Niedersachsen Protest gegen russischen Uran-Transport
https://www.tagesschau.de/inland/gesellschaft/uran-transport-lingen…
Von Rotterdam aus solle das Uran mit einer niederländischen Spedition nach Lingen gebracht werden, so die Atomkraftgegner. Die dortige Brennelementefabrik beliefert Kraftwerke in mehreren europäischen Ländern. Die Anlage ist vom deutschen Atomausstieg ausgenommen.
Klar, da reden die nicht gerne drüber. Dass wir mit der Anlage Putins Krieg gegen die Ukraine und uns mitfinanzieren. Klar, dass die Ökonomie Felder besetzt, bei denen die Politik immer zu spät kommt. Nicht nur Öl und Halbleiter. Es geht schon um mehr, und die Weiterentwicklung der politischen Ökonomie ist auch ziemlich verdrängt, Zygmunt Bauman und alle anderen. Als hätte Covid, CO² und der Krieg der Russen jede Beweglichkeit zusammenfassenden Denkens behindert, keine Ironie: selten war so viel Klugs zum Thema in den Feuilletons zu lesen, und so wenig tiefgreifend, als würde das Lesen schon die politische Praxis befeuern. Was wiederum ein Problem ist, Gebildet ohne Praxis.
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Der EINZELFALL SAGT WENIG; er ist eine Ausnahme. Aber so wie die verquere Ökonomie die Bestrebungen der Politik nach einer Wende unterminiert, so muss die Politik zumindest in Deutschland nicht wirklich befürchten, durchschaut und kritisiert, angegriffen zu werden. Lingen ist der Regelfall des sogenannten pragmatischen Realismus, der Realpolitik. Und wenn die Russen Nuklearangriffe machen, und wenn die westlichen Kernkraftwerke uns bestrahlen, und wenn…UND WENN ist die Hingabe an das Schicksal, und das zu beeinflussen, zumindest es beeinflussen zu wollen, hieß schon bei den Griechen HYBRIS. Dass die Russen dabei für ihren Vernichtungskrieg gegen die Ukraine profitieren, ist nicht Sache der deutschen Realpolitik.
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Man könnte einwenden, es gäbe bessere, d.h. moralisch und lebenspraktisch wirkungsvollere Realpolitik und eben schlechtere. Philosophisch ist das interessant, wirklich aber nicht. Denn Lingen gibt’s ja. Ob verstrahlt das Ende der Welt leichter zu ertragen sein wird, steht dahin. Ein spannender Stoff: stirbt man früher als der Klimawandel es eigentlich vorsieht, das kann mehr als eine Generation sein? Oder sind die Strahlenschäden so nachhaltig, dass man lieber ein echtes Ende hätte als eine neoliberale Beschwichtigungspolitik. Überhaupt, was ist ein echtes Ende? Fahrt nach Lingen.
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In einer Zeit einander überbauender Katastrophen, nein eigentlich KatastrophenMELDUNGEN, ist die Abwendung von der Wahrnehmung von Politik gut erklärbar, man will einfach keine Nachrichten mehr hören. Amérys TERROR DER AKTUALITÄT ist keine Fantasie gewesen. Man klammert sich an eine Vertikale der Macht, die nicht Putin meint, sondern gleich von Gott absteigt oder wenigstens die CSU oben lässt und den Pöbel unten, und das beruhigt bis zum nächsten Schock. Und dann kommt es wieder… aber mal aufrichtig: DENKEN braucht Zeit, wenigstens so viel, bis sich der Gedanke festigt und verteidigen kann. Das Ordnen von Meldungen kann ein erster Zeitgewinn sein.