Die Konjunktur zieht an. Flugreisen und Kreuzfahrtbuchungen erreichen den VorCovid-Stand. Ist doch gut, der Tourismus? Und dass die menschenfeindlichen Onlinekonferenzen im Business auch zurückgehen und man wieder zu den kurzfristigen Diskussionen fliegen kann, erlöst von der Enge des familiären Zusammenseins, nicht wahr?
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Bevor mich jemand der vereinfachenden Taktik kritisiert: ich stimme der Kritik zu, aber Vorsicht! Die beiden Beobachtungen am Beginn müssten sehr viel härter, die Kritik sehr viel schärfer geäußert werden, wollte man sie angemessen formulieren.
Der Irrtum vieler Menschen, von der Politik populistisch unterstützt, besteht darin zu glauben, dass man das 1, 5° Ziel ohne Einbußen an Wohlstand, Komfort, Faulheit etc. hinbekommen, nur durch Zustimmung zur politischen Strategie. Und die ist ja fragil, weil nicht klar ist, warum sich nur die Deutschen – oder andere Heimatstaaten v.a. im Norden der Erdkugel – daran halten wollen. Und andere Umweltrabatte bekommen, die alle Anstrengungen zunichte machen. Da fahren wir doch lieber auf die Malediven…(nichts gegen die Malediven, siehe gleich im übernächsten Absatz).
Die Verkehrsdreckschleudern, hochsubventioniert, Prestigeobjekte, werden noch dadurch gefördert, dass die neoliberalen Marktidioten auch noch den Straßenverkehr und -bau ankurbeln wollen, um der staatlichen gelenkten Umweltpolitik einen Riegel mehr vorzuschieben.
Für Urlaubsreisen gilt, dass man sie ja nicht verbieten oder einstellen soll, sondern reduzieren. Nicht dreimal im Jahr fliegen, sondern vielleicht nur ein- oder zweimal. Bei Geschäftsreisen gilt ähnliches. Und bei den Kreuzfahrten ist schon zu überlegen, ob diese Umweltdreckschleudern nicht durch bessere Meeresbegegnungen ersetzt werden können. Natürlich darf, soll, kann man auch auf die Malediven fliegen. Aber nicht so oft. Das Nichtsooft und so intensiv und vielleicht auch Nichtsobequem sind gesellschaftliche Habitusveränderungen, die weder der Staat noch der Markt einfach „so“ regulieren können. Es geht nicht um eine asketische Verhaltensänderung, sondern um eine Abkehr von der Werbungs- und Influencergläubigkeit. Das ist eine Frage der Bildung, der Erziehung und des Nachdenkens. Das ist auch eine Frage der Alternativen.
Und die müssen aus der Gesellschaft kommen. Nicht nur grün wählen und dann abfliegen.
Keine Vorurteile gegen mich, bitte, der ich Kreuzfahrten und Urlaubsflüge ablehne. Auch meine früher geliebte Skisaison fällt seit langem aus, nicht nur wegen Schneemangels. Schneekanonen versauen die Umwelt noch viel mehr als die hässlichen Lifttrassen. Was es nicht alles gibt, das unserer Umwelt schadet und nur Events, aber kein dauerhaftes Erleben garantiert. Ganz so falsch sind die Variationen des „Du musst dein Leben ändern“ nicht, sonst würde man im Kleinbürgermief der so glaubwürdigen Tradition des Immerschonso verschimmeln.
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Heute morgen gab es im DLF ein makro-Beispiel: warum muss eine neue, ackervernichtende IT-Firma ebenerdig bauen, statt platzsparend mehrstöckig? Oder: Wissing betoniert den Grund und Boden zu, während bestehende Brücken und Straßen verfallen. Wer nicht mehr atmen kann und will, dem raten wir, die dauermaskierten Megastädte zu gehen, da kann man auch hinfliegen (In Bangkok wird die Maskenpflicht aus Umweltgründen wieder eingeführt, nicht wegen CoVid). Es gibt viel zu tun, aber die Politik ist ohne die Zivilgesellschaft handlungslahm. Aber nicht aus der Verantwortung.
Liber Michael, nun waren wir ja auf einem Kreuzfahrtsschiff, dass daraußen in großen Buchstaben „Expeditionsschiff“ stehen hat. Es ist übrigens ein Hybrid getriebenes Schiff. Hurtigruten, diese Gesellschaft fährt das Schiff, hat sich verpflichtet, die Flotte auf CO2 null umzustellen. Sie wollen elektrisch oder mit Wasserstoff fahren. Das reduziert zwar nicht das bei mir fehlende schlechte Gewissen. Aber es erlaubt, Reisen so zu wählen, dass lange Wünsche in Erfüllung gehen bei weniger Umweltschädlichkeit. Innsbruck erlaubt es uns auch, fast alles mit dem Fahrrad zu erledigen und die Ausflüge mit den Öffis zu planen. Auch wenn es länger dauert um an den Startpunkt zu gelangen resp. wieder nach Hause. Auch deswegen stimme ich dir zu, Klimawandel geht nicht ohne eigene Einschränkungen. Das ist leicht gesagt, als Pensionär, der Herr seiner Zeit ist und noch selbst überall hinfahren kann. Was mich in Tirol wirklich wundert, ist die Diskussion über den Tourismus. Es werden neue Liftanlagen gebaut. Auf den Gipfeln der Alpen werden luxoriöse Bauten hingestellt. Nacht sind die Gipfel erleuchtet. Gerade am Axamer Lizum. Wenn aber ein Windrad auf dem Gipfel stehen soll, wird unisono behautpet, es ginge gar nicht, die Berge so zu verschandeln. Das scheint mir die Meinung der Tiroler zu sein, weswegen die Kirchturmpolitik der Klimawandel nicht so sehr interessiert. Wir sind aus der Antarktis zurück. Aus dem Kokon der Ruhe schälen wir luns angsam wieder heraus. LG Dietger __________________ Dietger Lather Tiergartenstraße 102 6020 Innsbruck Österreich Tel: +4366475102426
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Lieber Dietger, danke. Und gerade weil NICHT VERALLGEMEINERN WOLLTE, ist es wichtig, so etwas wie Hurtigruten hervorzuheben, (ich kenne die Linie seit den 1960ern)aber andererseits kann man die Tiroler Alpinzerstörung mit einfachen straffreien Analysen gar nicht scharf genug treffen…Liftboykott wäre eine politische Aufgabe.
Ein Beispiel für EINSCHRÄNKUNG. Ich fahre ca 10 mal von Potsdam nach Wien und zurück. Ich fliege nie. Das kostet Lebenszeit und scafft mir relativ wenig zusätzliche Freiheit. Das meine ich, kann man diskutieren, wenn es um Lebensstil geht, und da gehen wir konform. Grüße und bis bald, Michael
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