So fangen meistens unsägliche Sätze an, und es folgt oft keine aufrichtige Aussage.
In Paris hatten sich vier wichtige europäische Politiker getroffen, mit afrikanischen Unterlingen und dem zweifelhaften Partner Lybien. Ziel: Europa abschotten. Jeder weiß, das kann nicht gelingen, aber man möchte Zeit gewinnen – über die Wahlen hinaus, über neue, überlagernde Ereignisse hinaus, – so hatte man früher auf Wunder gehofft. Das Rettende naht nicht.
Mal ehrlich – was wir an der Nazi-Politik der AfD kritisieren, ist klar; was wir an der Entwicklungszusammenarbeit kritisieren, wissen die großen NGOs und Wissenschaft genau zu untermauern; was wir an Einwanderung und Hilfeleistung ändern wollen, steht im Programm fest. Etwa so, wie Claudia Roth es heute (29.8.) früh im DLF gesagt hat. Alles richtig. Aber mal ehrlich …was täte ich, wäre ich hier und heute ziuständiger Minister? wie könnte ich die Handelsbeziehungen zu den Herkunftsländern schnell und wirkungsvoll gerechter und nachhaltiger umgestalten. Wie könnte ich den Export von Waffen in diese Länder nicht von Deutschland, sondern auch aus anderen Ländern unterbinden? (Mit Gewalt, mit Waffengewalt?). Wie könnte ich unseren Agrarmarkt gegen die Ansprücher der der geplagten Länder schützen? Mal ehrlich…allein natürlich gar nicht, aber sagen wir: mit einer wichtigen Partei, in starker Position in einer Regierung, mit viel Europaparlament hinter mir und vor mir?
Fehlanzeige. Im Prinzip wissen alle, was zu tun ist; im Prinzip, aber sie verstecken sich hinter nationalen Interessen – unzulässig – oder hinter pragmatischen Hürden – meist unzulässig – oder hinter unklaren Machtverschiebungen – oft zulässig (war es nicht unter Saddam oder Ghadaffi oder Sadat doch noch etwas besser?)….also: mit dem Prinzip funktioniert es nicht. Globalpolitisch könnte es nur nach einem Kataklysma – viele Fukushimas, viele Harveys, viele Weltwirtschaftskrisen – mit einer erneuten und verbesaserten Ermächtigung der Vereinten Nationen funktionieren – mit durchgesetzter Gewaltanwendung gegen Spoiler. Oder wir erklären die gesellschaftliche Evolution für gescheitert und vertrazuen darauf, dass der Absturz bei uns nicht so schlimm wird, wie anderswo. Wie ein sehr kluger, philosophischer Freund sagt: wir sind schon im Dritten Weltkrieg, wie müssen ihn nicht erwarten.
Mal ehrlich…ach, Klappe. Sich in die Politik und ihre Entscheidungen hineinzuversetzen, also institutionelle Empathie zu entwickeln, könnte wenigstens den Ton moderieren, in dem die Unvergleichbarkeit der eigenen Position mit der von Politikern diskutiert wird (das ist, wenn auch nicht gleich merkbar, ein Argument FÜR die repräsentative Demokratie und gegen diese anscheinende Gleichheit der plebiszitären Richtung).
Wenn ich wieder höre: mal ehrlich, schalt ich ab.
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Warum ich das schreibe? weil ich nicht wüsste, wie ich beim Pariser Gipfel eine andere Politik vorschlagen und durchsetzen hätte können. Forderungen hab ich schon ganz viele zum Thema, Ideen auch, aber wie sie verhandeln, dass etwas dabei herauskommt. Diese bescheidenen Töne sind wie ein Lackmustest: wenn sie bei nebensächlichen oder kleinen Problemen kommen, sind sie oft peinliches Understatement oder – Flucht vor der Praxis. Aber bei der globalen Fluchtsituation?
Das führt mich wieder zu Finis terrae, zur Politik in – nicht aus – Verzweiflung und der geringen Chance, die eigenen Vorstellungen auch noch im Stadium ihrer Verwirklichung zu erleben. Bald gehts dort weiter.
Nachsatz: es gibt einen Anlass für diese Überlegungen: die thematische Entleerung des Wahldarms, drei Wochen vor dem Urnengang: worüber sollen wir befinden, wenn alle nichts sagen. z.B. zu Paris…