Tausende Flüchtlinge stehen an der türkisch griechischen Grenze vor dem Ende ihres Lebensschicksals.
Es werden mehr werden, und wenn sich die afghanische Situation weiter so entwickelt, werden von dort weitere Zig-tausende richtung Europa, richtung Überleben fliehen. Die deutsche Debatte wird unter der Decke geführt, die meisten nutzen die Corona-Hysterie, um sich vor dem Anschein von Humanität zu schützen. (Ausnahme u.a. der EU-Grünen Politiker Marquardt und einige wenige andere).
Ich gebe einige Stimmen aus Österreich wieder, damit die kleinen Variationen zu unserer deutschen Politik deutlich werden. Aber im Prinzip sind die Verhältnisse analog, nur grenzt Deutschland nicht an die prekären Außenstaaten des Westbalkan, und Bayern ist, was Grenzen betrifft, nicht Deutschland.
Also zunächst…
Stimmen aus Österreich 3.-4.3.2020 (Quelle ORF)
Versäumnisse holen EU ein
Die eskalierende Situation an der türkischen-griechischen Grenze weckt Erinnerungen an die Flüchtlingskrise 2015 – auch wenn die Situation heute mit der von damals vorerst kaum vergleichbar ist. Für Experten und Kommentatoren ist die Eskalation nun vor allem eines, nämlich eine Folge der politischen Versäumnisse Europas.
Van der Bellen für Aufnahme Geflüchteter
Bundespräsident Alexander Van der Bellen sieht Österreich als Teil der EU gefordert, einen größeren Beitrag bei der Lösung der aktuellen Flüchtlingskrise in der Türkei bzw. in Griechenland zu leisten. Eine „Koalition der Willigen“ würde er gerne unterstützen, sagte er am Dienstag im ORF-„Report“, das Land sollte sich „in bestimmtem Ausmaß“ an der Aufnahme von Flüchtlingen beteiligen.
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Kinder und Frauen sollten dabei Priorität haben, äußerte er Unterstützung für die Haltung von Vizekanzler und Grünen-Chef Werner Kogler. Solange zumindest auf ersten Blick ein Asylgrund gegeben sei, sollte Österreich Flüchtlinge aufnehmen. Er erinnerte auch daran, dass viele Asylunterkünfte hierzulande wieder leerstünden. Man habe die Situation im Griff, sagte er zu den Folgen des Flüchtlingsandrangs 2015, wenn es auch Schwierigkeiten am Arbeitsmarkt gebe.
Zur aktuellen Situation international sagte er, die Lage etwa auf der griechischen Insel Lesbos werde als katastrophal beschrieben. „Die Griechen mit dieser Art von Überbesetzung allein zu lassen widerspricht dem europäischen Gedanken zutiefst“, sagte der Bundespräsident. Auch mit der Türkei müsse man reden und dabei „bei der Sprache ein bisschen zurückdrehen“. Nicht alles könne man polemisch abtun, schließlich habe die Türkei eine sehr große Zahl betroffener Menschen aufgenommen.
Mehr Hilfe „ansatzweise“ im Regierungsprogramm
Die nun von der türkis-grünen Koalition beschlossenen drei Millionen Euro aus dem Auslandskatastrophenfonds für die syrische Region Idlib reichen laut Van der Bellen wahrscheinlich nicht. Mehr Hilfe zu leisten stehe „ansatzweise“ im Regierungsprogramm, so der Bundespräsident: „Ich würde mich freuen, wenn es auch umgesetzt wird.“
EU verspricht Griechenland Unterstützung
Dass die offensichtlichen Meinungsverschiedenheiten zwischen ÖVP und den Grünen in diesen Fragen die Koalition belasteten, wollte Van der Bellen nicht sehen: „Lassen wir die Kirche im Dorf. Bei jeder Meinungsverschiedenheit davon zu reden, dass die Koalition gespalten ist, würde ich auch nicht tun.“
Regierung: „Volle Unterstützung“ für Athen
Die ÖVP-Grünen-Regierung hat am Dienstag die jüngsten Entwicklungen an der Grenze zwischen Griechenland und der Türkei besprochen. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Vizekanzler Kogler (Grüne) verurteilten den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan, der Flüchtlinge für seine Zwecke missbrauche. Österreich will Griechenland beim Grenzschutz unterstützen und Menschen in Syrien helfen.
