Was Merkel und Macron ausgearbeitet haben, wird so nicht kommen, aber hoffentlich so ähnlich. Wenn man den Herrn Michelbach von der CSU hört, dann wird man unfreiwillig zum Marxisten und möchte den Staat nach dem Vorbild von Slavoj Zizek umgestalten, in meinem Fall den Europäischen Bundesstaat.
WIE HÄNGT DAS ZUSAMMEN?
Zugegeben zwei komplizierte Sätze.
Sollen wir den am meisten bedürftigen europäischen Partnern helfen, oder sie durch Kredite noch stärker an die wirtschaftlich dominierenden EU-Staaten binden? Der Widerspruch in sich ist evident: die reichen Staaten (=Kreditgeber“) wollen/sollen den ärmeren sehr wohl/nicht vorschreiben, wie sie die Zuschüsse verwenden dürfen, was ein ökonomischer Nationalismus ist, der innenpolitisch genutzt werden kann – Michelbach (wir Deutschen waren doch schon so gut, wir müssen auch an uns denken). Nur keine gemeinsame Haftung, weil die ärmeren Länder ja unfähig selbst aus der Misere zu kommen.
Auf diesem Niveau haben manche Politiker die politische Ökonomie gelernt.
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Ich habe einen nicht zynischen Vorschlag, wie man die europäischen Werte und die Politik festigen kann und zugleich etwas Geld locker macht. Dem klerikofaschistischen Polen und dem faschistischen Ungarn bis zur Rücknahme ihrer letzten menschenrechtsverletzenden Gesetze und Beschlüsse alle EU-Gelder sperren und dieses Geld sofort in die Merkel/Macron Programmatik einspeisen.
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Die EU kann und muss aus der Krise ihren Weg zum europäischen Bundesstaat weitergehen und darf den nationalen, ethnopluralistischen und ethnozentrischen Staatsideologien nicht weiter nachgeben. Mitgliedschaft ist kein Wert für sich. Das sagt sich leicht am Feiertag. Aber wie steht es mit den nationalistischen Egoismen von Ländern wie Österreich, Schweden, Finnland…noch durchaus Demokratien? Wie steht es mit den Grenzregimen gegen Flüchtlinge und Armutsmigranten – Corona war da für Seehofer von Anfang an nur eine schmähliche Ausrede?
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Ich beobachte eine verstärkte Tendenz zum „Glokalismus“, wie Zygmunt Bauman die Tendenz beschrieben hat (vor mehr als 20 Jahren!), dass lokale Konstellationen in einer sich globalisierenden Ökonomie und (teilweise) Politik zu Bewegungen und Widerständen führen, die sich als Ursachen verkleiden und doch nur Anlässe für Erosion und Entgesellschaftlichung sind. Die Anti-Corona-Demos in ganz Deutschland, aber auch in gewisser Hinsicht die Gelbwesten in Frankreich und der Trumppöbel in den USA. Dieser Glokalismus kommt der plebejischen Demokratiekritik entgegen. Man will und darf gegen etwas sein, oft zurecht, aber man will partout nicht verantwortlich mitwirken. Das zerstört Innen- und Außenpolitik.
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Es kommen härtere Tage, so heißt ein Gedicht von Ingeborg Bachmann, Herbstmanöver ein anderes. Die schreib ich diesmal hier nicht auf, schon im Heraussuchen habt ihr Gewinn. Aber es kommen härtere Tage, so oder so, auf uns zu, wenn die lächerliche Ökonomie des Überfließens in die Wirtschaften der Normalen unseren Nachtisch versalzt. Wir brauchen Härte, um der Gewalt der lächerlichen Einzelinteressen entgegentreten zu können. Das beginnt mit dem Durchsetzen der Masernimpfung, das geht zum Boykott der Auto- und Chemielobby, das breitet sich aus im Kampf gegen die Nationalisten im eigenen Land und muss auch Grenzen, die keine mehr sein sollten, überschreiten. Nichts davon ist einfach, vieles noch viel schwieriger als die genannten Beispiele. Aber wir müssen nicht lange suchen, um einen Anfang zu finden. Das ist nicht abstrakt: Die europäische Kommission muss handeln und wir müssen sie unterstützen: gegen Polen, gegen Ungarn, aber auch für den EuGH. Wer Zinsen auf Solidarität verlangt, kann auch im eigenen Land bekämpft werden.
Wer Zinsen auf Solidarität verlangt, kann auch im eigenen Land bekämpft werden.