Deutschland dreht rechts

Der rechtsextreme Ausländerfeind Alexander Dobrindt schützt die faschistische AfD. Nicht jeder Rechtsextreme ist ein Faschist, das schützt Dobrindt zu Recht vor falschen Anschuldigungen. Aber über die Differenzen und Überlappungen seiner und der AfD Ideologie sollte man sich schon Gedanken machen: „Bundesinnenminister Alexander Dobrindt warnt erneut eindringlich vor dem Versuch, die AfD vom Bundesverfassungsgericht verbieten zu lassen. „Wer glaubt, man könne juristisch gegen die AfD und ihre Stimmungsmache gewinnen, wird ein böses Erwachen erleben“, sagte der CSU-Politiker den Zeitungen der Funke Mediengruppe.“(RP Online 7.6.25, vgl auch Artikel von dpa/epd/maw)

Schauen wir genauer hin. Der Kampf gegen angeblich linke und/oder ökologische Kulturhoheit ist ein Feuerwerk, das blendet und zugleich die wirklichen Entwicklungen verdeckt, von ihnen ablenkt. Und wenn man die Kultur, die Wissenschaft weiter so einschnürt und abbaut, wird die Folge über lange Zeit nicht reparierbar sein, was der neuen Rechten ja zupass kommt.

Ich sagte schon früher, Dobrindt wird von vielen rechtsdrehenden Deutschen hochgehievt. Und begleitet wird er von einer unangenehmen rechtsdrehenden Kulturpolitik. Wolfgang Weimer zum Beispiel „Er ist seit 2025 Staatsminister bei dem Bundeskanzler und Beauftragter der Bundesregierung für Kultur und Medien.“ (lest diese Biographie als exemplarisch für die Kulturverengung durch die Regierung Lenz: https://de.wikipedia.org/wiki/Wolfram_Weimer). Da ich nun seiner Vorgängerin und Parteifreundin Claudia Roth durchaus ambivalent gegenüberstand, ist hier keine Nostalgie gegenüber früherer Kulturdynamik im Spiel, sondern eher die kalte Hypothese, dass wir die demokratische Kultur bald auch brauchen werden, um der rechten Politik in die Parade zu fahren. Ulf Poschardt, der WELT-Editor, ist ein anderes Beispiel für die Kulturdestruktion von Rechts. Lest die Rezeption in der Biographie: https://de.wikipedia.org/wiki/ Ulf_Poschardt . Man kann der intellektuellen Rechtsdrehung vieles vorwerfen, aber sie ist weder dumm noch genuin Faschistisch. Sie gibt das Unbehagen mit der Wirklichkeit oft besser wieder als die Linken das tun, und ihre Kritik an der linken und liberalen Kulturpolitik und -ideologie hat eine Angriffsfläche, die man nicht beiseite räumen darf. Dazu muss man aber mehr wissen, als diese linke, ökologische, soziale Kulturglocke über der deutschen Wirklichkeit einfach als abgehoben (Lieblingswort der Rechten) zu kritisieren. Gerade diese Kritik müssen wir ernst nehmen und das bedeutet, die linke und liberale Kultur der letzten Jahrzehnte auch zu analysieren in Bezug auf beides: Opportunismus gegenüber der staatlichen Vereinnahmung und Verwechslung von Toleranz mit dem Zulassen von „allem“, das unter dem Etikett Kultur erscheint. Klar, das ist die Gratwanderung zwischen der Zulassung und Förderung des Neuen und der Abwehr des scheinbar Neuen und Originellen. Aber die Gratwanderung ist ja wichtiger Teil der Kultur selbst. Man kann diese Figur auch im Hinblick auf Vergangenheit abwandeln. Zugespitzt kann ich sagen, dass linke Selbstkritik zwar vorhanden ist, aber zu sehr in der eigenen Kulturblase und nicht in Konfrontation mit der neuen Rechten und vor allem mit den Gruppen, die sie nicht oder zu wenig erreicht.

