Der Erste Krieg wurde der große genannt, und er war kaum zu Ende, da bereitete sich der Zweite Weltkrieg vor, das heißt: er wurde vorbereitet. Obwohl er vielleicht 1919 noch nicht absehbar war. Der zweite Krieg war kaum zu Ende, da ging er in den Kalten Krieg über, und an dessen Ende begannen die meisten Menschen zu spinnen: sie glaubten 1989, dass alles besser würde, weil ES sich verändert hatte. Aber SIE haben sich nicht verändert, denn Evolution geht langsamer als das vorauseilende Bewusstsein, das schon vom Frieden weiß, bevor irgendjemand davon träumen kann.
So sehe ich das in den heißen, wolkenlosen Stunden des ausdörrenden Landes und trockenliegenden Bewusstseins. Nicht jetzt diskutieren, bitte, ob es noch oder wieder oder welche Hoffnung gebe, und was man erwarten müsse oder könne, auch ob man jetzt anfangen könne zu beten oder zu fluchen.
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Als ich vor ein paar Wochen schrieb, wir seien im Krieg, und wenn ich diesen Zustand im politischen Quantensystem auch ablehne, so muss ich mich doch entweder auf ihn einstellen, oder aber wir sind gar nicht im Krieg, sondern im Frieden. Dann sind bestimmte Handlungen ausgeschlossen, aber auch bestimmte Konsequenzen nicht denkbar. Und, wichtiger, was ist das für ein Frieden, bei dem die Empathiekurve mit den Opfern russischer Gewalt korreliert mit der Raumtemperatur im nächsten Winter?
Auch die Kriegsoption ist nicht ohne Probleme: wenn die Wirklichkeit uns nur von aktiven Kämpfen, aber nicht von der Beteiligung ausschließt, dann sind wir Etappe, stark von NATO, den USA und der EU-Spitze abhängig, aber auch gefordert, z.B. bei Waffenlieferungen.
Die Unterwerfung, die Ghandi gegen die Kolonialmacht zum Sieg getragen hatte, ist nicht anwendbar auf Diktatoren wie Hitler, Putin, Stalin, Mao, und schon nicht übertragbar auf deren kleinere Spiegelungen, Erdögan oder Orban oder…Sie ist nicht anwendbar, aber ihre Verfechter drohen sich und uns damit6, dass im anderen Fall die Russen atomar reagieren, und das den Amerikanern, die ja 6000 km weiter weg sind, nicht so unmittelbar vorkommt wie uns, hier und jetzt.
Jetzt mache ich wieder Halt, keine Kommentare, wie immer. Ich frage mich vielmehr, ob die Gedanken an das mögliche Ende analog zu 1913/4, analog zu 1933, angemessen sind, und bejahe es doppelt. Es gibt ja ein Doppelpendel, über dem realen Kriegsgeschehen, global, pendelt der Klimawandel, global, und verschärft den Krieg bis zur Unmöglichkeit, ihn zu behandeln als politisches Entscheidungsfeld. Das ist nun nicht die Anbetung des „reinigenden“ Kriegs von 1914; auch nicht die Hoffnung, dass es „im Krieg“ besser sei als in der NS Diktatur „zu hause“, weil man im Krieg ja nie zu hause ist. Nein, gerade die Ablehnung des Krieges macht seine Wirklichkeit so schwierig und grausam.
Und dazu gehört, dass die Normalität des Alltags in der „Etappe“, im ökonomischen, sozialen, kulturellen „Hinterland“ des Krieges so unwirklich wirkt. Eingreifen durch Ermahnen und Zuschauen, während die Russen morden, vergewaltigen und brandschatzen, ist keine Politik, d.h. es ist doch eine, die die Nachfolgewirkung abschätzt und für sich, d.h. für uns erträglicher absieht als andere Alternativen.
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Jetzt sagt, was zu tun ist. Jetzt denkt, was ihr sagt.
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Die schwer zu beantwortende Frage ist, ob wir uns verteidigen, wenn wir Selenskyj und der Ukraine solche Waffen liefern, die die Russen im Zaum halten. Und was wir verteidigen.
Deshalb können wir nicht alle Bestandteile der Antwort der Politik übergeben und warten, wie dort entschieden wird. Wir müssen unsere Meinungen hinter uns lassen und auch dann antworten, wenn uns dabei etwas gruselt.
Inzwischen Frieden.