Griechenland wurde von der Regierungsspitze „volle Unterstützung“ zugesichert. Kurz sprach von einem finanziellen Beitrag und von einem „Beitrag mit Polizisten und Polizistinnen“ für den Grenzschutz. Man sei zudem in Kontakt mit den Westbalkan-Staaten, falls die Grenze zu Griechenland „durchbrochen“ wird. Außerdem sollen drei Millionen Euro aus dem Auslandskatastrophenfonds für Menschen in Syrien, auch jene in der stark umkämpfen Stadt Idlib, bereitgestellt werden. Das ist laut Kurz die größte Ausschüttung für ein Land seit Bestehen des Fonds. Die Hilfe soll über das Internationale Komitee vom Roten Kreuz laufen.
Kurz: Druck auf Erdogan ausüben
Der türkische Präsident Erdogan hatte am Wochenende die Grenzen zur EU für Flüchtlinge öffnen lassen. Er begründete das damit, dass die Europäische Union ihre Verpflichtungen aus dem Flüchtlingspakt mit der Türkei von 2016 nicht einhalte. Seither versuchten Tausende Flüchtlinge, über die türkisch-griechische Grenze in die EU zu gelangen. Griechische Grenzschützer hielten am Wochenende etwa 10.000 Menschen vom Grenzübertritt ab. Am Montag drohte Erdogan, die Grenzen blieben offen. Es sei nun an der EU, ihren „Teil der Last“ in der Flüchtlingskrise zu tragen.
APA/Roland Schlager An der Pressekonferenz nach der Arbeitssitzung nahmen Vizekanzler Kogler, Bundeskanzler Kurz und Innenminister Nehammer teil
Sowohl Kurz als auch Vizekanzler Kogler machten Erdogan für die aktuelle Lage an der EU-Außengrenze verantwortlich. Laut Kurz gab es vor einer Woche nämlich noch „keine humanitäre Krise in der Türkei“. Seit dem Wochenende erlebe man aber eine „massive Zuspitzung an der Grenze zu Griechenland“, so der Bundeskanzler. Das deute darauf hin, dass der „Ansturm von Migranten ganz gezielt“ stattfinde. „Dieser Ansturm ist kein Zufall, er ist organisiert“, sagte Kurz.
Wenn man nun den Druck von Erdogan nachgäbe, würden „Hunderttausende“ nachkommen, ein „Europa ohne Grenzen“ wäre dann Geschichte, sagte Kurz weiter. „Es braucht gemeinsam Druck auf die Türkei, dass Präsident Erdogan dieses menschenunwürdige Verhalten ändert und Migranten nicht missbraucht.“ Österreich werde sich „massiv“ hinter Griechenland stellen und in der EU fordern, dass man gegen Erdogen „vorgeht“.
Kogler: „Menschlichkeit und Ordnung“
Vizekanzler Kogler pochte auf „Menschlichkeit und Ordnung“. Es sei eine „massive Provokation“, dass man auf dem Rücken der Menschen Politik mache. „Erdogan missbraucht Menschen“, so Kogler. Aber als Europäische Union habe man die Verantwortung, dass der Flüchtlingspakt mit der Türkei verlängert wird. Man dürfe sich nicht erpressen lassen, gleichzeitig müsse man die Situation in der Türkei für Flüchtlinge verbessern – „aus grüner Sicht danach trachten, dass an der Stabilität in der Türkei was getan wird“, sagte der Vizekanzler.