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Wir können die gesamteuropäische, wenn nicht globale, also auch deutsche Rechtsdrehung und nationalistische antiglobale Entwicklung nicht leugnen oder den Kopf in den Sand stecken. Was uns bevorsteht, liegt nicht auf der Rechts-Links-Achse. Wir haben sie beispielsweise durch die völlig unzureichende kulturelle und soziale Politik nach Öffnung der Ostgrenzen mit befördert und verstärkt.

Das Aufbrechen der angeblichen Herrschaft einer bestimmten Ideologie über Politik und Kultur wird selten pluralistisch dargestellt. 1989 und in der Folge war so eine Situation, wo gerade die Kontroverse um die sich entwickelnde Demokratie keine Einheit zugelassen hatte. Eine Beispiel das Buch von Kogel, Schütte, Zimmermann, in dem 30 AutorInnen praktisch das gesamte Spektrum einer fiktiven R-L-Achse inclusive einer „Mitte“ abdeckten: „Neues Deutschland“ (Kogel, Schütte, Zimmermann 1993), da durfte ich auch schreiben, als Österreicher und Deutscher (Daxner 1993, S. 42-44). Da war etliches vorschnell und falsch, aber im Kontext vieles richtig, u.a. „“Es waren immer die deutschen Konservativen, die sich gegen die westeuropäische und amerikanische Zivilisation gewehrt haben, damit die Tiefe und Zerrissenheit der deutschen Kultur umso strahlender erscheine…“ (44). Die Konservativen hatten haben verdrängt, wie und warum die westlichen Siegermächte die Kultur nach 1945 wieder demokratisch aufs Gleis gesetzt hatten. Damals schließe ich mit dem Satz, „…die Linken haben dieses wohl auch verdrängt“ – das war nach 1989! Und diese kritische Position muss man heute nicht nur gegen Trump und Konsorten anwenden, sondern auch gegen seine subalternen, Gefolgschaften – das entlastet andere Diktatoren wie Xi und Putin keineswegs, aber es schärft unsere Pflicht, uns genauer zu positionieren.

Heute kommt mir eine DLF Sendung zu Hilfe, zufällig: Bürokratiemonster und Paragraphendschungel
Verwaltung in Zeiten der Kettensägen
.  (Stefan Kühl, 8.6.2025 DLF). Die rechte Zerstörung der auf Gleichbehandlung gerichteten staatlichen Bürokratie, ob in Argentinien, den USA (DOGE…) oder bei uns zerstört mehr als nur Abläufe. Es gefährdet unsere Sicherheit als Staatsbürger.

Besser, Dobrindt hält sich an die Gesetze.

Erwartung und Hoffnung – enttäuscht und getäuscht?

Dass Erwartung und Hoffnung nicht dasselbe sind, wissen wir, hoffentlich. Früh in meinem Studium und später in meiner Arbeit habe ich das gelernt und immer wieder bin ich dagegen gerannt. (Manche wissen, dass das von Ernst Bloch kommt, „Prinzip Hoffnung“, aber man kann es auch so verarbeiten).

Heute, einen Tag nach der Rückkehr von Friedrich Merz überschlagen sich die Kommentare mit allgemeinem Lob für sein Verhalten gegenüber dem Diktator Trump – und mit teilweisem ironischer Kritik an all dem, was erwartet oder eben nicht erwartet worden ist, und was auch nicht herausgekommen ist aus dem Treffen in der vergoldeten Ovalschüssel.

Was hat man denn erwartet?

Gemessen an dem, was man Merz tatsächlich zuschreiben kann, war er erfolgreich, wurde nicht gedemütigt und nicht auf schmalem Grat gefährlich hochgehoben, alles in allem ein Erfolg, gemessen an dem, etc. Eine Schlaufe gedämpfter Erwartungen. Hat jemand gehofft, dass hier ein Durchbruch geschieht, dass Trump nach dem Mittagessen rational zu Russland, zu den Steuern, zur NATO, zur Wissenschaft, zur Kultur… herauskommt, dass alles in Ordnung gerät, was eine Katastrophe ist? Gleichzeitig hat die rechtsradikale Mehrheit des Obersten Gerichts die Zerstörung der persönlichen Identität von Millionen Sozialversicherten gebilligt (Trump und Musk haben das noch gemeinsam initiiert) und so geht die Zerstörung von Justiz und Sozialpolitik weiter. Was hat das mit Merz‘ Besuch zu tun? Wenig und viel. Natürlich war ihm dieses Thema auch klar, und da kann er wenig gesagt haben, will er die Intervention der Trumpisten in unsere Binnenstruktur abbremsen (Die AfD Vorliebe und das Revival von Nazigedanken in den USA passt nicht ganz zum Gedenken an die amerikanische Landung in Europa, aber was solls, Geschichte lernt man ohnedies hier wie dort immer weniger). Was also Merz bei sich behalten hatte, aus welchen Gründen auch immer, ist auf der positiven Seite des Besuchs. Und unserer Erwartungen?

