Man glaubt es nicht…man weiß es?

…Man nimmt etwas wahr, was jemand irgendwo auf XInstabluesky geschrieben hat, und kommentiert es dann. Der Kommentar wird wieder kommentiert. Auf ihn folgt der nächste Kommentar. Nichts ist im Netz so günstig zu haben wie Meinung, eine Form von Meinung, die ausschließlich von der Erfahrung des Moments lebt….“ (Kurst Kister, SZ, 27.6.2025). Einer meiner Vorbilder, der meist jenseits der Meinung die Wirklichkeit nicht aus den Augen verliert, während er denkt und liest.

Die Kommentare der realpolitischen Anschmiegsamkeit an die westlichen Diktate sind so ähnlich, etwa die von Merz zu Trump (Diktator) oder Meloni (Faschistin). Sie unterscheiden sich marginal von östlichen Anschmiegungen an Putin. Wir sind in der Farce der Wiederholung des zweigeteilten politischen Globus der 50er Jahre. Ist Amerika für uns besser? Da wäre zum Beispiel die Frage: Besser als was? zu beantworten. Und nur der Atomschutzschirm reicht nicht für Freiheit, Menschenwürde – und Wohlstand, die nicht von einem Diktator gewährt oder eingeschränkt werden.

Die Zerstörung der Justiz in den USA macht Fortschritte. Weil Trump die RichterInnen nicht absetzen kann, erlaubt er der faschistischen 6:3 Mehrheit des Obersten Gerichts, seine Diktatur zu festigen:

Supreme Court ruling expands Trump’s power – and he intends to use it, (Anthony Zurcher, 27.6.2025 BBC ) Oberste RichterInnen unterhalb dürfen nicht mehr in die Dekretbefugnisse des Dikators eingreifen.

Macht euch keine Illusionen: es gibt Widerstand gegen Trump, aber der ist so heterodox, dass er nicht wirkt, oder ihm vielleicht hilft. Merz ist nicht allein: die EU, die NATO tun offiziell und sichtbar alles, um Trump bei Laune zu halten, ihn zu umschmeicheln.

Zurück zu den Kommentaren der Kommentare. Erwartet sie an dieser Stelle nicht, denn was soll ich wirkungsvoll wem raten? Zu denken, zu tun? Ja, die Ergebnisse können wir vorweg träumen: Trump verschluckt einen Golfball, dann regiert der katholische Faschist Vance, glaubt ihr, der ist besser? Und wenn der sich an einer Hostie verschluckt, wer kommt dann danach? Nein, personalisiert geht es bei Diktaturen nicht, hier nicht und dort nicht.

Nicht nur die Unterwerfung geht auf unsere Kosten, auch der Widerstand und die Freiheit. Ich weiß nicht, was sich an unserem jeweiligen Leben zuerst einschränken wird müssen, aber dass diese Freiheit mehr kosten wird als Stillhalten, ist wohl klar.

Unehrliche Realpolitik

Zitat der Wahrheit – etwas ausführlicher

…es ist schon erstaunlich, wie sehr manche Menschen bereit sind, sich vor anderen in den Staub zu werfen. Selbst einflussreiche Spitzenpolitiker wie Mark Rutte, Generalsekretär des größten Militärbündnisses der Welt. In einer Text-Nachricht kurz vor dem Nato-Gipfel überschüttete Rutte den Empfänger mit Komplimenten. Dieser habe etwas getan, „was niemand zu tun gewagt hätte“ und nun steuere er „auf einen weiteren großen Erfolg zu“. Sogar den Schreibstil des Adressaten imitierte Rutte: „Du wirst etwas erreichen, das KEIN amerikanischer Präsident in Jahrzehnten erreicht hat.“

Die private Nachricht war wohl nicht für die breite Öffentlichkeit bestimmt, doch der Empfänger – Sie werden sich inzwischen denken können, um wen es sich handelt – verbreitete sie genüsslich weiter. Der Fall illustriert anschaulich, wie sehr sich westliche Staats- und Regierungschefs, oder eben Rutte, derzeit bemühen, Donald Trump bei Laune zu halten.
es ist schon erstaunlich, wie sehr manche Menschen bereit sind, sich vor anderen in den Staub zu werfen. Selbst einflussreiche Spitzenpolitiker wie Mark Rutte, Generalsekretär des größten Militärbündnisses der Welt. In einer Text-Nachricht kurz vor dem Nato-Gipfel überschüttete Rutte den Empfänger mit Komplimenten. Dieser habe etwas getan, „was niemand zu tun gewagt hätte“ und nun steuere er „auf einen weiteren großen Erfolg zu“. Sogar den Schreibstil des Adressaten imitierte Rutte: „Du wirst etwas erreichen, das KEIN amerikanischer Präsident in Jahrzehnten erreicht hat.“

Die private Nachricht war wohl nicht für die breite Öffentlichkeit bestimmt, doch der Empfänger – Sie werden sich inzwischen denken können, um wen es sich handelt – verbreitete sie genüsslich weiter. Der Fall illustriert anschaulich, wie sehr sich westliche Staats- und Regierungschefs, oder eben Rutte, derzeit bemühen, Donald Trump bei Laune zu halten…
(SZ 25.6.2025)

Man kann darüber hinwegsehen. Wir wissen ja, wie abhängig Europa mehrheitlich vom amerikanischen Diktator ist, den wir anders einschätzen als die gegnerischen Diktatoren in Moskau oder Peking. Die kleinen Diktaturen zählen da ohnehin kaum…

IST DAS SO?

