Antideutsch Hamsterdam

1.

Vorspiel. Vor dem Supermarkt sitzen zwei Männer und trinken Schnaps. Ab und an löst sich einer vom Steinsockel und bettelt Markteintretende an „Wir wollen grillen, haben Sie ein paar Euro für mich“. Vielen flößt er Angst ein und sie zahlen. Mit mir will er Streit anfangen, weil ich nicht zahle. Ich eile in den Supermarkt.

2.

Da gehe ich hauptsächlich für Produkte hin, die ich bei den kleinen Geschäften, Bioständen, oder beim „Türken“, der ein „Grieche“ ist, nicht bekomme. Gesamtwert unterb 50 € pro Woche. Aber es ist ein großer Markt.

Bis ich zur Kasse strebe, nach 15 Minuten. Nein. Die Schlange ist je Kasse ca. 25 Menschen lang. Das macht nichts, aber was in den Wagen ist. Die Hungersnot steht bevor. Größere Gebinde von Öl, Mehl, Zucker, haltbarer Milch und etliches mehr, als würden zwei lange Wochenenden zusammengekettet. War es zu Beginn der Pandemie Klopapier und Reis, sind es jetzt andere Vorsorgeartikel, ach ja, Butter ist auch dabei.

Ich erfinde das nicht. Der bereits von den Preissteigerungen profitiert habende Besitzer gibt alle paar Minuten durch: keine Versorgungsengpässe zu befürchten, kaufen Sie nur für den eigenen kurzfristigen Bedarf ein. Strenge, deutsche Gesichter setzen maskenhafte Ernsthaftigkeit auf und streben der Kasse zu.

Sie haben alle Bäckchen wie Hamster, wahrscheinlich, weil sie da Münzen horten, die sonst der Aggressor ihnen aus der Tasche nimmt….

3.

Wer die letzten Tage Innenpolitik verfolgt hat, so zur Ablenkung, dem barmt es um unser System. Die Flächen- und Insektenvernichter der Agrarindustrie, die ungehemmten Autoschnellfahrer, die Atomkraftlobby, … sie alle und mehr blasen zum Marsch gegen die Klimapolitik: nur weil sie selber nicht mehr erleben, wie ihre Enkel ersticken, „retten“ sie jetzt die deutsche Wirtschaft, damit diese anderen etwas Gutes antun kann. Ich weiß so gut wie ihr, dass das alles kompliziert ist, aber die neoliberale Vereinfachung macht das nicht besser. Und dann schaltet man um und sieht im Bundestag die Coronatrottelei. Aber Kubickis Redeausschnitt im Fernsehen müsst ihr schon sehen, es käme darauf an, dass jeder verantwortlich entscheide, wie er sich selber schützt. Dass man andere Menschen auch schützen könnte…Naja, Lichtblick. Heute, im Zug sowieso, aber auch im Café und beim Einkaufen, alle tragen Masken und verhalten sich trotz der vier Abstimmungen gegen die Demokratie anständig.

Es gibt nicht nur Dunkeldeutschland. Aber schattenreich ist der Horizont.

2 Gedanken zu “Antideutsch Hamsterdam

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