Beobachtet Seehofer

Nein, Horst Seehofer, dieser Angstblütler, ist nicht mein Hauptfeind. Eher eine Peinlichkeit, dass man so einen Mann zum Innenminister machen musste, um ihn kaltzustellen. Abgeschoben gehört er trotzdem, nur wohin?  Im  Jenseits wäre das einfach: treffen sich Putin, Seehofer und Trump, und klopfen einen Skat oder Schwachkopfen, wie das Spiel in Bayern heißt. Und dann hören wie zu, wie drei Verdammte lustig sind. Aber im Diesseits: wem kann man denn den fremden Blindgänger Seehofer zumuten? Niemanden so richtig, außer seinen Parteifreunden aus der CSU Spitze natürlich, aber die würde man ja am liebsten selbst auslagern, ausankern heißt das jetzt, nur bleibt da die Frage: wer nimmt die? Also:  den Seehofer haben wir.

Der will die AfD vom Verfassungsschutz nicht beobachten lassen. Zu nahe ist die Sprache der Nazis den Alterssprüchen des Deportationsministers, als dass er da grundlegende Unterschiede erkennen könnte. Sicher, im Fußvolk der CSU gibt es nicht annähernd so viele Nazis wie bei der AfD, aber man muss die rechten Kräfte im deutschen Sicherheitsapparat ja schonen, damit man die Demokraten anständig beobachten kann – Seehofer ist ja in seinem Ministerium nicht allein. Auch die Scharfmacher genießen die Freiheiten des Grundgesetzes. Sie genießen die, wie gesagt, teilweise im Vorfeld der Rechtsextremen. Sie genießen es, wenn andere den Hitlergruß machen oder die Gaskammern in Frage stellen, sie waren es ja nicht selbst, und deshalb schauen sie lieber weg.

Es reicht uns, aber das reicht noch nicht aus für Politik. Ganz Europa torkelt ja mit wachsender Geschwindigkeit in Richtung auf totalitäre Strukturen. Das werden nicht gleich Diktaturen, aber die Ökonomie der Trumpschen Politik ist nirgendwo effektiver als beim Unterminieren nicht ganz fester demokratischer Strukturen, und da lernen die europäischen Autokraten schnell. In Deutschland sollten wir heute Merkel loben: wir schaffen das! war im Kontext ein richtiger und kluger Satz, ein Menschensatz, und das meiste an dem ganzen Flüchtlingselend IN Deutschland haben wir ja auch geschafft, nur nicht alles und nicht in Europa, deshalb müssen wir noch sehr viel mehr schaffen.

Aber erst einmal zum Erwachen des nie ganz gestorbenen Nazismus in Deutschland. Gerade wenn man NICHT pauschalisiert – Bayern, Sachsen, die rechten Großflächen in Ostdeutschland und die Nazinester im Westen, – gerade dann muss man darauf hinweisen, dass Bayerns Patenschaft über Sachsen dort die stärkste Unterstützung für AfD, Pegida etc. begünstigt hat (das geht an die so genannte christlich (Kreuz hängt verkehrt am Haken) soziale (Herdprämie und Käfighaltung von Frauen) Union, die damit der CDU auch eine Hypothek anhängt, nämlich in Sachsen und den andern neuen Bundesländern, aber neuerdings auch in Nordrhein-Westfalen. Faschismus wächst aus dem Missverständnis, Toleranz sei gleich mit Ausweitung der Freiheit auf ihre Feinde. Toleranz ist immer Gewährung von Freiheiten, ist immer Ermächtigung durch solche, die es in der Hand haben, zu ermächtigen. Ich muss die AfD nicht in jeder Talkshow haben, nur weil die auch im Parlament sitzen, ich muss auch Herrn Dobrindt nicht befragen, wo es doch auch anständige CSUler gibt; Weidel, Gauland, Höcke ….gehören a) vom Verfassungsschutz beobachtet, b) wegen Volksverhetzung in vielen, nachweisbaren Fällen vor Gericht, und c) ins Visier der Sicherheitskräfte, über die u.a. Herr Seehofer gebietet.