Die Erwartungen an Merz können noch steigen, wenn man seine Lernfähigkeit positiv einschätzt (Gott, ist das arrogant!, aber wie anders soll man denn seinen wenig gebildeten Start in einige Hoffnung umdeuten?). Aber Hoffnungen in den Diktator Trump setzen, steht der Vasallenpolitik in der NATO und eigentlich auch in der bewaffneten EU nicht zu. Wollen wir uns davon befreien, wenigstens die Vasallität lockern, dann wird das Geld und ein anderes Bewusstsein kosten. Beides wird in unsere bisherigen Lebenspraxis eingreifen, und hier gibt es einen mehr als dialektischen Widerspruch. Wir wollen nicht aufrüsten, natürlich nicht, wir wollen Frieden für uns und andere. Dagegen spricht nicht nur die Förderung der Rüstungsindustrie, da sagen sie: aber was soll man denn anderes tun? Und dagegen spricht eine unmenschliche Familiennachzugsbarriere, eine Sozialpolitik, die peinliche Vorzüge der Deutschen vor anderen, echten Menschen sichtbar macht (Dobrindt ist nur Leitfigur der Unmenschlichkeit, da ist schon das sog. Volk auch mit in der Haftung, übrigens nicht nur Arier, asuch in den letzten Generationen zugezogene Ausländer. Und das nicht nur bei uns, in allen europäischen Ländern, schaut nach UK). Aber was spricht dafür? Ganz hart gesagt: unser Überleben, wenn Russland früher angreift als (ohnehin) erwartet. Man kann hoffen, dass das nicht so schnell geschieht, aber erwarten kann man es nicht. rational. Und man kann hoffen, dass unser Vasallenstatus nicht so schnell ausebbt.

Und das alles ist keine verdeckte Argumentation FÜR mehr Rüstung und GEGEN Verhandlungen für Frieden.

Denn Krieg und Frieden liegen nicht auf derselben rationalen Linie. Der Beginn und das Ende von Krieg hat andere Bedingungen als der Beginn und das Ende von Frieden. Hier kommt natürlich Politik ins Spiel, und da kann man nur HOFFEN, dass die Erwartungen an Merz und die Regierung sich richtig entwickeln. Aber da kommt auch unser persönlicher, privater, subjektiver Lebensumkreis, unsere LebensQUALITÄT ins Spiel, und deshalb müssen wir uns um die Spielregeln kümmern, solange wir eine Demokratie sind. wenn der europäische Faschismus voranschreitet, haben wir schon verloren. Und der schreitet ja voran und steht auch bei uns vor der Tür. Da hatte Merz recht, wenn er die AfD Freunde von Fox zurückweist. Aber Vorsicht, bis in die Regierung hinein gibt es auch bei uns genügend Demokratiefeinde, die darauf setzen, dass sie mit einer zerstörten kritischen Kultur besser durchregieren können als mit uns. Werch ein Illtum!

Korrekturen, standfest

Lernt man etwas dazu, kann man seine Position bestätigt sehen oder man kann sie korrigieren. Trivial?

Was heißt „etwas“ und wozu dient das „Dazu“?

die billigen Bestseller über unsinnige Inhalte knallen an diesen Fragen vorbei. (gebt einmal „Unsinn“ ein, die Liste ist unübersehbar…). „Etwas“ ist nicht irgendetwas, sondern ich suche mir schon etwas aus, oder Leserin sucht sich etwas aus, oder etwas wird uns auferlegt….

und wenn es um Dazulernen geht, dann hat dieses Etwas eine offene Flanke, die mir wichtig ist, nicht irgend eine.

