DEUTSCHE VERGANGENHEIT GLOBALE GEGENWART

 

 

  1. SCHLUSS MIT DER VERHARMLSOUNG DER VERHARMLOSUNG

Wer in Deutschland irgendetwas mit dem Nationalsozialismus vergleicht, wird als Verharmloser kritisiert. Wer nicht vergleicht, verharmlost, was einen neuen Namen hat:

Rechtspopulistisch, nationalpopulistisch, nationalkonservativ, identitär….

Wir haben gute Medien; das haben nicht alle. Heute (9.4.2018) früh im Deutschlandfunk hielt der CSU Europaabgeordnete Marcus Färber eine Lobrede auf die ungarische Demokratie, dem Viktor Orban bescheinigend, dass der in einer einwandfreien Wahl eine legitime Mehrheit gewonnen hatte. Und schließlich würden Sozialdemokraten (in der Slowakei) und andere Demokratien (Rumänien, Tschechische Republik) ja auch gegen Flüchtlinge hetzen. Schlimm, aber geschichtsunkundig und wenig intelligent. Es ging im Grunde darum, die Ungarn in der EVP-Fraktion des EU Parlaments zu bestätigen. Immerhin…Polen sei viel schlimmer.  Färbers Angriff auf Georges Soros war, milde gesagt, antisemitisch aus dem Vorurteil, jüdische Banker hätten ja auch Angriffe auf die Demokratie durch ihr Verhalten gefördert oder verständlich gemacht.

Kurz darauf die Gegenstimme: György Dalós, der großartige Essayist und Autor: im Kern seiner Analyse steckt die Beschreibung Ungarns als „institutioneller Monarchie“, in der die formellen Anläufe das autoritäre Regieren geradezu befestigten: Der Staat beherrschat die Demokratie. Ein so gescheiter Satz: dahinter steckt, dass einem Demos, einem Volk, nicht gestattet wird, sich zu konstituieren – durch die faschistischen, völkischen, restriktiven Diskurse, und man sich dann auf die ethnisch eingegrenzte, nationale Bevölkerung stützen kann, um seine Mehrheiten gewaltsam auszuagieren.

  1. Ambiguität – ein Fremdwort für die Kritiker der Realität

Das Blut war noch nicht trocken, da hetzt die Nazipolitikerin Beatrice von Storch bereits gegen Muslime: „Wir schaffen das!“ höhnt sie. Sie muss das bald relativieren. Aber Polizei und andere Medien sagen sofort, dass es sich offensichtlich um keinen Amok mit islamischen Hintergrund gehandelt habe, dafür war ein Wahnsinniger der Täter. Dem Deutschen GESTEHT man die Pathologie zu, dem Muslim nur die böse Absicht.

In letzter Zeit werde ich oft wegen meiner Vergleiche der Jetztzeit mit den letzten Jahren von Weimar angesprochen und kritisiert. Das ist gut so, weil es Aufmerksamkeit auf mehrere Aspekte sich überlagernder Geschichte lenkt. Die NSDAP ist ja nicht 1933 entstanden, sondern hat einen langen Parteiprozess hinter sich, mit Abspaltungen, Personalquerelen usw., der AfD nicht unähnlich. Manchmal mit bemerkenswerten Ausreißern (vgl. lesenwert https://de.wikipedia.org/wiki/Otto_Dickel)

Und über die Widersprüche in einer Bewegung, die zur Partei wird…. Ich hatte böse Kommentare bekommen, als ich 1990 noch als Unipräsident vor ostdeutschen KollegInnen darüber sprach, dass die Nazis nicht umsonst national und sozialistisch verklammert hatten. Ideologien kann man nicht mit einem einseitigen und handgestrickten Antifaschismus aus den Angeln heben.  (Was keineswegs bedeutet, dass die sozialistischen Vorstellungen von der Gesellschaft immer so national verklammert werden müssen, wie das in der DDR der Fall war, und auch nicht, dass wieder auflebende Nationalismen dem Soz1ialstaat nützen oderschaden müssen).