Deutschland wird – wohl oder übel – eine Vorreiterrolle ganz ungewohnt prekärer Art in Europa spielen müssen. Noch regieren bei uns die Nazis und Faschisten nicht mit, wie in vielen EU-Mitgliedsländern. Wenn die EU durch Nationalinteressen nach dem Muster „America first! – Hungary first! Austria first! Italy first!…“ geschwächt wird, dann muss man Sanktionen beschließen, bevor man in Brüssel überstimmt wird. Dreht den Diktaturen und autoritären Azubis den Geldhahn zu. Aber Vorsicht: das reicht nicht, und verhärtet den Pöbel noch mehr, der bei Brot und Spielen lieber mit Spielen hungert als bei Brot darauf verzichtet. Da muss proaktive Kultur- und Sozialpolitik hin, da muss Einmischung in die inneren Angelegenheiten Schwerpunkt der Außenpolitik sein, erkennbarer Schwerpunkt. Und da muss die rechte Subkultur in unserer Innenpolitik, bei Polizei, Verfassungsschutz, BKA, LKA, aber vor allem im Innenministerium selbst, aufgedeckt und dekonstruiert werden. (Das ist schwierig, aber bei weitem nicht alle Polizisten und V Männer sind Nazis, bei weitem nicht alle Verfassungsschützer sind auf dem rechten Auge blind; aber vielleicht einige hohe Vorgesetzte dieser Menschen. Viele in den Diensten haben Angst davor, nicht genügend rechts, patriotisch, national zu sein…woher ich das weiß? Ach Leute, stellt euch nicht naiv: im letzten Blog steht es: sagt, was ihr wisst). Konkret. Muss der Rechtstaat dulden, dass Nazi Höcke gemeinsam mit anderen AfD und Pegida-Granden in der ersten Reihe in Chemnitz marschiert, die weiße Rose im Knopfloch (Zynismus ist allerdings nirgendwo verboten). Muss der Rechtsstaat das Abwarten einüben, bis etwas geschieht? „There will be blood“. Das ist die Erwartung der Rechten, sie wollen Opfer sein, um leichter Täter werden zu können. Das ist die Geschichte aller Märtyrer seit jeher. Es gibt eine gewisse Affinität von Menschen zu Märtyrern,die ihnen irgendwie Verantwortung und Haftung abnehmen. „Blutzeugen“ –  in vielen, fast allen Kulturen gibt es dazu Beispiele, und in bestimmten Perioden werden Märtyrer besonders beschworen. Es ist kein geringes Verdienst der Aufklärung und der Säkularisierung, dass damit etwas weniger agiert wird, aber ganz hat das nie aufgehört.

Und noch etwas wichtiges. Chemnitz ist nicht nur Sachsen und Deutschland. Chemnitz ist Europa. Und was wir hier machen müssen, ist nicht nur innenpolitisch, es ist Teil der Außenpolitik, die ja eine globale Innenpolitik ist. Im Vorfeld der Europawahlen sollte dieser Zusammenhang ganz deutlich gesehen werden, sonst werden neben den Nigel Farages auch noch sehr viel mehr Nazis im Europa-Parlament gegen Europa agieren. Österreich gibt ein besonders schlechtes Beispiel dafür ab, wie man mit den Feinden Europas paktiert. Aber Herr Seehofer, der mir heute gegen den Strich geht, auch: wer mit Faschisten wie Orban sich freundschaftlich einlässt, muss erst beweisen, dass er nicht selber einer ist. Und wenn er und seine „christlich soziale“ Union europäische Spitzenpositionen einnehmen wollen, dann muss erst einmal er seinen Posten räumen. Man muss ihn ja nicht gleich deportieren, er darf auch in Bayern vor sich hin dämmern.

 

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