Zoff um Graichen und Habeck: Eine Koalition der Pöbler und Trottel
Artikel von Gerhard Lehrke • Berliner Kurier, 18.5.2023
Bitte lest diesen Artikel, er fasst viele erregte Abwehrrhetorik gegen die Autotrotteln, Häuslefanatiker, und Klimablinden zusammen. Man muss nicht selber schimpfen. Der Artikel kommt nicht überraschend. Wenn der kleine Schwanz FDP mit dem großen Hund Deutschland wedelt und sich mit den Ideen von Merz verbindet, das Klima der übernächsten Generation zu überlassen, dann verschleifen sich die Differenzierungen. Wenn man das Richtige dauernd und immer schärfer wiederholt, schleift es sich ab und wird von scheinbar aktuelleren Informationen überholt. Dass wir die 1,5° nicht erreichen, wurde gestern öffentlich verkündet – und kaum Reaktionen. Ja, mein Freund, ich „eifere“, und doch sind die Reaktionen auf die Klimakleber (falsche Handlungen, richtiges Ziel) fast schon eine Entschuldigung für sie – abgesehen davon, dass zu Recht gesagt wird, sie würden endlich den KÖRPER in der Klimakatstrophe wieder thematisieren. Klima ist ja keine Frage der Statistik, sondern des Leidens unter der Hitze und des früheren körperlichen Verfalls, nicht nur der Oberschicht.
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Das ist nichts Neues, ich weiß. Aber ich wehre mich gegen das Abschleifen des Akuten. Und ich bringe es in Kontext mit der bereits öfter geäußerten Vermutung eines globalen, also auch europäischen Fortschreitens der Reaktivierung von Faschismus als antidemokratische und effektive scheinbar alternativlos handelnde Herrschaftsform.
Das lässt sich wissenschaftlich belegen, aber vor allem – das ist mir wichtig – beobachten. Das heißt, es ist nicht so wichtig, ob es den gerne geglaubten Dogmen der politischen oder sozialen Theorie zu einem großen Maß entspricht als dass es sich wirklich ereignet: von Assad in Djedda bis zur absurden Toleranz gegenüber den Klimaleugnern, man möchte sagen: der geistigen Covidverbreitung. Hier erscheint es mir wichtig, in Richtung auf mehr Aufklärung zu gehen – also in Erziehung, Volksbildung, öffentlicher Infragestellung des scheinbar Selbstverständlichen und auch eines Vorrangs des „Sagens von Wahrheiten“ angesichts der Wirklichkeit. (Vgl. Michel Foucault: „Genauer gesagt, ist Parrhesia eine verbale Aktivität, in der ein Sprecher seine persönliche Beziehung zur Wahrheit äußert und dabei sein Leben riskiert, weil er das Aussprechen der Wahrheit als Pflicht erkennt, um andere Menschen zum Besseren zu bekehren oder ihnen zu helfen (wie auch sich selbst). In Parrhesia verwendet der Sprecher seine Freiheit und wählt Offenheit statt Überzeugungskraft, Wahrheit statt Lüge oder Schweigen, das Risiko des Todes statt Lebensqualität und Sicherheit, Kritik anstelle von Schmeichelei, sowie moralische Pflicht anstelle von Eigeninteresse und moralischer Apathie“ (2010)
Das kann subjektiv negative Folgen haben, Verlust des Wertgeschätztwerdens, des Wohlstands, vielleicht mancher gesetzlich geschützter Sphäre – was werden wir verlieren, wenn wir das nicht tun? u.a. das Leben unserer Nachfahren.
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Ich weiß, das übersteigt das Verständnis der FDP Führung, Lindner und Wissing und Co. Ehrlicherweise nicht der ganzen Partei, da gibt es noch ein paar Liberale. Aber die neoliberale Koalitionszerstörung ist nicht endlos hinnehmbar. Nun rege ich mich über diese beobachtbare Wirklichkeit gar nicht sooo auf. Aber ich wünsche mir mehr reflektierten Widerstand, reflektiert: das heißt mit Abstand zur personalisierten Pöbelei, wie sie zur Zeit von den meisten Medien und einigen Politikern der dritten Reihe veranstaltet wird. Das ist kein Widerspruch zur personalisierten Kritik, aber nur kritisch sein ist ein Privileg der Oberschicht. Die weniger Begüterten müssen für ein gutes Überleben kämpfen und sind deshalb nicht gut in die Feinheiten des austarierten Diskurses einzubinden. Und das heisst wahrnehmbare und sich selbst mit erklärende Praxis, dann, und vielleicht nur dann, kann man die Massen odes bedürftige Bürgertum mitnehmen, und dann wird es nicht zum Pöbel und geht den Trotteln nicht auf den Leim.
LIeber Michael,
ich teile deine Ausführungen auf Punkt und Komma. Die populistische FDP unter Lindner & Co werden von Tag zu Tag unerträglicher. Warum gehen die Grünen und die SPD nicht härter an? Die FDP schwelgt in Unwahrheiten und Pöbeleien, und fast alle schauen zu und die Medien plappern das weitestgehend unreflektiert nach. Es geht halt gegen Harbeck und die Grünen. MAssnahmen gegen den Klimawandel interessieren nur untergeordnet.
Erschütternd wie ernüchternd finde ich dann obendrein die Tatsache, dass so viele junge Menschen die FDP wählen. Die FDP gehört unter die 5% und nicht gestärkt.
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Lieber Herr Daxner, vielen Dank für einen weiteren informativen Artikel aus Ihrer „Feder“. Die mediale Hetze gegen die Grünen , erinnert an schlimme Zeiten. Vor allen die CDU/CSU, die von mafiösen Strukturen ( eine Beleidigung für alle Opfer der Mafia) und von Vetternwirtschaft redet. Gerade die Partei, die im Maskensumpf verstrickt ist und bei denen 56 Abgeordnete des bayrischen Landtags Familienangehörige Jobs verschafft hatten, plus Aserbaidschan Affaire, wagt es mit den Fingern auf die Grünen zu zeigen und das mit fleißiger finanzieller Unterstützung der fossilen Lobby . Die gute Arbeit, die Harbecks Ministerium um Graichen geleistet hat, wird dabei auch noch unter den Teppich gekehrt. Gerade CDU/CSU/FDP , die seit Jahren den Ausbau der erneuerbaren blockieren, spielen sich jetzt als die Retter des Klimas auf. Aber das können Sie, weil immer weniger Menschen ihre Pflichten als Demokraten wahrnehmen oder sudeln sich mit den 1/8 Gebildeten im Verschwörungssumpf. Was ist mit all den Eltern, die sich um die Zukunft sorgen, aber im Gegenzug bei fast allen notwenigen Maßnahmen zum Umbau auf einen Klima- und den viel zu wenig erwähnten – Ressourcen-Schutz aufschreien, indem Wissen, dass es dann für Ihre Kinder besonders teuer werden wird? Wenn wir es nicht schaffen, den Einfluß der der Lobby auf ein faires Mass zu reduzieren, dann gute Nacht Deutschland. Die rechten Hetzer stehen bereit.
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