Am liebsten Südtiroler Käse…darum gehts mir aber nicht. Und ein diesbezüglich gefärbtes Pferd auch nicht. Leider. Grauschimmel ist der reale und symbolische Überzug, der Gesellschaft und Politik bewuchert und irgendwann weiß man nicht mehr, wohin man treten soll. Der Rechtsruck der deutschen Regierung passt in das europäische und globale Umschwenken von der Demokratie zu Faschismus und/oder Diktatur und/oder zur „illiberalen“ Demokratie=soft dictatorship. An all dem interessiert mich immer mehr, wie die Gesellschaft da agiert und reagiert, und weniger, wie sich der Staat darstellt. Dem entkommt kein Land wirklich, es ist eine BEWEGUNG, die die ordentlichen Schubladen der Demokratie längst verlassen hat (Man kann dazu auch Ivan Krastev, oder Götz Aly lesen, und noch einige mehr, aber mir geht es heute eher darum, wie man=wir das erlebt, darauf reagiert).
Denn natürlich: ein Diktator, Trump, macht sich gefügig, wen er unterwerfen will. Aber seine mehr oder weniger loyale Gefolgschaft ist da vielfältiger und abwägender, und wenn sie falsch entscheiden, dann machen sie es das nächste Mal besser (Selensky bei Trump). Der Diktator kann auch Gutes oder Richtiges tun, darum gebe ich ihm keine Attribute. Hauptsache, der Trigger passt: Gaza macht Trump erträglich, die Tausenden, die er in den USA vernichtet oder vertreibt spielen da keine Rolle. Im kleineren Al Sisi in Ägypten oder den saudischen Säurekillerprinzen. Jetzt geht es um die Rettung der israelischen Geiseln (gut) und der rechtsradikalen Regierung Netanjahu (israelisch, nicht jüdisch!), da kann sich Trump in den Vordergrund spielen. Ich rede von ihm, weil er noch nicht so gefestigt auf dem Thron sitzt wie Xi oder Putin. Kommt noch. Aber zum Thema: wie reagieren die Menschen, wie reagiert die Gesellschaft auf solche Herrscher? So, wie immer, seit jeher. Wer nicht im Mainstream sich anbiedert oder einfach mitschwimmt, kommt in der nächsten Generation in der Literatur oder Kunst zu Ehren, selten gegenwärtig.
Trotz aller Aufrufe zu Resilienz und Widerstand gehts mir dabei nicht gut. Das ist wichtig. Nicht aus der herrschaftsnahen Ruhe, sondern der marginalisierten Nervosität politische Kommentare und ästhetischen Widerstand zu formulieren, das ist ein Zustand, der bleibt ohne dass er sich verfestigen darf. Ihr kennt meine Vorbilder, nicht nur Hannah Arendt, auch Kolleginnen und Kollegen der zweiten, dritten Reihe. Widerstand, was bedeutet der eigentlich? Ist die Wirkung auf die Gesellschaft oder einzelne Subjekte wichtiger, oder die Reaktion auf einen selbst, wie im Duell? Von den bewussten Antworten hängt ab, ob und wie ich mich weiterhin äußere, nicht nur öffentlich, irgend wann redet man darüber auch nicht mehr privat. Gute AutorInnen haben das durchaus thematisiert.
Warum und wie soll man sich zu den Diktatoren und Faschisten äußern, wer soll es wahrnehmen? Viele rufen es übers Meer oder in den Weltall. Ob es von da zurückkommt und wen (auch immer) doch noch erreicht, weiß man nicht, aber man hats gesagt, geschrien, gemalt oder komponiert. Ich weiß schon ein altes Thema, tausendfach erörtert, aber jede und jeder, der und die sich äußert, muss das immer wieder abfragen. Wers nicht tut, landet bei. Zuckerberg und Musk. Halt: bei uns gehts näher an die Herrschaft, sei sie noch so verzwergt. Mariam Lau versucht sich an der Frau von Storch und schrammt an deren Zugewinn an Macht knapp vorbei (Oh Gott, ZEIT 9.10., S.3).
Ansonsten: Es reicht nicht, richtig und kritisch und zielgerichtet zu denken und das auch noch zu sagen, man muss schon das soziale Umfeld der Kommunikation kennen und mitbedenken. Das klingt trivial, aber wenn du es machst, siehst du, wie schwierig es Satz für Satz ist. Das ist mühsam, oft aufwändig, es dauert – und das nutzen die herrschenden Herrschenden aus: mach schnell und beuge dich.
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Jetzt fragen Freunde oder einfach nur Leserinnen und Leser, was ich da schreibe, sozusagen eine veröffentlichte Selbstreflexion? Ja, und nein. Einfach vereinfacht: ich fasse zusammen, was mich betrifft, und es ist auch eine Mahnung: so anders geht es vielen von euch auch nicht. Manchmal ist Selbstreduktion, eine Art Beschränkung, ein von den eitlen Gegnern unerwartetes Kampfmittel.
Das einzige was ich unserem so genannten rechten möchte gern Diktator anlaste, ist dass er die Migrationsproblematik als solche angeht und nicht als Chance. Ich kann aber nicht erkennen, dass er den Boden der Demokratie mehr verlässt als alle die vor ihm kamen.
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Das wäre eine umfangreiche Antwort wert. Der Diktator ist ein solcher, mit und ohne Eigenschaften, die wir wahrnehmen, das macht ihn mächtig. ihn zu unterschätzen ist so bedenklich wie sich neben ihm „vernünftiger“ zu präsentieren. Darauf kommt es ihm nicht an.
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