Pompeji statt Pompeo

Das sollte uns eine Lehre sein…

Auch die Bewohner von Pompeji gönnten sich vor der Zerstörung der antiken Stadt offenbar hin und wieder Fastfood. Archäologen haben bei Ausgrabungen einen Schnellimbiss gefunden, der überraschend gut erhalten ist. (ARD 26.12.2020)

Eine durchaus ideologische Kommentierung. Der Imbiss muss keineswegs „fast“ sein, im Gegenteil: die Erfahrungen des Wiener Würstelstands sind, dass man da lange stehen kann, auch einmal eine zweite Flasche Bier bestellt, selbst für ein gut zu kaschierendes Rendezvous ist der Schnellimbiss geeignet, man kann sich ja zufällig dort getroffen haben, um sich für anderswo zu verabreden…

Immerhin: zwischen lauter T&C Meldungen ein Anflug von sozialem Realismus der ARD, eine solche Meldung in der Tagesschau zu bringen, mit prachtvollen Fresken und Graffiti.

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Warum soll in Pompeji nicht die Esskultur als Zeichen einer entwickelten Zivilisation schon zum Schnellimbiss als Alternative zu den großen Gastmalen mit Pfauenfedern als Kotzanreiz geführt haben? Die Evolution davor hatte jedenfalls 25.000 Jahre mehr bewirkt als die lächerlichen 2000 seither, zumindest was die Gastronomie betrifft.

Lieber in Pompeji leben und zum Imbiss gehen als sich vorzustellen, Mike Pompeo hätte noch eine Amtszeit vor sich. Billiger Wortwitz, aber beim Lesen seiner Berufsgeschichte ist er doch eine Mischung aus Scheuer, Seehofer, Maassen und Goldfinger, und Trump brauchte ihn nicht zu begnadigen, weil er sich selber nicht ins Gefängnis gebracht hatte (CIA, NSA).

Der Kalauer der Namensähnlichkeit ist erschöpft, tut mir leid. Pompeo und seine deutschen Brüder brauchen keinen Kommentar, man wünscht sie zum Teufel und damit gut. Auch Vergiftungen über fast food sind für die meisten Geheimagenten zu kompliziert, Novichok ist einfacher.

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Mich hat die Meldung aus der Archäologie wirklich gefreut. Man stellt sich vor, nach vollbrachtem Tagwerk am Tresen zu hängen und römische Bockwurst mit importiertem Feldsalat zu essen, Rotwein zu trinken und mit dem Nachbarn auf die Regierung zu schimpfen.  Man muss die Dinge ändern, damit sie die gleichen bleiben, sagt Lampedusa.

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So resigniert bin ich nicht. Aber Pompeo beweist, dass auch in Demokratien die Segmente autokratischer und destruktiver Politik eingesetzt werden können, und dann kommt es nicht darauf an, ob wir sie missmutig, widerständig oder resigniert hinnehmen.  Das erfordert bei uns mehr Politikverständnis (die Israelpolitik der USA verstehen, um sie kritisieren zu können),  mehr multiple Gegnerschaft (kann man mit China oder dem iran freundschaftlich sich verbunden fühlen? nein) und die Fähigkeit, mit Gegnern zu kommunizieren, mehr Einsicht in die Tatsache, dass auch bei uns, auch in Deutschland oder Österreich der Schoß faschistischer Potenziale fruchtbar bleibt, nur die Befruchtungsmethoden und medien haben sich natürlich geändert.

Das alles ist kein Anlass zur Resignation, aber zum Innehalten bei der Idee, man könne das wichtigste zuerst erledigen, um raum und zeit für die nachhaltigen Problemlösungen zu haben. Das Gegenteil scheint mir die richtige Politik zu sein – und uns zu ermöglichen, ganz bedeutende Sachverhalte auch am Schnellimbiss unter dem Vulkan zu diskutieren. Beispiel.  Heute haben die Grünen, wer sonst? die Bahnreform gefordert. Das vor dem nächsten Vulkanausbruch in Angriff zu nehmen, kann auch etwas bewegen, wenn es nur die hinhält, die im ewig Gleichen verdämmern. Pompeji statt Pompeo ist auch ein Zeichen für Kultur…

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