Werte Leserinnen und Leser,
zur Zeit und aktuell schreibe ich einen kurzen Essay über den DRITTEN WELTKRIEG. Ich schreibe das als informierter Laie, nicht als Experte für Kriegs- oder Außenpolitik. Ich werde auch weiterhin den Blog zu allen anderen möglichen Themen weiter schreiben und immer wieder vorläufige Abschnitte des Essays hier veröffentlichen, mit der BITTE UM KRITIK und RÜCKMELDUNG. Danke.
- Einleitung
ZITAT zwei Tage nach diesem Artikel von Oleksij Makeiev, ukrainischer Botschafter in Deutschland:
Wir in der Ukraine, wir fühlen uns im dritten Weltkrieg. Der Krieg geht nicht nur die Ukraine an, das ist leider unser gemeinsamer Krieg. Denn Russland hat uns alle im Visier.
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Der dritte Weltkrieg (WKIII) hat schon begonnen, aber man kann das Datum nicht gut bestimmen. Ein Phasenübergang, der sich langsam bemerkbar macht.
Das Modell 1984[1] erlebt eine Neuauflage: Drei Diktaturen, die die Erde unter einander aufteilen, nachkommende Großmächte eher marginalisieren und im Gefolge eine wachsende Anzahl von Faschismen mit sich ziehen; und immer weniger Demokratien.
Man kann hier an science fiction denken, an den Krieg der Welten[2]. Aber man kann auch an den Alltagsgebrauch des Begriffs denken, Weltkriegserinnerungen kreuzen sich mit Interpretationen wahrgenommener Politik oder von tatsächlichen Kriegen und ihrer Androhung.
Die Umweltpolitik hat versagt, was das 1,5° Ziel betrifft, wahrscheinlich auch das 2° Ziel. Die Generationen nach uns werden zunehmend damit zu kämpfen haben, dass die Lebensbedingungen für Kinder, Enkel, Freunde usw. so erträglich wie möglich sein werden, Schuldzuweisungen an unsere Generation sind dann abstrakt – es gibt uns nicht mehr.
Das kann eine Einsicht sein, die eine diktatorische Elite auf eine zahlenmäßig sehr kleine Flucht in den Weltraum (Mond u.a.) vorbereitet, ohne die Möglichkeit zu benennen, das selbst nicht mehr zu bewegen und zu erleben – oder vielleicht doch? (Trump, Putin, Xi)[3].
Endzeitthesen sind weder populär noch ausgeführt. Auffällig ist, dass scheinbar die Erdbevölkerung wenig thematisiert wird, etwa in Bezug auf das Flüchtlingsproblem, und dass die unabgeschlossene humane Evolution noch weniger Erwähnung findet. Die These, dass die menschliche Evolution nicht abgeschlossen, vielleicht sogar von der Technologie (IT etc.) „überholt“ wird, ist im Hinblick auf die Politik nicht irrelevant.[4] Die neuere Überlegung ist etwa auf Harari basiert[5], der mich von Zukunftsforschern befreit hatte.
Diese wenigen Thesen reichen zum Einstieg. Die in ihnen enthaltenen Überlegungen sind genug für eine Zukunftsenzyklopädie – aber da kann man nicht mit einer Leitwissenschaft und auch nicht mit Philosophie vorgehen, man muss dauernd quer und zeitlich vor und zurückdenken, und auch nicht nur bei der Wissenschaft bleiben, aber auch nicht bei der Literatur, obwohl man beide verbunden braucht. Streng aber gegen die alternativen Wahrheiten, Fakten, Methoden.
2. Widerspruch in mir und im Text
Wenn ich gegen eine disziplinäre Analyse und schon gar gegen ein Weltmodell der Situation mit einem wünschenswerten Ausgang oder einem unabwendbaren bin, dann aus mehreren Gründen:
- Keine thematisch bezogene Disziplin kann die Vielfalt der Dimensionen der sozialen und politischen Realität hinreichend kommunizieren, inter- und multi-disziplinäre Analysen sind zu allgemein oder verlieren sich in bedeutungsschweren Details – klar, das ist KEIN Argument gegen fachliche und interdisziplinäre Forschung und Wissenschaft, es verweist nur auf die damit noch nicht erfassten Dimensionen von Bedeutung.
- Mein soziologischer und kulturwissenschaftlicher Blick umfasst vor allem die Bereiche, die durchaus wahrnehmbar sind, aber nicht in die politischen und verbreiteten Systeme eingepasst werden können.
