Eine spannende Frage, wenn man einmal weiß, woran jemand schuld sein kann oder sollte.
Dass die politischen Hetz- und Hassprediger genau diese Frage verneinen, macht ihre Politik ja aus. Lassen wir diesen Bereich außen vor, ist es schon spannend, wie man sich um die Schuldfrage drückt.
Beispiel Dobrindt: da kann man viel von der Verlogenheit des Schuldbegriffs lernen, wenn jemand verantwortlich für eine gigantische Staatsverschuldung ist und sich zugleich für unschuldig erklärt, als hätte er recht gehabt und das Gericht aus einer andern Welt geurteilt.
Die Weltliteratur und die Tagespresse, die Nachbarschaft und das politische Forum….ganz viele Organe und Individuen konzentrieren sich auf Schuldsprüche gegen andere Menschen oder ganze Institutionen, ja Staaten. Um fast immer für die Schuld auch Sühne zu verlangen. („Schuld und Sühne“ von Dostojewski ist jetzt 160 Jahre alt und vielleicht nicht mehr so spannend).
In diesen Tagen regt mich schon auf, dass schuldhaftes Handeln anderer eine Rechtfertigung für eigene schuldhafte Praxis darstellt. Denn da kommt man weder logisch noch politisch raus, das liegt an dem Begriff und seiner Verwendung. Der gesichtswahrende (!) Aspekt entschuldigender Verhandlungen kommt in den täglichen Nachrichten zur Beendigung von Kriegspolitik häufig vor.
Man kann das auch auf den Alltag des Umgangs der Menschen miteinander anwenden. Aber in der Politik ist es wichtiger, wenn mit Schuld, Beschuldigung, Entschuldigung, die Ebene der Meinungsäußerung und ihrer Wirkungen wahlweise eingefangen oder abgeblockt wird.
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Das ist keine Moralpredigt, schon gar kein Schuldschein!
Es reicht ja, wenn man sich einmal die Geschichte der Verwendung des Schuldbegriffs im moralischen oder geschäftlichen Alltag anschaut. Ich zeige, werte Leserin, bester Leser, ja nur, wie mich ein Begriff und seine Familie besonders ärgern, weil sie in die Politik eindringen und dann schwer zu beseitigen sind, etwa mit Ent-Schuldigung. Das ist schon im Alltag fragwürdig, wenn ich mich für die Anrempelung entschuldige oder das Vordrängen, und erst recht im nicht körperlichen Abwenden der Folgen von Lügen oder Beleidigungen. Ökonomisch ist das einfacher: Schulden machen, Schuldscheine einreichen, im Schuldturm verrecken…(Im etymologischen Wörterbuch ist der Begriff „Schuld“ nur einen kleinen Absatz wert…). Aber im Alltag eben ein oft gebrauchter Begriff mit oft verheerenden Auswirkungen…wenn eine Entschuldigung nicht angenommen wird, so schlimm, wie wenn jemand sich nicht entschuldigt.
Psychoanalytisch ist der Schuldbegriff schon ganz spannend, mit Scham verbunden, aber noch mehr mit Entschuldigung, auch mit Sühne… Aber im Alltag…
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Ihr werdet euch fragen, warum ich in meinem Blog so eine Einlassung schreibe. Fehlen mir die spannenden Ereignisse? Keineswegs. Gibt es einen Hintergedanken? Eben nicht. Das ist es, mich ärgert, wie umfangreich der Schuldbegriff um alles und jedes herumwirbelt. Nur schreibe ich ja nicht nur um meinen Ärger loszuwerden. An politischen Ereignissen ist es besonders spannend, wenn die Beschuldigungen sich über die Sachverhalte legen, bis man gar nicht mehr erkennen kann, was wirklich geschieht und wer was wie angefangen hat – bevor klar wird, wer daran schuld hat. Umgekehrt, wenn es klar ist – Russland gegen die Ukraine, zum Beispiel – nützt die Beschuldigung gar nichts, solange man nicht gegenhält. Militärisch waren und sind oft Siege Entschuldigungen, und Widerstand gilt dem Sieger als neue Schuld. Und in der >Politik wie im Alltag gilt, dass es ja nicht immer nur zwei gibt, den Schuldigen und den Unschuldigen, und wenn mehrere Schuldige gegeneinander Gewalt anwenden, dann ist die Schuldzuweisung oft der Anfang weiterer schuldhafter Politik.
Natürlich wäre es quatsch, eine Begriffspause zu verlangen und für eine Weile den Schuldbegriff sagen wir nur den juristischen Institutionen zu belassen. Aber den eigenen Gebrauch des Wortes zu kontrollieren, ist nicht schlecht.
Du bist schuld daran, dass ich jetzt schlecht gelaunt bin? Nein, du