Ja und nein. Wie häufig. JA Unterhalb der Atommächte – drei große Diktaturen – gibt es von ihnen abhängige, „befreundete“ Länder, die für sich nationalistisch ausgerichtet sind, aber an sich durchaus alles Mögliche sein können, Demokratien, illiberale Demokratien, autoritäre Herrschaften, Faschisten…manche sind auch Atommächte, die bislang wenigsten demokratisch, die meisten sind keine Nuklearmächte, v.a. nicht militärisch. NEIN Auch wenn fast alle relevant beteiligten Politiker entweder willkürlich herrschen oder auf einem beschränkten Niveau sich selbst überbrücken in eine bessere Zeit (heutiges NATO Treffen, morgen EU), gibt es in der globalen Flächenpolitik keine gleichmäßig verteilten Herrschafts- und Versagensgebiete (siehe römisches Reich, k.u.k. Monarchie, Osmanisches Reich, Russland…) Man muss also schauen, wer in diesen Ländern wo welche Maßnahmen initiiert und durchsetzt. Dazu kann man gegenüber den Diktatoren nicht immer ehrlich sein, die wissen das ohnedies, aber narzisstisch kommt es auf die Außenwirkung an.

Im Staub liegen kann einen schützen – oder man wird zertrampelt. Kein Witz bitte: ich sage nicht zertrumpelt. Dass wir, in Europa, von Rutte über von der Leyen bis Lenz keine bedeutenden PolitikerInnen an der Spitze haben, ist schlecht. Wenn wir uns gegen die Russen nicht wehren können und dabei nicht fest an die USA uns halten können…Karthago.

Ich bin kein absoluter Brecht-Fan. Aber eine Geschichte verfolgt mich seit Jahrzehnten:

Maßnahmen gegen die Gewalt Als Herr Keuner, der Denkende, sich in einem Saale vor vielen gegen die Gewalt aussprach, merkte er, wie die Leute vor ihm zurückwichen und weggingen. Er blickte sich um und sah hinter sich stehen – die Gewalt.“Was sagtest du?“ fragte ihn die Gewalt.“Ich sprach mich für die Gewalt aus“, antwortete Herr Keuner. Als Herr Keuner weggegangen war, fragten ihn seine Schüler nach seinem Rückgrat. Herr Keuner antwortete: „Ich habe kein Rückgrat zum Zerschlagen. Gerade ich muß länger leben als die Gewalt.“ Und Herr Keuner erzählte folgende Geschichte: In die Wohnung des Herrn Egge, der gelernt hatte, nein zu sagen, kam eines Tages in der Zeit der Illegalität ein Agent, der zeigte einen Schein vor, welcher ausgestellt war im Namen derer, die die Stadt beherrschten, und auf dem stand, daß ihm gehören solle jede Wohnung, in die er seinen Fuß setzte; ebenso sollte ihm auch jedes Essen gehören, das er verlange; ebenso sollte ihm auch jeder Mann dienen, den er sähe. Der Agent setzte sich in einen Stuhl, verlangte Essen, wusch sich, legte sich nieder und fragte mit dem Gesicht zur Wand vor dem Einschlafen: „Wirst du mir dienen?“ Herr Egge deckte ihn mit einer Decke zu, vertrieb die Fliegen, bewachte seinen Schlaf, und wie an diesem Tage gehorchte er ihm sieben Jahre lang. Aber was immer er für ihn tat, eines zu tun hütete er sich wohl: das war, ein Wort zu sagen. Als nun die sieben Jahre herum waren und der Agent dick geworden war vom vielen Essen, Schlafen und Befehlen, starb der Agent. Da wickelte ihn Herr Egge in die verdorbene Decke, schleifte ihn aus dem Haus, wusch das Lager, tünchte die Wände, atmete auf und antwortete: „Nein.“ (Microsoft Word – Documento4, 25.6.25)

Für die Wohnung haben wir viele Analogien, für das Schweigen ebenso, und für das Überleben der Diktaturen jeden guten Grund. Das ist doppeldeutig, ich weiß, war es immer. Einfach ist das nicht.

Unangenehm, auch mir

Manche Begriffe kann ich selbst nicht alltäglich normalisieren. Dazu zählt „Faschismus“. Ich will nicht dauernd darüber denken und sprechen. Das bitte ich beim Folgenden zu bedenken:

Agrarfaschismus breitet sich aus.

„So schnell, wie derzeit Umweltregeln für die deutsche Landwirtschaft geschwächt oder vertagt werden, brütet kein Huhn ein Ei. Vorgaben für den Umgang mit Gülle könnten schon nächste Woche gelockert werden – zulasten des Grundwassers. Prämien für ökologische Weidehaltung sollen verschoben werden, ebenso eine Kennzeichnungspflicht für die Schweinehaltung. Und nun wollen Landwirtschaftsminister der unionsgeführten Länder auch noch das EU-Gesetz zur Wiederherstellung der Natur kippen – das Beste, was Brüssel im Kampf gegen die Artenkrise bisher auf die Beine gestellt hat.“ (SZ 21.6.2025) (https://epaper.sueddeutsche.de/webreader-v3/index.html#/870842/4 24.6.2025)

Faschismus? Na, ist denn das nicht übertrieben? Wenn Sie das glauben, dann schauen Sie, wie Ihre Kinder und Enkel zu Lebzeiten verkommen (Natur UND Gesellschaft verklammert). Bei uns und anderswo – da greifen wir ja auch ein

Wie man vernünftig zum Thema politisch sprechen kann, zeigt Carsten Schneider (SPD) in der heutigen SZ 23.6.2025 „Wir müssen wieder zu einander finden“. Dabei geht es vor allem um Praxis, nicht nur um übergreifende Theorie.

