Letzte Generation – nach der RAF

Nachdem Herr, nein: der Dobrindt, die „Letzte Generation“ mit der RAF verglichen hatte, wendet sich zu Recht das Blatt. Dobrindt: „CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt hat seinen Vergleich von Klima-Aktivisten mit der RAF verteidigt und in diesem Zusammenhang Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang kritisiert. „Ich hätte erwartet, dass ein Sicherheitsbehördenchef solche Warnungen ernst nimmt“, sagte er der „Bild am Sonntag“. (DTS Nachrichtenagentur -4. Dezember 2022)

Diese Dummheit passt gut zu Bild und den bayrischen Sprachexzessen.

Zugleich tritt eine gute Veränderung ein: Nicht nur der Verfassungsschutzchef, auch der NRW Innenminister Reul und seine KollegInnen sind da abgewogener und wollen erst einmal hinschauen, bevor sie beginnen zu denken. Bis auf einen Punkt sind die Vernünftigen auf dem Vormarsch, v.a. dort, wo es um die Konfrontation mit einer berechtigten Warnung und eines bestehenden Rechtsverständnisses geht (Reul DLF 5.12., 8.15).

ABER.

Die letzte Generation müsste sich nicht so nennen, es gibt sie. Und der Rechtsstaat kann nicht die Zukunft in seine „Grenzen“ von Innen nehmen, wenn seine Hüter mit an Anlass und Grund für den Widerstand mitgewirkt haben. Juristische Argumente wirken so, als würde sich die Farce der Bahnsteigkarte zur befreienden Revolte wiederholen. Eine 1,5° Ziel innerhalb der bestehenden Normen und Regeln kann nicht erreicht werden, weil eben diese Normen die Klimakatastrophe mitbewirkt haben, mit- und nicht ausschließlich, und teilweise die Verteidiger der Re3chtsordnung mitschuldig an dieser Katastrophe sind. Nicht alle, und unterschiedlich wirksam, aber man kann sie namentlich und an ihren Aktionen und Unterlassungen identifizieren, und das genau können Gerichte zB. nur sehr teilweise.

Die bayrische Sicherungsverwahrung erinnert an die schlimmsten Zeiten. Ich würde ja Söder und Dobrindt gerne im Knast sehen, wegen tatsächlichen Hochverrats, aber die würden ja wahrscheinlich wegen teilweiser Schuldunfähigkeit entlassen.

Aber. Im Ernst ist die Lage anders. Nicht der Handlungsspielraum der Letzten Generation ist das Problem, die Gesetze und Handlungen zum Klima müssen sich ändern, dann kann und muss der Rechtsstaat nachziehen. Hat unser Rechtssystem denn das Aussterben von Millionen Arten verhindert? Hat es die AutoChemieLandwirtschaftsindustrie denn ökologisch reguliert? Natürlich nicht, das Recht und seine Wahrheiten folgen immer dem Druck der Wirklichkeit und nicht den Ideologien, die ewige Wahrheiten verkünden, um ihre Positionen zu schützen.

Also: natürlich gibt es Grenzen für die Handlungen jeder politischen Gruppe. Man darf Menschen nicht gefährden, also genauer: nicht mehr gefährden als der Anlass sie bereits massenhaft gefährdet. Zigtausende sterben durch Feinstaub, jährlich. Aber wo es (noch) keinen Rechtsstaat gibt, dürfen sich die Mitverursacher der Katastrophe nicht auf ihn berufen, zumal es nicht um ihr Überleben geht, sondern um das der künftigen Generationen (die letzte ist vielleicht eine Übertreibung, hoffentlich nicht). Aber wir – leider mich eingeschlossen – werden längst gestorben sein, wenn sich die Vorschau aufs Überleben bewahrheitet. Wie lange unsere Kinder Enkel und vielleicht deren Nachkommen leben können, entzieht sich jedenfalls den Gerichtsverfahren und der Kurzsichtigkeit von Lokalpolitikern.

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