Wann sollen Wölfe abgeschossen werden dürfen? Über diese Frage verhandeln Umwelt- und Landwirtschaftsministerium seit langem erfolglos. Jetzt schaltet sich nach ARD-Informationen das Kanzleramt ein.(ARD online 3.5.2019). Na, Gott sei Dank. Dass die Kanzleramts Trolle nichts zu tun haben, wissen wir. Aber dass sie doch etwas tun gegen die Wölfe, ist neu….) |
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Die Selbstzensur entscheidet gegen Beschimpfungen, wenn schon Erziehung und Gefühle hier versagen. Wie soll man mit einem sprechen, wenn man ihm schon gesagt hat, er sei ein Vollidiot (schlimmer noch: ein Halbidiot) oder er soll sich ficken…geht gar nicht? Der Einwand #1 ist, dass man alles, was man sagt zurücknehmen kann, es ist nur nicht sicher, ob es hilft. Aber die berühmte Entschuldigung hat schon ihren Platz im Habitus. Einwand #2 ist, dass man sich selber prüfen kann, warum man ausgerechnet dem Menschen X ein Schimpfwort Y zuordnet, wenn doch Z ein viel besserer Adressat wäre. Und dann entweder #1 anwendet oder eben die Beschimpfung so lässt, wie sie ist.
Ich schreibe euch das, weil ich mich bei Selbstgesprächen in meinen einsamen Spaziergängen oder Fahrradfahrten oft bei gräulichen Schimpffluten ertappe, die ich einem abwesenden Schurken entgegenschleudere, sozusagen eine Fortsetzung der befreienden Wirkung einer Schnupftabakprise.
Die selbstbefreiende Kraft des Schimpfens mit dem provozierten Säubern der Nase vergleichen? Das geht dann, wenn die Seele auch ein Organ mit Schleimhäuten und Nerven ist. Aber in einem Fall betriffts nur mich? – „Ihr Schnaufen stört, Herr Nachbar!“, „‘tschulgung“. Und bei meinem Trotteltraktat geht’s um einen andern, und vor allem: öffentlich? Nun ist mein Bedürfnis gar nicht so, einzelne Menschen tatsächlich zu beschimpfen, das kann man oder man kann es unterlassen. Aber es gibt beschimpfbare Kollektive, Gruppen, die oft von einem Menschen repräsentiert werden, z.B. die Umwelttrottel von Herrn Scheuer, der selber kein Trottel sein muss; (was ist mit den lügnerischen Lungenärzten des Herrn Koehler?); oder die Mobilitätstrottel von der Autolobby, oder die Vergiftungstrottel von Bayer Leverkusen, wo die Direktoren Baumann und Wenning nur für Glyphosat stehen, aber der Trottel gibt es viel mehr, bis zu den Anwendern. (Trottel ist ein Schimpfwort zweiter Klasse, nicht ganz so schlimm wie…, aber ärger als Depp oder Löhli). Ich bin auf das Thema gekommen, weil ich mich in Deutschland zunehmend von Wolfstrotteln umgeben, gar bedroht fühle. Die Wölfe kommen….sie sind schon da….sie fressen unsere Schafe und Kälber, sie bedrohen unsere Kinder, die im Wald herumlaufen, sie werden unsere Hunde auffressen,…ach die Wölfe. Kinder dürfen nicht mehr in den Wald, Bauern kassieren Prämien, damit sie nicht auf ihr Vieh aufpassen müssen, Jäger lechzen danach, einen Wolf zu schießen, und natürlich macht die Nachfolgeorganisation des Reichsjägermeisters Wahlkampf mit dem Wolf: der teutsche Baur muss geschützt werden. Da ist eigentlich alles gesagt, außer dass die Deutschen Hunde von Wölfen schlecht unterscheiden können; außer dass sie nicht wissen, wie man Mensch und Tier vor den Wölfen schützt (auch das ist nötig); auch dass man bestimmte wilde Wölfe immer schon schießen durfte und musste; außer dass diese Form von Natur dem automobiltrotteligen Volk besonders fremd ist. Darf ich nun abstrakt von Wolfstrotteln sprechen? Ich darf, ich muss. * Nun wird in meinem Blog oft geschimpft. Das ist eine Äußerungsform, die es seit Urzeiten gibt, die eher zivilisatorisch gezähmt, aber nie überwunden wurde. Wer schimpft, klagt an, oder klagt gerade noch nicht an. Schimpfen ist Warnung und Abgrenzung zugleich. Geht man mit einem, den man gerade Trottel genannt hat, sogleich ein Bier trinken? Gestern und heute, 2. Und 3. Mai, verfolge ich, wie sich die Wolfsangsthysterie mit ihrer übermäßigen Volksverhetzung auch anderswo abbilden lässt. Kevin Kühnert ist der Wolf. Ausgerechnet Scheuer, der hirn-mäßig mäßigste Minister, erklärt uns was retro ist, und der rechte SPD-Funktionär Kahrs twittert in bester Trump-Manier gegen seinen Parteifreund. Um es klar zu machen: die meisten von Kühnerts Sprüchen sind taktische Wahlkampfrhetorik für den linken, d.h. in seinem Fall: konservativen (denn das sind seine Sprüche) Flügel junger Wähler*innen – oder es sind Aussagen, die stets richtig in unserem Konzept von Demokratie waren, und gegen die nur die Markttrottel (FDP) sein können (Art. 15 Grundgesetz). * Schimpfen hilft auch der Abregung, gegen dieses trottelige dauernde Empört euch. Ich kann Zorn politisieren, Ironie, Pathos…Empörung ist die unpolitische Variante der Ablehnung von System (ich rede jetzt nicht von psychologischen Redepraktiken, da kann und muss man schon „empörend“ sagen dürfen und können).Empörung als Haltung, die sogar in den Habitus übergeht, ist die Abkehr von der Politik, von der Vita activa. Wo hören die Empörten auf, ihre Liste weiter zu schreiben?
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