Sag ich doch – Verfassungsschutz

Der frühere Verfassungsschutzchef Maaßen spielt CDU Rechtsaußen. Und die Partei hat ihren Sarrazin –  nur will sie ihn gar nicht ausschließen.

Erinnert ihr euch: ich habe den Verfassungsschutz anlässlich der Wahrheit zum NSU des Öfteren eine Vorfeldorganisation der Rechtsextremen genannt, auch einige Sicherheitsorgane dazu gezählt. Die Vorfälle der letzten Zeit geben allen Anlass, diesen bewusst polemischen Begriff beizubehalten.

Jetzt lest einmal den gekürzten Beitrag von „Netzpolitik.org“:

Gefährlichste Behörde des Landes

Die Vorgänge um Hans-Georg Maaßen führen ein weiteres Mal vor Augen, dass der sogenannte Verfassungsschutz die gefährlichste Behörde des Landes ist: Sie will auf dem rechten Auge nicht nur nichts sehen, sondern ist aktiv in die Unterstützung rechter Strukturen und in die Morde des NSU verstrickt. Sie ist ein Instrument zur Diskreditierung aller möglichen politischen Strukturen – nur gegen Rechtsextreme zeigt sich der Verfassungsschutz immer wieder unfähig.

Kein Wunder, dass ein Rechtsaußen wie Maaßen über Jahre ungestört und unbemerkt an der Spitze dieser Behörde wirken konnte. Es stellt sich mittlerweile auch die Frage, warum das weder Innenminister Seehofer noch sonst irgendwem in der Regierung aufgefallen ist.

Ein rechter Inlandsgeheimdienst ist ein Brandbeschleuniger zum Abfackeln der Demokratie. Eine weitere Sicherheitsbehörde, in der sich – wie bei Polizeien und Bundeswehr – Rechtspopulisten, Rassisten und Nazis tummeln und ziemlich ungestört ihrer politischen Agenda nachgehen. Eine Gefahr für die Verfassung.

Geheimdienste sind immer Fremdkörper in einer Demokratie, weil sie unkontrollierbar und intransparent sind. Institutionen, die machen, was sie wollen. Aber ein Geheimdienst wie dieser Verfassungsschutz ist eine besondere Gefahr für die Demokratie. Nicht nur im Bund, auch in der Ländern. Es wird höchste Zeit diese Behörden knallhart zu reformieren, zu zerschlagen oder ganz abzuschaffen.

https://netzpolitik.org/2019/der-enthemmte-maassen-zeigt-wie-gefaehrlich-der-verfassungsschutz-ist/?utm_source=pocket-newtab 23.7.2019

 

Das ist eine legitime Sicht. Bei den Empfehlungen rate ich zur Reform. Aber ich habe noch eine andere Überlegung: warum sind Sicherheitsorgane fast immer und fast überall an einem eher gewaltbereiten, „rechten“ Rand orientiert (selbst in „linken“ Systemen)? Die Überlegung, warum ein Mensch dieses Berufsfeld wählt, ist wenig untersucht. Dabei sind die Berufsempfehlungen, wie „man“ Polizist/in wird, mannigfaltig: https://www.google.com/search?client=firefox-b-d&q=Motivation+Polizist+zu+werden. Wie man Verfassungsschützer oder Nachrichtendienstler wird, ist weniger ankündigungsstark, aber man kann das auch leicht finden. https://www.google.com/search?client=firefox-b-&ei=1Ko4XfHsKc6QmwXKyYTIDA&q=Motivation+ zum+Verfassungsschutz&oq=Motivation+zum+Verfassungsschutz&gs_l=psy.3..0i22i30.491651.498549..499093… 0.0..0.181.3264.17j15……0….1..gws-iz…….0i71j0i67j0i131j0j0i10.wEZs51gWpho&ved =0ahUKEwjxpq_lns7jAhVOyKYKHcokAckQ4dUDCAo&uact=5.

