Wo Merz Recht hat…

Gestern in den Medien, heute s/w:

Wo Merz Recht hat….(Tagesspiegel Online 20190624):

Kritik an Merz‘ Warnung vor Rechtsruck in Polizei und Bundeswehr: CDU-Politiker Friedrich Merz hat mit Äußerungen über mögliche Sympathien für die AfD in den Reihen von Bundeswehr und Bundespolizei Kritik ausgelöst. Merz hatte der „Bild am Sonntag“ gesagt, man verliere offenbar Teile der Bundeswehr und der Bundespolizei an die AfD. Um dem Trend zu begegnen, müsse die CDU eine Partei sein, die ohne Wenn und Aber hinter den Sicherheitsorganen stehe. Innenminister Horst Seehofer warnte, Merz sollte die Bundespolizei nicht als Trittbrett für seine politische Karriereplanung missbrauchen. Die Bundespolizei stehe fest auf dem Boden der freiheitlich demokratischen Grundordnung. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen betonte, Polizei und Bundeswehr seien allein der Verfassung verpflichtet und gehörten keiner Partei. Polizisten und Soldaten verdienten mehr Wertschätzung und keine Mutmaßungen, wo sie ihr Kreuz machten. Der Vize-Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Bundespolizist Jörg Radek, hat Sympathien für rechtsnationale Parteien in der Bundespolizei bestätigt und die Regierung aufgefordert, den Verfassungspatriotismus in den Sicherheitsbehörden zu stärken. CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer hat sich in der ARD-Sendung „Anne Will“ klar gegen eine Zusammenarbeit ihrer Partei mit der AfD ausgesprochen: Die AfD schaffe zum Teil das geistige Klima, in dem der Kasseler Regierungspräsident Walter Lübcke ermordet worden sei.
tagesspiegel.de, sueddeutsche.de (Merz); zeit.de (Gewerkschaft der Polizei); spiegel.de (Kramp-Karrenbauer)

Das Problem: den Merz wollen wir nicht, darum soll er auch nicht die Wahrheit sagen. Die Lösung: wenn er die Wahrheit sagt, muss man ihn noch immer nicht mögen, aber man kann seine zutreffende Aussage als Hinweis dafür nehmen, wie verkommen eigentlich Teile der Unionsspitze, Seehofer u.a. sind, um dem Faktum zu widersprechen, das ja weder neu noch an sich schockierend ist.

Unsere Sicherheitsorgane sind in ihrer Gesamtheit vielleicht „rechts“ oder „konservativ“, was kein Wunder ist, sie sind nicht rechtsradikal oder AfD integriert. ABER: im Fall des NSU, im Fall Maasen u.a. konnte ich sagen: Teile von ihnen sind Vorfeldorganisationen der Rechten.

Warum regen sich von der Leyen und andere jetzt auf? Gerade die Verteidigungsministerin müsste wissen, welche Nester es in der Bundeswehr gibt, die mit der Verfassung wenig im Sinn haben. Selbst in der Bundespolizei  wird diese Entwicklung beobachtet, und wie denn auch nicht?

Wer die staatliche Sicherheitspolitik – nicht nur in Deutschland, auch in anderen Demokratien – analysiert, findet immer wieder eine Inklination von Sicherheitskräften und oft deren Apparaten nach „rechts“.  Ich würde hier eher sagen, zum Autoritären, zum legitimen Ausüben einer Gewalt, die den anderen Bürgern zu Recht verboten ist. Das Gewaltmonopol lässt sich ideologisch nur teilweise kontrollieren. Solange die Aufsicht und dahinter Disziplinarrecht und noch dahinter die Justiz funktionieren, sind die rechten, ausländerfeindlichen, identitären Bestrebungen in Polizei und Bundeswehr, was sie sind:  Kontraste im Rechtsstaat, die man beseitigen kann.

Nicht mit Erlassen, Appellen, und schon gar nicht mit dem Leugnen der Fakten. Es ist eine Frage der Ausbildung („Wer erzieht die Erzieher“ war nicht müssig in der 3. Feuerbachthese von Marx angesprochen, wenn auch mit schiefer Perspektive); und es ist eine Frage des kommunikativen Umgangs der Menschen, der Bevölkerung, mit ihren Ordnungs“hütern“.  Ich befürchte, dass eine gewisse Verachtung gegenüber denen, die dies von Staats wegen besorgen müssen, dass Gesetze eingehalten und ihrer Verletzung vorgebeugt werden müsse, dazu beiträgt, ihre Emanzipation vom Rechtsstaat auch ideologisch zu befördern. Und ich befürchte, dass ihnen als Schutz vor allem das Zeigen von Autorität internalisiert wurde, weshalb sie keine wirkliche Autorität entwickeln können.

Egal. Wenn Merz, der Repräsentat eines systemgerechten Kapitalismus, den man unterstützen oder kritisieren kann, etwas Richtiges andeutet, dann darf man ihn nicht unter seine Unternehmen subsummieren, ebenso wenig, wie man bei den Sicherheitskräften verallgemeinern kann.

Noch ein bitteres Apercu: genau heute wird bekannt, dass in Niedersachsen wieder nach den Linken gefahndet wird, nach den RAF-Nachfahren. Die Sicherheitspolitik hat noch immer mehr Angst vor Links als vor Rechts. Auch das ist bestens analysiert. Erschreckend ist, dass man die Rechten noch immer nicht Ernst nimmt.

 

 

 

 

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