Zurück zum Faschismus: die Zurückhaltung konservativer oder unpolitischer Wortmeldungen ist gefährlich, weil der Faschismus in die Vergangenheit und in seiner Wirksamkeit rückversetzt wird, als wäre er begrifflich unangreifbar. Beispiel ad hoc: Italien, Belgien, Niederlande. Ungarn…Zu Meloni:

„Und womöglich muss sich unter dem Eindruck dieses Anblicks sogar mancher in Erinnerung rufen, dass sie nicht nur eine Meisterin der nonverbalen Kommunikation ist, sondern vor allem eine ausgewachsene Rechtspopulistin. In diesem Sinn: Augen auf!“ (SZ 24.5.2025)

Und wer schützt die Landwirtschaft? Sicher nicht die Großunternehmer in politischer Verbindung mit dem neuen Rechtsruck. (Heute schon wieder eine angestrebte ausländerfeindliche Gehaltsspaltung durch einen „Christlichsozialen“ Minister).

*

Windstoß: Gedanken zu den Begriffen: Nicht alles, was politisch oder kulturell rechts ist, ist auch faschistisch. Nicht alles, was faschistisch ist, ist einfach nur rechts, manchmal auch links. Schlussfolgerung: die RechtsLinksAchse ist kein besonders gutes Argumentationsfeld. Aber was mich besonders irritiert: viele halten den Faschismus für vor dem zweiten Weltkrieg versickert. Seine Renaissance, mit Demokratiefeindlichkeit gepaart, irritiert, weil ja nicht sein kann, was nicht sein darf.

Und wenn ein kurzzeitiges Wirtschaftswachstumsbelebungsprogramm Umwelt und Soziales abschiebt, wird auch das die Demokratie schädigen und den Populismus fördern, der ja eine Brücke zum Faschismus ist. Dass es daneben eine allgemeine Entwicklung nach rechts gibt, kann man erklären, aber was es bedeutet, versteht man erst, wenn man davon betroffen ist.

Zur Zeit decken außenpolitische Überzüge die innenpolitischen Realitäten vieler Gesellschaften ab. Deshalb können die verbliebenen Demokratien mit den Faschisten ja durchaus gemeinsame Sache(n) machen. Aber schaut mal auf die Sozialgesetze, die Altersregelungen, die Schulpolitik, die Kultur. Das Führerprinzip regiert bei Putin und Trump gleichermaßen, und bei den jeweiligen Vasallen zunehmend auch (manche deutsche Unternehmen schmiegen sich an die US-Geschlechtsdemontage an, wenn sie auch dort produzieren oder verkaufen).

Schlechte Zeiten.  Verdreckt nur das Grundwasser, euer Hirn und eure Kinder werden darunter leiden. Aber wir wollen das nicht. Deshalb ist der Konflikt vorbezeichnet, und muss ausgetragen werden.

Demokratie – und so weiter.

Wir leben noch in einer ganz passablen, funktionierenden Demokratie. Wenn man Demokratie nicht so abstrakt hochjubelt, dass sie einem nie den Standard erfüllt, landet man bei Robespierre oder bei den Wortklaubern der Gegenwart. Aber natürlich gibt es bei uns eine Menge zu verändern und zu verbessern, aber vor allem zu korrigieren.

Kennt Ihr Marilynne Robinson? Autorin, Essayistin, politische Stimme? https://de.wikipedia.org/wiki/Marilynne_Robinson

Man kann aus der Biographie lernen, wieviele Elemente, widersprüchlich da zusammen kommen, um eine Meinung anzufertigen, die auch verstanden werden kann. In diesen düsteren Zeiten gibt sie einen kurzen, scharfen Einblick in die Situation der USA, eigentlich auch global. „Notes from an Occupation“, NYRB LXXII, #11, S.28-29.

Sie beschreibt konkret die Strukturen von Diktatur und nicht (mehr) vereinbarem Kompromiss. „I am proposing, of course, that America is, at present, an occupied country“. Das müssen sich die um Trump herumschwirrenden Beschwichtiger schon klar machen. Und sie folgert „Democracy cannot decline far without ceasing to be democracy“. Das sollten die sich klar machen, die auch bei uns aus falschen Gründen Abstriche von Freiheit (Misshandlung von Fremden und Asyl), der Umwelt, Sozialem und Kulturellem machen. Wir sind von den USA abhängig, aber sie sind nicht unsere Verbündeten. Dass wir von anderen Diktaturen nicht abhängig sind und sie natürlich auch nicht mit uns verbündet sind, ist klar. Dass manche Diktaturen von uns teilweise abhängig sind, sollte uns mehr beschäftigen.

Robinson zerlegt vor allem die Innenpolitik, richtig so, denn an ihr kann man die Struktur der Diktatur besser ablesen. Zu meinem letzten Blog und etlichen davor passt das, weil es für uns (fast) alle, sagen wir: für uns politisch gebildete Laien, leichter ist, Innenpolitik auch zu beurteilen, zu kritisieren und zu verbessern. Natürlich kann man zur Außenpolitik mehr als nur eine Meinung haben, das ist aber oft schwieriger. Nur zu.