Das wird aber jetzt didaktisch und beleuchtet die Schulbildung und den ansonsten langweilen Feierabend, an dem es besser ist, etwas dazuzulernen als nur in die Glotze zu schauen? Nein, so billig ist der Gedanke nicht.

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Ich bin draufgekommen, mich zu fragen, was ich warum dazugelernt habe, an drei sehr realen politischen Ereignissen der letzten Jahre: meinem Abschied von Afghanistan, dem Krieg Russlands gegen die Ukraine, und der Situation zwischen Israel und dem Gaza. (Es gibt natürlich noch viel mehr, aber die Dauer und Intensität der Korrekturen treten vor alle anderen). Keine langen Abhandlungen, ein Fazit:

Afghanistan: Nach Fertigstellung des Archivs und seiner Vergabe an eine Universität eigene Umstufungt von einem Experten zu einem Laien. Das hat(te) schon eine Menge Auswirkungen auf Kontakte, Kommunikation, aber für mich auch eine Verengung der hinzukommenden Informationen und eine große Menge von allmählich verflachten Erinnerung, vieles geht verloren, manches muss ich selbst nachlesen, um es wieder zu wissen. Zeit: Vergangenheit. Was das mit meinem Leben zu tun hat? Naja, immer mehr wird mir klar, dass die Jahre 2003-2016, genauer mit Archiv 2024. doch viel Lebenszeit gedauert haben, in der andere Beziehungen, Handlungen und Reflexionen zu kurz gekommen sind und kaum mehr nachgeholt werden können. Im Ergebnis nicht zufriedenstellend.

Russland / Ukraine: Ich kannte Russland seit 1987 hauptsächlich akademisch, Moskau bis weit nach Osten (Irkutsk), Schwerpunkt Novosibirsk. Die Ukraine lernte ich aus der Literatur und punktuell in Odessa kennen, projektbezogen, unpräzise. Das änderte sich zwar mit dem russischen Angriffskrieg, aber es wäre übertrieben, jenseits der grundlegenden Fakten des Kriegs seit 2015 wirklich etwas über die Ukraine zu wissen, gar sie zu kennen. Meine Parteinahme beruht auf Informationen durch glaubwürdige Bekannte und wichtige Literatur, und auf politischen Einschätzungen, auch hier politisch laienhaft, wenn auch ziemlich präzise.

Israel: Seit 40 Jahren war ich oft in Israel, aus verschiedenen familiären, freundschaftlichen, politischen und wissenschaftlich Gründen. Ich kannte auch die Westbank und ihr verschlechterter Zustand, ich erfuhr unterschiedliche Besatzungsstadien, aber kaum direkt und persönlich Gaza. Umso mehr lernte ich darüber schon vor dem 7. Oktober 2023, und erst recht in der Zeit danach bis heute. Dass ich die Situation heute als Israel und Gaza bezeichne ist ein Lernergebnis, das sicherlich durch mehr als laienhafte Literatur, Geschichtsstudien, Kommunikation, Forschungsteile, akademische Lehre bestimmt ist. Hier kann ich das Ergebnis von jahrzehntelanger intensiver Studienarbeit in einem meiner beruflichen Bereiche ebenso angeben wie die Erkenntnis, dass das nach vorne offene wissenschaftliche und persönliche (subjektive) Ergebnis kein Ende finden kann und darf, und deshalb beides ist: brauchbar für andere und angreifbar.

Auf die Frage „wozu“ das dient, kann ich bei den bei Afghanistan und der Ukraine sagen, sie helfen meiner politischen moralischen Allgemeinbildung. Israel hat etwas mit einer Identität zu tun, die im Strauß meiner Identitäten immer wichtiger wurde:: Jude vs. jüdisch, Zionismus vs. Anti-, Revisionistischer, etc. Zionismus, Religion vs. ethnischer Entwicklung etc. Und wenn ich heute Israel und Gaza sage, und nicht Juden und Araber, oder jüdisch vs. islamisch etc. so sind das alles Ergebnisse von denken und von lernen, vor allem von ständiger Selbstkorrektur durch Bildung.