Lassen wir einmal die selbstverständlichen (?) Funktionen der Sicherheitsdienste beiseite, als da sind Menschen zu schützen, Straftaten zu verhindern und zu verfolgen, bestimmte Grenzen der „Normalität“, und sei es mit Gewalt, aufrecht zu erhalten und bestimmte gesellschaftliche Strukturen gegen Veränderungen und Angriffe zu schützen. Mich interessiert, wie man eine Verfassung dadurch schützen kann, dass man notwendig im Schatten des Rechtsstaats operieren muss, ja, Gesetze, Normen, Verhaltensregeln durchbrechen muss, um seine Ziele (?) zu erreichen. Ich habe meine obige Hauptfrage nach dem rechten Neigungswinkel aller Sicherheitsorgane nicht aus dem Auge verloren: es gibt offenbar eine Vorstellung, dass man auch das Recht und den Rechtsstaat dadurch am besten schützt, dass man nicht nur auf die Gesetze achtet,  sondern sich als volks-unmittelbare Macht begreift, die mit legitimer Gewalt Abweichungen aufspüren und verfolgen darf. Das war und ist klassisch rechts, und war es auch in so genannten sozialistischen Systemen, da konnte man Volk manchmal als Klasse begreifen. Dabei geht zB. der Einsatz von Spitzeln von der Gewissheit aus, dass da unten, im Volk, auch solche sind, die den Gesetzen übel wollen. die man aber erst aufspüren muss, weil sie sich nicht zu erkennen geben. Geheimnistuerei wird mit Geheimdienst vergolten. So einfach ist das? Meist ja. Nicht immer, deshalb steht oben: reformiert die Behörden, die sich selbst anmaßen, unseren Rechtsstaat durch ihre Grenzgängerei zu schützen.

Schaut euch Herrn Wendt an, den Polizeigewerkschaftschef. Schaut euch Herrn Maaßen an, den ex-BfV Chef; schaut euch Herrn Seehofer an, den früheren Chef von Maaßen. Die und ihre Sbirren, Agenten, Trabanten und Zuträger sind alle nur Ausdruck dessen, was man eben nicht einfach mit den Rechten „System“ nennen sollte und damit zugleich das diffamieren, das man noch viel stärker unterwandern und aushöhlen möchte. Darin unterscheiden sich AfD und andere Nazis und auch einige Stalinisten nicht von den Nazis und Stalinisten früherer Zeiten. Aber Maaßen und and seine Consorten stehen dafür, dass man das Recht und die Freiheit dort substituiert, wo man vermutet, sie wären schon durch Kritik oder Kontroversen gefährdet, zumal wenn das die Position, die Macht, den Einfluss eben derer in Frage stellen, die eigentlich dieses Recht und diese Freiheit garantieren sollen. Dazu müssen immer Ausnahmezustände, Ausnahme Tatbestände konstruiert werden, an denen der Gesetzesgehorsam der normalen Menschen ebenso versagt wie die normalen Gesetze. Die Macht über die Normalität ist ein Kennzeichen dieser Politik, vor allem wenn sie sich als legitime Gewalt äußert. Die Eingriffe in die Privatsphäre werden mit der Gefährdung gerechtfertigt, was im Einzelfall stimmen mag, aber mit Schleierfahndung und Regierungstrojanern die Sachverhalte umkehrt. Und diese Umkehrung scheint die Motivation nicht nur der Sicherheitsdienstoberen zu sein, sondern vieler ihrer Subordinierten.

Dass der Verfassungsschutz dem NSU tatenlos zugeschaut hatte, ihn sogar unterstützte, in dem die Aufklärung die Opfer ins Visier nahm; dass die Polizei meint, sie müsse vor den Bürgern mehr geschützt werden als diese vor ihr; dass Sicherheit vom Tatbestand zum Wert mutiert, während Freiheit vom Wert zum Handlungsspielraum degradiert wird – das ist die Logik dieser Oberen.

  • Es gibt ein scheußliches Wort: Versicherheitlichung. Securitization im amerikanischen Englisch. Es bedeutet, dass alle politischen Ordnungsstrukturen unter dem Aspekt gesetzt werden, dass sie mehr oder weniger Sicherheit gewährleisten, und dass diese Sicherheit maximiert werden müsse. Weil man nur innerhalb dieser Sicherheit frei und gesetzeskonform leben kann. Das ist natürlich mein giftiger Kommentar, denn wenn der Ausnahmezustand normal wird, dann ist ja der Angriff auf die Sicherheitsarchitektur der rechten Normalität wohl eine Art Glacis der Befreiung.

Es ist ein politisch unlogischer Zirkel: die Rechte sucht immer den Ausnahmezustand, weil er die unberechenbare Opposition durch Kritik und Alternativen – durch die informierte Öffentlichkeit und vor allem durch das Vertrauen von StaatsbürgerInnen in die Sicherheitsorgane – von vornherein verhindern möchte: ich nenne das die Etatisierung des Stammtischs. Wenn das die Unterstützung hoher und höchster Staatslenker findet, dann verbietet sich dieses Vertrauen, und das hat Folgen.

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