Die Gefahr der Reduktion von Demokratie ist auch bei uns, in Europa, weltweit groß – und oft stehen größere Diktaturen kleineren gegenüber, und wer nimmt dann für wen Partei?

*

Gehen wir zurück zur Kritik an der Konzentration auf Rahmen und begriffsarme Worte, Drecksarbeit, was gegen diesen Begriff spricht, ist eine komplexe Bildungsfrage. So wie die Kleidung und Frisur von politischen Größen ideologiekritische Nachträge provozieren, so sind Begriffe wie Drecksarbeit ein Instrument der Überbrückung von Unsicherheit.

Ich hatte VOR der Amtsübernahme der Regierung Merz davor gewarnt, schon ex ante Urteile über die Praxis – Form und Inhalt – von politischen und gesellschaftlichen Aussagen zu veröffentlichen. Und hatte Recht behalten. Lasst die Regierung einmal arbeiten. Und? Was denkt ihr heute? JETZT kann man Kritik üben, an Personen, an der Komposition der Regierung, an ihrer Leitung. Interessant, wie niedrigschwellig Kritik ausgeteilt wird. Das müsste für meine wissenschaftlichen und moralischen Schwerpunkte zweitrangig sein. Aber für meine Beobachtung der gesellschaftlichen Meinung ist es schon deprimierend, entscheidungsfähige Aussagen, die für die Herstellung von verbreiteten Meinungen wichtig sind, unter den Teppich zu kehren. Und erst jetzt kann ich allmählich das Profil der Regierung, die Handlungen von Merz % Co. bewerten. Aber wen interessiert meine Meinung, und diese Frage habe ich verallgemeinert. Wer sind die politischen und moralischen Empfänger meiner Positionen? Richtig ist die Antwort in Richtung Allgemeinbildung, aber darüber hinaus sind natürlich schon die Form, die Begriffsbildung, die Querverbindungen wichtig – darum schreibe ich ja auch solche Blogs. Und die Reaktionen dafür und die Antwort auf diese Reaktionen machen ja die Blogs mehr als nur einen Rekurs auf meine eigene Meinung.

Jetzt schließe ich an Marilynne Robertson an. Sie meint ja begründet, dass die politischen Gegner in der Demokratie Brücken über ihre Differenzen bauen müssen, sonst geht die Demokratie bergab. Und nicht nur in den USA sind die abgebrochenen Brücken ein Zeichen für die entstehende Diktatur. Wenn euch das übertrieben erscheint, dann denkt die deutsche Geschichte zurück. (Als Österreicher kann ich auch zurückdenken). Wenn die Diktatoren die Macht ergriffen haben, ist es gleichgültig, ob das demokratisch befördert wurde oder nicht…und DARÜBER sollten wir reden.

Demokratie – wie weiter? So.

Eine heruntergekommene – geschwächte? – Demokratie konzentriert sich nicht auf die wertvollen Bilder, die wir uns ohnehin nicht leisten können. Sie arbeitet sich an den Rahmen und der Ausstellung ab, in der die wirkliche Politik gezeigt wird. Natürlich dürfen und können sich die Deutschen auch um die „Drecksarbeit“ von Merz kümmern, sogar aufregen: obs richtig war, aber nicht für den Kanzler, obs falsch war, aber verständlich, obs die Beziehungen zu Israel verbessert oder schädigt – „natürlich“, sozial-natürlich, so geht es offenen Gesellschaften eben zu. Aber nicht alles ist gleich wichtig, nur weil es natürlich ist. Vgl. Nachklapp SZ 21.6.2025 „Drecksarbeit“ – wieder eine Korrektur an den Schnellquarglern.

„Eigentlich“ ist auch so ein Dreckswort, das immer an der falschen Stelle hervorkommt, eigentlich hatte Netanjahu ja mehrfach Erfolg: die ihn im Gaza ablehnen, finden den Iranschlag gut und richtig. Und der Iran ist ja schon größer und wichtiger als Gaza, wichtiger? Und, wie die Presse schreibt, treibt er Trump vor sich her.

Fast alle reflektierteren Politiker sagen, wir hätten uns zu lange vom Iran wegen der Nuklearanlagen in die Irre führen lassen. Wir, der Westen.

Einer der eher links verorteten „Neuen israelischen Historiker“, Benny Morris, sagte. „Bei einer Veranstaltung an der Universität Wien Anfang Mai 2008 rief Benny Morris zu einem Präventivschlag gegen den Iran auf: „Mit konventionellen Waffen. Und wenn das nicht reicht, dann mit unkonventionellen. […] Viele unschuldige Menschen würden dabei sterben“, sagte Morris. Aber das sei immer noch besser als ein nuklearer Holocaust in Israel. In einem Interview mit der österreichischen Zeitung Der Standard behauptete Morris, nur ein atomarer Präventivschlag seitens Israels könne das Atomprogramm des Iran stoppen. (https://de.wikipedia.org/wiki/Benny_Morris 20.6.2025). Und 2024 sagte er das wieder. Lasst einmal links-rechts beiseite. Ich stimme dem ausdrücklich SO nicht zu. Aber ich verstehe Morris, der ein guter Historiker ist und so alt wie ich, Und eigentlich führt das zu Merzens Begriffsbildung. Und wer der nicht zustimmt, soll nachdenken und sagen, wann WIR wie politisch, diplomatisch etc. auf Iran hätten einwirken sollen, müssen, um seine Atomrüstung zu verhindern (was ja dann nur international und mit Kontrolle gegangen wäre, deren letzten Hebel ausgerechnet Trump selbst abgebaut hat). Wir, der Westen.