(Das klingt konservativ-deutsch, Bildung…aber ich betone die Korrektur, und die fällt bei Israel und Gaza kontinuierlich und ohne Rücksicht auf Reaktionen aus, bei Afghanistan ist sie früher so gewesen und seit längerem nicht mehr, und bei der Ukraine gar nicht im Sinne gebildeter Autorität).

Von diesen drei Varianten leite ich auch meine Offenheit gegenüber den Kommentaren zum politischen und gesellschaftlichen Geschehen ab, und mittlerweile kommentiere ich nur mehr die Kommentare zu Israel und dem Gaza. Früher war das zu Afghanistan auch, aber eben als Laie nicht mehr.

Hinter diesen Gedanken steht auch die fast aggressive Abwehr der diktatorischen „alternative news, truths etc.“, die Wirklichkeit muss die Wahrheiten überbauen, und unerträglich konkurrierenden Wahrheiten muss etwas überbaut werden, das im Singular wirklich zählt, z.B. Gerechtigkeit.

Das kann zu Praktiken führen, führt zu Kontroversen, zu Informationspraxis und Kritik. Es trägt dazu bei, beim Älterwerden nicht stehen zu bleiben (etwas gemein, wenn ich sage, dass bei vielen die Standpunkte eine Abwehr von Wirklichkeit bedeuten – Beispiele habe ich in meinen Blogs viele gebracht, heute ist also „meta“. Ich lade euch zum Nachlesen ein.

Literaturhinweise zu Afghanistan und zu Israel gebe ich gerne, fragt nur an.

Ausländer und Flüchtlinge sind Menschen?…Oder auch nicht: CDUCSU ist nicht allein

In Ganz Europa dringen die Faschisten und rechten Fremdenfeinde vor, ob an der Regierung oder als stärkste Opposition. Man will die Ausländer los werden, obwohl zwischen Inländern ja auch unüberwindbare Differenzen sind….Bayern gegen Norddeutsche, Katholen gegen Evangelen, Gebildete gegen Ungebildete, Millionäre gegen Hungernde – zählt alles nicht: Ausländer raus. Lasst Deutschland und Europa verhungern.

Wenn ein rechtsradikaler „christlich“-„sozialer“ wie Dobrindt gegen illegale Asylbewerber hetzt, handelt es sich um so wenige, dass sein Betrug eigentlich auffallen müsste.

Wenn straffällig gewordene Ausländer abgeschoben werden sollen, kann man darüber rechtsstaatlich entscheiden. Hat es gegen solche Abschiebungen ernsthafte Proteste gegeben.

Gegenüber Menschen aus bestimmten Ländern argumentieren die Deutschen (u.a. Vertretungen) wie Trump – „Wir wissen zu wenig genaues über diese Menschen“. Wenn Menschenrechte auf diesem Niveau vertreten werden, sind wir vordemokratisch.

Wenn Familiennachzug gestoppt wird, werden die hierhergelangten jungen Männer wahrscheinlich eher gewalttätig und straffällig als im Familien und Kulturverbund.

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die sogenannten Christen und Demokraten trennen die Menschen in Menschen und Ausländer. Das ist Rassismus. Keineswegs auf die rechte Regierungskoalition beschränkt. Deshalb sollten wir hier genauer analysieren, woran der Streit liegt, Rassismus oder Politik?

Wenn man Flüchtlingsströme eindämmt, kommt es zu Massensterben oder Isolation der Betroffenen. Wenn man die Einwanderung sozial und kulturell abwehrt, oder einfach das eigene Land unattraktiv macht, vergeht man sich an den nächsten Generationen, bei uns, in Europa, in den USA….Aber man kann auch sagen: wer einmal in der EU war, muss nicht zwischen den Ländern reisen, muss nicht soziale oder kommunale Verdichtungen in bestimmten Ländern anderen, eher schütteren vorziehen. Studiert die Fluchtströme der 30er Jahre in Europa. Deshalb ist die Grenzdiskussion an sich nicht falsch. Nicht mit Polizei und anderen von uns steuerbezahlten sog. Sicherheitskräften, sondern mit einem EU weiten Verfahren kann man das steuern.