Grafik: APA/ORF.at; Quelle: IOM
Der Vorstoß Koglers zur Aufnahme von Frauen und Kindern aus überfüllten Flüchtlingsquartieren auf griechischen Inseln ist wieder vom Tisch. Kogler bezeichnete diesen Vorschlag bei der Pressekonferenz als private Meinung: In der Regierung sei man eben „nicht so weit“. Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) hatte den Vorschlag Koglers schon zuvor zurückgewiesen. „Wir haben nicht vereinbart, dass wir Frauen oder Kinder zusätzlich nach Österreich holen“, so der ÖVP-Politiker am Montagabend.
Pressekonferenz zur aktuellen Flüchtlingssituation, 3.3.2020 Pressekonferenz zur aktuellen Flüchtlingssituation
37:05 Am Dienstag sagte Nehammer, dass Österreich noch von der Krise 2015 belastet sei. Österreich trage eine große Verantwortung und dürfe nicht „überbelastet“ werden. Der Innenminister sagte, dass die Zusammenarbeit mit den EU-Partnern funktioniere. Falls es zu einem „Durchbruch“ an der griechischen Grenze komme, werde der Grenzschutz in den West- und Ostbalkan-Ländern gesichert. Für den nationalen Grenzschutz würden alle notwendigen Maßnahmen getroffen, so Nehammer. Man habe aus 2015 gelernt.
SPÖ für UNO-Unterstützung, FPÖ fordert Grenzübung
SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner verlangte angesichts der aktuellen Lage in Syrien und in der Türkei sowohl von der Bundesregierung als auch von der EU rasches Handeln. Abgesehen von Soforthilfe brauche es auch ein Gesamtkonzept und dazu eine starke einheitliche europäische Linie. Wichtig seien die Etablierung eines funktionierenden Außengrenzschutzes sowie einheitliche EU-Asylverfahren. Um hier eine gemeinsame Linie zu finden, plädierte Rendi-Wagner einmal mehr für einen EU-Sondergipfel. Bei der humanitären Hilfe warb sie für eine UNO-Unterstützung.
Die FPÖ, die zuletzt gefordert hatte, an den Grenzen notfalls mit Wasserwerfern, Gummigeschoßen und Warnschüssen gegen Flüchtlinge vorzugehen, forderte am Dienstag Übungen von Polizei und Bundesheer, „um sicherzustellen, dass das System funktioniert“. „Das wäre zugleich auch ein Signal an die Balkan-Staaten, aber auch an die österreichische Bevölkerung, um zu zeigen, dass Österreich bereit ist, den Worten auch Taten folgen zu lassen“, so FPÖ-Klubchef Herbert Kickl in einer Aussendung. Unzufrieden ist er auch damit, dass Soldaten im Assistenzeinsatz keine selbstständigen Personenkontrollen und Fahrzeuganhaltungen durchführen dürfen.
Für ein „Relocation-Programm“ sprach sich einmal mehr NEOS aus. „Das System in Griechenland muss effizient und human aufgestellt werden und die Menschen aufs Festland gebracht werden“, forderte die NEOS-Sprecherin für Inneres und Migration, Stephanie Krisper. Würde die Europäische Union 5.000 Menschen aufnehmen, bedeute das für Österreich 105 Personen. „Die Regierung muss ihre Kampfrhetorik dringend zurückfahren und zu konstruktiven, europäischen Lösungen zurückkehren“, so Krisper.
red, ORF.at/Agenturen
Wie sehr sind Flüchtlinge ein politischer Spielball?
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Meine Überlegungen dazu, unvollständig – dies ist ein Blog – aber auch bitter. Mehr Empathie wäre notwendig, reicht aber nicht. Menschlichkeit ist dringend erforderlich, gibt aber aus sich heraus wenig politische Rezepte. Also, was tun? Machtausübung will geplant sein, wir haben es mit eigenen Versäumnissen und mit vielschichtigen Gegnern und nicht hinreichend gewürdigten Partnern zu tun.
