Vorbereitung auf die Diktatur – oder auf eine neue Demokratie

Kannst du nur schwarzmalen? Nein, ich kann auch allen, die keine Kleider anhaben, welche andichten, schmuck und erstaunlich anziehend.

Aber ich will nicht zuschauen, dazu ist meine Lebenszeit zu kurz, ich will nicht zuschauen, wie sich unsere gemeingefährlichen Politiker – nicht alle, die gemeingefährlichen – aus der Wirklichkeit beamen, keine Kleider tragen, aber sich für Kaiser halten. Um dies nicht auszuhalten, muss man kein Politiker sein, aber politisch.  Und man sollte versuchen zu unterscheiden, welche Meinung man zu verschiedenen Dingen hat und was sie wirklich sind.

Können wir uns drauf verständigen, dass die Anführer der großen Drei Putin, Xi und Trump, Verbrecher sind? Dass die beiden Erstgenannten jederzeit durch ihre diktatorischen Systeme ersetzbar sind, während Trump eine Demokratie zu zerstören versucht, um unersetzlich zu werden?

Wenn nein, ist das eine Debatte,  die wir nicht via Blog führen sollten, sondern in genauer Auseinandersetzung. Wenn ihr mir zustimmt, dann kann man Vergleichbares und Ungleiches bei den großen Drei feststellen. Jedenfalls trifft zu, dass die EU und schon gar ihr stärkster Staat, Deutschland, relativ geringeres Gewicht haben als ihnen zustünde, würden sie bessere Politik machen. (Bei Orwell in 1984 heißen die drei Drei: Ozeanien, Eurasien und Ostasien).

Auch sind die jeweiligen Vasallen der Großen Drei häufiger Objekte unserer (meist berechtigten) Kritik als die drei selbst.  In China müssen wir bei Menschrechtsverletzungen Rücksicht auf Siemens, VW und hunderte Zulieferfirmen in beiden Richtungen nehmen. Bei Russland geht es nicht allein um Northstream, sondern um die Rettung der letzten supranationalen Abrüstungs- und Kontrollverträge und – natürlich auch ums Klima. Und bei den USA klammern wir uns an die Hoffnung, dass das Land nach Trump schon wieder demokratisch und ein Partner würde, weshalb man sich jetzt maas-voll wegduckt und demütigt.

Die Vasallen und die Handlanger der Diktatoren haben oft eigene Interessen, die man in den Vordergrund stellen kann. Das ist beliebt beim Volk. Russland und China sind keine Probleme, sondern ziemlich schreckliche Tatsachen, Diktaturen, mit denen zu verhandeln immer nur Sinn macht, wenn man ihre Handlungsmöglichkeiten beschränkt, nicht aber um Kompromisse bzgl. Menschenrechten und Freiheiten zu erzielen – da sind die Diktaturen unbelehrbar (so wie die Olympischen Spiele 1936 ja die Nazis auch nicht besser gemacht hatten). Darüber sollten wir uns keine Illusionen machen. Unsere Widerstände sind nach wie vor möglich, aber das bedarf vieler politischer Überlegungen, etwa zur Illoyalität gegenüber der NATO,  zu ernsthaften Einschränkungen wirtschaftlicher Profite aus der Unterwürfigkeit gegenüber der chinesischen Ökonomie, zu diplomatischen Restriktionen gegenüber allen Grenells in unseren Hauptstädten usw….

Alles geschenkt? Wasdie Politikwissenschaft und die außenpolitischen Erwägungen dazu sagen, können wir natürlich kennen, aber bevor und wenn wir handeln, müssen wir schon glaubwürdig sein uns selbst gegenüber. Der KSK/Polizei/MAD Skandal zeigt eine fatale Bruchlinie auf, und da muss der Generalverdacht oft bessere Dienste leisten als die Mehrheitsbeschaffung durch schwarze Schafe; der unglaubwürdige Betrug am Steuerzahler durch Scheuer, das Hofieren der Schweinemäster durch die Frau Klöckner, das Säuseln des Außenministers gegenüber vielen Menschenrechtsverletzungen, der Zynismus des Innenministers gegenüber schutzsuchenden Flüchtlingen etc. all das hat mit Außenpolitik und mit uns gleichermaßen zu tun, weil wir den Rassismus und Sexismus und die Kriegslust des amerikanischen Faschisten Trump nicht als Marotte, die in einer Demokratie nun mal vorkommt, verkleinern dürfen, wenn wir uns schon den Russen und Chinesen – in diesem Fall auch den Brasilianern, Indern und Türken – gegenüber als die bessere Demokratie darstellen, die wir ihnen gegenüber wohl noch sind, oder? Ja, sind wir, und deshalb müssen wir doch bei uns ein wenig von dem tun, was wir andern zurecht abfordern.

Ich habe oben Trump einen Faschisten genannt. Ich habe diesen Vergleich weder erfunden, noch kann ich als Wissenschaftler Vergleichbares und Unterschiedliches nicht beachten. In der Öffentlichkeit ist das längst ein dominantes und kontroverses Diskursthema: https://www.google.com/search?q=Trump+Hitler+Vergleich&client=firefox-b-d&sxsrf=ALeKk019bj2GtyA20ne6m96CvCbFbbzcUA:1593964496768&ei=0PcBX_PELtD6gAb09Yf4CA&start=10&sa=N&ved=2ahUKEwjz7PS8vLbqAhVQPcAKHfT6AY8Q8tMDegQICxAw&biw=1173&bih=556 (5.7.2020).

Angesichts von Trumps Einstellung zum Staat würde ich ihn eher mit den frühen und mittleren Nazis vergleichen als mit den Faschisten. Ich sehe auch die Resilienz und den Widerstand der demokratischen Institutionen in den USA und die Tatsache, dass die Nichtweiße Bevölkerung sich zum nächsten Schritt ihrer Befreiung zusammenschließt wesentliche Unterschiede. Kein Vertun: die USA sind nicht Russland oder China. Aber Trump ist gefährlicher als die austauschbaren Köpfe dieser Diktaturen, weil er die Demokratie unseres Verbündeten abzuschaffen im Begriff ist und wir aufpassen müssen, dass unser Hochmut, es ist ja vieles wirklich besser bei uns, auch in Coronazeiten, uns nicht verführt,  die leeren Worthülsen von der Wertegemeinschaft aufzuplustern, die wir natürlich mit dem US-Präsidenten der USA nicht haben.

Corona ist für viele in der Politik ein willkommener Anlass, ihre eigentlichen Anliegen sozusagen unter der Decke durchzusetzen und die Ursachen für Missstände, die Ursachen für Klimaverschärfung. Flüchtlingssterben, Hungernöte und Kriege, hinter der CoVidPriorität zu verstecken. In den USA sterben vor allem Nichtweiße und Arme. Bei uns werden die sozial Benachteiligten die Folgen der Pandemie härter erleben, und vor allem Frauen und Kinder werden jetzt schon benachteiligt. Vergleichbarkeit ist nicht Gleichsetzung.

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