Die Zahl deutscher Vergewaltiger, Körperverletzer, Harassierer, Taschendiebe und Gewalttäter gegen Deutsche und Ausländer, auch und vor allem gegen Flüchtlinge und Arme, ist sehr groß. ABER WEIL SIE DEUTSCHE SIND, segeln sie im wohlwollenden Schatten der bayrischen Staatsorgane, die meinen, durch Kriminalisierung der Flüchtlinge, also durch Selektion, Sicherheit vortäuschen zu können, wo sie die Gewalt herbeirufen. Ich sage wohlwollend, weil die Hermanns und Scheuers und Seehofers zu den deutschen Tätern, zum Ausländerhass, den sie selbst säen, zur Not und zum verbindlichen Völkerrecht gar nichts sagen, aber das Recht brechen wollen, um Deutschland in ihren Augen und für ihre Klientel sicherer zu machen.
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Sich dem unerzogenen, primitiven Ton der Seehofers, Petrys, Hermanns und des grunzenden Parteivolks allenthalben anzuschließen, verbietet wohl mein Habitus und die Gewissheit, dass eine Verbrüderung im Ton mit dieser Hetzmeute mich ebenso beschädigen würde. Aber natürlich ist bereits etwas hängen geblieben von der Vorschau auf eine neue weniger zivilisierte Periode; Vorkrieg, Gewalt, Verlust von Freiheiten, Aufwertung der nationalen Gewalttäter, – und damit einhergehend der notwendige Verlust von Loyalität gegenüber dem so genannten Staat (der als Subjekt nur glaubwürdig erscheint, wenn er der Gesellschaft eine lebbare und tragfähige Basis gibt, ansonsten aber zum kühlen Gegner sozialer und kultureller Dynamik wird, auch wenn man den Gesetzen noch im Großen und Ganzen gehorcht). Nur, wer nicht schimpft, kann nicht schon deshalb hoffen, auf eine einfache und reduzierte Formel zu bringen, was wirklich Welt-, vielleicht Lebens-entscheidend ist.
Die Deutschen haben sich ganz besonders hervorgetan, wenn es um Selektion ging; jedenfalls länger und mehr als viele andere Völker (das waren nicht nur Staaten). Die Zuordnung von Flüchtlingen zu kriminellen Handlungen ist ein typisches Muster der Selektion. Zigeuner und Diebstahl wären dafür ein gutes Beispiel.
Was Seehofer und Hermann in den letzten Tagen zur Sicherheitspolitik von sich gegeben haben, macht sie bündnisfähig für die AfD; und warum sollen Wähler christlich und sozial verbrämen, was sich nazistisch so viel besser und klarer sagen lässt.
Zwei Probleme an die geschätzten Leser*innen: das eine ist subjektiv, bei mir und bei anderen. Viele haben oft Anfälle von Revanchegelüsten und eine Form von Heimzahlen als Ergebnis von Ver-Wünschung: Seehofer in den ungarischen Stacheldraht, Hermann nach Aleppo in den russischen Bombenhagel und Petry mit einem IS Kommandeur verheiratet. Das ist so unsinnig wie komisch, darf es als Satire sein, aber nie politisch, versteht sich. Nur: Vor Verwünschungs-Sucht schützt uns nicht der gesunde Menschenverstand allein, sondern eine politische Einsicht, dass die Bestrafung niemandem Glück bringt, dem Täter nicht – aber auch nicht dem, der die Strafe für gerecht oder angezeigt hält. Also: was ich mir für die Hetzmeute ausdenke (übrigens verwendet der Journalist Adrian Kreye diesen von Elias Canetti abgeleiteten Begriff auch zutreffend, ich bin da nicht allein), ist unsinnig. Solche Straf-Phantasien muss ich reflektiert ablehnen, aber nicht ausblenden. Das führt zum zweiten Problem: ich bin Wissenschaftler, und wenn ich kritisiere, dann muss ich das so machen, dass meine verwendeten Begriffe vor einem Gericht aus erklärt werden, verstanden werden können, und sollten sie jemandes so genannte Ehre kränken, auch Wahrheitsbeweise durchmachen können. Das geht wissenschaftlich ganz gut, wenn ich die FPÖ als nazistisch, Höcke als Nazi, einige rechte Gruppen ebenso, andere aber als faschistisch bezeichne (das kann man wissenschaftlich ziemlich genau). Andere Begriffe, wenn nicht durchsichtig und übertragen, sprechen zu nächst für sich (Verbrecher=Rechtsbrecher und/oder Regelverletzer, potenzieller Totschläger=CSU Forderer für Flüchtlingstod auf dem Mittelmeer oder an den Außengrenzen). Aber wissenschaftlich sind andere Begriffe nur sehr umständlich zu beschreiben: Gesindel, Mafia, Pöbel. Wenn ich nun diese Begriffe bewusst verwende, dann, weil ich mir zutraue, sie gegen den alltäglichen Hörgebrauch zu erklären, abzuleiten, in die politische korrekte Sprache umzusetzen. Wenn man mich lässt und mir die Zeit dazu lässt….
