Konservativ? Links? Grün.

Jetzt haben die Grünen einen Höhenflug. Wir, das sage ich gerne, fliegen hoch. Und nur wenige versuchen, personalisiert mal dem Habeck, mal der Baerbock, oder jemand anderen aus dem Spitzenpersonal größere oder kleiner Anteile zu geben. Altmodisch gesagt, ist Grüne Wort zur materiellen Gewalt geworden, und hat Teile der Massen ergriffen. Jubilate…

Ohne die Namen könnte – könnte, nicht kann – die AfD und ihre Konsorten in Europa ähnliches sagen. Es gibt eine noch nicht organisierte, aber konvergierende faschistische, teilweise nazistische, immer nationalistische „Rechte“, die nicht einfach unser Europa bekämpft, sondern das ihre errichten will.

Wenigstens das haben die so genannten Volksparteien gemerkt; hinter diesem Titel verbirgt sich so viel Unklares, dass man „Volkspartei“ eigentlich nur in „“““ sagen kann.  Wissen wir, was gemeint ist?

NICHT NOCH EINE ANALYSE; ODER DOCH?

Nach Ibiza, nach dem Europawahlergebnis, nach den deutschen Stimmenauszählungen, nach dem miserablen Auftreten von AKK und Andrea Nahles überbieten sich Kommentatoren, Auguren, Streber. Und erklären einem Publikum, das sie offensichtlich nur ahnen, aber nicht kennen, was eigentlich los ist, worum es eigentlich geht und was jetzt wohl ansteht, damit das nicht kommt, was jetzt wohl im Gange ist. Kluge und weniger kluge Analysen pflastern unseren Weg.

Mich beunruhigt, dass Grüne und AfD häufig in einem Atemzug genannt werden. Was macht sie einander ähnlich? Nicht ihre Themen, da gibt es wenig Überschneidungen. Aber ein Phänomen der Befestigung jenseits von Personen: die jeweiligen Wähler wählen kein Programm, keine Partei, nicht unbedingt eine Führungsperson – sie wählen ein „Lager“. Das heißt nur nicht mehr Partei im Sinne von Volkspartei. Eine Volkspartei meint ja Themendifferenzen überbrücken zu können mit einer horizontalen Gleichwertigkeit von allem, was sich regierend zusammenfassen lässt. (Wenn das das Volk wüsste….).

Lager stehen einander also diametral gegenüber, und dazwischen herrscht nicht Verunsicherung, sondern Unsicherheit und ein wenig Chaos. Man kann die Wahlergebnisse beschreiben, Erklärungen greifen so aus der Hüfte geschossen, meist zu kurz. Rezos Video ist ein idealer Boden für politische Überlegungen, aber dass so gar nichts verständliches darauf reagierte, ist mit ein Grund für Beunruhigung, das waren ja Personen, wie der junge Herr Zymiak und die smarte Frau AKK und hundert Analysten. Das hypersensible Spracherkennungssystem würde die Verbindung von Jugend und digital aus den Wörterwolken hervorheben. Die Jugend kommuniziert anders als die Alten und die sie kann schnell (das zählt) Wahrnehmungen, Empfindungen und Meinungen streuen, wo die Alten sich auf bewährte Pfade verlassen.  Söder, von mir früher gerne wegen seiner Kreuzheuchelei bespottet, reagierte als einer der wenigen verständlich: öffnet die Parteien der Öffentlichkeit, lasst die Leute mitreden (wenns dann ans Mitentscheiden geht, muss man einiges mehr ändern…aber immerhin).

Jugend wird reduziert auf die Altersklasse bis 30. Wenn sie ganz überwiegend, und nicht marginal, die Grünen wählt, wird das kausal auf deren hegemonialen Klimadiskurs zurückgeführt (worauf natürlich sofort Lindner, der Klima-Markt-Trottel : (siehe Blog „Trottel“), reagiert. Er sieht Deutschland verarmen und die soziale Spaltung vergrößert, wenn die Klimapolitik zu radikal ist. Dafür brauchen wir keine weiteren Erklärungen; aber Lindner ist nicht der einzige, der nichts versteht).

