Das Gedenken an den Tag des Kriegsendes findet heute gebremst statt.
Stellungnahmen, Reden, Kränze und Aufrufe sind mehr online als real, und die Orte der Erinnerung müssen im Bewusstsein oder im Gespräch rekonstruiert werden.
Ich habe für meine Böll-Stiftung Brandenburg einen Text geschrieben, den ich hier anzeige:
https://boell-brandenburg.de/de/2020/05/08/der-8-mai-0
Ich habe lange darübe nachgedacht, warum mich seit meiner Kindheit das Pathos dieses Gedenkens immer ambivalent berührt. Für meine Familie war es ja wirklich Befreiung und für unsere Umgebung in Österreich doch mehrheitlich Niederlage; für mich als Kind hatten die Besatzer – Russen und Franzosen zumal – eigentlich nur positive Seiten, und die vom Kind empfundende Normalität der Zeit war keine „Nachkriegs-“ Zeit. Bis 1956, zum Ungarnaufstand, der Kalte Krieg wieder heiss in die Nachbarschaft kam, und das versuchte man dem Kind zu „erklären“, und fort war die Normalität…die man so gerne bewahrt hätte, mit dem wieder aufgebauten Westbahnhof, Burgtheater, der Oper und dem Stefansdom. Ab damals war es nicht mehr möglich, sich nicht vorzustellen, wie der Krieg zu Ende gegangen ist, auch wenn man den Tag nicht erlebt hatte.
Ich bin misstrauisch gegenüber allem „Nie wieder“.