Die beiden Probleme verfolgen mich. Es macht wenig Spaß, unsere gesellschaftlichen und innenpolitischen Feinde und Gegner zu beschimpfen. So wenig, wie sie zu verwünschen, oder ihnen das aha-Erlebnis eines frühen Todes zu erhoffen, dann würden sie schon (aber gar nichts, gar nichts) sehen…usw. Aber es macht auch keinen Spaß, jeden Angriff wissenschaftlich abzupolstern, nur um niemandem, der nicht eh schon verurteilt ist, in seiner Ehre zu kränken. Soll er sich kränken, denk ich mir, und erzähle einer meiner liebsten jüdischen Witze dazu: Kommt a Frau zum Rabbi und sagt: wir sind arm und hungrig. Wir haben nur mehr einen Hahn und eine Henne. Eins von beiden muss in den Kochtopf. Schlacht ich den Hahn, kränkt sich die Henne. Schlacht ich die Henne, kränkt sich der Hahn. Der Rabbi befindet diese Frage als schwierig, man trifft sich mehrfach und immer wiederholt sich die Frage der Frau, wen sie nun schlachten solle. Nach dreimaligem Anklopfen und zwischenzeitlichen Talmud- und Kommentarlesen sagt der Rabbi mit Bestimmtheit: Schlacht den Hahn! Sagt die Frau: Dann kränkt sich die Henne. Sagt der Rabbi: Nu, soll sie sich kränken!
Will sagen: solange ich versuche, Wahrheiten zu sagen, auch wenn sie beleidigen, ist mir nicht bange. Das gilt auch für Meinungen, die durch Nachdenken politisch gehärtet werden.
Zurück zum Thema:
Wir alle sollten uns bemühen, den Hasspredigern und Erpressern aus der CSU und AfD und Pegida und einzelnen sonst bedeutsamen Rhetorikern klarzumachen, dass sie längst Geister aus der Flasche sind, die sich und ihre Rhetorik nicht mehr kontrollieren können. Dass also jede wie auch immer GEMEINTE sprachliche Formel jenseits der gegenwärtigen Praxis eine künftige, GEWALTTÄTIGE(RE) Praxis vorbereitet und sie ex ante entschuldigt. Obergrenze, Flüchtlinge rechtswidrig ohne Gehör ins Elend und das Sterben zurückzusenden –SELEKTION – und immer einen Zusammenhang zwischen Flüchtlingen und tatsächlichen Gewalttaten, also STRAFTATEN in Deutschland herzustellen. Indirekt decken diese Hetzer die ca. 1000 schweren Anschläge von Deutschen gegen Flüchtlinge und Asylbewerberheime, und ermutigen die Bevölkerung – jetzt würde ich gerne „Pöbel“ erklären – gegen alle nicht-weißen Flüchtlinge Stimmung und Denunziation zu machen, aber an der Strafverfolgung und Offenbarung der DEUTSCHEN TÄTER, durch Anzeigen, Shaming & Naming und andere Mittel so wenig zu unternehmen.
Christlich und Sozial.
Das bringe ich in Zusammenhang mit den Abgehängten, mit denen, die Angst verbreiten weil sie Angst haben, man weiß nur nicht genau wovon, außer dass sie sich fürchten vor dem, was sie nicht wissen (wollen), und mit Politikern, die Angst vor der Angst vor der Angst haben (Heinz Bude). Seehofer wird nie Ruhe geben, er und seine Consorten werden meinen, dass das Land befriedet ist, wenn keine Menschen mehr rein und rausdürfen ohne Genehmigung der staatlichen Inquisition (ha, der Flüchtling mit Reisepass und einer Empfehlung von IS an den Herrn bayrischen Innenminister…). Dass wir dann mittlerweile in einem Land leben werden, dem wir nur, weil es angeblich sicher ist, weniger und nicht mehr Loyalität schulden, ist denen, die auf die Volksgemeinschaft anstatt auf den Rechtsstaat setzen egal. Und denen, die mit Gewalt SICHERHEITSEMPFINDUNGEN anstatt Tatsachen pflegen, ist auch egal, dass sie Leben und kollektive Schicksale (Familiennachzug, unbegleitete Jugendlicher, Kinder ohne Hoffnung auf Befreiung von ihren Traumata…dafür aber Haft auf Verdacht) gefährden. Sie sind die nachhaltigen Gefährder. Das alles ist gut christlich und sozial, und schreit nach einer Alternative für Deutschland.