Große Worte, kleiner Geist.
Ole Nymoen, 27, hat in der SZ (Thore Rausch, 26.3.25) ein Interview als ?Pazifist? gegeben, dessen Überschrift mich dazu bringt, a) sein Buch nicht zu kaufen, b) ihn zu kritisieren, obwohl er ja gegen Aufrüstung und Krieg ist. Er sagt „Ich lebe lieber in Unfreiheit, als für Freiheit zu sterben“. Das sagt einer, der in Freiheit lebt. Er hat keine „Lust, für Deutschland zu sterben“ – Man stirbt nie für ein Land, immer für andere Menschen, und dagegen kann, darf man natürlich sein – aber es kommt auch auf die Umstände und nicht nur auf das ethische Ego an. Wer in Unfreiheit lebt, kann sich oft nicht wehren. Man kann fliehen – das würde Herr Rausch auch tun, man kann sich verstecken, aber seine Begründung ist, er habe „keine Lust für Deutschland zu sterben“. Also nicht, primär sein Leben zu retten, d.h. es zu verlängern. Zur Not lebt er lieber in Unfreiheit, nicht weil er dazu gezwungen wird? Sondern um nicht gegen die Hersteller der Unfreiheit, Diktatoren oder Verbrecher sich wehren zu müssen, ggf. kämpfen zu müssen, u.a. weil der Staat zum bewaffneten Widerstand aufruft. Hier muss man etwas einfügen, das wirklich problematisch ist, und hier nicht erwähnt wird: wenn man potenziell für Verteidigung mit der Waffe vorsorgt – man ist hier der Staat – dann muss man das einüben (Wehrpflicht oder ähnliches). Die Verteidigung hat andere Vorläufer als die Verweigerung.
Gerade heute äußert sich auch ein anderer Wehrpflichtgegner: Anwalt Udo Grönheit zu Wehrpflicht: Ist es süß und ehrenvoll, fürs Vaterland zu sterben? – Nein! Artikel von Susanne Lenz (msn). Aber es geht doch nie ums Vaterland, immer um Menschen. Es ist schrecklich, für die Verteidigung des eigenen Lebens , der Familie, der Menschen um uns, der Menschen in unserem Land kämpfen zu müssen, sich in Lebensgefahr zu begeben, und dadurch auch zu sterben. Es ist auch schrecklich zu sterben, weil man getötet wird.
Es gibt sehr unterschiedliche Begründungen für und gegen die eigene Entscheidung zur bewaffneten Praxis. Aber so einfach die Unfreiheit dem Nicht-Leben (also der Zeit nach dem Sterben) vorzuziehen, ist schon entweder naiv (ist er nicht) oder zynisch (will er nicht sein). „Ich erwarte auch nicht von anderen, für meine Freiheit zu sterben. Das finde ich zynisch“ (Wie gut, dass der letzte Satz doppeldeutig ist). Ich setze dagegen, dass es möglich und ethisch diskutierbar ist, nicht a priori entschieden, für das Überleben und die Freiheit anderer Menschen zu sterben. Das kann ich nicht Zeitungsinterview entscheiden, die Wirklichkeit, nur sie, kann mich dazu bringen, mich zu entscheiden.
Wo er zynisch ist, weiß er es nicht: „Vielleicht hängen Menschen einfach an ihrem Leben“, Tja, vielleicht. Wenn man sich in Lebensgefahr begibt, um einen anderen Menschen zu retten oder um jemanden zu hindern, andere Menschen anzugreifen und zu töten…
Ich finde Ole Nymoen schwer erträglich, wenn das Leben und Überleben anderer Menschen nicht im Zentrum des eigenen Handelns steht. Und wünsche ihm nicht, dass er in Unfreiheit leben muss.