- Empathie: es ist wichtig, sich in die Situation der Flüchtlinge hineinzuversetzen, diese nachzuvollziehen. Die Grenze ist allerdings, wenn diese Empathie die Ursachen der Flucht „ontologisch“ abtrennt, d.h. sie als Fakten i.S. das ist eben so, hinnehmen will, weil man früher nicht gehandelt hat. Von den Geflüchteten aus Idlib wären die wenigsten aus ihrer Heimat geflohen, hätten wir schon 2012 mit VN und NATO eingegriffen, GEGEN Assad, Putin, Iran und IS auf diesem Territorium. Damals wäre das möglich gewesen. Und mit guten Gründen.
- Erdögan ist ein autoritärer, um nicht zu sagen faschistischer, Gegner westlicher Demokratien. Es macht Sinn, ihn dafür zu kritisieren und ggf. zu sanktionieren. Aber seine Flüchtlingsargumente sind die gleichen, die die Deutschen (2015) und Österreicher (2015) und andere brauchen: diese Länder haben ja hundert tausende Flüchtlinge aufgenommen, im Gegensatz zu den Klerikofaschisten in Teilen Osteuropas, aber nicht nur dort. Also muss man mit Erdögan verhandeln, das Abkommen modifizieren, nicht kündigen, wie manche Linke fordern.
- Mit Griechenland muss man auch verhandeln. Einfach mal 700 mio € rüberschieben ist die alte Taktik der Reichen. Lesbos u.a. geht wirklich nicht, also: EU Asylämter vor Ort, Erstentscheidungen innerhalb von 48 Stunden – und ja, auch wenn es weh tut, die gänzlich abgelehnten zurückschicken. Das ist übrigens bei syrischen Menschen anders als bei afghanischen, und für andere Herkunftsländer gilt auch nur eines:
- Fluchtursachen in der Herkunftsländern beseitigen, das ist langfristig. Bei Fluchtanlässen schnell handeln (Dass Trump und die Taliban jetzt eine Flüchtlingswelle von Afghanistan in Gang gesetzt haben, macht eigentlich starkes VN-Eingreifen notwendig und keinen Abzug von nicht-US Truppen, wenn sie es denn können…Mit Syrien ist das anders: da muss es mehr Druck auf Putin als auf Erdögan geben…
- Für alle gilt, was Günther (CDU, SH) fordert: eine große Menge von Jugendlichen, Kranken, alleinstehenden Frauen und Alten sofort und komplikationslos herholen. Es gibt mehr aufnahmebereite Kommunen als das zusätzliche Belastungen schafft. Und hier muss die EU, anstatt mit dem Hubschrauber Geld durch Überfliegen zu versprechen, Quoten verteilen oder die Verweigerer von weiteren Geldströmen abschneiden.
- Frontex könnte sehr hilfreich sein, wenn es nicht nach der Pfeife der rechten Griechen tanzt, siehe 3. Das ist nicht ganz „Festung Europa“, aber es ist auch eine Ergänzung zu Empathie und gutem Willen, weil wir natürlich an den Außengrenzen, vielleicht nur dort, Rechte und Pflichten für alle Ankommenden rechtsstaatlich und ohne Tränengas und Knüppel durchsetzen und endlich
- Asyl von Notfallmigration trennen: Asyl muss sich auf politische Verfolgung konzentrieren und zwar ohne jedes ethnische oder opportune Wenn und Aber. Notfallmigration bedeutet, siehe 1., dass wir Menschen ohne Zukunft in ihrem Herkunftsland wenigstens darin unterstützen, würdige zu überleben, und das kann in vielen Tätigkeiten genau zu einer Immigration, sei es auf Zeit führen. Wenn Seehofer, ausgerechnet der, den Maßstab wörtlich als Nützlichkeit für uns definiert, dann wünsche ich ihm ein paar Monate Hunger und Stacheldraht. Es geht um Nützlichkeit für diese armen Menschen, um Ausbildung, Nahrung und Bildung. Und dann sollen sie auch zu uns kommen, bevor die Gerontokratie der über 70jährigen die 50% Marke überschreitet.