So genannter Frühling

Einmal am Tag, oft mehrmals, ein starkes Gewitter oder heftiger Regen. Die Blumen in Balkonien leiden, aber wappnen sich mit Resilienz. Wenn ich mit dem Hund gehe, weichen wir den Pfützen aus. Die Idylle des frühen Frühlings, der sich schon sehr sommerlich zeigt, aber nicht ist. Es gehört zu meiner Stabilisierung, zwischen den Nachrichten, der Arbeit am Schreibtisch, zwischen „Tätigkeiten“ mich gegen das zu wappnen, was Jürgen Link den „Polykrisen-Strudel“ nennt (kultuRRevolution 86, S. 6-19). Das theoretisch anspruchsvolle, aber stark empirisch gefüllte Essay formuliert in seiner Einleitung: „Unter der Fragestellung „In Erwartung eines Notstandsregimes?“ sind in dem Schema (Große Übersicht über 6 gekoppelte Zyklen, M.D.) … die bereits ausgebrochebnen (Ukrainekrieg, Migrationskrise) bzw. schwelenden Notstände (Klima, soziale Demokratie: Populismuskrise) markiert“. Ich werde das hier nicht weiter aufbereiten, sondern nur darauf hinweisen, dass die ja verbreitete Ansicht eine Polykrise, und damit einer beständigen Überforderung schon des Begreifens, gar des Eingreifens, nicht zur ermatteten Abwendung oder gar Lethargie führen sollte – wenn die nicht schon um sich greift.

Mein Balkonbeispiel zielt auf etwas anderes: der Alltag ist nicht eine Abfolge von endlosen 24 Stundenketten, in denen die ungeprüft ablaufende Reproduktion mit speziellen „aktuellen“ Handlungen abwechselt. Vielmehr ist das unangenehm durchwirkte Gewebe des Alltags voll von andauernden, un-unterbrochenen Hinweisen auf die Krisen, die keinen wirklichen Bezug mehr zur einfachen Normalität haben, aber natürlich selbst nicht normal sind. Und sich dagegen zu stemmen, heißt weder die Krisen zu verdrängen noch in jedem Bereich tätig zu sein. Was heißt „tätig“? Ich denke schon, dass sich auch etwas bewirken lässt, wenn man selbst nur minimale, unbeobachtbare Elemente dem Widerstand zufügt, weil man ja nicht allein tätig sein kann (das ist eine Umschreibung des Eindringens von Politik in unseren Alltag).

Und was hat das mit dem Balkon zu tun? eine Menge, wenn sich Witterung und Klima in Erinnerung rufen, wo man lieber selbstverständlich seinem Bild einen Umweltrahmen gegeben hätte und an ein so nie wirkliches „früher“ sich gerne erinnern möchte.

Der Übergang in die „andere“ Zeit, wieder eine der Kriege, des Klimawandels, vielleicht der Armut und aggressiven Spaltung von Gesellschaft, der nicht mehr sagenhafte, sondern reale Abstieg von den goldenen und silbernen „Zeitaltern“ in die bleierne Zeit oder Auflösung der Strukturen, dieser Übergang ist auch die Erinnerung daran, dass die Evolution noch nicht zu Ende ist udn wir etwas tun müssen, um uns zu befreien. Nochmal: das meint Politik und nicht Wegschauen; und es gibt eben keine Dialektik zwischen Regen und Trockenheit, zwischen Flutung und Dürre, sondern Wirklichkeit. Die auf uns angewiesen ist, so wie die nächsten Generationen.

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