Ihr habt ja alle die Fußballvokabeln in den Gehörgängen und wenn ihr Sport seht, übertragt ihr die Worte wohl nicht gleich in die Politik. Der Ursprung der Bedeutungen ist ja auch sehr verschieden. Noch weniger übertragt ihr die Worte aus der Politik auf das was ihr auf dem Spielfeld seht. Gut so. Es kommt eben darauf an, ob man über die EM spricht oder über die Politik in einem bestimmten Land zu einer bestimmten Zeit. So einfach ist das, gäbe es das Unterbewusste nicht, das bei manchen Begriffen häufig hochspült, woran man gerade nicht denken möchte.
Wenn es Spiele gibt, fühlt sich die Politik weniger beobachtet und kritisiert, die Hauptsache, unsere Mannschaft ist erfolgreich…Da hetzen die Rechten und die Christen gegen die Ukrainer bei uns, und schauen nicht auf den Krieg. Da wollen sie Afghaninnen und Afghanen abschieben, natürlich auch Frauen und Kinder, oder Menschen aus Syrien, nur um beim deutschen Pöbel zu punkten. Sie weichen nur scheinbar auf Verbrecher oder abgelehnte Asylsuchende aus. Über die sprechen sie, aber sie sagen damit etwas anderes. Hört einmal dem Dobrindt zu…https://www.msn.com/de-de/nachrichten/politik/ukraine-alexander-dobrindt-will-gefl%C3%BCchtete-ohne-arbeit-in-ausweisen/ar-BB1oJdjS?ocid=BingNewsSerp (23.6.24), den nehme willkürlich aus der Meute Gleichgesinnter. Die empathielose Vermittlung von folgenarmen „Prinzipien“ wirkt beim so genannten Volk, weil dieses ohnedies das, was das Gerede uns sagen will, nicht kritisch beachtet, sondern einfach hinnimmt, was kommt. Richtig: ich verallgemeinere. Nicht das ganze Volk ist so, nicht alle Rechtsradikalen können Reden und Sagen nicht unterscheiden, und – der Einwand verfängt nicht. Schon historisch kann man deutlich den Unterschied beschreiben und erklären, warum jemand einer diktatorischen Partei seine Stimmt gibt oder gar beitritt und was die Partei sagt. Das gilt nicht nur für die Nazis, sondern auch dort, wo der Parteizwang gewaltsamer erfolgt. Und erst recht, wo der Zwang eher um die Ecke aus der zweiten Reihe kommt. (Methode von AfD und BSW). Dass sich gerade diese Parteien, aber auch andere Politiker, auf die diese Prinzipien vor allem dort berufen, wo sie etwas anderes zu sagen haben als sie von sich geben, ist mein Punkt.
Vor vielen Jahren hat mein längst verstorbener Freund Aron Bodenheimer, (1923-2011) diese Differenz als wesentlich analysiert und beschrieben. (https://de.wikipedia.org/wiki/Aron_Ronald_Bodenheimer) Mittlerweile ist diese Differenzierung in den Sprachunterricht durchgedrungen, aber kaum in ihrer ideologiekritischen Bedeutung. Und mich beschäftigt sie angesichts der immer mehr um sich greifenden Verschleifungen des Aufgenommenen.
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Wenn die AfD das sagt, was „eigentlich“ die demokratischen Parteien auch sagen wollen, dann wird es für diese schwierig zu erklären wie und warum das „so“ nicht geht. Eigentlich, so. Daran hängt viel politisches Unverständnis. Eigentlich würde die SPD gerne dieses, würden die Grünen gerne das sagen, andere demokratische Parteien jenes. Aber sie können und wollen es nicht, weil es dann ganz anderen Gruppen zugeordnet wird. Und warum das? Das Kapern von Begriffen und die Verlagerung vom Sagen (also der bedeutenden Konzentration) zu jener Rede, die von den Leuten ohnedies verstanden wird, gehört zur Taktik der illiberalen, diffamierenden Politik, bis weit in demokratische Parteien hinein, aber von den Faschisten längst geübt und zur Routine gebracht.
ich meine nicht, dass man sich immer und überall darum bemühen muss, alles was politisch geäußert wird, zu analysieren oder die Rhetorik ideologiekritisch auseinander zu nehmen, oder sich bei den Begriffen den ja vorhandenen Analysen anzuschließen. Kann man ja nicht, dauernd diese zweite Ebene einzuziehen. Aber in bestimmten Zusammenhängen muss man das. Um über die eigene Meinung hinaus politisch darum zu kämpfen, bestimmte Aussagen nicht den Faschisten zu überlassen und sie selbst zu befestigen – denkt zurück, wie sich Rechtsradikalen die „Republikaner“ nannten. Die AfD beherrscht diese Zerstörung von bedachter Sprache besser als die etwas stumpfen Apparate der demokratischen Parteien, u.a. weil sie nicht demokratisch ist und deshalb bestimmte gewaltsame Sprachverdrehungen autoritär durchsetzen kann – aber nicht nur deshalb. Gute Politik muss nicht auf Meinungen allein achten und Rücksicht nehmen, sondern diese zu verändern ist ja ihre Aufgabe. Meinung können alle haben, aber richtig wird es erst, wenn politisch richtig gehandelt wird.
Und meine Einleitung bedeutet ja nur, dass man einen Begriff ohne Kontext nicht unbedacht verwenden soll. Im Fußball hat Rechtsaußen oder ein linker Verbinder eine andere Bedeutung als in der Politik, ich habe den Jandl oft genug zitiert „lechts und rinks…“, wartet nicht darauf, dass sich BSW als adoptiert von der AfD offenbart, und wartet nicht, dass Ränder der demokratischen Parteien zwischen Reden und Sagen schwankende Brücken bauen.