Was klebt woran? Wer klebt wozu?

<„Ausgerechnet der Text einer Aktivistin“ – Neubauer-Text taucht in Abi-Prüfung auf – CDU hat Fragen an Grünen-Ministerin

Artikel von FOCUS Online • 26.4.2023

<„Abiturienten in Niedersachsen mussten in diesem Jahr ein Essay von Klima-Aktivistin Luisa Neubauer analysieren. Das grün-geführte Kultusministerium nennt das „alles andere als ungewöhnlich“. Die CDU ist hingegen „verwundert“. >

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Autofahren dürfen ungestraft GEWALT gegen Klimaaktivisten anwenden. „Mögliche Körperverletzungen, wie sie beispielsweise auf Twitter-Videos erkennbar sind, führen laut Polizei von Amts wegen zur Einleitung von Ermittlungsverfahren. Diese würden aber „wegen mangelnden Interesses“ eingestellt, falls die Geschädigten von Anzeigen absähen – wo kein Kläger, da kein Richter.“ (Tagesspiegel 26.4.2023)

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MACHT NUR SO WEITER. Der Pöbel, ermutigt von den Neoliberalen v.a. der FDP und anderen, die das Land nach rechts führen wollen, nimmt sich das Recht, wo es nicht mehr durchgesetzt wird.

Das verwundert nicht. Es könnte sogar eine Auseinandersetzung sein, die wir als zur Demokratie zugehörig erachten. Aber dass wir, Deutschland, Österreich, die minimalen Klimaziele bewusst verfehlen, dass die 1,5° in weiter Ferne sind, es also bald unumkehrbar wird, ist dem Pöbel egal. Hauptsache, das Eigentum wird geheiligt, der Ausblick nicht durch Windräder behindert und wenn die Enkel ersticken, erleben es Energieverschwender ohnedies nicht mehr. An ihren Gräbern weint niemand, wenn es wirklich heiß wird.

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DA SCHIMPFT ABER EINER ANSTATT ZU ARGUMENTIEREN, sagen jetzt einige meiner LeserInnen. Ja, ich HÄTTE auch Argumente, gute und haltbare. Aber ich will auf etwas ganz anderes hinaus als man jetzt erwarten könnte. Auch ich finde KLIMAKLEBEREI nicht richtig. Durch das Demonstrationsrecht legitim, aber in Sache und Wirkung falsch. Aber das hat ja eine weitere Folge: weil man sich mit den Autofahrern und anderen Klimagegnern einig zu sein scheint, trauen sich die KLEBEKRITIKER mit ihren Argumenten aus der Deckung. Und da muss ich sagen: wenn die Klimakleber falsch liegen, dann erst recht ihre pöbelhaften Kritiker, ja, diese legitimieren sozusagen im Nachhinein und ungewollt alle, die sich festkleben. Meist gehören diese Kritiker einer Generation an, die erhebliche MITSCHULD  an der Klimakatstrophe trägt.

Die Volte: natürlich gehöre ich auch zu dieser Generation. Und trage einen Teil der Mitschuld, wie viele unnötige Flüge habe ich gemacht, wie viel Auto bin unsinnig gefahren, wieviel Energie habe ich verschwendet, wieviel bin ich also BETEILIGT an den Mitverursachern. DAS IST WEDER BEICHTE NOCH ZERKNIRSCHUNG, das ist fast Positivismus und Faktencheck. Nur: ich möchte mich von denen distanzieren, die die Klimaaktivisten in die kriminelle Ecke stellen und für ihre so genannte Klimapolitik noch eine Bahnsteigkarte lösen wollen, um unbeschadet ihrem Erstickungstod im Wohlgefühl entgegen zu dämmern.

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Na klar, der Situation kann man auch anders begegnen, kann Kritik und Gegenkritik abwägen, kann sich anderen Klima-Aktivisten anschließen, was ich übrigens mache, und nicht den Klebern. Aber dieses „Man“ ist im Augenblick die Ausrede dafür, mit den Feinden des Überlebens Kompromisse auszuhandeln, weil das Volk ja „mitgenommen“ werden will. Das Mitnehmen ist ein interessanter Ausfluss neoliberaler Argumentation. Demokratie-theoretisch geht das nicht so einfach. Vielleicht braucht es neben mehr Bildung noch anderer Instrumente um die Massen von Klimazielen zu überzeugen. Gut, dass wir so wenig Zeit haben, deshalb ist mehr und mehr Klartext nötig, der Diskurs im Aussitzen von Gefahr und Konflikt ist sehr beschränkt. Fünf Jahre, zehn Jahre…Da kann Söder noch so sehr gegen Windräder pöbeln, da kann Lindner seinen Sportwagen noch so aufheulen lassen, da kann man Vergehen gegen den gesitteten Alltag noch so straffrei stellen – dem Pöbel können nur wir, Zivilgesellschaft in der Demokratie – uns entgegenstellen, weil der Widerstand auch Mehrheiten verändern kann – dafür haben wir Beweise – und weil er alternativlos ist, Frau Merkel, danke für den Begriff.

Keine Bahnsteigkarte für den zeitvergeudenden Kompromiss! „In Gefahr und größter Not bringt der Mittelweg den Tod“ (Friedrich von Logau, später Alexander Kluge und Edgar Reitz), naja, man kann auch sagen, dass man am Mittelstreifen nicht schnell fahren kann. Was, wir sind noch nicht Gefahr und größter Not? Wenn wir die beiden trennen, stimmt das für einige kurze Zeit. Dann landen wir am Mittelstreifen und warten, dass uns jemand mitnimmt.

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