Gegner USA

Wer diese Vorschau auf neue Untaten der USA und China liest, der wird ins Grübeln kommen:

https://www.sueddeutsche.de/panorama/einreise-in-die-usa-mein-konto-meine-kontakte-meine-mails-1.4474155?utm_source=pocket-newtab

Dass der halbirre Despot Trump die Welt noch gefährlicher macht als sie ist, wissen wir (kein diplomatisches sich drehen und wenden). Dass andere Despoten, Diktatoren und Selbstherrscher im Einzelnen noch gefährlicher sind, aber global, vielleicht bis auf China, weniger Macht umsetzen können, wissen wir auch. China hat begonnen, das Private öffentlich zu machen, im Sinne der staatlichen Öffentlichkeit. Sozialer Frieden im Tausch gegen Unterwerfung und Konformismus. Das machen die USA jetzt offiziell nach – illegal und im Dunkeln haben sie es immer schon gemacht. Diesmal sollen sich nicht nur die Amerikaner unterwerfen, sondern andere, WIR.

Sind wir so machtlos, wie wir erscheinen wollen – uns kriecherisch den Iran Sanktionen unterwerfen (nicht der Staat, die Wirtschaft…); uns in der NATO lammfromm zu verhalten und die amerikanischen Rüstungsdiktate noch im europäischen Markt vereinfachen und weiterhin Spanndienste für die USA leisten; nicht auszusprechen, dass Trumps Zollpolitik der schlechteren Produktqualität amerikanischer Waren geschuldet ist; uns mit nie vertrauenswürdigen Geheimdienst-Unterlagen zu erpressen, wenn es um das Ausschalten von Huawei geht – als ob wir in dieser Hinsicht den Chinesen je getraut und den Amerikanern geglaubt hätten….

O Ihr Beschwichtiger! Wer solches sagt, redet ja nicht aus der anderen Ecke, derder Aggressoren und Erpresser aus allen Lagern, die sich nicht als westlich verstehen und vom Westen auch nur selten dazugezählt werden.

Ich halte mich für Talkshow-reif, um nicht die vielfältigen Argumente zur Verteidigung deutscher und europäischer Appeasementpolitik zu kennen. Aber zur Zeit zeigt sich die Ohnmacht ausgefeilter Politikwissenschaft und Globalisierungsanalysen – es ist fast egal, was man sagt, wenn man die neuropathischen Zuckungen des amerikanischen Sexisten einfach beiseite schiebt und schaut, was seine Vasallen machen. Diese Gleichgültigkeit ist von den Tyrannen gemocht. Sie erlaubt es, Dünnbrettbohrern wie Kretschmer und Woidke die Russlandsanktionen in Zweifel zu ziehen, sie erlaubt es, den Gauner Richard Grenell (amerikanischer Botschafter), unsere Wirtschaft zu erpressen statt ihn wegen Verletzung des Grundkonsenses internationaler Verhaltensregeln hinauszuwerfen, sie erlaubt es, bei den mörderischen Rüstungsexporten Hintertüren und bei den Abschiebungen jedes menschenrechtliche Maß zu verdünnen…Die deutsche Regierungspolitik reagiert auf all dies, wie sie auf das NSA-Vergehen des Abhörens von Merkels Handy reagiert hat: gar nicht. Apathie und Appeasement sind Zwillinge.

Ihr wisst, dass ich selbst sowohl auf die Ränder meiner Ausdrucksweise und auf die Sprache genauer achte als meine Kraftausdrücke es bisweilen vermuten lassen. Darum habe ich sowohl in der Putinkritik als auch in der Israelkritik (zwei ganz verschiedene Felder) andere Sprachmuster eingezogen als gegen die USA, die ja – viel weniger als die meisten meiner perhorreszierten Staaten – viel weiter weg von ihrem Führer sind. Der Widerstand gegen Trump ist in den USA besser strukturell eingebaut als im Konzert der Westalliierten (so wie Kritik am israelischen Regime in der Öffentlichkeit und den Medien weniger Zurückhaltung kennt als deutsche Rücksichten dies kennen). (Ihr seht, ich bin doch vorsichtig, sonst müsste ich das nicht betonen).