Dem Dobrindt und seinen Kohorten wünsche ich Hunger und Krankheit, Alterspflege und medizinische Behandlung nur durch Deutsche, den Menschen aber weiterhin solidarischen Umgang mit Menschen, auch wenn ich weiß, dass uns das einiges mehr kosten wird, Geld, Zeit, aber vor allem Empathie.

Ja, spinnst du denn, so einen bösen Satz, es geht ja nicht nur um Dobrindt. Deutschland, Europa wird überhaupt „rechts“. Ja schon, das weiß ich. Ich will ihn „symbolisch“ treffen, symbolisch hungern und kränkeln lassen, denn mir gehts nicht um mich oder uns, sondern gegenwärtig um die Geflüchteten UND um meine Nachfahren: für die müssen wir das soziale Netz und die Multikultur weiter vorbereiten, oder glaubt ihr, dass die Bayern oder die Germanen insgesamt noch genügend Kinder zeugen können oder werden?

Es wird uns etwas kosten, siehe oben, aber es kann uns auch helfen, Menschen zu bleiben und keine Inländer, Deutsche, Österreicher… zu bleiben, also reduziert zu leben.

Aufbruch am schmalen Grat

Mit Recht freut Ihr euch über das schöne Wetter (hier. Anderswo eher trüb). Und wie ich euch kenne, verliert ihr trotzdem das Klima nicht aus den Augen, macht euch Gedanken über die trockenen Bäume und fragt euch, wie wir alle besser mit Wasser umgehen.

Mit Recht freut ihr euch weniger über die politischen Nachrichten, wenn sie euch erreichen. Die Auswahl der Mitteilungen selbst bei guten Sendern (DLF) ist sehr eingeschränkt, und über die globalen Schrecken erfährt man wenig, über die näherliegenden oft abgemildert und über das, was ansteht, oft nur indirekt. Manche schauen statt dessen nur mehr die laufenden Posts, die sind in der Größenordnung und von ihrer Herkunft her weniger ausgeglichen, sagen wir „rechte Mitte“, Springer o.ä.

Mit Recht...die beiden Beispiele zeigen deutlich, dass das eine Floskel ist, wer gibt euch denn „Recht“ und was bedeutet das? Klar, wo die Zensur stärker ist, wird der Klimawandel geleugnet und die Information über alles Politische verbogen oder verdeckt. Das ist bei uns (noch) nicht so bedenklich, in vielen europäischen Ländern leider so weit fortgeschritten, dass man den Nachrichten so wenig glauben kann wie den eigenen Phantasien…Diktaturen, faschistische Regierungen, rechtsradikaler, manchmal linksradikaler, auf die öffentliche Meinungsbildung hat nicht erst heute seine Wirkung getan, und macht die nächste Zukunft schwierig, genauer: es wird fragwürdig, was man erfahren kann, um zu wissen, was man politisch, kulturell, sozial denkt. Diktaturen sagen uns, welche Art von Kultur sie herausfordern, um der kritischen Wahrnehmung Schranken vorzusetzen; sie schalten Sender ab, vereinnahmen die Presse, verbieten Begriffe in der Öffentlichkeit und kontrollieren private Aufnahmen von Information…Wie? Natürlich, nicht alles zugleich und bei uns, aber durchaus gestuft, von China über Russland und die USA bis zu uns. (Wenn ein Diplomat einer teils faschistischen Regierung einen kritischen Redner bei uns verbieten kann, ist das keine Lappalie; wenn man dem Gegner gratuliert, damit er kein Feind wird, ist das der schmale Grat, den man durchaus manchmal gehen muss, aber Bitte, nicht aus Überzeugung, sondern eher aus Schwäche).