Wir in Deutschland sind nicht Israel. Wir jüdische Menschen in Deutschland sind keine Juden in Israel. Deshalb bitte etwas Vorsicht bei wertenden Kommentaren. Gerade wenn sie kritisch zur israelischen Regierung sind: 85% der Israelis stimmen dem Angriff auf den Iran zu, wo unmittelbar davor mehr als 50% den Krieg Netanjahus im Gaza abgelehnt hatten. Das ist leichter zu erklären, wenn man den Rahmen und die Bedingungen der israelischen Politik, jedenfalls seit der Gründung kennt, eher noch auch davor.

Deshalb kommentiere ich den Israel-Irankrieg nicht weiter. Wenn alternativ verhandelt wird, braucht es mehr Demokratie als Trumps Drohungsdiktat, und wer die Diktatur in Teheran loswerden möchte, soll deutlich werden, wer sie ersetzen soll. *

Aber mir ging es ja generell darum, dass sich bis heute viele öffentliche Stimmen lieber mit der Rechtfertigung oder Kritik der Drecksarbeit befassen, als mit der Wirklichkeit, nicht nur in Israel. Auch bei uns, nicht nur in den USA, werden Umwelt und Soziales abgebaut, scheinbar erlaubt die Budgetsanierung die Lebensgefährdung der nächsten Generation. Da stecken viele lieber den Kopf in den Sand und reiben sich dann die Lider wund. Meine Kinder und Enkel sind betroffen, und viele ihrer Generation.

Über diese Betroffenheit, ja, Lebensbedrohung, im Gaza und in Israel und im gesamten Nahostgebiet, und nicht nur da, sollten wir in den gleichen Kategorien nachdenken und urteilen wie gegenüber unseren Kindern. Und auch, welche Politik wir dann wirklich fördern, welche wir bekämpfen wollen.

WIRD FORTGESETZT: ICH WERDE DAZU NOCH EINIGES SCHREIBEN: DIE ÜBERSCHRIFT BLEIBT:

Aktuell: Vergessen!

Vergessen, was für eine schwierige Übung für die aktive Psyche. Was man nicht erinnern will, bleibt oft gegenwärtig, man kann es nicht vergessen. Überhaupt, wenn es ganz aktuell ist. Ukraine, Israel, Sudan, Trump, Putin… nur das Zaubermärchen kann sie alle zum Verschwinden bringen. Ansonsten stehen sie, vielfach und mit vielen Anhängen, wie eine Herde von Elefanten im Raum.  Ja, was machen wir denn da? Es ist unmöglich, vernünftig zu denken und zu entscheiden und zu handeln, wenn man dauernd überlastet und überfordert ist. Aber der naive Rat, „Abschichten“, geht ja so einfach nicht.

Andererseits: wozu und wie formiert sich das politische Urteil in Bezug auf mein, unser Leben, das Leben in der Gemeinschaft und dem Staat? Theoretiker formulieren hier z.B. die Angst, die Heimatliebe, das eigene politische Urteil etc. als Hintergrund. Aber praktisch, im Alltag, wie ist es da? Und ich kehre die Figur um: Wenn ich mich in meiner Umgebung genauer wahrnehme, und diese Umgebung genauer bestimme, erfahre ich mehr und genaueres für mich, nicht immer über mich, aber immerhin: in welchem Aquarium ich schwimme, wird deutlicher. Ein Beispiel – kein Ratschlag: da ich oft S-Bahn und Bus fahre, schaue ich nicht ins Handy, sondern mir die Mitfahrgäste an, und wenns dauert, wird daraus ein Soziogramm…das ist auch, auch!, politisch, aber anders, es gibt einen direkten Bezug zu mir, den ich auch für mich formulieren kann. Das ist bei der Ukraine und dem Sudan schwieriger, siehe oben. Bei mir gibt es aber die Überschneidung mit Israel. Bei anderen ist das anders, vielleicht…aber: die beiden Ebenen gibt es bei allen Menschen. Mein Fahrgast-Soziogramm ist nicht schwergewichtig, es verlegt mich in meine „Umgebung“ und drückt mich nicht mit politischem Gewicht so zu Boden, dass ich meine Umgebung gar nicht mehr sehe. Darum geht’s: ich kann, zum Beispiel JETZT, zu Israel, der Ukraine, Trump etc. wieder etwas denken und sagen, erstmals für mich. (Für wen sind denn die vielen Kommentare der Freizeitschiedsrichter und Politiikgloobalisten?). Der eigene Gedanke wird nicht immer besser, wenn er öffentlich zurückleuchtet, bestätigt, kritisiert oder korrigiert.

