

Wenn man grad unterwegs ist, lockern sich die psychischen Rückhaltemechanismen, die Assoziationen sind weniger gebremst und Einblicke tun sich auf, die man sonst lieber vermeidet, um nicht verstört oder deprimiert zu werden. Mit einem Wort: Urlaub. Aber was sich da einem aufdrängt, ist beachtlich – der Zug fährt ganz schnell, aber man sieht doch die Ballungen von Einfamilienhäusern, ungenutzten Fabrikanlagen, schauerlichen Verkehrskreuzungen, und man fühlt sich beim Durchqueren der Natur erleichtert. Das ist keine Regression, das sind Eindrücke bei der Fahrt durch ein etwas abgelegenes Gebiet, genauer: Grenzgebiet. Das ist bei uns zuhause, vor allem zwischen Stadtrand und dem nächsten Ort, nicht viel anders, aber hier erfreut man sich doch größerer intakter Natur- und Landwirtschaftsgebiete ohne die Verknotungen von Landschaft. Mit anderen Assoziationen.

Ein alter Mann, aus der Gegend, aber früher als Fahrer herumgekommen, erklärt ungefragt den Niedergang der in dieser Gegend früher dominierenden mittleren Industrie. Keine rechtslastige Retro. sondern eher eine Aufzählung aller Elemente, die zusammenwirken, bis ein lokaler Industriezweig verschwindet. Ich zähl das jetzt nicht auf, habe es aber glaubwürdiger gefunden als die von oben betrachteten pauschalen Vorwürfe gegen die deutsche Wirtschaft. Nicht jeder denkt in kapitalismuskritischer Theorie oder Kapitalismusförderung als Gesellschaftsziel, wenn er schlechte Entwicklungen bewertet. Der ältere, eher linke Erzähler des wirtschaftlichen Niedergangs hat, zusammen mit den Ortsrändern, eine länger dauernde Trübung selbstgewählter Gedanken bewirkt, ich musste mich mit den Einfamilienhaus- und Kreuzungsmiseren befassen, obwohl ich es nicht wollte.

*

So, jetzt kommt keine Kritik der Wirtschaftspolitik, sondern die Rückkehr zu den erfreulichen Strecken unverschandelter Landschaften, in denen man auch einmal gern wandern möchte, den mäandernden Bächen entlang oder auch über ein noch recht intaktes Moor. Was ganz andere Ketten von Assoziationen weckt, was man schon kennt, wo man wieder sein möchte, und was man wo wieder erleben möchte, wenigstens erinnern. Kaum ist man über der Grenze (keine Kontrollen), geht das so weiter, und heute abend, nach dem mächtigen, sehr lokalen Abendessen, fragen wir uns eher aufrichtig, warum es analoge Wirtshäuser vielfach, aber nicht bei uns in Potsdam gibt. Wie gesagt, die Kontrollen der psychischen Wegweiser sind abgeschwächt.

Bevor ich mich ans Reise- und Urlaubstagebuch setze, eine andere Beobachtung der Wirklichkeit mit verminderter Bewusstseinskontrolle: was mich an Informationen erreicht, und was ich dann kritisch verallgemeinere und analysiere. Die Dauer der Aufmerksamkeit an politischen Ereignissen und Entwicklungen ist von sehr vielen Faktoren abhängig, nicht nur vom Engagement des eigenen Landes in einem Konflikt und der eigenen Position dazu. Ich beobachte mit Ärger, wie stark die Aufmerksamkeit für Afghanistan abgenommen hat, seit den Höhepunkten 2015 und 2020, wobei die Niederlage der Deutschen an der Seite der USA als solche schon kaum mehr wahrgenommen wurde. Weniger Ärger als Erstaunen ist die kaum profilierte Aufmerksamkeit gegenüber den Konflikten im Sudan und im Kongo. Kein Erstaunen erweckte die Aufmerksamkeit gegenüber den Ereignissen und Nachwirkungen des 7. Oktober 2023, aber merkwürdig, wie verwaschen die Empathie mit den Israelis nach dem Anschlag der Hamas und wie konstant und einseitig die antisemitische Sympathie für die Palästinenser ist.

Ich kann alle Empathieschwankungen politisch und teilweise psychologisch erklären, nicht aber die Hartnäckigkeit des aufrecht erhaltenen Interesses und vor allem nicht die unterschiedlich kurze Dauer des allgemeinen, öffentlichen Interesses an je einem Konflikt. Es ist, als ob die Mehrheit der Bevölkerung nach einer Zeit der Sympathiekundgebungen und des aktiven Interesses an der Wirklichkeit des Konflikts ermüdet. (Und ich merke, dass das ähnlich mit den deutschen Kompressoren geschieht, kaum wird das Bewusstsein durch Reise und Freiheit abgelenkt. Aber diese Gedanken sind ja gerade im Urlaub niedergeschrieben). Nun bin ich nicht die „Masse“ und auch nicht von den Medien abgeschnitten. Aber es verdichtet sich eine Hypothese, die ich wissenschaftlich so einfach nicht belegen kann: wenn ein Konflikt die Menschen erreicht, sind ihre empathischen, sympathischen, moralischen Kundgebungen zugunsten meist einer Menschengruppe umso heftiger, je mehr diese Menschen hoffen, dass die Politik die Empathie aufgreift, handelt, in den Konflikt eingreift. Je weniger oder erfolgloser das geschieht, desto stärker kühlt das Engagement ab. Die gebildeten Einwände gegen die Hypothese kenne ich auch. Ja, es gibt so viele Konflikte, dass viele ohne großes moralisches Zögern ihre Unterstützung auch verschieben können. Aber das Problem hat auch mit Kenntnis, Wissen, Vorstellungen der jeweiligen Konflikte zu tun. Und die haben sehr unterschiedliche Quellen, keinesfalls nur die Medien oder die aktuellen Aussagen der Politik. Und das ist auch die Verbindung der beiden Bereiche in dieser Überlegung: mit der Lockerung der psychischen Schranken tritt auch die belastend-dauerhafte Beschäftigung mit den innenpolitischen, kulturellen, ökonomischen und auch personalen Konflikten des absoluten Präsens – gestern, heute, nicht vorgestern, nicht morgen – ein Stück, ein Stück weit, nicht ganz – in den Hintergrund, und siehe da: vieles nur zweit Wichtige verblasst, und nur was wirklich schmerzt und aufregt bleibt. Dem aber ist es egal wo ich gerade bin, wenn es angreift.

*

Dann kann ich meine Empathieverteilung absondern von den wenigen politischen und moralischen Einsichten, die mir absolut noch keine stabile Handlungsbasis bringen. Aber die Analysen zum Faschismus, zu den näherkommenden Diktaturen, zur Willfährigkeit von Teilen des lokalen heimischen, europäischen, globalen sind – ja, das ist erfreulich – vom aktuellen Wust dessen allen was noch sich ereignet etwas entlastet, und das fördert die Parallelität. Darum, werte Leserin und werter Leser, geht es mir: dass man die Dinge, die einem wirklich wichtig sind, nicht hierarchisch anordnen muss, dass das wichtigste Wort „ZUGLEICH“ heißt, gegen die Vertikale der Macht anderer und unseres folgsamen Bewusstseins. Zugleich nichts vergessen, und Verdrängtes wieder er wach werden lassen. Zum Beispiel Afghanistan, zum Beispiel Sudan, aber auch zum Beispiel wirkungsvollen Widerstand.