Erheblich viele Junge wählen die AfD. Was ist da das Rationale? Nur das Nationale, Ethnophobe, dumpf-Hoolingane? Glaube ich nicht. Nehmen wir an, die jungen AfD Wähler sind nicht dümmer als all die andern. Sie unterwerfen sich nicht der Priorität Klima. Das heißt, sie fürchten nicht zu Lebzeiten schon zu sterben.Das ist nicht konservativ oder populistisch, das ist unmenschlich: patria o muerte in einer altbekannten Variation. statt o y. Wie wäre das?

Das Nichtsterbenwollen aber ist schon ein Motiv der vorausschauenden Grünen.  Wir haben zu wenig Lebenszeit vor uns, als dass wir sie künstlich in die Agonie verlängern dürften (wie die CDU Klima-Trottel, die den Kohleausstieg noch weiter hinausschieben wollen). Das ist ein politisches Programm in nuce, denn die Überlebenspolitik kann nur global sein und sie muss ihre Avantgarden in Widerspruch zu der vorherrschenden balancierten Governance agieren lassen und dabei, so gut es geht, schützen. Das ist schwierig, es verlangt unsere Besten. (Eliten? Ach was, die sind gut verteilt innerhalb des Spektrums Nach-uns-nichts; die da „oben“? ditto; die Reichen…da wird’s spannend, wie man denen viel für die Klimapolitik wegnehmen kann, ohne sie zu verarmen…Aber darum geht es hier nur am Rand).

Also: das Hauptthema ist ernst und wichtig, man kann es nicht wichtig nehmen, ohne auch für sich ernst zu machen. Das verlangt unbedingte Politisierung der Bevölkerung – und eine Entpolitisierung des Hinterzimmers.

Für die neue Politik braucht es aber, zumindest im parlamentarischen System, auch Parteien, die die Avantgarde, also wir, nachziehen. (Wir sie, nicht sie uns). Nicht nachschleppen. Wir brauchen Konservative, die erhalten und weiter entwickeln wollen, wovon sie glauben, dass unsere Gesellschaft darauf aufbaut; und wir brauchen Linke, die nicht so dämlich ist wie der post-stalinistische Glaube an den Staat,  der es richten wird.  Beides sind Rahmen, „Frames“.  Beides ist bei den Volksparteien weitgehend verloren gegangen, weil sie nur mehr Interessengruppen (im Grunde sich selbst) repräsentieren und eben nicht das Volk, weil es das, wieder einmal, noch nicht gibt, immer noch nicht gibt. Das ist nicht ähnlich dem Messias, an den man nur glauben kann, wenn man sicher ist, dass ER nicht kommt. Die Konstitution des Volkes geschieht im politischen Handeln, das sich ableitet aus den Imperativen einer Klimapolitik, die ausnahmslos alle Lebensbereiche mit bestimmt. Dazu muss man nicht dauernd vom Klima reden, aber jede politische Entscheidung sollte auf diesen Fokus hin begründbar sein.

Beispiel: wenn ich Gerechtigkeitspolitik anstrebe und das an den KITAs bewerkstellige, dann muss das Wozu? der Überlebensfrage für Kinder schon beantwortbar sein: sollen sie ins Ersticken hinein aufwachsen? Bitter: aber die Überlebensfrage für Eltern hat hier einen etwas geringeren Stellenwert. Dafür ist ihre politische Handlungsfähigkeit gefordert.

Digital: ja, wollt ihr denn lauter Avatare? Man hat den Eindruck.

Nun sagt Jared Diamond im Tagesspiegel zu Recht, dass man sich nicht nur auf den Klimawandel konzentrieren dürfe, sondern alle wichtigen Krisen ins Auge fassen müsse (Richtig). Das ist aber dann die Politik, von der man sagen muss, sie habe keinen Sinn, wenn ohnedies unsere Urenkel nicht mehr atmen können (https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/evolutionsbiologe-jared-diamond-zum-ersten-mal-gibt-es-die-moeglichkeit-eines-weltweiten-kollapses/24351438.html?utm_source=pocket-newtab). Während wir bei nuklearer Abrüstung zwar unser Leben nicht im Krieg beenden, aber doch ersticken. Darum brauchen wir gute Konservative und gute Linke. Die haben wir zur Zeit nicht. Und wenn uns etwas überfordert, dann ist es, dass wir beides auch noch und zugleich sein müssen, und dazu noch die Nazis bekämpfen…Immerhin können wir es versuchen wollen.

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