Ich denke an den Alltag in Haifa oder Jaffa, auch im Iran…der ist natürlich anders als bei uns, aber man kann über ihn auch politisch wieder aufwachen. Dazu schreibe ich HIER nichts, weil es um etwas anderes, die eigene Rechtfertigung für Interessen – und Resilienz geht. Aber wenn ich jetzt ein Seminar hätte, wäre eine Frage: wer hat vor einer Woche Israel, die Hams, die USA, die EU etc. im KONTEXT kritisiert und wer von denen freut sich mehr oder weniger offen über Israels Angriff auf den Iran…? Das ist schon ein Thema der Medien, nicht einfach meins. Und wie stabil sind die Kommentare der letzten Woche, und die von vorgestern und die von heute? Darüber nachzudenken, bedarf es auch eines klaren Kopfes und nicht gleich ein Angebot auf Reaktion…

Über erinnern und vergessen habe ich viele Jahre gearbeitet, es beschäftigt mich bis heute. Beides ist wichtig, und zwischen beiden gibt es Verbindungen und Pausen. Darüber habe ich jetzt nachgedacht.

Unterwerfung als Tugend – nicht nur deutsche Tradition

Nur keine falschen Begriffe, kein Klima, keine Geschlechtervielfalt, keine Migrationspolitik – im Vorfeld des Treffens der so genannten Demokratien in Kanada, incl. faschistischen Regierungen wie in Italien, wird alles getan, um den Diktator Trump nicht zu reizen, ja, man schmiert ihm sich selbst ums Maul.

Israels Krieg gegen den Iran bietet dazu ein gutes Glacis. Da der Iran die schlimmere Diktatur ist, kann man sich hinter Netanjahu verkriechen, ohne Gefahr zu laufen, als undemokratisch zu gelten, und Gaza ist vergessen.

Nun ist das vielleicht die richtige Haltung von Vasallenstaaten. Aber dann soll man sie als solche deklarieren…. Unsinn, natürlich, man spielt demokratische Allianzen, Hauptsache, die Zölle werden verringert. Wir sind halt der Westen, die EU, unter dem nuklearen Schutzschirm der USA.

*

Dass man sich „unterwirft“, kann – historisch und gegenwärtig – für Staaten, auch „National“-Staaten wirtschaftliche, seltener soziale, seltener kulturelle, seltener ethnische Vorteile mit sich bringen. Nicht nur Trump arbeitet mit Zuckerbrot und Peitsche, weil er sich das leisten kann. Putin und Xi brauchen das so gut wie nicht, sie erobern und herrschen, auch mittlere Diktaturen müssen diese Doppelstrategie nicht anwenden. Das unterscheidet den Diktator Trump von seinesgleichen, deshalb bleibt er doch ein Diktator. Und zur Demokratie der Abhängigen gehört, die Brüche im Herrschaftssystem zur eigenen Autonomie auszunutzen (wenn man sie nicht schon herstellen kann…).

(Ein Beispiel: einen Diktator muss man nicht öffentlich oder gar in Konfrontation mit den Bezeichnungen, die seine Ablehnung und unsere Abscheu beinhalten bezeichnen…das ist nicht Kleinmut, sondern vermeidet ein symbolisches Schlachtfeld, in dem wir materiell die Verlierer sein werden. Hingegen ist das Selbstbewusstsein im Umgang mit dem Diktator wichtig, denn er kann seine Untergebenen nicht verlieren (das ist nicht nur eine ökonomische Binsenweisheit). Vieles geht besser ohne ihn als gegen ihn, auch wenn es begrenzt ist. Zum obigen Beispiel: die Herabsetzung der Diktatoren erfordert nicht nur genaue Beschreibung und Bezeichnung, sondern auch Kommunikationspartner, die die mehr oder weniger gut verpackte Aufforderung zum Handeln verstehen und wenn möglich umsetzen).

Das kostet. Unsere Veränderung von Bewusstsein, die kritischen Linien, es kostet auch Geld (und für uns wahrscheinlich viel an Wohlstand und – Sicherheit ohnehin. Das müssen wir für unsere Kinder und Enkel verantworten, nicht mehr nur für uns – das vergessen die jetzigen Bürokraten des Populismus gerne).

Also das Gegenteil des Aufrufs zur freiwilligen Unterwerfung. Das Wohlwollen der Diktatoren ist ein Abbruch eines gut gelungenen Lebens vor dem Tod.

Hierarchien von Despoten und Faschisten

Nur ganz kurz, werte LeserInnen: fast die ganze Welt zeigt sich über Israels Angriff auf den Iran erfreut, und was das Ziel – die Atompolitik und Nahoststrategie des Landes – betrifft mit guten Argumenten. Die Frage, WER hier instrumentalisiert angreift, tritt in den Hintergrund, und selbst Netanjahu reduziert Gaza zum sekundären Kriegsziel. WAS angegriffen wird, steht im Vordergrund.

Der Krieg wird vielfach kommentiert, und der Luftschlag militärisch eingeordnet. Die iranische Antwort auf Tel Aviv, Rischon LeZion, Ramat Gan muss erklärt werden, was Relativierungen der israelischen Verteidigung beinhaltet – und zunehmend geraten die Kosten dieser Verteidigung in den Blick…

Das gegenwärtige Geschehen muss ich nicht meta-kommentieren, es ist sozusagen allgegenwärtig. Welche Despotie, welches faschistische System welches andere und warum angreift, ist hingegen Nachdenkens wert.

Und mein Punkt ist, dass die Rekonstruktion dieser ganzen Zusammenhänge den Abstand des Kommentars braucht, wir sind ja nicht die Medien….