Ein scheinbar abwegiges Beispiel: die Rolle von Religion(en) in der politischen Auseinandersetzung wird oft beschrieben, aber selten strukturell erklärt. Als Übung empfehle ich Islam und Judentum in Nahostkonflikt, weit über Israel hinaus; oder die Rolle des spezifischen politischen Protestantismus in den USA, sowohl was die Geschichtsveränderung als auch die gegenwärtigen Koalitionen betrifft.
- Warum ich das ganze schreibe, hat auch damit zu tun. Ich will da keine wissenschaftliche Arbeit den vorhandenen und zu erwartenden disziplinären Werken antizipierend hinzufügen oder auch die Kluft zwischen dem laienhaften Bewusstsein und der Expertise verkleinern (beides kommt marginal natürlich vor, aber nicht im Fokus). Mir geht es um den Blick in eine von mir nicht mehr erlebbare Zukunft, sozusagen ein Zeitdokument, das meinen Kindern und Enkeln usf. zeigt, dass ich schon antizipiert habe, was sie vielleicht – hoffentlich nicht so arg – erleben und woran meine Generation auch beteiligt war. Das streift sensible Gebiete wie Entschuldigungen und Rechtfertigungen, aber auch die eigene Berührtheit und Empfindung.
- Es geht über die Strukturanalysen hinaus, wenn ich dazu auch Positionen vertrete. Deshalb ist die Form des Essays angezeigt, sowohl als Versuch als auch in kurzer Form umfassend.
3. Weltkrieg und der Westen. Vorspiel der Begriffe. Ich spiele sie euch vor.
Vergleiche sind niemals Gleichsetzungen. Und Oppositionen sind selten symmetrisch. Wenn ich eingangs behaupte, wir seien im 3. Weltkrieg (WKIII), dann assoziieren doch in Europa, wahrscheinlich auch in den USA fast alle die beiden Weltkriege 1914-1918 und 1939-1945. Ist das weltweit so, oder den Meinungen aufgedrückt, und was assoziieren die Menschen mit den WK? Das ist schon deshalb spannend, weil ja der WKIII sicher anders ist als die beiden vorhergehenden, aber der Inhalt von „Welt“ spielt eine vielleicht größere Rolle, noch größere Rolle, als früher. Man müsste hier in die Theorie der Globalität und des Lokalismus, in die Kommunikationstheorie, in die KI, einsteigen, um die verschiedenen Facetten dessen, was heute weltweit, global, ist zu verstehen[6]. Und es gibt die Ausflüge und Ausflüchte in das Weltall. Die Veränderung, Verkleinerung des Erdraums, die Radikalisierung der Aneignung von Teilräumen, zum Leben, zur Ausbeutung, als Fluchtpunkte, als Verlassenschaften…all das sind wichtige Koordinaten des WKIII. Und dann wird er begrifflich von mir festgelegt und zur Verbreitung angeboten.
Ganz anders mit dem Westen, dem „Westen“ als festen Begriff und als Balancewort zum Osten, und wo im Nord-Süd-Bereich ist der Westen, der Westen. In diesen Tagen wanken alte und neuere Verständnisse dieses Begriffs. Und so ganz einfach klappt es nicht mehr mit dem Westen: Demokratien, verbunden durch die USA und Europa, jedenfalls nach dem 2. Weltkrieg. Schon so einfache Überlegungen wie die Nichtabgrenzung des „Ostens“, die Fragwürdigkeit der Zuordnung Russlands etc. sind schwierig. Wenn die Ukraine, scheinbar eindeutig, zum Westen gehört, wohin dann mit Moskau? Wenn beide zum Westen gehören, wie ist dann die Westführung durch die USA zu verstehen. Und historisch ist das alles natürlich noch komplizierter, Ostkirchen, Westkirchen, Sprachen, Volkszuordnungen und Zuteilungen usw. Missversteht mich nicht, ich will mich damit gar nicht gern auseinandersetzen, aber es ist ja in der Luft, und die Trump-Putin Achse, die SO nicht bleiben wird, ist auch ein Ost-West-Hinweis. Was aber deutlich sein sollte: ein WKIII geht nicht ins Ost-West Netz. Darum geht es nicht. Und wenn wir in Deutschland uns dem Westen zuordnen (wollen), dann gibt es mehrere Westen, mehrere Ost-West-Beziehungen usw. eigentlich trivial, aber gerade nicht so aktuell.
