Ein Personalrat verhindert die Entfernung eines Coronaleugners und Verschwörers.
„Ein Lehrer an einem Berliner Oberstufenzentrum sprach von Masken als „neuen Hakenkreuzen“ und schwadronierte von „Gesundheitsdiktatur“. Die Senatsverwaltung hat nun versucht, ihn aus dem Schuldienst zu entfernen – und scheiterte laut „RBB“ am Personalrat der berufsbildenden Schulen. Stattdessen werde der Mann – es soll sich um einen Informatiklehrer handeln – abgemahnt und dürfe vorerst nicht mehr unterrichten, sondern solle technische Funktionen übernehmen. Wobei IT-Leute, die die Existenz von Viren leugnen, auch nicht ungefährlich sind“. (Tagesspiegel 5.2.2021) Mir geht es nicht um Übeltäter, sondern um den Personalrat. Dass sich die Personalvertretung häufig und belegbar vor die unmöglichsten Bediensteten stellt, ist ein Randprodukt der Demokratisierung von Betrieben und Unternehmen, privat und öffentlich. Sozusagen die einkalkulierte Fehlerquote einer „an sic“ richtigen Mitbestimmung und ihrer Institutionalisierung. Das An sich ist die eingebaute Schwäche der Demokratie, man kann auch sagen, ihre Stärke, denn trotz der Randmisere bleibt sie die |
Sinnvollste gesellschaftliche Organisation. Alter Hut, was? |
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Kann man das auf die große, gar Außenpolitik, übertragen? Muss man in Kauf nehmen, dass Demokratien sich gemäßigt, „diplomatisch“ mit Ländern vereinbaren, die eigentlich gegen den Strich unserer jetzigen und zukünftigen Politik und Erwartungen agieren. Alter Hut, erneut?
Mir geht es nicht um die Übeltäter, sondern um die als Diplomatie getarnte Interessenvertretung von Nichtdemokraten. Die täglichen Beispiele sind ja einsehbar: Nordstream 2, Autofabriken im Ujgurengebiet in China, Stillschweigen zu Ungarn usw.
Die beiden Probleme, der Personalrat und die Diplomatie, haben eines gemeinsam: es muss einen Zusatz zur Demokratie geben, sonst taugt sie nichts, auch nicht zur Legitimation einer schlechten Entscheidung.
Die Personalvertretung geht davon aus, dass sie für die Rechte und die gute Behandlung der ArbeitnehmerInnen ein Mandat hat, und die Machtverhältnisse etwas ausgleicht. Nicht sie strukturell ändert.
Hier liegt die Analogie zur globalen Außenpolitik, nicht bei den Inhalten. Solche Ausgleiche funktionieren nur dann, wenn die Macht selbst nicht unbegrenzt und unerreichbar ist, was aber nichts an ihrer Qualität ändert. Und das geht nur innerhalb demokratischer Strukturen, nicht zwischen Demokratien und Diktaturen. Darum ist es Unsinn, wenn Herr Platzek, SPD, im Zusammenhang mit Nordstream2 von „Augenhöhe“ mit Russland spricht, die kann es zwischen Demokratien und Diktaturen nicht geben. Auch nicht zwischen demokratischen und totalitären NATO Partnern.
Warum dann die Analogie zum Schulpersonalrat einer Berufsbildungsanstalt in Berlin? Die Ablehnung der Kündigung erzeugt eine scheinbare Augenhöhe mit dem Verschwörungslehrer. Dieser Schein verwechselt juristische Gleichheit mit praktischer Gleichberechtigung.
In Erwartung etlicher Einsprüche. Der Vergleich der beiden Sphären ist, zugegeben, sehr weit hergeholt. Aber er verweist auf ein Prinzip: Demokratien sind anfällig auf die Hereinnahme von unzuträglichen Akteuren, beinahe um jeden Preis. Das kommt von ihrer strukturellen und prinzipiellen Unfertigkeit. Die autoritären Demokratiegegner, dieser Lehrers also, kümmern sich darum nicht, sie sind bereits fertig mit der Demokratie und können mit einem Freispruch rechnen, oder einer folgenarmen Abmahnung in diesem Fall. So geht’s den Russen und Chinesen auch.
Soll man nun Gewalt anwenden, gegen den Lehrer, gegen die Nawalny-Attentäter und Undemokraten? Das lässt sich nicht so beantworten, da muss man erst abklären, wie weit die Macht in der Demokratie reicht, die Macht der Demokratiebaustelle reicht. Dazu geschieht noch zu wenig.