Mein Widerstand richtet sich mehr gegen die Gleichgültigkeit als gegen aussichtslose Waffengänge. Ist es nur unser vermeintlicher Zivilisationsvorsprung, dass wir von Amerikanern für Deutschland keine Visumpflicht einführen und etlichen Angehörigen terroristischer Vereinigungen (NRA, Ku-Klux-Clan etc.) jede Einreise verweigern? Was würde geschehen, wenn wir das täten? Schlimmstenfalls wieder Sanktionen,  oder eine Rücknahme? Was würde eine Verweigerung der 2% BNP-Grenze im NATO Budget bedeuten, wenn wir zeitgleich eine europäische Armee aufbauen und die dafür notwendige Rüstung ohne Technik und Information aus den USA versuchen? Vielleicht ein relativer Verlust an Drive und Effizienz, aber man kanns auf den Versuch ankommen lassen.

Und das alles wegen unserer persönlichen Daten, die US Regierung und die US Wirtschaft gleichermaßen auszubeuten gedenken. Das machen sie ja ohnedies schon lang, aber noch nicht so dreist und flächendeckend? Ja, denn staatliche Angriffe auf Menschen sind meist irreversibel. Wie man an China sieht, empfinden viele Menschen dort die lückenlose staatliche Überwachung bereits als Normalität. Die Tatsache, dass auch viele Deutsche tagaus tagein ihre Daten freiwillig allen möglichen ausbeuterischen, missbräuchlichen und gefährlichen Agenturen überlassen, ändert an diesem Argument nichts.

Vor einigen Blogs habe ich vorgeschlagen, Ihr erweitert diese Liste der Sanktionen gegen die USA gehörig; aber auch gegen andere Länder auf unserer Liste – durch Urlaubsverweigerung, Exportregulierung, Unterlaufen der offiziellen Kommunikationswege. Leider gabs nicht viel Rücklauf. Aber was mich freut: einiges von dieser tentativ unendlich langen Liste geschieht in der Praxis.

*

Der Daxner ist langweilig. Stimmt, manche Themen wiederholen sich wie die Endfloskeln eines Rituals. Was aber Teil des Rituals ist, muss wiederholt werden. So wird mein Schuh daraus. Ich frage ja auch immer, na gut, wenn es SO ist, was machen wir. Natürlich sind die Revanchepartikel nicht schon Politik. Sie sind sozusagen die Katalysatoren, die nicht zur Lösung von Problemen beitragen, auch nur wenig zu ihrer Erhellung, aber Reaktionen provozieren, die man so nicht einfach bekommt. Das bekommt man in der Chemie und -in der Kernphysik mit, und die Metapher stimmt auch in der Gesellschaft. Oft regt ein Partikel an „sozialer“ Bewegung etwas an, das sich dann als nicht leicht abzubremsende Dynamik erweist. Das Beispiel des gezielten Regelverstoßes, Gewalt um Gewalt zu verhindern, haben wir schon diskutiert.  Jetzt aber gegen die Langeweile. Provokation durch den Kunstgriff, die Machtdifferenzen zu ignorieren.  Klar hat der POTUS mehr Macht als Merkel oder Maas. Und? Tun wir so als ob das keine Rolle spielte. Gegenfrage: ist das nicht ein Spiel mit dem Feuer? Ich: brennt es nicht ohnedies schon?

Wenn wir Politik gegen die derzeitige Regierung machen wollen, und das sollen wir, müssen wir einige Prämissen ehrlich diskutieren:

  1. Stimmt die ewige Dankbarkeitsformel: ihr (Amerikaner, Russen, ….) habt uns 1945 gerettet, dafür werden wir euch ewig dankbar sein? Bis wann hat sie gestimmt, wann war das Konto erschöpft, gibt es ein unzerstörbares Residuum?
  2. Der Westen garantiert unsere Sicherheit, die wir nur ökonomisch und kulturell, aber nicht mit Einbringen passgenauer Gewaltfähigkeit kompensieren können. (Damit müssten die Bedrohungsszenarien allesamt auf den Tisch).
  3. Wie lange setzen wir die praktizierten Werte der europäischen Politiken mit denen der USA gleich? Maßstab Obama – das geht, bedeutet aber Abkehr vom heutigen Regime und damit hohes Risiko.
  4. Wie ehrlich meinen wir es mit der Abwägung von Menschenrechten und nationalen Profiten (Interessen + Wirtschaft + Sicherheit)? (Oder spielen wir nur rhetorisch mit einem moralisch überlegenen Anspruch, weil ihn ohnedies niemand beim Wort nimmt?