Für beides, WKIII und den Westen, werden dauernd Hinweise gegeben, notwendig. Es ist mehr als Meinung, weniger als wissenschaftliche Umgruppierung. Ich will nur abheben vom Alltäglichen, bis tief ins Bewusstsein gegrabene „Wir im Westen…“, das ist so wie Solidarität und Abwehr gegen bestimmte Ethnien oder pardon, Geschmäcker und ähnliches.
Weil ich darauf zu sprechen komme: gehört Israel zum Westen, also in diesem Sinn zu uns? Das Land – genauer der Staat Israel – ein westlicher Staat? Wohin gehören die in den letzten Jahrzehnten eingewanderten Sepharden, woher kommen die davor mehrheitlich eingewanderten Ashkenasen, spielt Ost-West eine Rolle? Und Netanjahus Anschmiegung an die USA und deren Machtergreifung in Israel, ein westlicher Eingriff? [7]
Das ist nur ein Beispiel für die Fragilität der Verwendung von Ost-West.
Einige Literaturhinweise
Über die Vergleiche mit WWII Appeasement:
Arye Neier, NYRB : 202503004 online
„“It is probably not fair to the British prime minister of the late 1930s, Neville Chamberlain, to compare him to President Donald Trump,” writes Aryeh Neier in the NYR Online this week. “When he tried to appease Hitler at Munich in September 1938, Chamberlain had an urgent reason: he was hoping to avert British involvement in a war for which the country was not prepared…. In attempting to appease Russian President Vladimir Putin, Trump has no interest of comparable urgency.”
Instead, Neier argues, Trump, Vice President J.D. Vance, Defense Secretary Pete Hegseth, and Secretary of State Marco Rubio have made preemptive and unnecessary concessions to Putin and humiliated Ukraine’s president, Volodymyr Zelensky, without even the suggestion of peace from Russia. “Trump has been far weaker at curbing Putin’s aggression,” Neier notes, “than Chamberlain was at curbing Hitler’s.”
Below, alongside Neier’s essay, are four articles from our archives about Chamberlain and the costs of appeasement.“
Nathan Gardels, noema: 20250225 online:
- „Instead of expressing outrage at China’s plans to take Taiwan, Russia’s bloody attempt to seize Ukraine or Israel’s vision of annexing the West Bank, Team Trump is openly considering its own Anschluss of other people’s territory in Greenland, the Panama Canal and even Canada. From what we can tell so far, the president’s idea of any peaceful settlement to these conflicts entails giving the stronger power what it wants.“
Harari, Y. N. (2016). Homo Deus. London, Vintage.
O’Toole, F. (2025). „From Comedy to Brutality.“ NYRB LXII(4).
Orwell, G. (1949). Nineteen eighty-four. London, Secker and Warburg.
[1] Orwell, G. (1949). Nineteen eighty-four. London, Secker and Warburg.
Dass es noch mehrere Modelle von global abdeckenden Weltmächten gibt, steht außer Frage. Aber hier geht es auch um die Wirkung auf mich und die Erklärung von Weltmächten.
[2] zB. Der Krieg der Welten – Wikipedia (5.3.2025) u.v.a
[3] O’Toole, F. (2025). „From Comedy to Brutality.“ NYRB LXII(4).
Ein für mich relevanter Anstoß zu diesem Essay.
[4] Warum gebe ich hier keine Literatur und Fußnoten an….unendlich viel Literatur, à Literatur und Quellen zur Geschichte der Bevölkerungswissenschaft mit kommentiertem Namenverzeichnis | SpringerLink Auch in meinen Bibliographien. Nur wenig habe ich dazu gelesen, aber es hat mich 1980-2000 sehr beeinflusst. Die Zukunftsforscher sind auch nicht gerade populär,
[5] z.B. Harari, Y. N. (2016). Homo Deus. London, Vintage.
Und spätere von ihm.
[6] Wichtig dafür Zygmunt Bauman Zygmunt Bauman – Wikipedia (5.3.2025). Auch wichtig für mich, wegen des Herunterbrechens auf die lokale Ebene und die ja zur Zeit brüchige „Globalität“, nicht nur bei Trump.
[7] Alle Überlegungen zu Israel beruhen nicht nur auf eigenen Erfahrungen, Forschungen, persönlichen Kontakten, sondern auch auf wichtigen Bezugsquellen, zu Amos Oz und aktuell zu David Grossman: Ohne Titel 13.10.2024 und weitere.