„Nach der Wahl ist vor dem Sturm
Der Westen löst sich auf, die USA machen nur noch, was sie wollen, Europa ist auf sich allein gestellt – und demnächst sitzt im Bundestag eine AfD, die sich verdoppelt hat. Was Deutschland nun braucht, sind Demokraten, die über sich hinauswachsen.
Ein Essay von Kurt Kister“ SZ 1.3.2025. Bitte lest es zur Gänze.
Der Letzte Satz in Kisters Titel ist entscheidend. Merz & Konsorten müssen demokratisch über sich hinauswachsen, und wir – WIR ALLE – wahrscheinlich mit ihnen, Avantgarde statt Elite werden, politisch und gesellschaftlich. Nach einer für eine gute deutsche Zeitung beachtenswert deutlichen Analyse und wirklichkeitsnahen Beschreibung der Situation, deutlich wie doch selten, ein Wunsch, „Man kann der neuen Bundesregierung nur Glück wünschen. Man muss es.“ Glück ist keine politische Kategorie, es ist ein Wunsch, der an die Hoffnung angehängt ist, nicht gerade an die Zuversicht.
Gerade habe ich eine wichtige Zusammenfassung der Politik der USA auf die Welt gelesen: Fintan O’Toole: From Comedy to Brutality“, NYRB 13.3.2025, 10-13). Erschreckend, passt zu meinem Weltkriegstitel. Aber was erschreckt an Trumps Handlungen, u.a. dass sie m.E. KEINE POLITIK sind, wie das eben so bei Selbstherrschern normal ist. Die Übersicht über Trumps Handlungen ist nicht hektisch, sondern lässt einen frieren. Der neue Imperialismus wird ziemlich genau beschrieben: als Beispiel Grönland, das, bei weiteren Klimaverschiebungen, für eine Elite ein guter, unzerstörter Wohnort sein kann. Aber wichtiger noch die Verschiebung von Steven Bannon zu Elon Musk als Vorbereiter von Weltraumexil für die Elite, die der Umweltzerstörung entfliehen können und müssen. Trump hat die Brandverluste dieser Elite in Kalifornien positiv bewertet…O’Toole beschreibt die Vorgeschichte dieser post-kolonialen Herrschaft, die einen neuen Kolonialismus durchsetzt, wichtiger aber ist mir die Pragmatik der Eroberungen. Deren Entdemokratisierungen nicht mehr durch die Mehrheit der amerikanischen Wähler gebremst oder umgekehrt werden – im Gegenteil. Dabei erschrecken mich weniger die einzelnen diktatorischen Akte als die kühle Rationalität der Neuordnung von globaler Herrschaft. Das kann, muss aber keineswegs, ein Ende durch Misserfolge finden. Dass nicht-weiße Bürger verjagt werden, ist im Sinne von Trump logisch, Hannah Arendt wird zitiert: wer staatenlos ist, wir rechtlos – und dem Abschaum kann man alles schlechte antun. In Nebensätzen wird die lange Vorgeschichte dieser Ereignisse in den USA, und anderswo angedeutet. Da müssen wir auch in Europa, in Deutschland, zurückschauen, wie man oft vorausgeschaut hat, wenn man die bestehende ungleiche Klassengesellschaft in eine bruchlose Diktatur für die Privilegierten verwandeln wollte, was natürlich SO nie möglich war, aber für den Pöbel gut gefordert wurde.
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Zurück an den Anfang. Wir können uns durchaus gegen die Politik und Anmaßung Trumps wenden, nicht nur im Kontext Ukraine, nicht nur im Kontext Steuern, nicht nur im Rahmen der ökonomisch reduzierten Sprache und Begriffe der Kommunikation. Das setzt aber schon auch voraus, dass wir zwei Positionen verändern: die Unterwerfung unter die Vormacht der USA („des Westens“) als Fortsetzung der Dankbarkeit für die Unterstützung im und nach dem zweiten Weltkrieg – das Kapital ist aufgebraucht, und zweitens das Zögern beim Aufbau einer Verteidigung gegen Putin und die Verbündeten Russlands bei der angestrebten Eindämmung oder Unterwerfung Europas. Dass wir hier so lange gezägert haben, hängt nicht im Wesentlichen von unserer Westbindung ab.
Was, sagt da jemand, das sei eine Übertreibung? Ich denke, nicht. Aber selbst wenn: Trump lässt die Ukraine an Russland fallen – und dann?
P.S. Bitte lest den Anschlussartikel von Dietger Lather, und, wenn möglich, auch https://mail.yahoo.com/d/folders/1/messages/200242?reason=optin_not_required