Wie kommt man da raus? Und wohin? Ins „Freie“, sagt der Alltag, und damit verlassen wir die Wohnung, gehen an die frische ? Luft und…was dann? Kurzsichtige Metaphern. Aber doch auch anders, ins Freie. Da suche ich alternative Infoquellen, da beginne ich Diskussionen mit Menschen, denen ich zu bestimmten Fragen vertraue – das bedeutet, Abschied von allumfassenden Vertrauen in den meisten Fällen zu nehmen, aber immerhin. Und das ist genau die Haltung, oft der Stil, den die Gegner der Demokratie so fürchten oder bekämpfen. Wenn die meisten Menschen einer Gesellschaft, nie: alle, wissen worum es geht, wird schon einiges besser. Wenn nicht, erhalten wir Wahlergebnisse wie in Polen oder den USA oder…

Die Brennpunkte des Interesses sind weltweit sehr häufig in unserer geographischen und kulturellen Nähe, dem folgen die Medien. (Wusstet ihr, dass 8 von 10 großen Migrationsbewegungen in Afrika sind? Und da hört man relativ wenig). „Relativ“ ist hier wichtig.

Man kann auch politisch ins Freie gehen und sich umschauen, wo die Information richtig blüht. Das ist nicht immer angenehm. Ich nehme mir zur Zeit ein Beispiel an Harvard, das ich von früher ganz gut kenne. Die machen alles richtig gegen Trump, ABER sie haben auch eine Untersuchung über ihre soziokulturellen Schwachstellen angestrebt, nicht erst gestern: „„Wir haben hier ein Umfeld, in dem Studierenden vorgeworfen wird, reich, mächtig oder privilegiert zu sein, nur weil sie Juden sind. Das ist klassischer Antisemitismus“, erklärte Penslar. Auch gebe es soziale Ausgrenzung jüdischer Studierender, sofern sie sich nicht ausdrücklich von Israel distanzierten.“ /https://www.tagesspiegel.de/internationales/professor-spricht-uber-interne-untersuchung-juden-und-muslime-fuhlen-sich-in-harvard-nicht-wohl-13788898.html). Das muss man genau durcharbeiten und dann gegen den Antisemitismus von Trump und die Verbindung zur israelischen Regierung sehen. Damit man das kann, muss man eben etwas über Harvard wissen, und die Studie kennen. Und einiges mehr. Also ins Freie gehen

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Wir gehen immer über einen schmalen Grat. Stürzt man zur einen Seite ab, landet man im Populismus oder bei den Faschisten. Auf der andern Seite isoliert man sich bei den Eliten und weiß nicht mehr, was jenseits des Grates ist. Bleibt man oben, wünsch ich uns allen, dann gibt es andere Gefahren. Ein Grat ist „oben“, aber man muss wieder runter…“ Alles nicht so schlimm? Es lebt sich.

Kampf um das „Jüdische“ bei Juden und Nichtjuden

Nur ein Nachschlag. Mir geht es nahe, wenn jüdische Stimmen, nein, die Stimmen von Juden und Jüdinnen, nicht wirklich jüdisch, sich jetzt an die Seite des Faschistenführers Netanjahu und seinem rechtsradikalen Kabinett stellen, wenn sie meinen, dass Kritik an Israel automatisch der Hamas und anderen Verbrechern hilft, als könnte man nur einen Gegner haben.

Ruth Beckermann, Jüdin und eine starke intellektuelle Stimme in Österreich fasst etwas zusammen: https://www.derstandard.at/story/3000000271150/gazakrieg-wenn-der-hass-zu-gross-ist Davon ein Absatz mit den wichtigsten Begriffen, die ich hervorhebe.

Nicht, weil mir viele Juden meine Interviews kurz nach dem 7. Oktober vorwarfen, in denen ich trotz allem Entsetzen versuchte, das Massaker in einen historischen Kontext zu stellen. Seither ruft das Wort „Kontext“ immer wieder einen Aufschrei hervor, so als würde man den Opfern die Schuld geben, wenn man das Massaker in eine Geschichte der Besatzung einschreibt. So verständlich, wenn auch schrecklich, die Haltung eines Großteils der israelischen Bevölkerung ist, die von zensurierten Medien mit einseitigen Nachrichten gefüttert wird und so gut wie keine Bilder und Filmaufnahmen aus Gaza zu Gesicht bekommt, so unverständlich scheint mir die Haltung eines Teils der Juden in der Diaspora, die doch zu Analyse und Kontextualisierung fähig sein sollten. Und zu Kritik an einer faschistischen Regierung, die in unser aller – aller Juden – Namen zu handeln vorgibt. Die uns für ihr Morden und ihre Eroberungspläne vereinnahmt.

