Frühling des Pöbels

Die Audiklimaverbrecher werden vom Gericht geschont. Es lohnt, sich zu verständigen. Wer da auf der Bank sitzt oder Anwalt des Staates ist, ermutigt andere Gauner. Dem Stadler ist es egal, dass er ein Monatsgehalt abführt und einen schlechten Ruf behält. Hunderttausende Luftverpester ersticken seinetwegen, nicht gleich, aufgeschoben. Und das Gericht? Der Rechtsstaat wird manchmal sichtbar rechts.

Der Pöbel erlebt einen Aufschwung. Er hatte immer schon einen Platz in einer noch unreifen Demokratie, deren Erfolge man ja nicht leugnet, aber sie ist noch weit von ihrem Ziel…

Im Augenblick tobt sich der Pöbel gegen die Grünen aus. Als ob die Klimapolitik eine Klassenfrage wäre tun sich Autolobby, Hausbesitzer und andere Lebensmüde zusammen, um hier zu bremsen und vor allem um Vertrauen zu zerstören. Dass beim Wirtschaftsministerium ein Staatssekretär unsinnig gehandelt hat – sicher, und das kann und muss korrigiert werden. Habeck macht das schneller und besser als Andere, aber natürlich: das war ein Fehler. Dass der Staatssekretär trotzdem ein Fachmann ist und bleiben wird, bestreitet der Pöbel gar nicht, aber man versucht ja den Minister zu treffen, um mehr Abgase auf die Autobahnen blasen zu können.

Pöbel ist ein gefährlicher Begriff, weil er quer zu Klassen und Ständen und Milieus alle Schichten der Bevölkerung durchsetzen kann; nicht das Geschehen und die Struktur, sondern Event und Augenblick sind die Waffen des Pöbels. Zur Verteidigung nimmt der Pöbel gerne Aufmerksamkeit und Aktualität in Anspruch, wann, wenn nicht, wer, wenn nicht wir? Das Jetzt und das Wir sind die gefährlichen Begriffe: Die Springerpresse lenkt von Döpfner ab, und hackt auf den Grünen herum, wie andere Medien, z.B. t-online täglich, als wäre das eine AfD Filiale. Merz hackt auf den Grünen herum, als wäre er nicht gerade in der Demokratie auf sie angewiesen. Dass Söder lügt, weiß sogar t-online auch. Der Pöbel ist sozusagen eine große Koalition, größer noch als die Berliner schwarzrosa Banalität.

Dass die Grünen nicht mit den gleichen Waffen zurückschlagen, hat Gründe. Ich bin lange genug bei der Partei, um die Ärgernisse und Fehler nicht verdrängen zu müssen. Aber eines ist auch klar: Deutschland verliert ohnedies auf allen internationalen Vergleichsebenen. Ohne die Grünen in Bund und Ländern wäre die Umweltpolitik und das Sozialstaatsempfinden aber noch viel schwächer. Daraus zieht man nun kein momentanes Selbstbewusstsein (Das ist eher Söders Waffe). Aber was wie eine defensive Grünenverteidigung aussieht, ist der Preis dafür, nicht mit dem Pöbel sich zu verbünden.

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Sich festzukleben und Kunst zu zerstören und Anstoß zu erregen, ist falsch. Aber die Reaktion des Pöbels auf die Kleber und die „rechtsstaatlichen“ Verteidiger der brutalen Wegzerrer schaffen den an sich richtigen Argumenten der Letzten Generation eine sekundäre Rechtfertigung. Man hat den Eindruck, dass sich Pöbel und Rechtsstaat zusammentun, um für die Klimapolitik Bahnsteigkarten zu fordern, ohne die man keinen Zug in die geschonte Umwelt erreichen darf. Das ist ein aktuelles Beispiel, zugegeben, und ich gehe auf Distanz zur Aktualität.

Am 20.2.2022 habe ich zu Beginn des russischen Angriffs Amery und den Terror der Aktualität zitiert (Blog). Dessen Gedanken sind eine Leitlinie für vieles an meiner Lebenspolitik, ich bin ja kein Politiker. Ja, der Event drängt manchmal zu sofortiger Reaktion. Aber wie reagieren? Womit? Manchmal muss man sich zum Abstand zwingen, um klar sehen und denken zu können (so wie das Ernst Bloch beim Anschauen gotischer Kathedralen empfiehlt). Der Pöbel bezieht seine Wirkung aus der falschen Unmittelbarkeit. Man muss sich nicht, man darf sich nicht unbegrenzt Zeit nehmen, um etwas zu bedenken und vor allem zu handeln, aber man braucht hinreichend Zeit dazu. Das kann vielleicht kurze Dauer bedeuten.

Manche werden ihre Kommentare zu Habeck, zu Palmer, zu den Klebern, zu den Flüchtlingen…noch bedauern; nicht weil ich es sage, sondern weil die Wirklichkeit sie dazu zwingt. Der Pöbel bedauert nie, er sagt, die Zeiten sind jetzt anders, und wir hatten damals recht. Naja. Andere bleiben unverrückbar bei ihren Standpunkten, dann gibt es kein Damals, sondern nur Jetzt.

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Die Grünen werden die Pöbeleien überstehen, natürlich mit Blessuren, natürlich mit Verlusten, aber sie werden gewinnen, wo sie recht haben und vor allem richtige Politik gegen die neoliberalen Geschwindigkeitsfanatiker und privatisierenden Staatsfeinde durchsetzen wollen. Eine Koalition ist keine Ehe. Und den Pöbel heiratet man sowieso nicht.

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