*

Die gleiche Auseinandersetzung hatte vor Jahren im Kosovo, ich hatte sie in Afghanistan, eigentlich ist sie älter und jedenfalls auf die Differenz von Wissenschaft und Medien angewiesen. Wenn man auf beiden Seiten agiert – umso schwieriger, nicht ausgeschlossen oder verboten, natürlich, aber kompliziert. Die Nachrichten, die Kommentare, die Einsichten – damit auch die Platzierung von Kritik und die Veränderung des eigenen Bewusstseins. Ihr könnt das ja studieren, indem ihr manche Journalisten über die letzten Wochen verfolgt und wie sie seit dem Iranakt sich neu positionieren.

Im übrigen scheint es im Konflikt-, gar Kriegsfall nicht so wichtig zu sein, ob beide Akteure oder einer von ihnen demokratisch oder diktatorisch regiert werden. Die obersten Befehlshaber bestimmen, was beim Ausgang des Konflikts wichtig werden sollte und wie es bis dahin wirken soll. Wenn die eigenen Wohnhäuser bombardiert werden, wenn es Tote gibt, werden sie anders vermenschlicht als die Quantitäten der Feinde. Übrigens ist das kein Privileg von Demokratie.

Dass in letzter Zeit, auch heute DLF 11.00, Demokratie selbst kritischer Prüfung unterzogen wird, ist in Ordnung, überfällig. Aber was in der Demokratie variabel funktionieren muss, und was eine austauschbares Rahmengebilde ist, das ist wichtig für unsere Diskussion, die Demokratie reformierbar weiter zu entwickeln, nicht sie zu stagnieren, wie Ungarn „illiberal“ oder wie Slowakei halbkriminell…

Der Abstand zwischen Wissenschaft, hier: und damit Politik, und Journalismus, hier: und damit Politik, muss keine Gegnerschaft bedeuten, kann Zusammenarbeit mit sich bringen. Aber das muss sich aushandeln lassen, nichts ist so wenig selbstverständlich wie die Deckungsgleichheit der Nachricht, die wir kommentieren müssen.

Sagt doch etwas zu Israel in den letzten 48 Stunden.

Frühsommergrippe, herbstzeitlos

Bevor wir austrocknen, noch ein paar feuchte Hoffnungstage. Nicht ganz sicher, ob die unser Bewusstsein wach halten oder kalmieren. Der Diktator Trump versucht, Los Angeles zu erobern, unrechtmäßig und sicher gedeckt durch den rechtsradikalen Obersten Gerichtshof. Einsatz des Militärs im Inneren….kennen wir das nicht? Ja, da kann man sich im Oval Office auf die Schenkel klopfen, wenn die Subalternen die Stimmung aufhellen, das ist ja bei Putin und den Koreanern auch so. Da verbreitet sich die Diktatur unter Trump so schnell, dass die Anwanzer gar nicht mit Argumenten nachkommen. Obwohl es ja einige gibt, etwa den Atomschirm und die Autoverkäufe und die Chipherstellung und und und. Bei Diktatur geht es aber nur bedingt um Ökonomie und Verteidigung, die andere Seite, Politik, macht das System erst funktionieren. Menschenrecht…quatsch, doch nicht bei Ausländern. Ich brauche unseren bündnisstarken Gegner Trump nicht, wir haben seine Kopien ja in der rechten Regierung Lenz.

Deshalb leidet unsere Politik an der Frühsommergrippe. Das ist eine Krankheit, bei der Exponenten zunächst an Logorrhoe leiden, d.h. sie reden bevor sie zu Ende gedacht haben (klar: ich meine Dobrindt, Linnemann, Frei und die Söderiten, die ja in den eigenen Reihen anstecken wollen, wo andere noch immun sind). Der nächste Schritt folgt dem Frisch-Rezept „Biedermann und die Brandstifter“, klar, bewaffnet die Polizei mit Tasern als Übergang zu Schusswaffengebrauch, wir haben genügend Gerichte, die ohnedies die Polizei beschützen, wo das Recht löchrig ist. Und damit die Mehrheit der Gerichte, Staatsanwaltschaften usw. degradieren, denn über diese Mehrheit berichten die Medien selten (analog zu den USA, ein wenig hält sich die Justiz noch aufrecht gegen das rechtsradikale „Oberste Gricht“, die Trumpshow). Das Peinlichste an der Grippe ist das Einschießen auf die Notleidenden in unserer Gesellschaft, nicht nur Asylanten und Ausländer, nein viele Deutsche. Frei & Konsorten sollten einmal ein paar Tage im Arbeitsamt oder in den Notunterkünften Erfahrung sammeln, ohne Presse und Komparsen.