Um etwas besonders konkret zu machen: es geht nicht „nur“ um die Geschichte der Besatzung, es geht um Netanjahus Unterstützung der Hamas gegen die zivilen palästinensischen Bemühungen um Zweistaatenlösung (Dass die Hamas dem israelischen Premier entglitten ist stimmt. Und dass dem Massaker vom 7. Oktober nichts an Ablehnung zu ersparen ist, einschließlich der Folgen für die mehr als 1000 Toten und die hunderten Geiseln, braucht niemand in Zweifel ziehen).

Das könnt ihr alle wissen, und im Detail.

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Mir (jüdisch, deutsch, österreichisch) geht es um etwas anderes: wenn innerhalb des diasporalen Judentums – und den rechtsextremen Regierungsunterstützern in Israel – ein Konflikt um die „richtige“ Position der Juden und Jüdinnen weltweit, also auch in Deutschland, entstanden ist, so ist das weder Zufall, noch besonders neuartig. Seit Theodor Herzl geht der Konflikt, und viele haben den Schritt vom Judenstaat zum jüdischen Staat bis heute nicht verstanden. Der reaktionäre Rückschritt zum Judenstaat (das sind nicht nur Katz und Ben Gvir, das sind viele, vor allem Siedler und Ultrareligiöse) ist am besten zu verstehen, wenn man die Bindung dieser Menschen an Diktatoren wie Orban oder Trump analysiert – Ultrareligiös widerspricht der jüdischen Religion, und die Siedler sind überwiegend eroberungssüchtige Faschisten. Als Jude verwende ich diesen Begriff ungern, aber das Juden Menschen wie alle anderen sind, können sie auch faschistisch sein.

Lest aber wirklich die Geschichte des Judenstaats, lest Oz, Grossmann, Segev, Kepel, Neyer u.v.a., auch Ruth Beckermann, denen manche Juden das Jüdischsein absprechen, klingelt da nicht etwas?

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Wenn ihr deas gemacht habt, dann bitte ich um eure Aufmerksamkeit für eine These: nicht alle Juden sind jüdisch. Dabei beziehe ich mich bei Juden (d.h. Juden und Jüdinnen im weitesten Sinn) auf die anthropologische und ethnologische Geschichte, könnt ihr gut ab Abraham verfolgen, aber dort gibt es schon die Spaltung…Und da alle Juden Menschen sind, können sie alles repräsentieren, was eben Menschen repräsentieren.

„jüdisch“ ist ein Adjektiv oder Adverb, das sich auf eine bestimmte Qualität bezieht. Und bei dieser Qualität behaupte ich, dass sich ein Begriff herausentwickelt hat, der ethische, moralische, kulturelle und soziale Dimensionen hat, die nicht zuletzt aus dem Widerstand und der Überwindung von Diskriminierung, Verfolgen, Vertreibung und Lebensbedrohung erwachsen ist. Kein Privileg, kein Makel am Judentum, sondern eine ihrer Entwicklung entsprechende Konsequenz, hochdifferenziert, und für viele in eine Perspektive von Freiheit(en) eingemündet. Für viele, d.h. zu einem Zeitpunkt, aber für viele vor 130 Jahren.

Wenn sich Netanjahu und sein Kabinett und seine Hilfstruppen den ethischen Dimensionen, den moralischen, sozialen, kulturellen entziehen und faschistische und unterdrückende Politik betreiben, dann sind sie nicht jüdisch im Sinne der historischen Entwicklung, auch wenn sie Juden bleiben. Darum muss man sie dort kritisieren, wo sie unmoralisch handeln, wo sie sich mit Faschisten einlassen, kein Wunder, und von Demokraten abwenden, und das alles innerhalb des Judentums und von außen.