Was die nationalen Bewegungen in ganz Europa, nicht NUR in den osteuropäischen Staaten, betrifft, kann man eines mit Sicherheit behaupten: je enger die nationalen Grenzen gezogen werden, desto ethnischer werden sie, desto weniger demokratisch werden die darin eingeschlossenen Ethnien.

Das gilt auch für Deutschland:

Die neue rechte Sammlung in der CDU/CSU, die AfD-nahe Sprache der Seehofers, Scheuers, Dobrindts und Spahns zeigt einerseits die Nähe dieser Individuen zu den autoritären undemokratischen Grundlagen des Nazis UND anderer autoritärer Bewegungen. In  Österreich,  wo die Nazis mittlerweile mitregieren, scheint eine seltsame Duldungsstarre zu sagen: wenn nichts Schlimmeres geschieht…

Dabei wird übersehen, dass das Schlimme ja nicht ZUERST UNS GESCHIEHT. Die Flüchtlinge werden konzentriert und abgeschoben – Christentum adé, Grundgesetz adè…aber wir sind nur moralisch betroffen, nicht „wirklich“ (ein weites ideologisches Feld). Die kriminellen Elemente in den Vorstandsetagen werden geschont, was sich noch bitter rächen wird – wir werden davon wenig spüren, wenn Rüstung Chemie Autos und Banken sich weiter verselbstständigen dürfen, aber Millionen anderer sind betroffen. Wir sind auch von dieser deutschen Demographie wenig betroffen, unsere Kinder, unsere Enkel schon, und mir macht der Antisemitismus weniger aus, weil ich mich wehren kann, als den Kindern. UND WER ERZIEHT DIE ANTISEMITEN? Wenn man die Vorurteile und den Schutz der RELIGION STATT DER MENSCHENWÜRDE  ansieht, dann kann einem zwar bitter werden, aber so richtig schlimm wird es für uns nicht…aber für andere.

3.

Als vor Jahrzehnten Enzensberger Saddam als Hitlers Wiedergänger bezeichnete, erhob sich, ich denke zu Recht, einiger substanzieller Protest. (Vgl. DER SPIEGEL 6/1991). Vor allem, weil er nicht verglichen hatte, sondern sich in Analogien der Rezeption von Scheusalen und Monstren geübt hatte, also unpolitisch und die Vergleichsmaßstäbe vernachlässigt hatte.

Ich will den gleichen Fehler nicht machen, habe mehrfach in Blogs und in Kontroversen mit der Grünen Linken deutlich gemacht, dass Vergleichen, Gleichsetzen und Gleichgültigkeit drei Dimensionen eines ständigen Abwägens von Wahrnehmung und Deutung sind.

Dass stärkere Demokratien, wie Deutschland, wohl hoffentlich auch Österreich, Norwegen oder die Niederlande, mit den Nazis (das sind keine neuen oder alte Nazis, es sind zeitgemäße Nazis) besser umgehen, also sie demokratisch wirklich bekämpfen, statt sich hinter der formalen Demokratie zu verstecken, kann ich nur hoffen – und wir sollten dazu beitragen. Schwächere Demokratien haben es da schwerer. Global gibt es keine Region mehr, die nicht von den Angriffen der völkischen Plebejer sicher ist. Deutschland ist da keine Ausnahme.

Und ich erinnere nur daran, dass Ossietzky richtig festgestellt hatte, dass es in der Weimarer Republik zu wenige Republikaner gibt, und bei uns gilt das auch – siehe Identitäre oder altpreußische Reaktionäre oder …; aber bei uns gibt es auch viele, die den Weg zum friedlichen Ambiente in der Abkürzung der Abschaffung der Demokratie durch „Illiberalität“ (Orban) oder „Identität“gehen wollen.

Eine Pointe erspar ich den Nationalen nicht: es fehlen jetzt schon Millionen für freie Arbeitsplätze. Wenn es darum geht, sie nur mehr mit Deutschen zu besetzen, dann wird unheimliche Stille herrschen im Land.

 

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