*

Nun gut, sagen die Unparteiischen. wir haben nun eine rechtsorientierte Regierung, da werden Kultur, Soziales, und Bildung dem Wirtschaftswachstum und der politischen Ökonomie untergeordnet. Volkes Wille…Halbwahrheiten sind schlimmer als Wahrheiten. Dass die Regierung rechts dreht, ist sicher ein Aspekt der europäischen, vielleicht globalen Demokratie. Die Gegenargumente aber müssen aus der Demokratie kommen und nicht innerhalb der rechtslastigen Regierung sich eindrehen. Deutschland wir ärmer, unkultivierter, ups! ein Stück „amerikanischer“? So, wie gerade die Vorposten der Kultur angeschossen werden – Sparsamkeit – so wie zur Zeit das ärmste Quartil weiter in die Armut abgedrängt wird, so wie zur Zeit ausländische Menschen gegen die deutsche Herrenrasse diskriminiert werden, brauchen sich die Dobrindts & Konsorten nicht über ansteigende Gewalt wundern. Am Ende der Frühsommergrippe steht die Mehrheit der europäischen Faschismen bzw. der jeweils zweitstärksten faschistischen Opposition. Das liegt aber nicht nur den kleinen und größeren Führern, sondern schon am Volk. Sagt nicht, dass euch das nicht auffällt. Im letzten Stadium der Krankheit bildet man dann immer Koalitionen aus Not, nicht aus Überzeugung. Da ist dann die Kultur und Sozialfürsorge schon weiter dezimiert. So schlimm ist ja Meloni nicht…

*

Ich hoffe auf einen frühen Herbst. Mit nachholendem Regen, mit Kühle nach der Hitze, mit Politik statt Populismus. Man sagt, an bestimmten Tagen im Kalender kann man das Eintreten dieses Wettersegens voraussagen. Dazu kann man, muss aber nicht religiös glauben, man kann und soll auch denken dürfen. Heute ist so ein Tag, und Morgen.

Trostpflaster

Wie klein muss ein Verlust sein, dass er entschädigt wird? Was muss jemand verlieren, damit ihn oder sie jemand anderer tröstet? Wer profitiert vom Verkauf von Trostpflastern?

Mir kommt dieser Fragenkatalog, wenn ich beobachte, wie die Medien sich und Merz trösten, nach den Ergebnissen der Trump Begegnung. Auch, dass die Menschen in Los Angeles protestieren ist ein Trost, denn die Militärs haben erfahrungsgemäß gegen die Revolutionäre nie eine echte Chance )das scheint Trump übrigens zu wissen).

Aber Trösten ist ja meist eine emotionale oder psychische Entschädigung für einen wirklichen Verlust (Menschenleben, Geld oder Wohnung…). Ausnahme: wer im Alltag etwas verliert, weil er oder sie nicht aufpasst, wird meist nicht getröstet, sondern verlacht. Hinweis deshalb: die eigene Vorsicht und das Selbstaufpassen immer bei der Trosthoffnung ins Treffen führen.

*

Genug der sittlichen Einsicht in den Trost. Mich tröstet im Augenblick (seit vorgestern und vielleicht bis morgen) der REGEN. Es war ja wochenlang sehr trocken und die Prognose ist, dass es noch länger im Sommer viel trockener wird. Versteppung des deutschen (nicht nur) Feuchtgebiets und ähnliches. Als Nebeneffekt der Umweltpolitik hat die Aufmerksamkeit auf die Details der Auswirkungen des Klimawandels zugenommen (bei allen denkenden Menschen mit Ausnahme einige Politiksparten). Und um diese Aufmerksamkeit gehts mir, wenn man die Auswirkungen und nicht nur die Aktualität aller möglichen Ereignisse in Wetter, Politik und Kultur genau wahrnehmen will, um zu verstehen. Zu Recht wird kritisiert, dass die Informationsüberfülle diese Wahrnehmungen schwächt, vor allem, wenn die Zeitspannen des Überdenkens immer kürzer werden. Was kann man dagegen tun?

Das ist nicht abstrakt gefragt. Wir können ja die Postings und die Kommunikation über Handys statt face to face nicht einfach umkehren. Medienkritiker haben mit Psychologen zu Recht, (z.B. heute 8.30 DLF) festgestellt, dass vor allem bei Jugendlichen physische Schädigungen und etwas später auch politische Fehlleistungen eine Folge dieser Informationsflut sind. Soweit so richtig. Bevor ich über Gegenstrategien nachdenke, mein Rückblick: Mir ging die Überforderung durch Informations(an)schwellung auch gewaltig ins Gemüt und in meinen Tagesablauf. Nicht mehr nur eine Hör-TV-Druck-Richtung, sondern mehrere, kontroverse. Wem also vertrauen? Und schon vor 50 Jahren, lange vor den Blogs und Influencern, wurde mir klar (war es nicht automatisch, wurde es….), dass der Abstand zwischen dem Moment der Information und der Bewertung mit zu den wichtigeren Elementen gehörte, mehr Bildung als Erziehung, das war mir sicher, und später bestätigt durch Hans Maier (Jean Améry) https:// de.wikipedia.org/wiki/Jean_Am %C3%A9ry wichtig wurde: das Misstrauen gegen die Unmittelbarkeit der Information. Der Abstand ist nicht nur intellektuell sinnvoll, sondern manchmal auch zeitlich. Nehmt als Beispiel die wenigen Tage zwischen der Begegnung von Merz und Trump…Das erfordert Blogpolitik und die Wiederherstellung der Vollständigkeit gegenüber den Stichworten der Information – das kann auch als Abwehr- und sogar Kampfmittel gegen die populistischen Verkürzungen Wirkung zeigen.

*

So einfach ist das nicht, Bildung als Trostpflaster anzupreisen. Was ist schon einfach? Die Antworten sind gerade der Zweck dieser nicht hinterhältigen Frage. Wie diskutieren wir unsere Abneigung gegen den Populismus? Wenn es regnet, kann man über die Trockenheit der Wälder Einsichten bekommen, die andere Wirkungen haben als die Frage, ab wann man keine Regenschirme mehr kaufen kann….weil man sie nicht mehr braucht.