Zu Beispiel 1: Da ich persönlich Grund hatte und habe, den Amerikanern in mehreren Hinsichten für meine Familie und mich dankbar zu sein, musste ich mir früh zwei Fragen beantworten: wie kann eine so „gute“ Nation so schreckliche Verbrechen begehen (als ich die Frage erstmals stellte, ging es hauptsächlich um Lateinamerika, später, Vietnam, da war mir schon einiges klar). Die andere Frage: wie erschöpft sich Dankbarkeit? Die private Analogie zieht nicht ganz. Aber eines ist klar: dass wir nicht in einer absoluten Wertegemeinschaft mit der Regierung der USA sind, ist evident. „Absolut“ heißt, dass sich unser Land bei wichtigen Entscheidungen auf diese werte vor allen anderen berufen kann. Noch immer stehen uns die werte der Amerikaner relativ näher als die anderer Systeme, aber diese Amerikaner stehen vor der gleichen Herausforderungen wie wir: dem vielleicht gewaltsamen Widerstand gegen das Regime Trump. Wie können wir uns mit ihnen verbünden? Ein Beispiel: Kalifornien bezieht jetzt illegale Einwanderer in sein Gesundheitssystem ein.

Mit diesen Beispielen möchte ich natürlich keine Systemvergleiche machen, die sind meisten kurzatmig. Ich möchte nur zeigen, dass uns „sympathische“ Systeme schlechte Regierungen haben können, und dann muss man die bekämpfen und nicht das Volk bestrafen, dass es besser ist als die – auch von ihm verantworteten – Gouverneure. Vielmehr ist es auch wichtig zu fragen, warum uns ein System sympathisch ist. Die Antworten passen nicht in den Blog, aber sie kritisieren den unbewussten Nationalismus und Suprematismus auch unter uns aufgeklärten Systemkritikern.

Zu Beispiel 2: Einfache Gegenfrage – wieviel Unsicherheit nehmen wir in Kauf, wenn wir uns dafür vom POTUS distanzieren können? Spielen wir es an der Iranfrage durch, an der Frage der Waffenexporte nach Israel, an der langfristigen Entwicklung ganz anderer staatlicher Militärverbünde, um der Privatisierung des Kriegshandwerks zu entgehen.

Zu Beispiel 3: Arbeitet einmal heraus, was an Obama das Vorbildhafte ist. Und daran knüpfen wir auch die Bildung und Ausbildung von Politikern.

Zu Beispiel 4: Menschenrechte, für die ich nicht Macht und Aktionen einsetzen kann, sollten nicht propagiert werden.

Ihr seht, die Kommentare werden immer kürzer, die Antworten immer apodiktischer. Um nicht in Anti-Amerikanismus zu verfallen, muss man die Regierenden – o wären nur sie die „Herrschenden“ – herausfordern und sich dabei vielleicht Nachteile einhandeln. Aber vielleicht nur. Trump als Scheinriesen zu behandeln, der umso kleiner wird, je näher man ihm tritt, verringert die Gefahr, dass er einen anrempelt und aus dem Bild drängt. Schmeißt erstmals Grenell raus aus Deutschland, und dann sehen wir weiter…das alte „respice finem“, bedenke das Ende, gilt in der Politik so nicht. Bedenke den nächsten Schritt und die Zusammenhänge, dann sind auch die USA nicht sooooo stark.

Und wer meint, wir könnten mit Trump zivilisiert umgehen: Tagesspiegel online 8.6.2019

„Trump hat damals ein Kopfgeld auf uns ausgesetzt“

Als Minderjähriger wurde er unschuldig für eine Vergewaltigung verurteilt. Der heutige Präsident forderte 1989 für ihn und vier andere Teenager die Hinrichtung.

Lest das ruhig zu Ende: https://www.tagesspiegel.de/politik/yusef-salaam-sass-zu-unrecht-in-haft-trump-hat-damals-ein-kopfgeld-auf-uns-ausgesetzt/24438748.html?utm_source=pocket-newtab

 

 

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