Finis terrae: vom Krieg zum Krieg

Lawrow hat heute angekündigt, was längst ist. Der dritte Krieg, anders als WKI und WKII, aber Krieg. Der braucht meine Kommentare nicht. Aber jeder Krieg hat eine Unterseite. Wenn man die Wahrnehmung anhebt, also ihn aus der Betonplatte unseres Bewusstseins bewegt, kommt der Rest zum Vorschein, die scheinbare Normalität des sonstigen Lebens, nicht nur Politik, nicht nur Inflation und Korruption, sondern auch der Alltag „geht weiter“.

A, geh weida! ein Wiener Spruch in der Richtung: Schleich dich! Auf Deutsch: hau ab!

Wohin? Wohin des Wegs. Man geht (natürlich) weiter, die meisten von uns sind keine Lemminge. Man fragt sich nicht, was man (=alle im eigenen Revier) noch erleben wird, plant Urlaube, Kinder, Renovierungen, Begegnungen und die Aufrechterhaltung oder Beendigung von Beziehungen. Plan ist höchst menschlich, längst sind die Überreste von göttlicher Vorherbestimmung vermodert. Auf der Oberseite sind Krieg, Hunger, Flucht und Vertreibung. Unten, hier bei uns, sind die Erzählungen von Oben, die dringen aber nicht in unseren Alltag. Die Ukraine ist von der ersten Seite der meisten Zeitungen verschwunden, seit man glaubt, dass Russland auch den Krieg verlieren kann. Obwohl der ja keinen Anfang und kein Ende mehr haben wird. Wenn er dem Klimatod zuvorkommt, umso schlimmer für unsere Kinder, Enkel, vielleicht Urenkel, aber nicht mehr für die Generationen danach. Wenn er mit dem Klimatod Hand in Hand geht, umso schlimmer auch für uns jetzt Lebenden. (Die Hoffnung auf das Nicht des Grabs ist ja auch eine erfüllbare, aber nicht wissbare, man darf da nicht von Vergessen und Erinnern sprechen, Moleküle bleiben als Nicht).

Die Normalität der Unterseite hat auch ihr gutes. Man besucht einander, man redet, man liest, man hört und schaut und schmeckt. Die abgelegte Philosophie des „Als ob“ lebt im Alltag wieder auf, wenn man ihn nicht dem Hamstern von Reis, Klopapier und Öl verplempert. Als ob das, was weitergeht, weiter so ginge, als ginge es weiter.

*

Ruhig bleiben heißt nicht beruhigt sein.

Und wenn nicht? Die Ungleichzeitigkeit im globalen Krieg eröffnet den trügerischen, anscheinend friedlichen Zonen, die Hoffnung, dass der wandernde Schorf der Erdhaut zur Ruhe kommt. Wie sagtenn die Österreicher: bella gerant alii, tu felix Austria nube! Sollen sich die andern bekriegen, du glückliches Österreich, heirate. Ich meine damit nicht Frau Kneissl mit Putin als Trauzeuge. sondern ernsthaft sich wegducken und so tun, als würde das Entlangschürfen am Abgrund eine gewisse Festigkeit behalten, gerade weil die andern in diesen Abgrund schlittern. Auf der noch festen Seite des Abbruchs lebt es sich nicht besser, aber „normal“. Es lebt sich, das ist ein Kompromiss. Man heiratet sich selbst.

Ruhig bleiben heißt nicht beruhigt sein.

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