Was einem zu Afghanistan noch einfällt liegt zwischen zwei Brennpunkten:
- den Menschen in Afghanistan, die schon jetzt von den wiedererstarkten Taliban unterdrückt, gefoltert und getötet werden – und die dringend Hilfe brauchen, Rettung vor den Tyrannen und wo nötig eine sichere Fluchtmöglichkeit aus dem Land und Zuflucht in einer menschlicheren Gesellschaft, die ihrerseits ihre Staaten überzeugen muss, dass weit mehr getan werden muss als bisher.
- Den Regierungen der beteiligten Staaten und auch solcher, die nur indirekt an den Kriegen, den Friedensversuchen und der Situation seit dem Abzug der Amerikaner und ihrer Verbündeten in diesem Jahr beteiligt sind.
Es ist nicht zu spät für eine politische, sozialwissenschaftliche, psychologische Analyse der Verhältnisse, aber die steht nicht im Vordergrund des hier und heute. Es geht um Tage und um Stunden, so viele Menschen zu retten wie möglich, die Ortskräfte vor allem. Das richtet sich vor allem an die deutsche Politik.
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Für eine politische Erklärung dessen, was da vor sich geht, bleibt zur Zeit kein Spielraum, sieht man von den etwas hilflosen Windungen verantwortlicher PolitikerInnen ab, die die Augen nicht verschließen können vor der Realität, aber sehr wohl von einigen Ursachen einer komplexen und unerfreulichen Entwicklung.
Offenen Auges bleibt nur, so vielen Menschen wie möglich zu helfen, sich vor den Taliban zu schützen, das Land sicher zu verlassen und im Exil einigermaßen sichere und menschenwürdige Überlebenschancen sich zu erwerben. Humanitäre Hilfe darf keine ideologischen und moralischen Engführungen sich erlauben – nur das Ergebnis zählt, die Rettung von Menschenleben.
Es wird der Moment kommen, wo man Schuldfragen stellt, wo man Fehler – auch offensichtliche – selbst einräumt, wo man Kritik einlädt und vor allem wo man für die eigene Politik Konsequenzen zieht. Dieser Moment wäre früher sinnvoller und näherliegend gewesen, jetzt müssen wir ihn aufschieben. Darum macht es auch keinen Sinn, eine Hierarchie von Anschuldigungen und Konjunktiven aufzubauen.
Zunächst: GELD IST NÖTIG, um diejenigen, die ausfliegen können auch auszufliegen, wenn keine regierungsamtlichen und sonstigen Flugzeuge zur Verfügung stehen, sondern Charter. Am besten im Pendelverkehr. Wenn ich genaue Zahlen habe, werde ich die hier mitteilen. Jetzt einmal nur ein Konto mit Verwendungshinweis: https://www.patenschaftsnetzwerk.de/
Man kann direkt spenden Patenschaftsnetzwerk Afghanische Ortskräfte e.V.
IBAN: DE23 4306 0967 1180 4776 00
BIC GENODEM1GLS
Natürlich müssen wir uns auch um die Menschen kümmern, die in Deutschland oder Österreich ankommen und damit ihres Lebens sicher sind.
Und wir müssen weiter Information, Wahrheiten, und damit politischen Druck in die Öffentlichkeit, in die Politik, die Medien bringen.
Dazu einige Informationen:
Afghan capitals fall in rapid succession |
In just days, the Taliban have overtaken six provincial capitals in a brutal new chapter of the war that has led many local officials to abandon their posts and flee the cities they administer. |
Fighting on the outskirts of Aybak, the capital of Samangan Province, began on Monday morning as the Taliban pushed into the city, having toppled a nearby district two days earlier. By the afternoon, most of the city was under insurgent control. |
The rapid fall of the cities is a bad omen for Kabul. Residents of Kunduz described uncertainty and shattered hopes after a takeover there. |
Context: The recent attacks have violated the 2020 peace deal between the Taliban and the U.S. that laid the path for the American withdrawal. The Taliban had committed to not attacking provincial centers. |
What’s next: The key northern city of Mazar-i-Sharif is now largely surrounded, but U.S. and U.N. officials say a fledgling plan to slow down the Taliban does now exist. NYT 9.8.2021 |
http://library.fes.de/pdf-files/bueros/kabul/18124.pdf FRIEDRICH EBERT STIFTUNG 8/2021
Abschiebungen – Seehofer https://zeitung.sueddeutsche.de/webapp/issue/sz/2021-08-11/page_2.484618/article_1.5378870/article.html 11.8.2021 SZ
Bundeswehr-deutsche Mitschuld https://zeitung.sueddeutsche.de/webapp/issue/sz/2021-08-11/page_2.484618/article_1.5378849/article.html 11.8.2021 SZ
Neuste Nachrichten: https://www.welt.de/?wtrid=home.overlay.inaktiv.refresh&marknewteaser 13.8.2021
Immer: Afghanistan Analysts Network https://www.afghanistan-analysts-network.org/
In den Medien findet sich viel mehr noch, v.a. SZ, FAZ, Welt, Tagesspiegel, Zeit, taz, NYT, BBC und DLF und ORF
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Was tun?
Dieser Blog ist nur ein Mosaikstein in einer Aktivität, die erfreulich viele Menschen tatkräftig und jenseits von Partei- und Bewertungsgrenzen einbezieht. Es ist nicht sicher, dass jeder Mensch im Augenblick etwas sinnvolles tun kann, aber jeder Mensch kann darüber nachdenken, was sie und er in dieser Situation tun soll.
Zum Beispiel
EIN BEISPIEL: Ronja von Wurmb-Seibel: Heute ist der 13.08. + wir brauchen:
1. Unbürokratisches und schnelles Visa-Programm für alle, die für dt. NGOs und Ministerien gearbeitet haben. Ohne Einzelnachweis von Bedrohung (sie ist definitiv für alle vorhanden) und falls nötig, mit Evakuierung
2. Groß angelegtes Resettlement-Programm für besonders Gefährdete: Journalist:innen, Künstler:innen, Aktivist:innen, Frauen – falls nötig Evakuierung
3. Sofortige Katastrophenhilfe für die Binnenflüchtenden, die aus den Provinzen nach Kabul kommen
4. Mehr Daad-Stipendien für afghanische Studierende für dieses Jahr und die nächsten Jahre
5. Mehr humanitäre Hilfe
6. Internationalen Druck für eine politische Einigung
7. Debatte darüber, warum der Einsatz in Afghanistan so drastisch gescheitert ist und was das für alle anderen Einsätze der Bundeswehr bedeutet
8. Stopp der Rüstungsexporte
9. Legale Fluchtmöglichkeiten
10. Therapeutische Unterstützung für Menschen im Exil mit war pain
11. Massive finanzielle Unterstützung der afghanischen Minenräumteams
12. Aufklärung von Kriegsverbrechen
13. Schnellen und unbürokratischen Familiennachzug
14. Umwandlung von Dauerduldungen in stabile Aufenthaltstitel
ES GIBT VIELE BEISPIELE KLEINTEILIGER HUMANITÄRER HILFE, die nicht zugleich mit Angriffen auf die Politik verbunden sind: Aufnahme von Geflüchteten in Wohngemeinschaften, Ausstattung von solchen, Hilfe bei Behördengängen usw.